Aufsätze

Neue Eigenkapitalanforderungen an Verbriefungen - die Vorschläge des Baseler Konsultationspapiers

Seit 2010 wird aufgrund der von den G20 getroffenen Beschlüsse1) sowie der vom Financial Stability Board entwickelten Grundsätze2) das Ziel angestrebt, die Abhängigkeiten von externen Ratings auf allen Ebenen zu reduzieren. Während der Finanzmarktkrise wurden überwiegend Verbriefungen mit hypothekarischer Besicherung im Rating herabgestuft. Die Ratingagenturen hatten im Zuge der geänderten Marktlage am Ende des amerikanischen Immobilienbooms erkannt, dass ihre Modellannahmen für das daraus resultierende Rating zu optimistisch waren. Dazu gehören unter anderem erwartete Verluste und der Einbezug bestehender Kreditverbesserungen, wie zum Beispiel Subordination oder Übersicherung.

Diese Herabstufungen führten zu sprunghaften Erhöhungen der Eigenkapitalanforderungen, die aus der Veränderung eines einzigen Faktors, hier der externen Ratings, resultierten (prozyklische regulatorische Klippeneffekte). Besonders stark waren diese bei Verbriefungspositionen, wenn das Rating solcher Verbriefungspositionen unter Investment-Grade fiel, was von ursprünglich sehr niedrigen Risikogewichten häufig zum Kapi talabzug beziehungsweise 1 250 Prozent Risikogewicht führte. Die daraus resultierenden Verwerfungen im Finanzsektor sind bekannt.

Planung der Revision bisheriger Verbriefungsregeln

Als Reaktion auf die Rolle der Verbriefungsmärkte in der Finanzmarktkrise und der zuvor dargestellten Abhängigkeiten von externen Ratings strebt der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS)3) bereits seit 2010 eine komplette Überarbeitung des Verbriefungsregelwerks im Hinblick auf die Eigenmittelanforderungen solcher Produkte an.4)

Schon durch die Richtlinie 2010/76/EU (CRD III) wurden als kurzfristige Reaktion auf die Krise erste regulatorische Anpassungen für Verbriefungstransaktionen vorgenommen. Hierzu gehörten veränderte Risikogewichte, Kapitalanforderungen für Verbriefungspositionen im Handelsbuch sowie Wiederverbriefungen und erweiterte organisatorische Vorkehrungen.

Im Rahmen des aktuellen Reformpakets des BCBS (Basel III) blieb das Verbriefungsregelwerk nahezu unverändert.5) Nun hat der BCBS einen Entwurf für eine weitreichende Revision des Verbriefungsrahmenwerks ("Basel 3,5") vorgestellt.6) Dieser wurde im Dezember 2012 in Form einer Konsultation veröffentlicht und Ende Januar um zwei Arbeitspapiere mit technischen Details zu Annahmen und Konzeption der neuen Methoden ergänzt.7) Die Konsultation soll in den kommenden Monaten um eine quantitative Auswirkungsstudie erweitert werden. Die Gesamtergebnisse sollen dann in die weitere Überarbeitung einfließen. Nachfolgend sollen die wesentlichen Änderungen des Baseler Verbriefungsregelwerks dargestellt und erläutert werden.

Das Konsultationspapier im Überblick

Der Entwurf sieht vor, die bisherigen methodischen Ansätze zur Bestimmung des Risikogewichts mit der Unterscheidung in KSA- und IRB-Verbriefungen im Anlagebuch mittels zweier neuer Hierarchien abzulösen.8) Die bisherigen Unterlegungsansätze bleiben jedoch in modifizierter Form erhalten - ihre Anwendung fällt aber unter andere Kriterien. Den Instituten sollen künftig zwei Alternativen ("A" und "B") nach eigener Wahl zur Verfügung stehen, die die Methoden zur Messung der notwendigen Kapitalunterlegung der Verbriefungspositionen vorgeben. Den beiden Alternativen ist gemeinsam, dass die nationale Aufsicht die Anwendung der angepassten aufsichtlichen Formelansätze für bestimmte Verbriefungen untersagen kann. Für Wiederverbriefungen existiert hingegen keine Wahlmöglichkeit - statt der bisherigen Verwendung externer Bonitätsbeurteilungen ist nunmehr ein Konzentrationsansatz vorgeschrieben.9)

