IDW ERS BFA 7 - wesentliche Auswirkungen auf HGB-Institute

Siegfried Mehring, Foto: Genossenschaftsverband

Im Dezember vergangenen Jahres hat das IDW seine bisherige Stellungnahme überarbeitet und einen neuen Entwurf zur Berücksichtigung von Pauschalwertberichtigungen im Jahresabschluss veröffentlicht. Auch wenn es sich bislang lediglich um einen Entwurf zu einem neuen Rechnungslegungsstandard handelt, gehen die Autoren zunehmend davon aus, dass sich die Expected-Loss-Methodik auch im HGB durchsetzen wird. Kreditinstituten, die nach HGB bilanzieren, legen sie deshalb nahe, sich daher frühzeitig mit den möglichen Auswirkungen gerade im Umstellungsjahr zu beschäftigen. Den Fokus wollen sie dabei nicht nur auf die Auswirkungen in der GuV gerichtet sehen, sondern raten im Rahmen einer integrierten Analyse ebenfalls die Auswirkungen auf die Säule I und Säule II zu simulieren. (Red.)

Das Adressenausfallrisiko gehört bei Kreditinstituten zu den wesentlichen Risikoarten des Bankgeschäfts. Aufgrund des sehr langen und guten Konjunkturverlaufs sind bei den Instituten deutlich weniger Kreditausfälle in der jüngeren Vergangenheit zu beobachten. Durch das niedrige Zinsniveau können zudem auch wirtschaftlich schwächer aufgestellte Kreditnehmer ihre Kapitaldienste noch erbringen. Infolgedessen hat der Bestand an Einzel- und pauschalen Wertberichtigungen (Pauschalwertberichtigung) in den Bilanzen spürbar abgenommen - trotz der in den ökonomischen Modellen ausgewiesenen latenten Risiken. Vor diesem Hintergrund sind die Regelungen sowie deren Weiterentwicklung zur sachgerechten Risikoabschirmung der latenten Ausfallrisiken im Jahresabschluss näher zu betrachten.

Deutlicher Rückgang der pauschalen Wertberichtigungen

Bei bereits zum Bilanzstichtag erkannten akut ausfallgefährdet angesehenen Krediten beziehungsweise unwiderruflichen Kreditzusagen verlangt das Vorsichtsprinzip gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB die Bildung einer Einzelwertberichtigung oder Abschreibung beziehungsweise die Bildung einer Rückstellung für Kreditrisiken. Daneben fordert das Vorsichtsprinzip bei Kreditinstituten, die nach Handelsgesetzbuch (HGB) und Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung (RechKredV) bilanzieren, eine pauschale Wertberichtigung. Diese Pauschalwertberichtigung soll latent vorliegende Kreditrisiken abbilden und stellt auf das Risiko ab, dass nicht als akut ausfallgefährdet angesehene Kredite oder Kreditteile zu einem nach dem Bilanzstichtag liegenden Zeitpunkt ganz oder teilweise ausfallen können. Im Unterschied zu den Vorsorgereserven nach § 340f HGB sind sie explizit nur für das Abschirmen von Bonitätsrisiken gebildet und stehen nicht zur Abdeckung von allgemeinen Bankrisiken zur Verfügung. Die Vorsorgereserven nach § 340f HGB sind daher deutlich flexibler für die Geschäftsleitung eines Kreditinstituts einsetzbar, während sich pauschale Wertberichtigungen erst bei tatsächlichem Eintritt eines Verlustes auswirken und dann einen Teil der erforderlichen Risikovorsorge abdecken.

Für die Berechnung der pauschalen Wertberichtigung gaben bisher die Stellungnahme des Instituts der deutschen Wirtschaftsprüfer (IDW) St/BFA 1/1990 beziehungsweise das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 10. Januar 1994 entsprechende Orientierungen. Während die Stellungnahme des IDW grundsätzlich auf den Kreditbegriff des damaligen § 19 Abs. 1 KWG (ohne Beteiligungen und bereits einzelwertberichtigte Bestände) abstellt, sieht das BMF-Schreiben vor, nur Kundenforderungen nach § 15 Rech-KredV in die Berechnung einzubeziehen.

