Einfluss interner Modelle auf die Infrastruktur- und Projektfinanzierung

Dr. Harald Watzek, Senior Projektleiter Gesamtbankprojekte, HypoVereinsbank – UniCredit Bank AG              

Quelle: HypoVereinsbank

Dr. Harald Watzek, München - Die langfristige Finanzierung großer Infrastrukturvorhaben sicherzustellen ist erklärtermaßen ein Anliegen der nationalen wie europäischen Politik. Durch eine regulatorische Neubewertung der internen Modelle sieht der Autor die Attraktivität dieses wichtigen Instrumentes der Projektfinanzierung allerdings gefährdet. Ob die regulatorische Begünstigung von solchen Projektfinanzierungen, die einem öffentlichen Versorgungsinteresse unterliegen einen Ausweg darstellen können, zieht er in Zweifel. Er hält es jedenfalls für schwierig, geeignete Kriterien festzulegen, anhand derer solche privilegierten Projekte festgelegt werden. (Red.)

Die Initiatoren von großen komplexen Infrastrukturvorhaben stellen sich im Vorfeld oft die Frage, wie man diese am besten umsetzen und finanzieren kann. Die eigenen Ressourcen und Fähigkeiten reichen hierzu oft nicht aus und man sucht Wege, geeignete Beteiligte mit ins Boot zu holen. Eine Möglichkeit dies umzusetzen, ist die Projektfinanzierung. Die Projektfinanzierung ermöglicht die langfristige Finanzierung solcher Vorhaben. Unterschiedliche Beteiligte handeln hierbei gemeinsam in einem strukturierten Rahmen und Vorgehen, um die jeweiligen wirtschaftlichen und technischen Fähigkeiten einzubringen und zu nutzen.

Es gibt zahlreiche Definitionen und Varianten der Projektfinanzierungen. Hier wird die folgende praxisnahe Definition gewählt: langfristige Finanzierung bei der die Banken ausschließlich auf das sich selbst tragende Projekt in einer eigenständigen Projektgesellschaft abstellen, weil sie keine volle Garantie der Eigenkapitalgeber erhalten.1) Aufgrund der im folgenden beschriebenen Nähe der Finanzierungsform Projektfinanzierung zum Finanzierungsgegenstand Infrastrukturprojekte werden in diesem Artikel Projekt- und Infrastrukturfinanzierungen weitgehend synonym verwendet.

Die Anwendung findet vor allem in folgenden Branchen und Bereichen statt:

1. Infrastruktur allgemein wie zum Beispiel Straßen, Brücken, Tunnel, Schulen und Flughäfen.

2. Infrastrukturversorgung wie zum Beispiel Strom-/Wassererzeugung und -verteilung.

3. Öl/Gasförderung und deren Verteilung sowie weitere Rohstoffgewinnung (zum Beispiel Kupfer).

Ein weiteres funktionales Einsatzgebiet der Projektfinanzierung liegt darin, dass solche Investitionen durch private Investoren finanziert werden, die grundsätzlich auch durch öffentliche Investoren, wie dem Staat oder den Kommunen finanziert werden könnten. Die Ziele sind die Entlastung der öffentlichen Haushalte sowie eine effizientere, schnellere und kostengünstigere Durchführung der Projekte. Falls die öffentlichen Stellen sich weiterhin vertraglich in das Projekt einbringen (zum Beispiel durch die Vergabe einer Konzession zum Betreiben einer Straße mit Gebühreneinnahmen), dann wird dies als Public Private Partnership (PPP) bezeichnet.2)

Grundlagen für Investitionsvorhaben bei Projektfinanzierungen

Eigenständige Projektgesellschaft: Eine eigens für das konkrete Investitionsvorhaben gegründete Projektgesellschaft bildet die Grundlage. Darin werden alle Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten wie beispielsweise die Projektkredite gebündelt. Sie ist auch Vertragspartner für die meisten Verträge. Die Projektgesellschaft hat einen festgelegten und klar definierten Zweck, weshalb man diese auch als Ein-Zweckgesellschaft oder Single Purpose Vehicle ("SPV") bezeichnet. Eine Erweiterung oder Streuung der Geschäftsaktivitäten ist nicht angedacht und zumeist sogar durch die Verträge untersagt. Dadurch sind die Tätigkeiten des Projekts klar definiert und es erfolgt eine Abgrenzung zu anderen Aktivitäten außerhalb der Projektgesellschaft.

