Depot-A-Manager - eine besondere Investorengruppe

Kristina Mentzel, Foto: Wealthcap

Die Kreditwirtschaft leidet unter einem strukturellen Problem: Negativzinsen auf die Einlagenfazilität bei der EZB treffen auf einen steigenden Einlageüberhang. Eine wichtige Rolle komme daher dem Depot-A-Investment zu, da der sinkende Zinsüberschuss wettbewerbsbedingt nur schwer durch das Provisionsergebnis ausgeglichen werden könne. Die Autorin sieht in Immobilieninvestments für Depot-A-Investoren eine Option. Doch weil die meisten direkt und regional begrenzt investieren würden, drohten Klumpenrisiken. Für eine bessere Diversifikation würden sich Immobilienspezialfonds anbieten. Allerdings würden sich nicht alle Spezialfonds gleich gut eignen, da Depot-A-Investoren andere Anforderungen haben. So müsse regelmäßig die Risikokennziffer reportet werden, um MaRisk-Vorgaben zu erfüllen. Zudem sei die zentrale Risikogröße die Liquidität und nicht die Volatilität wie bei anderen institutionellen Investoren. Mit einer ausgewogenen Strategie könnten spezialisierte Immobilienfonds jedoch zum Erfolg beitragen. (Red.)

Die deutsche Kreditwirtschaft hat ein strukturelles Luxusproblem: sehr hohe Einlagenüberhänge. Die Institute haben also zumeist mehr Kundeneinlagen in der Bilanz als ausgereichte Kredite - und das bei strukturell niedrigen Zinsen oftmals im kurzfristigen Negativbereich der Einlagenfazilitäten bei den Zentralbanken. Das gilt insbesondere für die Primärinstitute der beiden großen dezentralen Finanzverbünde, also für Sparkassen und Genossenschaftsbanken, doch auch auf das Privatkundengeschäft ausgerichtete Regionalinstitute aus dem Bereich der privaten Banken sind oftmals davon betroffen.

Die Corona-Krise hat daran - nach bisheriger Beobachtung von Wealthcap - grundsätzlich nichts geändert. Zwar werden manche Banken und Sparkassen krisenbedingte Kreditausfälle zu verzeichnen haben, während andere Banken im Zuge öffentlicher Krisenmaßnahmen ihre Kreditvergabe ausweiten sollen. Insgesamt jedoch ist kurz- bis mittelfristig eher mit einer vorsichtigeren Kreditvergabe zu rechnen. In Summe werden die Liquiditätsüberschüsse deshalb weitestgehend unverändert bleiben - wenn nicht möglicherweise sogar noch weiter ansteigen.

Die folgenden Zahlen verdeutlichen, dass es hierbei keineswegs um kleine Beträge geht: Allein bei den 378 Sparkassen betrug der kumulierte Einlagenüberhang - als Differenz von Kundeneinlagen und Kundenkrediten - zum 31. Dezember 2019 nicht weniger als 134 Milliarden Euro. Bei den 841 Genossenschaftsbanken lag der Einlagenüberhang zum Jahresende 2019 bei 109 Milliarden Euro, jeweils nach Verbandsangaben. Das bedeutet in beiden Fällen jeweils mehr als zehn Prozent der kumulierten durchschnittlichen Bilanzsumme des vergangenen Jahres. Das ist zunächst ein durchaus erfreulicher Vertrauensbeweis vonseiten der Kundschaft.

Keine Änderung der Zinslandschaft in Sicht

Doch dieses milliardenschwere Luxusproblem kann schnell zu einer großen Last werden. Denn in Zeiten von Null- und Negativzinsen wird es zur Herausforderung, diese Beträge im Depot A, also der Eigenanlage der Banken, rentabel anzulegen. Oder zumindest so, dass sie real, also inflationsbereinigt, keinen Verlust bedeuten. Die Europäische Zentralbank verlangt für das kurzfristige Parken von Liquidität über die Einlagefazilität derzeit einen negativen Nominalzins von 0,5 Prozent. Auch zahlreiche Staatsanleihen - beispielsweise deutsche Bundesanleihen mit bis zu zehnjähriger Laufzeit - rentieren bereits seit längerer Zeit nominal negativ. Kein Institut kann es sich auf Dauer leisten, mehr als zehn Prozent seiner Bilanzsumme zu Negativzinssätzen anzulegen, und auch eine etwaige Weitergabe eines Teils der Negativzinsen ist schnell eine Belastung der Kundenbeziehung.