Nach der IDW-Stellungnahme soll ein Faktor ermittelt werden, der die in der Vergangenheit beobachteten Ausfälle in die Zukunft vorschreibt, während das BMF-Schreiben eine feste Systematik für die Ermittlung auf Basis der letzten fünf Jahre vorsieht. In der Praxis wurde in der Vergangenheit tendenziell die BMF-Vorgehensweise auch handelsrechtlich herangezogen. Dies führte durch den langen positiven Konjunkturverlauf zu einem deutlichen Rückgang der pauschalen Wertberichtigungen.

Die wesentlichen Vorgaben im Überblick

Das IDW hat nun seine bisherige Stellungnahme überarbeitet und am 10. Dezember 2018 einen neuen Entwurf zur Berücksichtigung von Pauschalwertberichtigungen im Jahresabschluss veröffentlicht.

Der Anwendungsbereich des neuen IDW ERS BFA 7 soll sich neben sämtlichen Forderungen an Kreditinstitute und Kunden (abzüglich einzelwertberichtigter Kreditverhältnisse) auch auf Kreditzusagen und Eventualverbindlichkeiten und andere Verpflichtungen beziehen. Nach dem Wortlaut des Standards erscheint es sachgerecht, Schuldverschreibungen und andere festverzinsliche Wertpapiere des Anlagevermögens, die nach dem gemilderten Niederstwertprinzip bewertet werden, einzubeziehen. Damit steht die Stellungnahme in der Tradition der bisherigen Verlautbarung, einen umfassenderen Begriff der mit latenten Ausfallrisiken behafteten Positionen zu verwenden als der BMF-Ansatz. Des Wortlaut deutet jedoch nicht auf eine Verpflichtung hin, die genannten Schuldverschreibungen in die Ermittlung zu integrieren.

Angelehnt ist das grundsätzliche Vorgehen des neuen Entwurfs nun nicht mehr an das bisher verbreitete vergangenheitsorientierte Incurred-Loss-Modell. Künftig soll - vergleichbar der Entwicklung bei IFRS 9 (International Financial Reporting Standards) und den mittlerweile vorherrschenden Methoden zur internen Risikosteuerung - auf den erwarteten Verlust abgestellt werden (sogenannter Expected-Loss). Durch das Expected Loss-Modell soll die Too-little-too-late-Problematik, dass insbesondere nach wirtschaftlich positiven Jahren zu geringe Pauschalwertberichtigungen gebildet werden und damit das tatsächliche Risiko unterzeichnet wird, abgemildert werden. Der Expected Loss (EL) ist der Erwartungswert zukünftiger Verluste, der sich durch die Ausfallwahrscheinlichkeit (PD), den anteiligen Verlust bei Eintritt des Ausfallereignisses (LGD) und der Höhe des entsprechenden Kreditvolumens (EAD) ergibt. Somit lässt er sich in der folgenden grundsätzlichen Formel beschreiben:

EL = PD X LGD X EAD

Nach IFRS 9 erfolgt bei den Assets eine Einordnung in drei Stufen, die sich hinsichtlich der Zeitdauer, über die der Expected Loss ermittelt werden muss, unterscheiden. Im Zeitpunkt des Zugangs werden Finanzinstrumente zum beizulegenden Zeitwert angesetzt und grundsätzlich der Stufe 1 (Performing Loans) zugeordnet. Es ist eine Risikovorsorge in Höhe der potenziellen Ausfallereignisse der nächsten zwölf Monate zu bilden (12-Month Expected Loss). Sofern sich das Kreditrisiko signifikant erhöht, wird das Finanzinstrument ein Underperforming Loan und in Stufe 2 eingruppiert und die Risikovorsorge anschließend in Höhe des Lifetime Expected Loss berechnet. Dieser umfasst sämtliche erwarteten Kreditausfälle, die aus potenziellen Ausfallereignissen während der voraussichtlichen Restlaufzeit des Kredits resultieren. Liegen am Bilanzstichtag objektive Hinweise auf eine Wertminderung vor, erfolgt ein Transfer in Stufe 3 (Non-Performing Loans/Defaulted Loans). Hier gilt ebenfalls der "Lifetime"-Ansatz mit entsprechend hoher Ausfallwahrscheinlichkeit.