Die neuen Ansatzhierarchien: Die erste Alternative (Option A, siehe Abbildung 1) sieht in der Rangfolge zunächst die Nutzung eines modifizierten aufsichtlichen Formelansatzes (Modified Supervisory Formula Approach, MSFA) vor. Sofern die Nutzungsvoraussetzungen für den MSFA nicht gegeben sind - und nur dann - soll das Kreditinstitut entweder den überarbeiteten, auf externen Rating basierenden Ansatz (revised Ratings Based Approach, RRBA) oder einen vereinfachten aufsichtlichen Formelansatz (Simplified Supervisory Formula Approach, SSFA) anwenden. Welcher der beiden Ansätze dabei zur Anwendung kommt, kann durch den nationalen Gesetzgeber eigenständig und einheitlich festgelegt werden (Wahlrecht). Sofern sich national für die Anwendung des RRBA entschieden wurde, kann wie bisher auch - unter gewissen Voraussetzungen - eine IRB-Bank für nicht geratete Verbriefungspositionen aus ABCP-Programmen10) das interne Einstufungsverfahren (Internal Assessment Approach, IAA) verwenden.

Sofern sämtliche der genannten Ansätze durch eine Bank nicht zur Anwendung kommen, weil die jeweiligen Voraussetzungen nicht erfüllt werden, besteht als Rückfalllösung die Möglichkeit, die Eigenkapitalermittlung mittels des sogenannten Backstop Concentration Ratio Approach (BCRA) durchzuführen, um eine Risikogewichtung von 1 250 Prozent zu vermeiden. Sollte auch dieser Ansatz nicht zur Anwendung gelangen, ist die Verbriefungsposition mit einem Risikogewicht von 1250 Prozent zu gewichten.11)

Verbriefungspositionen mit höchster Kreditqualität

In der zweiten Alternative ("Option B") ist das Institut zunächst dazu verpflichtet, die bestehenden Verbriefungspositionen in solche, die Teil einer Senior-Tranche mit "höchster Qualität" sind, von Positionen "anderer Verbriefungstranchen" zu unterscheiden. Die Definition von höchster Qualität erfolgt dabei zum einen auf Basis externer Informationen (zum Beispiel externer Ratings, Marktdaten) und zum anderen auf der bankeigenen Einschätzung des Kredit risikos der Verbriefungsposition. Hierbei muss die Bank hinreichende Kenntnisse über das verbriefte Portfolio und dessen Risiken haben. Als Verdeutlichung sieht der Baseler Ausschuss eine hohe Qualität bei langfristigen Kreditratings zwischen AAA und AA- beziehungsweise kurzfristigen Ratings von mindestens A-1/P-1/F-1 als gegeben an. Verbriefungen, welche die De finition nicht erfüllen, werden als andere Verbriefungstranchen kategorisiert.

Für Verbriefungspositionen mit höchster Kreditqualität hat das Institut die Wahl zwischen der Nutzung des RRBA (beziehungsweise des IAA für Forderungen aus ABCP-Programmen) oder des MSFA, sofern die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt werden können. Falls der MSFA nicht anwendbar ist, kann nach Erlaubnis der Aufsichtsbehörde der SSFA genutzt werden. Sollten sämtliche Ansätze nicht zum Tragen kommen, ist analog zur Alternative A der BCRA zu verwenden oder die Position mit einem Risikogewicht von 1 250 Prozent zu versehen.Die Nutzung des Wahlrechts ist dabei anhand von eindeutigen internen Grundsätzen einheitlich und dauerhaft auszuüben. Sofern ein Methodenwechsel vorgenommen werden soll, ist dieser durch die Aufsichtsbehörde zu genehmigen.