Eine fundamentale Veränderung dieser Zinslandschaft ist im Euroraum und in anderen großen Währungsräumen auf absehbare Zeit nicht zu erwarten, erst recht nicht nach dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie, dem Lockdown-bedingten Konjunktureinbruch und den milliardenschweren expansiven geld- und fiskalpolitischen Stabilisierungsmaßnahmen. Niedrig-, Null- und Negativzinsen sind die neue Normalität.

Zugleich kommt dem Depot-A-Management bei vielen Banken und Sparkassen eine große Verantwortung bei der Stabilisierung der Ertragssituation zu, denn die traditionell wichtigste Ertragskomponente, der Zinsüberschuss, steht bei vielen Instituten unter dem Druck gesunkener Zinsmargen. Eine deutliche Erhöhung des Provisionsüberschusses wiederum ist angesichts der Wettbewerbssituation sowie einschlägiger Regulierung und Rechtsprechung in der Regel nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Im Depot A hingegen schlummert trotz der Niedrigzinsen oftmals noch erhebliches Ertragspotenzial. Die Frage lautet, wie es am besten zu heben ist. Denn ungenutzt trägt das Depot A nicht nur nichts oder zu wenig zum Gesamtertrag des Instituts bei, sondern kann schlimmstenfalls sogar einen Kostenfaktor darstellen.

Die klassischen institutionellen Investoren wie Versicherungen, Pensionskassen oder Versorgungswerke müssen angesichts der Nullflaute an den Anleihemärkten ihre Anlagestrategie grundsätzlich überdenken. Dabei wurden Immobilieninvestments von vielen als geeignete Zinspapier-Substitute identifiziert, da sie neben Renditeerwartungen auch laufende Cashflow-Bedarfe abbilden können. Im Vergleich zu anderen Assetklassen weisen Immobilien in der Regel keine tagesaktuellen Wertschwankungen auf. Gleichzeitig sorgen die Mieteinahmen für relativ stabile und gut prognostizierbare Cashflow-Erträge - ein für diese Investorengruppe entscheidendes Argument. Ihre Asset-Allocation in Immobilien ist in den vergangenen Jahren deshalb sukzessive gestiegen. Diese Überlegung machen sich auch Depot-A-Investoren zu eigen.

Strenges Regionalprinzip bei den Genossenschaftsbanken

Immobilien sind heutzutage bereits im Portfolio vieler Banken und Sparkassen zu finden, auch kleinerer Institute. Zumeist handelt es sich um Direktinvestments in kleinere bis mittlere Wohn- und Geschäftshäuser im jeweiligen Geschäftsgebiet - nicht selten genau jene Objekte, in denen die Bank selbst eine Filiale unterhält. Damit aber vergeben die Institute die Rendite-, Entwicklungs- und Diversifikationspotenziale, die eine professionelle Fondsstruktur ihnen bieten kann - und gerade das Thema der Cluster-Risiken, hier zum Beispiel auf die Kerngeschäftsregion der Sparkasse oder Volksbank, ist ein durchaus beachtenswertes Element.

Sparkassen und Genossenschaftsbanken folgen zumeist einem strengen Regionalprinzip. Einlagengeschäft und Beratung sowie vor allem die Vergabe von Baukrediten oder Finanzierungen für die mittelständische Wirtschaft finden in der Regel ausschließlich im jeweiligen Geschäftsgebiet statt. Gerade im Kreditgeschäft ist die große lokale Kompetenz, verbunden mit einer guten Vernetzung vor Ort, ein starker Faktor im Wettbewerb mit überregional und international tätigen Banken, der etwa bei der Risikobeurteilung nicht zu unterschätzen ist. Lokale Kompetenz ist ein Kernelement des Geschäftsmodells und der DNA dieser Institute.

