Anmerkungen zur weltweiten Debatte über Steueroasen und Geldwäsche

Prof. Dr. W. Edelfried Schneider Foto: Dietmar Guth

Als vor gut zwei Jahren nach einem koordinierten Quellenstudium weltweit die Berichterstattung über die Panama Papers begann und in unmittelbarer Folge der isländische Premierminister zurückgetreten ist und in vielen anderen Ländern Untersuchungen eingeleitet wurden, standen die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama und viele ihrer weltweiten Kunden im Blickpunkt. Der Autor nimmt die Meldung von der Einstellung der Arbeit dieser Kanzlei zum Anlass für einen aktuellen Blick auf die Auswirkungen der teils langwierigen juristischen Untersuchungen und politischen Folgewirkungen auf die internationale Debatte über Steueroasen und Geldwäsche. Seiner Bewertung nach legt die Weltöffentlichkeit und die weitaus überwiegende Mehrheit der Staaten Wert auf ein korrektes steuerliches Verhalten. Mit Blick auf die EU rechnet er mit konkreten Aktionen gegen Steuervermeidung, Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Die Disziplin der Steuerpolitik aus dem Verantwortungsbereich der Nationalstaaten herauszulösen sieht er allerdings in Europa noch nicht. (Red.)

Eine Anfang des Jahres veröffentlichte Zeitungsmeldung lässt aufhorchen. Die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, die maßgeblich in den Panama-Skandal involviert war, hat demnach Ende März ihren Betrieb eingestellt. Die Kanzlei sieht sich in dem Vorgang um die Panama Papers als Opfer eines weltweiten Cyberangriffs und nicht als Täter.

Intensiver Austausch über steuerliches Verhalten

Was war passiert? Im April 2016 hatten international tätige investigative Journalisten über rund 200 000 von Mossack Fonseca gegründete und betriebene Briefkastenfirmen berichtet, in denen Politiker, Prominente und Sportler ihr Vermögen geparkt haben sollen. Diese Veröffentlichung führte zu einer weltweiten Debatte über Steueroasen und Geldwäsche, unterstützt von entsprechenden staatlichen Ermittlungen.

Was ist aus dieser Nachricht zu lernen? Die Schließung der Kanzlei Mossack Fonseca erinnert doch sehr stark an den Niedergang von Arthur Andersen. Im letzteren Falle haben der Markt und die öffentlichen Gerichte dramatische Fehlverhalten sanktioniert; im Falle Panama hat der Markt offenbar alleine die Dinge geregelt. Berufsständisches oder ethisches Fehlverhalten wird in zunehmendem Maße von der Öffentlichkeit registriert und kann zur wirtschaftlichen Existenzvernichtung führen.

Es ist erkennbar, dass die Weltöffentlichkeit und die weitaus überwiegende Mehrheit der Staaten ein parasitäres steuerliches Verhalten nicht dulden werden. Die OECD hat mit ihrem BEPS-Action-Plan aus dem Jahre 2013 den Anfang für eine weltweit gerechtere Steuerverteilung gesetzt und in der Folge von Lux Leaks, Swiss Leaks, Malta Leaks und Panama Leaks werden auch andere internationale Organisationen und Staatengemeinschaften diesem Trend folgen.

Aktionen der EU gegen Steuervermeidung und -hinterziehung

Am 18. Oktober 2017 hat das PANA Committee der EU seinen Abschlussbericht vorgelegt. Das Parlament hat am 13. Dezember 2017 die politischen Empfehlungen an die Kommission und den Rat genehmigt. Die Reaktion der Kommission auf die Empfehlungen des PANA-Ausschusses steht noch aus; wie man hört, könnte diese wie folgt ausfallen. Für die Abschlussprüfung werden voraussichtlich weit reichende Veränderungen anstehen. Für das kommende Jahr 2019 ist ohnehin eine Überprüfung der "Audit Legislation and Regulation" vor gesehen und in diesem Zusammenhang steht die Trennung von Prüfung und Steuerberatung auf der Tagesordnung.

Im Prinzip liegen damit alle in der letzten Novelle zur gesetzlichen Jahresabschlussprüfung ungelösten Fragen wieder auf dem Tisch. Insbesondere für börsennotierte Unternehmen ist absehbar, dass eine strikte Trennung von Prüfung und Beratung kommen wird. Für die privaten Unternehmen des Mittelstandes jedoch wäre die Trennung ein ganz erheblicher Einschnitt in ihre Selbstbestimmungsrechte und natürlich auch ein Kostenfaktor. Im Mittelstand gehen insbesondere die steuerliche Beratung und die handelsrechtliche Bilanzierung Hand in Hand, sodass bisher erfolgreiche und erprobte Arbeitsweisen untersagt würden.

Daneben will sich die Kommission zu Transparenzanforderungen zur Organisation - insbesondere der großen Prüfungsgesellschaften und der Netzwerke - äußern.

