Förderbanken in Europa - Förderbanken für Europa

Iris Bethge, Hauptgeschäftsführerin, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, e.V., Berlin

Quelle: VÖB

Dass sich nationale Förderbanken in schwierigen Phasen bewähren können, sieht die Autorin nicht zuletzt durch die jüngste Finanzkrise bestätigt. Gerade die guten Erfahrungen bei der Krisenbewältigung durch die bestehenden nationalen Förderbanken, so registriert sie bei ihrem Überblick über die europäischen Förderbankstrukturen, hat gleich mehrere europäische Staaten zu Neugründungen von Förderinstituten angeregt, die inzwischen von der EU-Kommission genehmigt sind. Für Griechenland und Rumänien verweist sie auf laufende Projekte, die vom europäischen Dachverband der Förderbanken unterstützt werden. Jede neu zu gründende Förderbank, so ihr Hinweis zu der regulatorischen Behandlung der Förderbanken, muss die Hauptbedingungen der Europäischen Kommission für Beihilfeentscheidungen erfüllen. Außerdem kontrolliert die EU-Kommission das Handeln der Förderbanken durch regelmäßig wiederkehrende Genehmigungen. Auch vor diesem Hintergrund fordert der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands gemeinsam mit dem europäischen Verband, eine Ausnahme der Förderbanken von der europäischen Bankenregulierung. (Red.)

Vor zehn Jahren erlebten Europa und Deutschland den Höhepunkt der Finanzmarktkrise. Auf die Krise im Bankensektor folgte ein Einbruch des Wirtschaftswachstums, der fast an die Weltwirtschaftskrise der zwanziger und dreißiger Jahre erinnerte. Viele Staaten reagierten mit Konjunkturpaketen, um die Wirtschaft zu stimulieren und eine langanhaltende Depression zu verhindern, die führenden Notenbanken lockerten die Geldpolitik. Dennoch ging in Deutschland und Europa das Gespenst einer Kreditklemme um. Befürchtet wurde, dass gerade kleinere und mittleren Unternehmen sowie Privatpersonen aufgrund der Verwerfungen im Bankensektor keine oder nur noch zu sehr teuren Konditionen Kredite erhalten würden.

Ein gesetzlich vorgegebenes Geschäftsmodell

Zumindest für Deutschland war diese Sorge unbegründet. Einen Anteil daran hatten auch die 19 Förderbanken des Bundes und der Länder. Sie setzten schnell die politisch beschlossenen Konjunkturpakte um, ohne dass zunächst neue Bürokratie aufgebaut werden musste. Zudem stellten sie bedrängten Unternehmen über die Hausbanken Liquidität und Kredite zur Verfügung. Die Förderbanken haben sich in der Krise bewährt und ihren Anteil daran geleistet, dass Deutschland den tiefsten Konjunktureinbruch seit 1945 schnell überwinden konnte.

Förderbanken in Deutschland haben ein gesetzlich vorgegebenes Geschäftsmodell, das risikoarm, regional orientiert, thematisch fokussiert und wettbewerbsneutral ist. Im gesetzlichen Auftrag ihrer öffentlichen Eigentümer setzen die Förderbanken wirtschafts- und gesellschaftspolitische Ziele ihrer Träger um. Sie betreiben Wirtschaftspolitik mit bankmäßigen Mitteln und ergänzen den Markt dort, wo es notwendig ist. Aber Förderbanken sind nicht allein eine deutsche Eigenheit. Die Tradition der Förderbanken in Europa reicht schon gut zweihundert Jahre zurück.

Gerade die Finanzmarktkrise und ihre konjunkturellen Folgen brachten der Idee "Förderbank" wieder große Aufmerksamkeit, und die jüngste Phase von Gründungen in Europa setzte ein. Die meisten Förderbanken wurden von den europäischen Mitgliedstaaten gegründet, um zielgerichtet strukturelle Finanzierungsprobleme zum Beispiel in der Finanzierung von Selbstständigen und kleinen Unternehmen anzugehen, die durch die Krise hervorgetreten waren. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick zu den jüngsten Entwicklungen in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.

Kurze Reise durch Europa

Bereits bestehende Förderbanken haben in den vergangenen Jahren in Europa viel Hilfestellung bei Neugründungen in vielen Ländern geleistet, sowohl nationale Institute, als auch regionale Förderbanken sind in dieser Hinsicht aktiv. Der VÖB hat, wie auch der europäischer Verband der öffentlichen Banken (EAPB), zahlreiche Treffen organisiert und den Erfahrungsaustausch in den Planungs- und Gründungsphasen gefördert.

In Frankreich war nach dem Scheitern der Dexia ein Teil der Bank umgewandelt worden; zunächst mit dem Ziel, Kommunen stärker zu helfen, anschließend kam noch die Exportfinanzierung als Auftrag hinzu. Im Rahmen der Dexia-Entscheidung der Europäischen Kommission von 2012 stieg aus der "Asche" eine neue Bank als Phönix auf, wurde als Förderbank genehmigt und erhielt kurz später den Namen Société de Financement Local (SFIL). Es besteht eine Garantie, dass die Caisse des dépôts et consignations (CDC) und die Postbank sie bei Bedarf refinanzieren. Die CDC ist mit mittlerweile etwas mehr als 200 Jahren die älteste in Europa bestehende Fördereinrichtung. Außerdem gibt es mit der Banque publique d'investissement (BPI France) seit 2012 eine weitere Förderbank, für die bisher allerdings keine "Förderbankenentscheidung" der Kommission erteilt wurde.