Der Nachteil zeigt sich bei einer regional limitierten Krise, etwa bei der Insolvenz eines großen ansässigen Arbeitgebers. Deshalb kann es bei einer starken Allokation der Aktiva in der Heimatregion sinnvoll sein, einen Teil der Depot-A-Investments überregional zu diversifizieren. Ein regional breit diversifiziertes Immobilienportfolio im Depot A kann sich als Stabilitätsanker erweisen. Hierfür sind aber zumeist weder die Expertise noch die Vernetzung in anderen Regionen noch die nötigen Managementkapazitäten im eigenen Betrieb vorhanden. Fonds stellen einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma dar.

Vor allem große Core-Objekte in den Toplagen der A-Städte haben sich in den vergangenen Jahren als besonders attraktive Zinssubstitute erwiesen, dank hoher Wertstabilität, geringem Leerstandsrisiko und kontinuierlich steigenden Mieterträgen. Bei kleineren Immobilieninvestments indes tritt oftmals ein preistreibender Bieterwettbewerb mit Privatinvestoren ein. Doch für die kleineren unter den Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind große Investments in zwei- oder zum Teil dreistelliger Millionengröße nicht zu stemmen, jedenfalls nicht ohne Inkaufnahme eines untragbaren Klumpenrisikos. Die kleinsten Genossenschaftsbanken weisen Bilanzsummen von weniger als 50 Millionen Euro auf, die kleinsten Sparkassen weniger als 400 Millionen Euro.

Besondere Anforderungen von Depot-A-Investoren

Der einfachste Weg für solche Institute, sich an einem größeren Objekt oder einer größeren Projektentwicklung zu beteiligen, sind spezialisierte Immobilienfonds, bei denen sie sich mit gleichgesinnten Investoren zusammentun können. Hinzu kommt, dass die Fonds ein professionelles Assetmanagement für Objekttypen und Nutzungsarten sowie an Standorten bieten, das kleinere Institute inhouse nicht leisten können. Das ist nicht nur in schwierigen Marktphasen wie derzeit essenziell, sondern ermöglicht auch eine bestmögliche Performance sowie das Heben von Wertentwicklungspotenzialen.

Grundsätzlich können sich Depot-A-Manager natürlich an allen Immobilienspezialfonds (Alternative-Investment-Fonds, AIF) beteiligen, die institutionellen Investoren offenstehen. Allerdings lohnt sich ein genauerer Blick, ob die jeweiligen Fonds auch auf ihre konkreten Erfordernisse ausgerichtet sind. Depot-A-Investoren stellen innerhalb der institutionellen Investoren eine besondere Gruppe mit ganz eigenen Anforderungen dar. So sind sie im Unterschied zu Versorgungswerken, Pensionskassen, kleinen Versicherungen und ähnlichen Institutionen nicht an die Anlageverordnung mit ihren relativ strikten Quotenregelungen gebunden. Das macht sie ein Stück weit freier in ihrer Kapitalallokation. Dafür müssen sie an anderen Stellen strenge bankenaufsichtsrechtliche, bilanzielle und steuerliche Anforderungen erfüllen.

Liquidität ist wichtiger als Volatilität

Eine der wichtigsten speziellen Anforderungen für Depot-A-Investoren betrifft das Risikomanagement und Reporting. Ein Kernelement ist das regelmäßige Reporting der Risikokennziffern zur Erfüllung der "Mindestanforderungen an das Risikomanagement", kurz MaRisk. Für das Value-at-Risk-Reporting beispielsweise müssen die Finanzinstitute ihre Exposures regelmäßig in einem Stresstest auf Zinsänderungsrisiken überprüfen. Darin sind auch die Assets im Depot A mit einbezogen. Somit müssen auch die Fondsmanager regelmäßig überprüfen, welche speziellen Risiken für das Szenario eines unerwarteten Zinsschocks im eigenen Immobilienportfolio schlummern - und gegebenenfalls Abhilfe schaffen.

Die Erfüllung solcher Vorgaben ist bei den Instituten auf einer der höchsten Prioritätsstufen angesiedelt - schließlich müssen im aufsichtsrechtlichen Prüfungsoder gar im Ernstfall nicht nur die Risikomanager, sondern auch Vorstand und Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsrat das Risiko-Exposure erklären können. Erfahrungsgemäß ist es deshalb sinnvoll, wenn bei der Strukturierung eines speziell für Depot-A-Manager ausgerichteten Produkts im Vorfeld die Anforderungen eruiert werden.