Für alle anderen Verbriefungspositionen (nachrangige und höchstran gige Positionen, die nicht von höchster Qualität sind) ist der Konzentrationsrisikoansatz (Concentration Ratio KIRB) zu verwenden. Dies ist nur für ein IRB-Institut mit geeigneten Ratingverfahren möglich, welches über ausreichende Informationen verfügt, um die Kapitalanforderung des zugrunde liegenden Portfolios vor Verbriefung bestimmen zu können. Eine wesent liche Neuerung ergibt sich aus der Anforderung, dass das Risikogewicht nach IRB nicht wie bisher für die Mehrheit, sondern künftig für sämtliche der verbrieften Forderungen bestimmt werden muss.12) Andernfalls ist analog zur Alternative A der BCRA anzuwenden oder die Position mit einem Risikogewicht von 1 250 Prozent zu versehen.13)

Revised Ratings Based Approach (RRBA):

Um bei Instituten, die über beide Methoden der Adressrisikomessung verfügen, Arbitrage zwischen KSA- und IRB-Verbriefungen zu vermeiden, wird der RRBA künftig einheitlich berechnet. Für die Verwendung des RRBA müssen mindestens zwei externe Ratings vorliegen, was die Abhängigkeit von einer einzelnen Ratingagentur reduzieren soll. Weiterhin darf ersatzweise ein abgeleitetes Rating herangezogen werden.14) Von den beiden Ratings muss dann das schlechtere verwendet werden.

Seniorität

Als Risikotreiber für den RRBA werden die (schon im alten IRB-Ansatz bekannte) Seniorität (Höchstrangigkeit) einer Tranche und künftig zusätzlich die Tranchenbreite und -restlaufzeit vorgegeben. Die Eigenschaft der Seniorität deckt sich mit den bisherigen Basel-II-Vorgaben. Die Restlaufzeit wird als durchschnittliche Laufzeit aus den Zahlungsströmen des Verbriefungspools ermittelt und bewegt sich innerhalb der Kappungsgrenzen von ein bis fünf Jahren. Die Tranchendicke ist der Anteil der Nominale der jeweiligen Tranche bezogen auf das Gesamtvolumen. Die bislang ermittelte Granularität des Pools im IRB-Ansatz entfällt damit.

Aus den genannten Parametern lässt sich mittels einer vorgegebene Formel für Senior/Nicht-Senior-Tranchen das zu verwendende Risikogewicht errechnen.

Senior (Formel 1):

RW = 12,5 · min[1, Alpha(1 + Beta(M-1))]

Nicht-Senior: das größere RW aus der Senior-Berechnung und (siehe Formel 2).

Wird die Kapitalunterlegung nach Alternative A gewählt, werden als Parameter die Tranchendicke T und die Restlaufzeit in Jahren, sowie Alpha, Alpha0, Beta, a, b, c, d mit den ratingabhängigen Werten einer vorgegebenen Tabelle (Tabelle 1) verwendet15): Der folgende Ausschnitt zeigt die Auswirkung der Parameter T und M auf das Risikogewicht:

Wenn ein Institut die Alternative B wählt, wird die Berechnung über die Formel nicht benötigt. Die Restlaufzeit wird in einer vorgegebenen Risikogewichtstabelle (Tabelle 2) skaliert, wobei die Tranchendicke dann keinen Einfluss hat.

Für Verbriefungen mit kurzfristigen Ratings wird in Alternative A wie in Alternative B eine einfache, einheitliche Zuordnungstabelle verwendet. Auch hier müssen mindestens zwei Ratings herangezogen werden, wodurch sich Risikogewichte von 20, 50, 100 oder 1250 Prozent ergeben.