Gründungen in Portugal, Lettland und Malta, Vorbereitungen in Griechenland

Im Vereinigten Königreich wurde 2012 die British Business Bank (BBB) gegründet, die 2014 eine positive Genehmigung der Kommission erhielt. Zudem wurde in Großbritannien 2012 die Green Investment Bank errichtet. Eine regionale Förderbank ist jüngst auch in Wales gegründet worden. Die Republik Irland hat sich 2014 mit der Strategic Banking Corporation of Ireland (SBCI) erstmals eine nationale Förderbank geschaffen. Förderbanken aus Deutschland hatten sie bei ihrer Gründung unterstützt.

In Portugal wurde einige Jahren daran gearbeitet, das Instituição Financeira do Desenvolvimento (IFD) als Förderinstitut zu errichten. Nach Abschluss des Anerkennungsprozesses durch die Regierung ist die positive Entscheidung der Kommission im Jahr 2014 erfolgt. Malta hat seine Förderbank 2017 eingerichtet; hier fand im Vorfeld ein Austausch mit dem VÖB und einzelnen unserer Mitgliedsinstitute statt. ALTUM ist die neue Förderbank von Lettland, die aus der Fusion von drei Förderinstituten hervorgegangen ist und ebenfalls mit Hilfestellung von deutschen Förderinstituten gegründet wurde. Sie ist mittlerweile durch die Europäische Kommission genehmigt.

Lokalfinanzierer als weitere Spielart

Griechenland arbeitet seit längerem daran, das Institute for Growth zu gründen; auch hier unterstützen die Mitglieder des VÖB. In Rumänien soll die bestehende EXIM Bank nun in eine Förderbank umgewandelt werden. Der europäische Dachverband, der EAPB, hilft hier, wie viele andere auch, in der Gründungsphase mit Informationen und Erfahrungen. Damit gibt es in nahezu allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mittlerweile öffentliche Förderbankenstrukturen, allein in Zypern wurden bislang keine Arbeiten in dieser Richtung unternommen. Bei der Cyprus Development Bank hat man 2008 eine private Organisationsform gewählt.

In den meisten europäischen Ländern bestehen nationale Förderbanken. Regionale Institute wie in Deutschland, Spanien und Italien sind aufgrund ihrer Historie in den anderen Mitgliedstaaten noch eher die Ausnahme. In Spanien sind es das Institut Català de Finances (ICF) in Katalonien und Institut Valencià de Finances (IVF) in Valencia, Letzteres wurde von deutscher Förderbanken unterstützt; in Italien zum Beispiel Finlombarda, Finpiemonte und Friulia. In beiden Ländern besteht noch Potenzial für weitere Gründungen auf regionaler Ebene; Vorarbeiten finden bereits in Navarra und in Andalusien statt. In Pamplona gab es hierzu eine vorbereitende Konferenz mit Unterstützung deutscher und niederländischer Förderbanken.

Eine weitere Spielart der Förderinstitute sind die Lokalfinanzierer, die sich von einer Förderbank in klassischer Hinsicht unterscheiden, dass sich hier die Gemeinden zusammenfinden, um ein Netzwerk zu bilden, mittels dessen sie ihre Mittel generieren, die zur Verwirklichung kommunaler Finanzierungsvorhaben benötigt werden. Dieses Modell hat sich schon seit über 100 Jahren in Nordeuropa bewährt, findet nun aber auch andernorts Anklang. Mit Agence France Locale hat sich 2014 in Frankreich ein solcher Lokalfinanzierer gegründet. Regulatorisch werden sie wie Förderbanken behandelt.

Die Auftragskataloge der Förderbanken europäischer Staaten können enger oder breiter gefasst sein, was unter anderem von der jeweiligen Entscheidung der Europäischen Kommission abhängt. Typisch sind die Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen, von arbeits- und sozialpolitischen Maßnahmen, von Infrastruktur, aber auch von Umweltprojekten oder Regionalhilfen. Eine europaweit abschließende Liste lässt sich daher nicht erstellen.

Außerdem sind die Förderbanken regelmäßig Intermediäre von EU-Finanz- beziehungsweise Förderinstrumenten (zum Beispiel COSME, Horizon 2020). Sie refinanzieren sich daher auch aus EU-Strukturfonds oder über die Europäische Investitionsbank (EIB), andere Finanzinstitute und in begrenztem Ausmaß über die Kapitalmärkte.