Projekt Cashflows als maßgebliche Orientierung: Die Kreditgeber orientieren sich bei der Kreditvergabe ausschließlich an den erwarteten zukünftigen Einnahmen und Ausgaben des Projekts. Wenn diese bar fließen werden sie als Cashflows bezeichnet. Die Differenz der eingehenden minus der ausgehenden operativen Cashflows deckt zunächst die Steuern und den Schuldendienst der Finanzierung (Zinsund Tilgung). Erst danach dürfen Ausschüttungen an die Eigentümer erfolgen.

Die Cashflows resultieren vor allem aus den abgeschlossenen langfristigen Abnahmeverträgen der hergestellten Produkte oder Dienstleistungen. In diesen Verträgen kann sowohl die abzunehmende Menge als auch der zu bezahlende Preis festgelegt werden. Dadurch hängen solche Projektgesellschaften in viel geringerem Maße von Marktpreis- und Nachfrageschwankungen ab, als andere Unternehmen ohne solche Verträge. Ein verbleibendes Risiko besteht darin, ob das Projekt in der Lage ist, die Produkte oder Dienstleistungen in der vereinbarten Zeit und Qualität zur Verfügung zu stellen. Dies wird als Verfügbarkeitsrisiko bezeichnet. Diese Verträge stellen daher einen wesentlichen Wert des Projekts dar. Auch wenn die Vermögenswerte der Projektgesellschaft als Sicherheiten dienen, so bevorzugen alle Beteiligten einen fortlaufenden Betrieb des Projekts im Rahmen der Verträge. Der Wert eines Projekts nur aufgrund seiner physischen Vermögenswerte wäre im Insolvenz- oder Stillstandsfall wahrscheinlich geringer.

Langfristige Planung der Cashflows

Für das Risikoprofil sind die Höhe und die Stabilität der Cashflows entscheidend und dienen den Banken als Basis für die Höhe und die Konditionen des zu vergebenen Kredits. Allen Projektfinanzierungen liegt daher eine umfangreiche und langfristige Planung der Cashflows in Form eines Finanzierungsmodells zugrunde. Nur wenn darin die Cashflows hinreichend gut prognostiziert werden können, lässt sich das Risikoprofil zuverlässig einschätzen.3)

Risikomanagement und -verteilung komplex: Große und komplexe Projekte weisen eine Vielzahl von potenziellen Risiken auf. Daher bedarf es einer sorgfältigen Analyse des Projekts hinsichtlich der Risiken und der Beteiligten. Bei den Beteiligten wird überprüft, ob sie bereits vergleichbare Projekte in ähnlicher Rolle durchgeführt haben und wie erfolgreich sie dabei waren. Dann wird analysiert, wer welche Risiken übernimmt und wie hoch diese sind. Im Idealfall übernehmen Beteiligte jeweils diejenigen Risiken, die sie am besten abschätzen, kontrollieren und verkraften können. Damit wird in der Gesamtanalyse eines Projekts geprüft, ob die Risikoverteilung geeignet ist, das Projekt gegen Risiken genügend abzusichern und abzufedern. Auch muss die Komplexität des Projekts durch eine geeignete Risiko- und Aufgabenverteilung beherrschbar bleiben. Für alle Projektbeteiligten ist dies ein gemeinsames Ziel, denn bereits das Versagen eines einzigen Teils der Handlungskette kann das Projekt insgesamt erheblich beinträchtigen.4)

Durch das Finanzierungsmodell wird geprüft, welche Risiken das Projekt unter Zuhilfenahme der eingebauten Puffer tragen kann. Ein Kredit wird letztlich nur vergeben, wenn die Risiken hinreichend, beispielsweise durch die Beteiligten, abgesichert sind.