Modified und Simplified Supervisory Formula Approach (MSFA/SSFA)

Hintergründe des aufsichtlichen Formelansatzes (Supervisory Formula Approach, SFA) nach Solvabilitätsverordnung (SolvV): Institute haben die Möglichkeit, die regulatorische Eigenkapitalbelastung für nicht extern geratete Verbriefungspositionen mit dem SFA zu berechnen, wenn weder ein abgeleitetes Rating gemäß § 256 SolvV, noch der IAA gemäß § 259 SolvV angewendet werden können.16) Das Konzept des SFA basiert auf einem "Asymptotic Single Risk Factor" (ASRF)-Modell17), welches zur Berechnung der Kapitalallokation der Tranchen unter Berücksichtigung der Wasserfallstruktur der Verbriefungstransaktion herangezogen wird.18) Für die Anwendung des SFA benötigt jedes Institut die folgenden Informationen:

1) Referenzkapital (KIRB): Eigenkapitalanforderung und erwarteter Verlust des Referenzportfolios bei Nicht-Verbriefung. Dieser Betrag stellt zugleich die Obergrenze der Kapitalbelastung für den Originator dar19); siehe Formel 3:

Um den SFA anwenden zu können, müssen die Institute in der Lage sein, die gängigen IRB-Parameter des Referenzportfolios zu bestimmen, um damit KIRB zu berechnen.20)

2) Effektive Anzahl an Forderungen (N)21): Mit diesem Parameter wird die Granularität des Referenzportfolios in der SFA-Formel berücksichtigt.

3) Forderungsgewichtete, durchschnittliche Verlustquote bei Ausfall (LGDeff)22)

4) Credit-Enhancement Level (Li) gibt den Grad der Sicherung einer Verbriefungsposition im Wasserfall durch die ihr nachrangigen Verbriefungspositionen an und berücksichtigt somit explizit die Seniorität im Verlustwasserfall.

5) Volumen (Ti) der Verbriefungsposition beschreibt den Anteil einer Verbriefungsposition am gesamten Referenzportfolio.

Die Eigenkapitalunterlegung wird über die SFA-Formel individuell pro Verbriefungsposition festgelegt (Abbildung 2).

Alle Verbriefungspositionen, die Ausfälle aus dem Referenzportfolio bis zur Höhe von KIRB tragen, das heißt Li + Ti < KIRB, bekommen ein Risikogewicht von 1 250 Prozent zugewiesen, während Verbriefungspositionen über der KIRB-Grenze (das heißt Li + Ti > KIRB) ein Risikogewicht zwischen 7 Prozent und 1 250 Prozent erhalten. Die Zuweisung des Risikogewichtes erfolgt in Abhängigkeit der Seniorität (Li), der Granularität (N) und der effektiven Verlustquote (LGDeff) der Verbriefungsposition.24)

Schwachstellen des aktuellen SFA-Rahmenwerks

Im Rahmen der Überarbeitung des regulatorischen Rahmenwerks wurden vom Baseler Ausschuss mehrere Schwachstellen des bestehenden SFA identifiziert:

Klippeneffekte: Der SFA generiert trotz der vorgesehenen Sicherheitsaddons25) für den Fall, dass der Attachment-Punkt26) KIRB übersteigt, sehr geringe Kapitalunterlegungen, obwohl diese Tranchen - wären sie extern geratet - unterhalb eines Investmentgrade-Ratings (< BB-) angesiedelt wären.

Hohe Sensitivität gegenüber Inputparametern: Die SFA-Kapitalunterlegung ist insbesondere für "schmale" mezzanine Tranchen sehr sensitiv gegenüber kleinen Änderungen des KIRB-Parameters.27) Dies ist hauptsächlich den Modellannahmen des SFA geschuldet, die dazu führen, dass ab einen bestimmten Credit Enhancement-Level oberhalb von KIRB die Kapitalanforderungen abrupt abfallen.28)

Einjahreshorizont: Die angenommene Laufzeit von einem Jahr für die Vermögenswerte im Verbriefungspool unterschätzt das bestehende Risiko, denn Laufzeiteffekte werden im bestehenden SFA nur über den KIRB-Inputparameter widergespiegelt. Dies stellt konzeptionell eine Schwachstelle dar, wenn der Verbriefungspool Transaktionen enthält, die längere Laufzeiten haben, da Ratingmigrationen im Gegensatz zum IRB-Ansatz für Kreditrisiken vernachlässigt werden.29)