Das wichtigste Risikokriterium für Depot-A-Investoren ist nicht die Volatilität wie bei anderen Investorengruppen, sondern die Liquidität. Banken müssen die Liquiditätseigenschaften auf der Aktiv- und auf der Passivseite möglichst weit in Einklang bringen. Langfristig vergebene Kredite können nicht ausschließlich durch täglich fällige Einlagen refinanziert werden. Das gilt selbstverständlich auch für das Depot A. Auf regulatorischer Ebene geht es um die Erfüllung der mit Basel III erstmals eingeführten und seither schrittweise erhöhten Mindestliquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio, LCR). Derzeit muss der Bestand an qualitativ hochwertigen, liquiden Vermögenswerten (High Quality Liquid Assets, HQLA) zu 100 Prozent einen hypothetischen Liquiditätsabfluss abdecken, der in einem schweren Stressszenario binnen 30 Tagen zu erwarten wäre. Zu den HQLA zählen Barmittel, Zentralbankvermögen sowie hochliquide Staatsanleihen erstklassiger Bonität. Riskantere Wertpapiere werden vermindert angerechnet.

Illiquidität ist kein Wert an sich, sie bietet aber die Chance und den Vorteil, das Portfolio robuster und stabiler auszurichten sowie eine planbare Komponente in das Portfolio aufzunehmen. Für den Depot-A-Manager ist die Liquiditätsplanung ein zentrales Element der Gesamtportfoliosteuerung. Durch eine gute taktische Kombination aus unterschiedlichen Laufzeiten und regelmäßigen Laufzeitenden lassen sich Liquiditätsrisiken aktiv steuern. Durch eine aktive Steuerung der HQLA lässt sich vielfach noch Gestaltungsspielraum für Immobilieninvestments innerhalb des Depot-A-Portfolios nutzen. Die Chancen der Illiquidität aus Immobilieninvestments sind:

- weitestgehend kalkulierbare und nachhaltige Erträge aus erwirtschafteten Mieterträgen,

- Renditeerwartungen über den klassischen Anlageopportunitäten als Illiquiditätsprämie,

- weitestgehende Inflationsindexierung bei Gewerbemietverträgen,

- geringere kurzfristige Schwankungen durch Ab- und Zuflüsse der Investoren während der definierten Laufzeit von zehn Jahren und mehr,

- keine Verwässerungseffekte der Anlage durch laufende Investitionen,

- Transparenz der Anlegerschaft, die Möglichkeit der Bildung möglichst homogener Clubs in Geschäftsstrategie und aufsichtsrechtlichem Rahmen.

Ausgewogene Strategie nötig

Ein erfolgreiches Immobilieninvestment - unabhängig von der jeweiligen Investorengruppe - steht und fällt mit den einzelnen Objekten im Portfolio. Gerade in schwierigen Marktphasen wie derzeit angesichts der Corona-Krise kommt es auf resiliente und zukunftsfähige Immobilien an - mit bonitätsstarken und widerstandsfähigen Mietern und deren Geschäftsmodellen beziehungsweise Branchen, in attraktiven Lagen und mit flexiblen Nutzungskonzepten. Bonitätsstark kommt nun eine deutlich zukunftsweisendere Komponente im Hinblick auf das Geschäftsmodell zu. Eine attraktive Lage muss sich nicht nur auf die größten Städte beziehen, sondern zum Beispiel auch auf Wissenschaftsstandorte mit starkem Zuzug und gutem Branchenmix. Zudem wird sich regionale Diversifizierung auch in dieser Krise als erfolgreiche Strategie erweisen. Eine ausgewogene Depot-A-Strategie, die Liquidität, Volatilität, Cashflow-Renditen und Rendite-Chancen optimal in Einklang bringt, lässt sich nicht mit großen Einzelinvestments realisieren. Spezialisierte Immobilienfonds können dazu einen konstruktiven Beitrag leisten.

Kristina Mentzel Head of Sales & Customer Management, Wealthcap Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, Grünwald
Kristina Mentzel , Leiterin Vertrieb und Kundenmanagement , Wealthcap Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, Grünwald
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