Non- oder limited Recourse: In den Projektfinanzierungsverträgen zwischen Eigentümern (Sponsoren) und Banken wird oft vereinbart, dass die Eigenkapitalgeber nicht (non recourse) oder nicht vollständig (limited recourse) für die Projektfinanzierung haften. Eine Non-Recourse-Finanzierung erfolgt dann, wenn die Projektrisiken von den Banken als insgesamt vertretbar eingestuft werden und keine weitere Risikoabsicherung mittels Haftung der Eigentümer erfolgen muss. Sollte das nicht der Fall sein, dann müssen die Eigentümer entweder für eine definierte Zeitspanne (zum Beispiel für die Zeit bis zur Projektfertigstellung) oder für konkret definierte Risikosachverhalte in einer Limited-Recourse-Struktur haften.

Klassische Unternehmensfinanzierung als Vergleichsmaßstab

Bei der traditionellen Unternehmensfinanzierung wird im Unterschied zur Projektfinanzierung ein bereits bestehendes, operativ tätiges Unternehmen finanziert. Dies gilt auch, wenn das Unternehmen ein neues Projekt plant. Vielfach hat ein solches Unternehmen eine Diversifizierung in mehrere Aktivitäten oder mehrere Kunden.

Die Kreditwürdigkeitsprüfung basiert hauptsächlich auf der historischen Gewinn- und Verlustrechnung, der Bilanz sowie der darauf aufbauenden Prognose. Die Banken nehmen hierbei an, dass Unternehmen eine unbegrenzte Lebensdauer haben und daher die Kreditvergabe in fortlaufender und kontinuierlicher Form erfolgen kann. Wenn beispielsweise ein Kredit zurückgezahlt wurde, kann ein neuer Kredit ausgereicht werden, um wieder ein akzeptables Eigen- zu Fremdkapitalverhältnis zu erreichen.

Ein im Rahmen der Unternehmensfinanzierung geplantes Projekt wird meist von diesem Unternehmen alleine und eigenständig verantwortet. Der Kreditgeber hat in diesem Falle potenziellen Zugriff auf alle Zahlungsströme des Unternehmens und nicht ausschließlich auf das vom Unternehmen durchgeführte Projekt. Die Vermögenswerte des Projekts und die Unternehmensfinanzierung gehen als ein Teil in die bestehende Bilanz des Unternehmens ein.

Anhand der Abbildung wird der strukturelle Unterschied zwischen Projektfinanzierung und Unternehmensfinanzierung (eines Projekts) zusammengefasst.

Chancen und Herausforderungen durch regulatorische Anforderungen

Basel I bis III - Projektfinanzierungen als Low Default Portfolios mit geringer Verlustquote: Die Basel Pakete verfolgen zusammengefasst zwei Hauptziele; erstens die Schaffung international einheitlicher Regeln für Banken und zweitens die Stabilisierung des weltweiten Bankensystems. Um das erste Ziel zu erreichen, muss ein faires und weltweit harmonisiertes Wettbewerbsumfeld geschaffen werden. Dazu gehört auch, dass eine internationale Vergleichbarkeit der Banken und deren Kennzahlen sichergestellt werden soll. Das Ziel der Stabilisierung soll durch qualitativ und quantitativ hochwertige Eigenmittelquoten erreicht werden. Die Eigenmittelquote ist daher eine maßgebliche Kennziffer für Banken. Sie setzt sich folgendermaßen zusammen:

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Die Definition von Zähler und Nenner der Eigenmittelquote sowie die konkrete Mindestquote haben sich im Laufe der Basel Pakete signifikant geändert. Darauf und vor allem auf die Risikoaktiva aus dem Kreditrisiko wird in diesem Artikel der Fokus gelegt. Als Risikoaktiva (Risk Weighted Assets, RWA) bezeichnet man mit ihrem Risikogehalt gewichtete Vermögenswerte auf der Aktivseite von Bankbilanzen wie zum Beispiel Kredite an Unternehmen. Diese Risikoaktiva sollen transparent und fair bewertet werden.