Anforderungen und Parameter des MSFA

Analog zum SFA muss das Institut auch für den MSFA ein von der Aufsichtsbehörde abgenommenes IRB-Ratingmodell für die zugrunde liegenden Forderungen vorweisen sowie über ausreichende Informationen verfügen, um die IRB-Kapitalanforderungen für alle im Verbriefungspool befindlichen Transaktionen zu bestimmen. Allerdings schlägt der Baseler Ausschuss vor, die Nutzung des MSFA für die Institute zu beschränken, die in der Lage sind, IRB-Parameter für alle Transaktionen im Verbriefungspool zu bestimmen, während die bisherige Regelung lediglich beinhaltete, dass nur die Mehrheit, das heißt mehr als 50 Prozent des Verbriefungsvolumens, IRB fähig sein müssen. Der MSFA ist grundsätzlich für Institute anwendbar, die den fortgeschrittenen als auch den Basis-IRB-Ansatz verwenden. Unter der Einschränkung, dass der MSFA allerdings IRB-Parameterschätzungen auf Transaktions level verlangt, stellt sich die Frage, ob Basis-IRB Banken weiterhin den MSFA wählen dürfen, obwohl sie keine eigenen LGD-Schätzungen für aufsichtsrechtliche Zwecke vornehmen.

Die MSFA-Kapitalanforderungen bestimmen sich wie bisher durch das Credit Enhancement Level abhängig vom Attachment-Punkt (A) der jeweiligen Tranche, dem Volumen der Verbriefungstranche gemessen vom Attachment-Punkt bis zum Detachment-Punkt (D), der Restlaufzeit der Verbriefungstranche (M) sowie der gängigen IRB-Risikoparameter30), wobei allerdings das aufsichtsrechtliche Formelset überarbeitet worden ist. Der Prozess zur Bestimmung der MSFA-Kapitalanforderung ist in Abbildung 3 dargestellt.

Die Restlaufzeit jeder einzelnen Forderung im Verbriefungspool findet bereits in Schritt 1 Eingang in die Parameter vi und wi. Die aufsichtliche Formel basiert in Schritt 3 wie bisher auf einer Beta-Verteilung mit den Parametern a und b, gemessen an der Stelle des Credit Enhancement Levels (L), allerdings wurden die aufsichtsrechtlichen Risikoparameter tau 32) und omega im SFA-Formelset angepasst, indem Tau von 1000 auf 100 und Omega; von 20 auf 10 reduziert wurden. Diese Anpassung hat den Hintergrund, dass die Kapitalanforderungen dadurch konservativer und die beschriebenen Klippeneffekte reduziert werden. Im Vergleich zum bisherigen SFA werden die MSFA-Kapitalanforderungen ebenfalls durch die Berücksichtigung des Laufzeitanpassungsfaktors in Schritt 1 ansteigen. Analog zum RBA wurde das Mindestrisikogewicht im SFA durch die Änderung des Multiplikators in Schritt 4 (von 0,0056 auf 0,016) von 7 Prozent auf 20 Prozent erhöht.

Anforderungen und Parameter des SSFA

Im Hinblick auf den Tatbestand, dass in einigen Ländern die Verwendung von Kreditratings durch die nationale Regulierung untersagt ist beziehungsweise externe Ratings für strukturierte Produkte fehlen, schlägt das BCBS im Rahmen der Überarbeitung des Verbriefungsregelwerks zusätzlich die Einführung eines SSFA vor, der auf den bisherigen KSA-Kapitalanforderungen für die Transaktionen im Verbriefungspool basiert. Analog zu den übrigen Ansätzen im Verbriefungsregelwerk steigen die Kapitalanforderungen entgegengesetzt proportional zur Seniorität der Verbriefungstranche. Das gewichtete Mittel der Kapitalanforderung des Verbriefungspools (KSA) wird als Dezimalwert zwischen 0 und 1 angegeben (zum Beispiel haben Vermögenswerte mit einem durchschnittlichen KSA-Risikogewicht von 100 Prozent einen KSA-Wert von 0,08).