Schätzung erwarteter Verluste

Grundlegend stellt der IDW-Entwurf auf die Schätzung erwarteter Verluste in Bezug auf die vertraglich vereinbarte beziehungsweise eine darüber hinausgehende erwartete Laufzeit der Instrumente (Lifetime Expected Loss) ab - unabhängig von einer Klassifizierung als performing oder non-performing. Im Speziellen bestehen drei verschiedene Möglichkeiten:

1. Institute, die mathematisch-statistische Verfahren für aufsichtliche und für interne Steuerungszwecke verwenden, sollten diese als Grundlage für die Ermittlung der Pauschalwertberichtigung verwenden. Bei Anwendung mathematisch-statistischer Verfahren können zur Verminderung der vorhersehbaren Kreditausfälle vereinbarte Bonitätsprämien berücksichtigt werden, soweit hierdurch das erwartete Kreditrisiko nachweislich kompensiert wird. Als sogenannte Mindestrisikovorsorge (Floor) soll grundsätzlich ein 12-Month Expected Loss zugrunde gelegt werden.

2. Alternativ wären vereinfachte Verfahren zulässig, falls sie die Höhe der vorhersehbaren Kreditausfälle verlässlich schätzen - eine Methodik ist nicht vorgegeben. Der vorgenannte Floor gilt jedoch bei den alternativen Verfahren ebenfalls.

3. Für IFRS-Anwender besteht die Möglichkeit, die nach IFRS 9 gebildete Risikovorsorge für Kredite, die keine signifikante Erhöhung des Kreditausfallrisikos aufweisen (Stufe 1), zu übernehmen und auf die Gegenrechnung der Bonitätsprämien zu verzichten. Hierdurch entsteht ein Gleichlauf mit der IFRS-Bilanz.

Unabhängig von der gewählten Methodik ist daher davon auszugehen, dass mindestens der 12-Month Expected Loss zum Tragen kommen wird.

Als verpflichtender Erstanwendungstermin der Stellungnahme ist das Geschäftsjahr 2020 vorgesehen. Eine frühere vollständige Anwendung ist auf Basis des Entwurfes möglich. Aus heutiger Sicht ist damit zu rechnen, dass sich Expected-Loss-Verfahren auch nach HGB zur Ermittlung der Pauschalwertberichtigung etablieren. Noch unklar ist, ob gegebenenfalls durch die Meldevorschriften zu Finrep (Financial Reporting) eine Anwendung in den Systemen der Banken bereits zu Beginn 2020 notwendig ist, da die Anfang 2020 anstehenden Finrep-Meldungen grundsätzlich auf das im Geschäftsjahr anzuwendende Rechnungslegungsregime abzielen.

Handlungsbedarf für Kreditinstitute

Die erstmalige Dotierung der Pauschalwertberichtigungen wird aufgrund der geringen Bestände erwartungsgemäß zu einer spürbaren Erhöhung der pauschalen Wertberichtigungen und damit zu entsprechendem Aufwand führen. Aufgrund fehlender Übergangsvorschriften wird die Umstellung 2020 je nach Risiko- und Besicherungsstruktur des Kreditportfolios die Ertragslage deutlich belasten.

Daher sollten sich Kreditinstitute frühzeitig mit den Auswirkungen auf ihr Haus beschäftigen. Da viele Banken in ihrer internen Risikosteuerung bereits den erwarteten Verlust berechnen, kann als erster Anhaltspunkt der jeweilige erwartete Verlust für zwölf Monate aus dem Risikobericht verwendet werden. Bei der Interpretation ist jedoch genau zu betrachten, wie das bisher eingesetzte Steuerungssystem den erwarteten Verlust berechnet. Insbesondere ist unter anderem zu hinterfragen, welcher Rückfluss aus Sicherheiten berücksichtigt wird und welche Positionen einbezogen werden.

Eine wirtschaftliche Verteilung des Umstellungseffektes könnte durch erhöhte Zuführungen zu Reserven nach § 340f HGB und späterer "Umbuchung" oder durch Modifizierung des zuletzt verwendeten Verfahrens (begründete Änderung von fiskalisch motivierten Abschlägen) oder auf Basis der bisherigen IDW-Stellungnahme ermöglicht werden.

Auch für die HGB-Institute relevant

Bei der Simulation der Auswirkungen für das jeweilige Haus ist eine integrierte Betrachtung gerade auch mit den korrespondierenden Auswirkungen auf das Aufsichtsrecht erforderlich. Dabei ist bezüglich der Auswirkungen zwischen Säule I und II zu unterscheiden. In der Säule I ist insbesondere die Frage der Behandlung der pauschalen Wertberichtigungen bei der Eigenmittelunterlegung relevant. Da die meisten HGB-bilanzierenden Institute den Standardansatz verwenden, wird im Folgenden nur auf diesen eingegangen.