Entwicklungen unter Basel I und Basel II

Die Regeln unter Basel I bewerteten jeden Kredit an Unternehmen mit dem gleichen Gewicht von 100 Prozent und die Risikoaktiva waren damit identisch mit dem Nominalbetrag des Kredites. Unter Basel II wurde erstmalig eine stärkere Risikodifferenzierung für Risikoaktiva durchgeführt. Riskantere Kredite wurden mit einem höheren Risikogewicht versehen, risikoärmere Kredite mit einem niedrigerem.

Diese Neuregelung erwies sich als Chance für Projektfinanzierungen, denn diese waren klassische "low default" Portfolios mit insgesamt wenigen Ausfällen (defaults) und auch insgesamt geringen Verlusten. Die Portfolios waren stückzahlenmäßig überschaubar, die Finanzierungsvolumina aber oft sehr hoch. Die Risikoschätzung erfolgte mittels der Verwendung interner Modelle von Banken im Rahmen des Internal Rating Based (IRB) Approachs, die damit den Kreditstandardansatz (KSA) ersetzten. Diese Modelle mussten sowohl zahlreiche formale und inhaltliche Anforderungen vor der Einführung als auch im laufenden Betrieb erfüllen. Daher war dieser höhere Aufwand vor allem bei größeren Portfolios zu rechtfertigen.

Projektfinanzierungen wurden in Basel II als Teil der Spezialfinanzierung (Specialised Lending) definiert. Konkret wurden im Rahmen des IRB Approachs folgende Haupt-Parameter geschätzt:

- Ausfallswahrscheinlichkeit in Prozent p.a. = Probability of Default (PD) und

- Verlustquote bei Ausfall in Prozent = Loss Given Default (LGD).

Konnten beide Parameter geschätzt werden, wurde dies als IRB-Advanced bezeichnet, wurde lediglich die Ausfallswahrscheinlichkeit geschätzt, wurde dies als IRB-Foundation-Ansatz bezeichnet. Konnte beides nicht geschätzt werden, dann wurden vordefinierte Gewichte verwendet, die Projektfinanzierungen in wenige definierte Risikoklassen (Slotting Criteria) einteilte.

Durch die insgesamt geringe Grundgesamtheit sowohl von Ausfällen als auch von Finanzierungen, konnten die üblichen statistischen Verfahren oft nicht herangezogen werden, weil es schlicht zu wenige Datenpunkte für Ausfälle gab. Banken behalfen sich hierbei zum Beispiel, indem sie Datenreihen weiter in die Vergangenheit erfassten, als dies bei anderen Portfolios der Fall war. Teilweise behalf man sich auch durch Bündelung von Daten über Banken oder innerhalb einer Bankengruppe hinweg.

Die niedrigen Ausfälle konnten im Ergebnis in den Portfolios nachgewiesen werden und spiegelten sich in den internen Modellen wider. Der insgesamt geringe Risikogehalt drückte sich auch durch sehr kompetitive niedrige Kreditmargen am Projektfinanzierungsmarkt aus. Selbst wenn es zum Ausfall kam, bewirkte die meist vollumfängliche Besicherung (wesentliche Projektassets inklusive der Verträge) eine vergleichsweise geringe Verlustquote. Auch dies konnte durch historische Analysen demonstriert werden.

Einschränkung der Flexibilität bei Bewertung eigener Risikoaktiva

Viele internationale Banken erzielten dadurch Risikogewichte von deutlich unter 100 Prozent für deren Projektfinanzierungsportfolios. Dies war auch insgesamt durch die oben beschrie bene Strukturierung und Reduktion auf gewisse Teilrisiken gerechtfertigt. Die Granularität und Risikosensitivität der Rating-Ergebnisse war durch die Anwendung der internen Modelle deutlich gestiegen. US-amerikanische Banken verwendeten interne Modell seltener, was auch durch deren verzögerte Einführung von Basel II zu erklären ist.