Zusätzlich berücksichtigt der SSFA den Attachment und Detachment-Punkt in der betreffenden Verbriefungsstruktur. Der SSFA schreibt ein Risikogewicht von 1 250 Prozent für die Positionen vor, deren Verluste den Kapitalbetrag belegen würden, den die Bank unter dem KSA-Ansatz aufbringen müsste, wenn sie die Underlyings direkt halten würde. Diese Regelung ist analog zum Risikogewicht von 1 250 Prozent im MSFA für Verbriefungspositionen unterhalb von KIRB.

Alle Verbriefungstransaktionen unterliegen - wie im MSFA - einem Mindestrisikogewicht von 20 Prozent. Um die Risikosensitivität des SSFA zu erhöhen, wird KSA um einen zusätzlichen Parameter - den Anteil der in Verzug geratenen Forderungen - erweitert. KSSFA ist definiert als Kapitalanforderung pro Einheit der Verbriefungsposition und errechnet sich mittels der in Abbildung 4 beschriebenen Formeln33):

Im Gegensatz zum überarbeiteten MSFA berücksichtigt der SSFA keine Laufzeiteffekte, bezieht aber stattdessen einen aufsichtlichen Anpassungsfaktor (p) mit ein. Im Ergebnis erhöht ein größerer p-Wert die Kapitalanforderung für Tranchen, die einen Detachment-Punkt unterhalb von KA haben. Die Tranchierung von Kreditrisiken dient zwar der Risikoreduzierung, führt allerdings nicht zur vollständigen Eliminierung von Risiken für Senior-Tranchen.

Zur Sicherstellung der Konservativität des SSFA schlägt der Baseler Ausschuss vor, den aufsichtlichen Risikoparameter mit p = 1,5 festzusetzen. Einen beispielhaften Vergleich der Risikogewichtssetzung zwischen dem bisherigen sowie den neuen aufsichtlichen Formelansätzen zeigt Abbildung 5.

Concentration ratio KIRB - Approach: Wie beschrieben wird unter Alternative B die Konzentrationsrate KIRB dann zur Risikogewichtsermittlung verwendet, wenn die Verbriefungspositionen nicht Teil einer Seniortranche von hoher Qualität sind.36)

Sind KIRB und der Detachment-Point D bestimmt, so ermittelt sich das Risikogewicht (RW) wie folgt:

Im Beispiel in Abbildung 6 zeigt sich, dass bei dieser Methode nur die höchstrangige Tranche das durchschnittliche Risikogewicht des Pools bekommt. Zudem profitieren die mezzaninen Tranchen nicht von einer nachrangigen Firstloss-Tranche, da die Dicke der Tranche keine Rolle spielt.

Backstop Concentratio Ratio Approach (BCRA): Sofern die vorangegangenen Methoden nicht zur Anwendung kommen, ist mit dem BCRA eine Rückfalllösung gegeben um einen Kapitalabzug (Risikogewicht = 1 250 Prozent) zu vermeiden. Der BCRA basiert dabei auf der Logik des Konzentrationsrisikos. Für die Eigenkapitalunterlegung der jeweiligen Verbriefungsposition wird die Bank jedoch nun das gewichtete KSA-Durchschnittsrisikogewicht der verbrieften Forderungen verwenden. Für nachrangige und damit risikoreichere Verbriefungstranchen wird die Eigenkapitalanforderung mit 2 multipliziert um ein hin reichend konservatives Rückfallregime zu haben und zudem bei den Nicht-Seniortranchen keine Arbitrage gegenüber der Methode der Konzentrationsrate KIRB zu ermöglichen.

Dem Baseler Ausschuss ist jedoch bewusst, dass durch den Korrekturfaktor insbesondere bei sehr risikoreichen Positionen Möglichkeiten zu solcher Arbitrage zwischen den vorgeschlagenen Ansätzen und dem BCRA möglich sind.37)

Die Formel für die Berechnung des Risikogewichts lautet sodann:

Die Einbeziehung des Laufzeitparameters in die Formeln des MSFA sowie die Reduzierung von aufsichtsrechtlichen Klippeneffekten beheben bestehende Schwachstellen des heute verwendeten SFA und machen die Kapitalunterlegung für Verbriefungsprodukte adäquater und risikosensitiver.