In der Capital Requirements Regulation (CRR) wird zwischen spezifischen und allgemeinen Kreditrisikoanpassungen unterschieden. Spezifische Kreditrisikoanpassungen werden gemäß Art. 111 CRR vom Risikopositionswert einer Aktivposition abgezogen, während allgemeine Kreditrisikoanpassungen nach Art. 62 c) CRR (zum Beispiel Vorsorgereserven nach § 340f HGB) in gewissen Grenzen zum Posten des Ergänzungskapitals hinzugerechnet werden können. Die Bedeutung dieses Postens nimmt jedoch mit Blick auf die CRR-II-Regelungen weiter ab (zum Beispiel im Großkreditregime).

In der CRR selbst findet sich keine klare Definition von spezifischen und allgemeinen Kreditrisikoanpassungen. Nach der delegierten Verordnung Art. 1 Abs. 1 (EU) Nr. 183/2014 müssen Kreditrisikoanpassungen vom harten Kernkapital des Instituts abgezogen worden sein, um ausschließlich kreditrisikobedingten Verlusten Rechnung zu tragen. Dies ist sowohl bei Einzel- wie auch bei den Pauschalwertberichtigungen nach IDW ERS BFA 7 unzweifelhaft der Fall. Allerdings sieht Abs. 2 für Kreditrisikoanpassungen, die für Risikopositionen gebildet wurden, für die dem Institut zum aktuellen Zeitpunkt keine Hinweise auf ein bereits eingetretenes Verlustereignis vorliegen, eine Behandlung als allgemeine Kreditrisikoanpassungen vor. Dagegen spricht Abs. 5 gebildete Beträge über Abs. 3 den spezifischen Kreditrisikoanpassungen zu, sofern diese auf historischen und aktuellen Daten basieren und zeigen, dass ein Verlustereignis eingetreten ist, das Institut aber noch nicht erkennen kann, welche konkrete Risikoposition betroffen ist.

Eine normative und eine ökonomische Perspektive

Gemäß dem Sinn und Zweck der pauschalen Wertberichtigungen und dem Wortlaut der delegierten Verordnung ist es daher sachgerecht, die pauschalen Wertberichtigungen nach IDW ERS BFA 7 in der Eigenmittelunterlegung wie spezifische Kreditrisikoanpassungen zu behandeln. Dies hätte zur Konsequenz, dass der gebildete Betrag der pauschalen Wertberichtigungen von den Risikopositionswerten abgezogen werden könnte und damit keiner Eigenmittelunterlegung mehr bedarf. Dieses Ergebnis überzeugt, da durch die erfolgswirksame handelsrechtliche Risikoabschirmung aufsichtsrechtlich kein Anlass zur weiteren Sicherung dieses Betrages mehr bestehen kann. Da es sich jedoch um eine gesammelte Größe über verschiedene Positionen mit unterschiedlichen Risikogewichten handelt, ist eine sachgerechte Verteilung vorzunehmen. Etwaige Übergangsbestimmungen wie bei der Einführung von IFRS 9 zur Verteilung des Effektes sind bislang von der Aufsicht jedoch noch nicht veröffentlicht worden. Auf etwaige Offenlegungspflichten bezüglich der verwendeten Methodik sei der Vollständigkeit halber hingewiesen.

Zusätzlich sollten die Auswirkungen auf die interne Risikotragfähigkeit (Säule II) simuliert werden. Hierbei sind mehrere Fälle zu unterscheiden - abhängig des vom Institut gewählten Ansatzes. Gemäß des Risikotragfähigkeitsleitfadens (RTF-Leitfaden) der Aufsicht wird eine normative und eine ökonomische Perspektive verlangt.

Behandlung der erwarteten und unerwarteten Verluste

Ausgangspunkt der normativen Perspektive sind die regulatorischen und aufsichtlichen Kennzahlen und deren Entwicklung über die nächsten Jahre. Insofern ist es bereits jetzt zu empfehlen, die möglichen Effekte einer etwaigen oben skizzierten Umstellung in der normativen Betrachtung und damit in der Kapitalplanung nach AT 4.1 Tz. 11 MaRisk (Allgemeiner Teil Mindestanforderungen an das Risikomanagement) zu simulieren, um etwaigen Steuerungsbedarf abschätzen zu können.