Zur Nachverfolgung der steuerlichen PANA- Empfehlungen wurde ein neues Tax Investigation Committee - TAXE III zum 1. März 2018 gegründet. Der Ausschuss hat ein sehr weites Arbeitsfeld, das auch Finanzstraftaten sowie Steuerhinterziehung und -vermeidung umfasst. Der Arbeitsplan ist auf zwölf Monate ausgelegt, sodass recht bald auch mit konkreten Aktionen der EU, insbesondere zu den Themen der Steuervermeidung und -hinterziehung zu rechnen ist.

Die von der Kommission angekündigten Maßnahmen umfassen folgende Bereiche: Der Kampf gegen Geldwäsche soll weiter verstärkt und der Zusammenhang zur Terrorfinanzierung herausgearbeitet werden. Die Vorschriften zur Offenlegung von letztbegünstigten Personen und Organisationen sollen verschärft werden - unterstützt durch einen noch weitergehenden Informationsaustausch unter Behörden und Finanzinstitutionen.

Für das sogenannte Whistle-Blowing wird noch 2018 ein weitergehender Aktionsvorschlag erwartet. Die Abstimmung der Steuerpolitik zwischen den Unionsstaaten soll auf eine neue Basis gestellt werden, in dem die hierfür derzeit notwendige Einstimmigkeit zugunsten einer qualifizierten Mehrheit abgeschafft wird. Ziel der Kommission ist es dabei, die oftmals erkennbare Blockadehaltung, vor allem kleinerer Mitgliedstaaten, zu brechen. Insbesondere zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges sollen grenzüberschreitende, gemeinsame Prüfungen eingesetzt werden. In ihren Maßnahmen will die Kommission flexibel bleiben; klare Definitionen und Regeln erschweren nach diesen Überlegungen die Bekämpfung der Steuerkriminalität. Dies ist sicherlich ein Ansatz, der in keiner Weise dem hiesigen Rechtsverständnis entspricht.

Schließlich geht die Kommission auch nochmals auf die Meldepflichten der sogenannten Taxintermediaire ein. Eine für jedermann zugängliche Offenlegung von Steuersparmodellen lehnt die Kommission ab, weil dies gegen die schutzwürdigen Interessen der Steuerpflichtigen verstößt. Dies ist aus deutscher Sicht in der Tat zu begrüßen, doch sollte man nicht davon ausgehen, dass die Meldepflicht von sogenannten aggressiven steuerlichen Gestaltungen oder Steuersparmodellen damit ihre Wirksamkeit verliert, im Gegenteil: Der Austausch unter den Finanzbehörden der EU-Staaten soll präzisiert und verstärkt werden.

Mit allen diesen Maßnahmen wird eine klare Tendenz sichtbar und fortgesetzt. Von vielen Steuerpflichtigen unbemerkt ist zum 25. Juni 2017 das sogenannte Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz" in Kraft getreten, was unter anderem die faktische Abschaffung des Bankgeheimnisses zur Folge hatte. Paragraf 30 a der Abgabenordnung, der dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen dem Bankkunden und Instituten diente, wurde aufgehoben! Nunmehr können die Finanzbehörden auch ohne einen bestehenden Anfangsverdacht oder ein laufendes Ermittlungsverfahren Bankdaten abrufen. Während es im gesamten Jahre 2016 nur rund 358 000 finanzbehördliche Bankabfragen gab, ist diese Zahl bereits im ersten Halbjahr 2017 erreicht worden und wird nach der Abschaffung des Paragraf 30 a AO deutlich weiter steigen.

Zunehmender Druck auf die Steueroasen

Auch im internationalen Bereich hat der automatische Informationsaustausch über Auslandskonten ab Januar 2016 begonnen. Ab 2018 nehmen über 100 Staaten an diesem Verfahren teil. Bereits im Vorfeld haben viele Steuerpflichtige ihre Konten und Einkünfte nacherklärt, sodass aus dieser Maßnahme nach Angaben der OECD Steuermehreinnahmen von 85 Milliarden Dollar weltweit generiert wurden.

Sieht man die vorstehenden Themen im Zusammenhang, so muss man sagen, dass die recht lange Reihe der Leaks und insbesondere der Skandal um die Panama Papers die Steuerwelt erschüttert haben. Sowohl national aber auch grenzüberschreitend ist nichts mehr, wie es früher war! Der Druck auf die letzten Steueroasen wird weiter zunehmen und den Steuerpflichtigen und Mandanten kann man nur empfehlen, sich - soweit noch nicht geschehen - alsbald steuerehrlich zu machen.

Steuerehrlichkeit innerhalb Europas: noch nicht so ganz ernst gemeint?

Nur eine Maßnahme innerhalb der EU muss bei dieser Tendenz verwundern: Die schwarze Liste der steuerjuristisch als fragwürdig eingestuften Staaten ist von anfangs 17 auf nunmehr 9 verkleinert worden. Daraus kann man eigentlich nur schließen, dass man es mit der Steuerehrlichkeit innerhalb Europas doch noch nicht so ganz ernst meint und den Staaten ein wichtiges Feld ihrer Nationalökonomie lassen möchte: nämlich die Steuerpolitik.

Prof. Dr. W. Edelfried Schneider Geschäftsführer, Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaternetzwerk HLB Deutschland, Düsseldorf, und Vizepräsident des europäischen Wirtschaftsprüferverbands FEE (Fédération des Experts-comptables Européens)
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