Weniger Schwachstellen, aber komplexer

Dies geht allerdings mit einer höheren Komplexität des Regelwerks sowie mit erhöhten Anforderungen für die Institute an die Ratingabdeckung für Verbriefungsportfolios im MSFA einher. Des Weiteren wird sich die Erhöhung des Mindestrisikogewichtes analog zum RBA von 7 Prozent auf 20 Prozent um den Faktor ~3 auf die Margen von Senior-Positionen zum Beispiel im Rahmen der Finanzierung von mittelständischen Unternehmensforderungen über ABCP-Programme auswirken. Der SSFA ist in Bezug auf die Risikogewichtssetzung sehr konservativ kalibriert und wird daher nur als "Rückfalllösung" für die Institute dienen, wobei die finale Festsetzung der Parameter nach der quantitativen Auswirkungsstudie (QIS) abzuwarten ist.

Analog kann auch die Differenzierung beim RRBA als durchaus sinnvolle Einordnung unterschiedlicher Risiken gesehen werden. Allerdings werden die Positionen durchwegs mit höheren Risikogewichten als bisher versehen. Dies gilt auch für die Konzentrationsansätze, bei denen nur die Seniortranche mit dem Durchschnittsrisikogewicht des Verbriefungspools, eine "günstige" Kapitalunterlegung bekommt.

Die nahe Zukunft wird zeigen, wie gestärkt das Bankensystem aus der noch ausstehenden Umsetzung der Basel-III-Regelungen nach der nun mehr als einer halben Dekade andauernden Krise hervorgehen wird. Im Rahmen der Konsultation des besprochenen Entwurfs zeichnen sich bereits jetzt einige Vorbehalte und Bedenken seitens der Kreditwirtschaft ab. So wird auf weiter steigende Eigenkapitalanforderungen sowie eine drohende weitere Abwertung von Verbriefungen als durchaus sinnvolles Kredit- und Kapitalmarktinstrument kritisch hingewiesen.

Daher bleiben die weiteren Konsultationsergebnisse und die QIS abzuwarten. Erst dann kann abschließend beurteilt werden, inwieweit zum einen mit der Überarbeitung des Verbriefungsregelwerks eine Wiederbelebung des Verbriefungsmarkts angesichts des Spannungsfelds zwischen strengerer Regulierung, erhöhten Kapitalanforderungen und fehlendem Vertrauen in Verbriefungen erzielt werden kann und zum anderen der wirtschaftliche Nutzen für die Real- und Kreditwirtschaft wieder stärker in den Vordergrund rückt.

Der Artikel gib t die persönliche Meinung der Autoren wieder.

Fußnoten

1) Online unter www.g20.utoronto.ca/2010/to-communique.html (Tz. 27)

2) Online unter www.financialstabilityboard.org/ publications/r_101027.pdf

3) BCBS: Basel Committee on Banking Supervision.

4) Siehe Basel III: A global regulatory framework for more resilient banks and banking systems (Tz. 15), online unter http://www.bis.org/publ/bcbs189.pdf

5) Die Umsetzung von Basel III in europäisches Recht erfolgt über die sogenannte CRD-IV-Richtlinie und die CRR ("Capital Requirements Regulation").

6) BCBS (2012), Consultative Document - Revisions to the Basel Securitisation Framework, online unter http://www.bis.org/publ/bcbs236.htm

7) BCBS (2013), Working Paper No. 22, 23, online unter www.bis.org/list/bcbs_wp/index.htm

8) Verbriefungen im Handelsbuch sind von den hier vorgestellten Änderungsvorschlägen nicht betroffen. Zur Begründung, vgl. BCBS (2012), S. 34.

9) Vgl. BCBS (2012), S. 8.

10) ABCP-Programme sind Verbriefungen in Form von Geldmarktpapieren (Asset Backed Commercial Papers), die meist mit kurz- bis mittelfristig laufenden Forderungen besichert sind.

11) Vgl. BCBS (2012), S. 8-10.