In der ökonomischen Perspektive wird grundsätzlich eine Ableitung des Risikodeckungspotenzials (RDP) unabhängig von den Bilanzierungskonventionen erwartet. Bei einer barwertigen Ermittlung des RDP ist der Barwert sämtlicher Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Instituts einschließlich außerbilanzieller Positionen zu ermitteln. Auf die Abbildung erwarteter Verluste kann insoweit verzichtet werden, sofern sie bereits bei Bestimmung des RDP berücksichtigt wurden. Wenn die pauschalen Wertberichtigungen schon in die Ermittlung des Unternehmensbarwertes einfließen, ergibt sich somit kein gesonderter Berücksichtigungsbedarf.

Momentan gibt es jedoch unter den HGB-bilanzierenden noch überwiegend sogenannte "Annex"-Institute, die ihre bisherigen in der Regel Gewinn- und Verlustrechnung(GuV)-orientierten Steuerungsansätze vorerst beibehalten haben. Bei den als wesentlich identifizierten Risiken muss das Gesamtkonzept hierzu sowohl erwartete als auch unerwartete Verluste umfassen. Der RTF-Leitfaden sieht jedoch auch hier vor, dass auf die Abbildung erwarteter Verluste verzichtet werden kann, sofern sie bereits sachgerecht bei der Ermittlung des RDP berücksichtigt worden sind. Bislang wurde ausgehend von den bilanziellen Eingangsgrößen der intern ermittelte erwartete Verlust von dem möglichen RDP abgezogen. Dieser Vorgehensweise und den Anforderungen des RTF-Leitfadens folgend ist es nicht zu beanstanden, künftig hinsichtlich der bilanziell bereits verarbeiteten pauschalen Wertberichtigungen auf einen Abzug dieser erwarteten Verluste vom RDP zu verzichten.

Durch die erfolgswirksame Buchung ist die Eingangsgröße für die Ermittlung des RDP schon vermindert worden, sodass ein erneuter Abzug eine nicht begründbare Doppelanrechnung wäre. Die materiellen Effekte sollten sich daher in Grenzen halten, falls bislang die erwarteten Verluste immer vollständig abgezogen wurden; es ändert sich im Ermittlungsschema des RDP lediglich die "Position" des Abzugs. Konsequenterweise ist im Geschäftsjahresverlauf jedoch zu berücksichtigen, dass sich der erwartete Verlust zum Beispiel durch Kreditausweitung oder Migration des Kreditportfolios weiter verändern kann. Bei der Ermittlung des RDP zu unterjährigen Stichtagen ist aber nur noch die Differenz zu bereits gebuchten Beträgen zu berücksichtigen. Die Überlegungen sind für die barwertnahe Risikotragfähigkeit und den Säule 1+-Ansatz sachgerecht, da hier das RDP ebenfalls vereinfacht aus bilanziellen Größen abgeleitet wird.

Auswirkungen auf die Säule I und Säule II simulieren

Auch wenn es sich bislang nur um einen Entwurf zu einem neuen Rechnungslegungsstandard handelt, ist doch zunehmend davon auszugehen, dass sich die "Expected Loss"-Methodik auch im HGB durchsetzen wird.

Kreditinstitute, die nach Handelsgesetzbuch bilanzieren, sollten sich daher frühzeitig mit den möglichen Auswirkungen gerade im Umstellungsjahr beschäftigen und dabei den Fokus nicht nur auf die Auswirkungen in der GuV legen. Im Rahmen einer integrierten Analyse sind ebenfalls die Auswirkungen auf die Säule I und Säule II zu simulieren.

Die pauschalen Wertberichtigungen nach IDW ERS BFA 7 sind als spezifische Kreditrisikoanpassungen in der Säule I anzusehen und mindern den Risikopositionswert zur Unterlegung mit Eigenmitteln entsprechend. Sofern Kreditrisiken bilanziell bereits berücksichtigt sind, ist in der Säule II eine Doppelerfassung der erwarteten Verluste nicht notwendig, sodass die Auswirkungen an dieser Stelle eher gering sein sollten, da es in der Vergangenheit üblich war, die ermittelten erwarteten Verluste in der internen Betrachtung vom vorhandenen RDP abzuziehen.

Fußnoten

1) Vgl. MaRisk 2017 AT 2.2 Tz. 1.

2) Vgl. Krumnow u.a. (2. Auflage), § 340e Tz. 167 ff.; Scharpf/Schaber Handbuch Bankbilanz (7. Auflage), S. 187 ff.