Unternehmensfinanzierung durch antizyklisches Agieren

Die Fördertätigkeit der Institute ist, besonders bei der Unternehmensfinanzierung, gekennzeichnet durch antizyklisches Agieren: Über ganz Europa sind Förderbanken eingesprungen, als in der Krise die Finanzierung von privater Seite zurückging. Andererseits wird die Kreditgewährung zurückgefahren, wenn etwa die Wirtschaft oder der Arbeitsmarkt die Förderung nicht mehr benötigt beziehungsweise eine Krisensituation überwunden ist. Dies wurde zum Beispiel in Deutschland oder Slowenien sehr deutlich (vergleiche dazu Patricia Wruuck, Studie der DB Research "Investitionen und Wachstum stärken: Die Rolle der Förderbanken in Europa" vom 9. Mai 2016).

Jede neue zu gründende Förderbank muss die Hauptbedingungen der Europäischen Kommission für Beihilfeentscheidungen erfüllen. Dies sind vorliegendes Marktversagen und der Nachweis, dass etwa Unternehmensgründer oder kleinere und mittlere Unternehmen oder auch Umweltprojekte aus anderen Quellen keine Finanzierung erhalten haben, obwohl sie dafür qualifiziert sind.

Zudem soll eine Reihe strenger Auflagen sicherstellen, dass der Wettbewerb durch die Aktivität der Förderbanken nicht verfälscht wird. Die neuen Förderbanken treffen damit von vornherein auf einen bestehenden europäischen Rechtsrahmen, in den sie sich einpassen.

Der europäischen Bankenregulierung voll unterworfen

Die Förderbanken sind, unabhängig davon, ob sie Banklizenzen erhalten oder nicht, der europäischen Bankenregulierung voll unterworfen, sie müssen Eigenkapitalregeln befolgen, mitunter die internationalen Rechnungslegungsvorschriften IFRS anwenden und Governance-Vorschriften einhalten. Sie streben keine Profitmaximierung an. Dies gilt auch für neue Förderbanken. Unter anderem deshalb fordert der VÖB, gemeinsam mit dem EAPB, eine Ausnahme der Förderbanken von der europäischen Bankenregulierung.

Dass Förderbanken schnell auf Finanzierungsengpässe reagieren können, weil sie die erforderlichen Strukturen vorhalten, ist ein wesentlicher Mehrwert, dies hat die Finanzkrise gezeigt. Müssen diese Strukturen in der Krise zunächst geschaffen werden und beispielweise ein Förderinstitut und entsprechende Förderprogramme erst im Bedarfsfalle aufgebaut werden, geht wertvolle Zeit verloren: in Kanada ist mit Blick auf Förderbanken auch von "sleeping beauties" gesprochen worden.

Kontrolle durch regelmäßig wiederkehrende Genehmigungen

Förderbanken sind in ihren Regionen verankert, nah am Menschen und an den Unternehmen. Sie kennen die örtlichen Strukturen, die gleichwohl zwischen und innerhalb der Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich sind. So ist in manchen Ländern Direktfinanzierung nötig, wenn Geschäftsbanken nicht kooperieren. Indirekter Finanzierung ist jedoch regelmäßig der Vorzug zu geben.

Daher setzt die Kommission verschiedene individuelle strenge, Auflagen an, die den Spielraum begrenzen und so die Wettbewerbsneutralität sicherstellen. Die Genehmigung der Bank wird regelmäßig mit zeitlicher Begrenzung erteilt, die zwischen drei und acht Jahren variieren kann (in Ausnahmefällen 15 Jahre), wonach im Anschluss eine Erneuerung möglich ist.

Geografisch wird die Genehmigung oft auf das Territorium der Bank (national oder regional) beschränkt. Neben der Förderbank sind auch die Förderprogramme selbst in vielen Entscheidungen nach den EU-Beihilfeleitlinien und Ausnahmeregeln zu gestalten (General Block Exemption Regulation - Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung). Die Kommission kontrolliert das Handeln der Förderbanken so durch regelmäßig wiederkehrende Genehmigungen, die eine Gruppe von Einzelentscheidungen bilden. Bei aller Vielfalt der Einzelregelungen besteht dennoch ein strikt vorgegebener gesetzlicher Rahmen, der für jede europäische Förderbank individuell verbindlich ist.

Förderbanken bewähren sich nicht nur in Krisen. Auch in wirtschaftlich guten Zeiten bringen sie gesellschaftlich wichtige Ziele voran zu denen Marktanreize fehlen. So liegen zum Beispiel die Schwerpunkte der Aktivitäten der Förderbanken in Deutschland auch im sozialen Städte- und Wohnungsbau, im Bereich der erneuerbaren Energien oder in der Unterstützung der digitalen Infrastruktur.

Außerdem spielen Förderbanken bei der nachhaltigen und "grünen" Finanzierung eine ganz wesentliche Rolle, etwa bei Green Bonds oder bei Umweltprojekten. Im geeigneten Rechtsrahmen können Förderbanken ihre Mission gut ausfüllen. So wird die Idee Förderbank zum "europäischen Mehrwert" aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union und ist im Interesse ganz Europas.

Iris Bethge Hauptgeschäftsführerin, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, e.V. Berlin
Iris Bethge , Hauptgeschäftsführerin, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB
Noch keine Bewertungen vorhanden


X