12) Dies gilt bei Anwendung des MSFA und des Konzentrationsansatzes KIRB, vgl. BCBS (2012), S. 19 und S. 27.

13) Vgl. BCBS (2012), S. 10-12.

14) Ein abgeleitetes Rating erhält man, wenn eine nachrangige Tranche extern geratet ist und man dieses übernimmt.

15) Vgl. hier und im Folgenden Tabelle 1-4, BCBS (2012): S. 15ff.

16) Siehe § 258 Abs. 1 S. 1 SolvV.

17) Dem ASRF-Modell liegt die Annahme zugrunde, dass das Kreditportfolio unendlich granular und diversifiziert ist und dass Verluste nur durch die Abhängigkeit von einem systematischen Faktor bestimmt werden.

18) Vgl. Gordy, Michael/Jones David (Federal Reserve Board): Capital allocation for securitizations with uncertainty in loss prioritization, December 2002, S. 2.

19) Vgl. Schöning, Stefan: Die geplante Neufassung der bankaufsichtlichen Eigenkapitalbelastung für Asset Backed Securities (ABS), S. 669, in ZfgK: 12/2003.

20) Die KIRB-Ermittlung kann sowohl Bottom-up (das heißt für jede Forderung ist ein internes Basel-II-Rating vorhanden) oder Top-Down mittels eines aufsichtsrechtlich abgenommenen Ratingmodells für zum Beispiel angekaufte Forderungen erfolgen.

21) Siehe § 257 Abs. 3 SolvV und Formel 10 und 11 im Anhang zur SolvV.

22) Siehe Formel 13, Nr. 6 im Anhang zur SolvV.

23) Auf der Grundlage von Hideshima, Hirotaka, The new Basel Capital Accord and Housing Finance, online unter www.oecd.org/pdf/M00037000/M00037756.pdf, S. 16.

24) Vgl. Walkowiak, Anke: Verbriefungen in Basel II, 2005, S. 172, in: Praktiker-Handbuch Basel II.

25) Zur Berücksichtigung des Modellrisikos enthält der SFA verschiedene Addons zum Beispiel eine Risikogewichtsuntergrenze von 7 Prozent, oder das Tau-Adjustment zur Berücksichtigung des Unsicherheitslevels bei der Verlustzuweisung auf die einzelnen Tranchen.

26) Die untere Intervallgrenze einer Tranche bezeichnet man als Attachment-Punkt. Dieser legt fest, ab welcher Höhe der kumulierten Ausfallverluste des Referenzportfolios die Tranche anfängt Verluste zu erleiden. Die obere Intervallgrenze, auch Detachment-Punkt genannt, wiederum definiert ab welchem Portfolioverlust die Tranche einen Komplettverlust erleidet.

27) Vgl. BCBS (2013): Working Paper No. 22, January 2013, S. 6.

28) Vgl. Perraudin, William: Securitizations in Basel II, 2006, S. 14, Research Paper from Imperial College.

29) Vgl. BCBS (2013): Working Paper No. 22, January 2013, S. 6.

30) Asset-Value Correlation (AVC), Ausfallwahrscheinlichkeit (PD), Verlustquote bei Ausfall (LGD) und Restlaufzeit (M).

31) Vgl. BCBS (2012), S. 20-21.

32) Tau wird aufsichtsrechtlich vorgegeben und repräsentiert den Unsicherheitsfaktor für die Verlustverteilung in der Wasserfallstruktur der Verbriefungstransaktion.

33) Die Konstante e ist die Basis des natürlichen Logarithmus (2,71828). Gleichlaufend zum MSFA beschreibt a den Attachment-Punkt sowie D den Detachment-Punkt.

34) Vgl. BCBS (2012), S. 22-23.

35) Vgl. BCBS (2012), S. 24.

36) KIRB als Kapitalanforderungsquote ergibt sich aus dem durchschnittlichen IRB-Risikogewicht des Pools multipliziert mit 8 Prozent.

37) Bei Wiederverbriefungen wird F = 1 gesetzt, zur Begründung, vgl. Basel (2012), S. 28f.

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