3) Vgl. IDW St/BFA 1/1990 Abschnitt 2.

4) Vgl. Scharpf/Schaber Handbuch Bankbilanz (7. Auflage), S. 206 ff.

5) Vgl. IDW St/BFA 1/1990 Abschnitt 3. c).

6) Entwurf einer IDW-Stellungnahme zur Rechnungs­legung: Risikovorsorge für vorhersehbare, noch nicht individuell konkretisierte Adressenausfallrisiken im handelsrechtlichen Jahres- und Konzernabschluss von Instituten („Pauschalwertberichtigungen“) (IDW ERS BFA 7), Stand 28. November 2018.

7) Vgl. IDW ERS BFA 7 Tz. 7 ff.

8) Vgl. Bardens/Meurer/Gebova, WPg (2012), S. 809 ff.

9) Vgl. IDW ERS BFA 7 Tz. 15.

10) Vgl. IDW ERS BFA 7 Tz. 18 ff.

11) Vgl. IDW ERS BFA 7 Tz. 24.

12) Vgl. IDW ERS BFA 7 Tz. 26 f.

13) Vgl. IDW ERS BFA 7 Tz. 25.

14) Vgl. IDW ERS BFA 7 Tz. 5.

15) Vgl. in der Literatur u.a. Fischer/Flick/Krakuhn, IRZ (2014), S. 435 ff.; Bär/Wiechens, KoR (2016), S. 455 ff.; Prystawik/Sandritter, DB (2017), S. 197 ff. Prystawik/Sandritter sehen auch grundsätzlich eine steuerliche Anerkennungsfähigkeit.

16) Das statistisch-mathematische Verfahren soll auf der Grundlage der internen Risikosteuerung basieren. Zu Unterschieden bei Parametern zwischen Aufsicht und IFRS vgl. Löw/Vogt, IRZ (2018), S. 385 ff.

17) Vgl. IDW ERS BFA 7 Tz. 15.

18) Hinweis: Die handelsrechtlichen Grundsätze der Stetigkeit und Willkürfreiheit sowie die Vorgaben zu den Anhangangaben sind zu beachten.

19) Die Unterscheidung zwischen spezifischen und allgemeinen Kreditrisikopanpassungen ist für die Leverage Ratio künftig nicht mehr relevant. Vgl. Art. 429 Abs. 4; 429b Abs. 1; 429f CRR II. https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-6288-2019-INIT/en/pdf

20) Art. 1 Abs. 1 DelVO (EU) Nr. 183/2014 – bei unterjährigen Erfassungen müssen die Beträge entsprechend Art. 36 Abs. 1 CRR vom harten Kernkapital abgezogen worden sein.

21) Ähnlich sieht es die Aufsicht auch bei IFRS 9; vgl. EU-Verordnung 2017/2395 Erwägungsgrund 8, Art. 1 Nr. 1; EBA-Op-2017-02; Tz. 38 f.

22) Vgl. hierzu Art. 2 und Art. 3 DelVO (EU) Nr. 183/2014.

23) Vgl. Art. 442 CRR; zur Änderungen des Anwendungsbereichs siehe Art. 431 ff. CRR II.

24) Aufsichtliche Beurteilung bankinterner Risikotragfähigkeitskonzepte und deren prozessualer Einbindung in die Gesamtbanksteuerung („ICAAP“) – Neuausrichtung, 24. Mai 2018 (RTF-Leitfaden).

25) Vgl. RTF-Leitfaden Tz. 22 ff.

26) Vgl. RTF-Leitfaden Tz. 39.

27) Vgl. RTF-Leitfaden Tz. 46.

28) Vgl. RTF-Leitfaden Annex Tz. 57.

 

Siegfried Mehring Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, Mitglied des Vorstandes, Genossenschaftsverband - Verband der Regionen e.V., Frankfurt am Main
Konstantin Pieper Vorstandsreferent, Genossenschaftsverband - Verband der Regionen e.V., Frankfurt am Main
Siegfried Mehring , Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes, Genossenschaftsverband - Verband der Regionen e.V., Frankfurt am Main
Konstantin Pieper , Abteilungsleiter Bankenaufsichtsrecht im Bereich Grundsatzfragen Infrastruktur ­Prüfung , Genossenschaftsverband - Verband der Regionen e. V., Düsseldorf

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