Der am Markt erzielbare Ertrag aus Kreditmargen und die Risikoaktiva standen dank der internen Modelle wieder in einem passenderen Verhältnis. Die Verwendung der internen Modelle war und ist vor allem für international tätige Großbanken eine wichtige Basis für die erfolgreiche Risikomessung und Durchführung dieser Finanzierungen.

Basel IV - möglicher Rückschritt vom hochwertigen Internal-Rating-Based-Approach-(IRB)-Ansatz hin zu Kredit-Standard-Ansatz oder Slotting Criteria: Der aktuelle Basel-IV-Entwurf (seitens der Aufsicht auch als Abschluss von Basel III bezeichnet) schränkt die generelle Flexibilität von Banken, ihre eigenen Risikoaktiva zu bewerten, signifikant ein. Hintergrund ist zum einen, dass die Gültigkeit der internen Modelle hinterfragt und teilweise angezweifelt wird. Zum anderen strebt man eine stärkere Harmonisierung und Vergleichbarkeit der Bewertungsansätze an, die durch auf bankspezifische Besonderheiten ausgelegte interne Modelle erschwert wird. Diese Forderungen kamen in den Verhandlungen vor allem seitens der USA.

Zum ersten könnte anstelle der etablierten internen Modelle für zahlreiche Kreditklassen wieder der KSA treten. Bislang führt der Vorschlag für einen neuen KSA bei Spezialfinanzierungen zu einem Risikogewicht von bis zu 150 Prozent vor der operativen Phase. Davon betroffen wären auch Projektfinanzierungen als Teil des Specialised Lendings. Eine zwischenzeitlich diskutierte Kompromissposition war, den Slotting Criteria Approach zu verwenden, der etwas mehr Flexibilität bietet. Aktuell ist unklar, welche der Varianten beschlossen wird, oder ob doch weiterhin der volle IRB-Ansatz verwendet werden kann.

Zum zweiten werden Mindestquoten für Risikogewichte von Portfolios von zum Beispiel 75 Prozent (sogenannte Floors) diskutiert, unter die das Ergebnis der internen Modelle nicht fallen darf. Dies widerspricht zumindest teilweise der Zielsetzung von Basel IV, dass die Summe der Risikoaktiva über alle Banken weltweit nicht signifikant erhöht werden sollen. Die deutsche Aufsicht bezeichnet vor allem zu hohe Floors als Beeinträchtigung der Risikosensitivität.5) Beide genannten Punkte könnten speziell Infrastruktur und Projektfinanzierungen verteuern.

Infrastrukturfinanzierungen werden in vielen Ländern auch von der Politik unterstützt. Es ist unstrittig, dass Investitionen in die Infrastruktur sinnvoll, notwendig und wirtschaftsfördernd sind. Auch die generelle vermehrte Anwendung von PPP- Projekten unterstreicht dies. Der Bedarf an Finanzierung ist sowohl pro Projekt als auch insgesamt sehr hoch.

Ein konkretes Beispiel für die politische Unterstützung für solche Finanzierungen ist der sogenannte Juncker-Plan. Angekündigt in 2013/14 sollen bis zu 630 Milliarden Euro für Infrastrukturfinanzierungen mobilisiert werden. Die EIB soll diese Projekte kofinanzieren und dafür teilweise Garantien der EU erhalten. Auch wenn dieser Plan nur langsam angelaufen ist, dokumentiert er den hohen politischen Willen Infrastrukturfinanzierungen zu fördern.

Eine weitere Unterstützung aus regulatorischer Sicht erhalten bestimmte Infrastrukturfinanzierungen im Entwurf der neuen Capital Requirements Regulation (CRR2) der EU. Wenn gewisse Voraussetzungen für die Privilegierung vorliegen, werden deren RWA mit dem Faktor 0,75 multipliziert und damit um ein Viertel reduziert. Dieser Faktor soll sowohl im Kreditstandardansatz (KSA) als auch im IRBA anwendbar sein. Privilegiert sind risikoarme Kredite, die an eine speziell gegründete Projektgesellschaft vergeben werden, die grundlegende öffentliche Versorgungsdienstleistungen anbietet oder unterstützt.

Eine wichtige Weichenstellung

Hintergrund dafür ist die wichtige Rolle einer funktionierenden Infrastruktur unter anderem in den Bereichen Transport, Energie und Bildung für eine starke europäische Volkswirtschaft. Die Kriterien decken sich in hohem Maße mit den in diesem Artikel dargestellten Eigenschaften für Projektfinanzierungen und sind auch konsistent mit dem Solvency-II-Rahmenwerk für Versicherungen. Die Bevorzugung wird unter einen Überprüfungsvorbehalt gestellt, in dessen Rahmen die Kommission einen Bericht für EU-Parlament und -Rat vorlegen wird. Vor allem in Anbetracht der potenziell verschärften Anforderungen an Projektfinanzierungen im KSA ist diese Positionierung der EU-Kommission sehr wichtig. Im Basel-IV-Entwurf ist diese Privilegierung aktuell noch nicht offiziell enthalten, aber voraussichtlich wird auch auf Basler Ebene eine gesonderte Behandlung von Infrastrukturfinanzierungen in der finalen Empfehlung enthalten sein.6)

Eine mögliche Erhöhung der Risikoaktiva für Projekt- und damit Infrastrukturfinanzierungen durch Basel IV könnte deren Rentabilität beeinflussen. Die Kosten für Banken für diese Finanzierungsform würden sich erhöhen. Vor allem für Banken, die einen strengen Ertrag zum Risikoansatz verfolgen, könnte die Konsequenz sein, dass sie versuchen die erhöhten Kosten an die Kunden weiterzugeben. Falls dies nicht durchsetzbar ist, könnte alternativ eine Reduktion von Neugeschäft angedacht werden. Beide Varianten würden dem politischen Willen der Förderung attraktiver Finanzierungsmöglichkeiten von soliden und sicheren Projektfinanzierungen zuwiderlaufen.

Eine mögliche Kompensationsmöglichkeit ergibt sich durch den Einsatz des privilegierten Faktors für Projektfinanzierungen, die dem öffentlichen Versorgunginteresse dienen. Hierbei muss dann aber noch geprüft werden, wie die Kriterien in der Praxis angewendet werden und welche Projekte konkret privilegiert sind.

Zusammengefasst wird Basel IV für Infrastrukturfinanzierungen/Projektfinanzierungen eine wichtige Weichenstellung bewirken und die Attraktivität dieser Finanzierungsform für Unternehmen und Banken mitbestimmen.

Dieser Artikel spiegelt ausschießlich die persönliche Meinung des Autors wider.

Literaturverzeichnis

Böttcher, J./Blattner, P.: Projektfinanzierung. 2. Auflage, München 2010.

Dombret, A: Basel III - Das Ziel vor Augen, Eröffnungsvortrag beim Bundesbank Symposium "Bankenaufsicht im Dialog", Frankfurt 2017.

Kümmel J./Kottmann, E./Höfer, H.: Risikomanagement bei Projektfinanzierungen. in : WISU, 42. Jg. (2013) S. 82 bis 86.

Nevitt, P. K., and Fabozzi, F. J.: Project Financing, 7th edition, Euromoney Books, London 2001.

Quinten, D. et al.: CRR2 und CRD5, Der Übergang von Basel III zu Basel IV, KPMG Newsletter, November 2016

Wolf, B./Hill, M./Pfaue, M.: Strukturierte Finanzierungen. Grundlagen des Corporate Finance, Technik der Projekt- und Buy-out-Finanzierung, Asset-Backed-Strukturen. 2. Auflage, Stuttgart 2011.

Yescombe, E. R.: Principles of Project Finance. 2nd Edition, Amsterdam et al. 2014.

Fußnoten

1) Vergleiche Nevitt/Fabozzi, S. 1; Wolf/Hill/Pfaue, S. 78.

2) Vergleiche Yescombe S. 16.

3) Vergleiche Böttcher/Blattner S. 3.

4) Vergleiche Kümmel/Kottmann/Höfer, S. 85f.

5) Vergleiche Dombret 2017, S. 4.

6) Vergleiche Quinten 2016, S. 10.

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