Kommunalkredite als Alternative zu EZB-Einlagen

Dr. Michael Kemmer Foto: Loanboox

Angesichts der Niedrigzinsphase und der regulatorischen Anforderungen ist die langfristige Finanzierung allgemein und im Speziellen die Kommunalfinanzierung in den vergangenen Jahren für viele Kreditinstitute und selbst für spezialisierte Immobilienfinanzierer zunehmend unattraktiv geworden. Die Autoren bringen nun Überlegungen ins Spiel, Kommunalkredite über Onlineplattformen als Instrument der Liquiditätssteuerung zu nutzen. Vor allem in den kurzfristig laufenden Kassenkrediten sehen sie für Kreditinstitute eine Möglichkeit, überschüssige Liquidität zu parken, um die Negativzinsen auf Einlagen bei Konten der EZB zu vermeiden. Dank der technischen Möglichkeiten zur Dokumentation und zum Reporting halten sie über Plattformen für dieses Marktsegment eine effiziente Prozessabwicklung für gewährleistet, die auch die Anforderungen an die Dokumentation und das Reporting berücksichtigen kann. (Red.)

Das aktuelle Niedrigzinsumfeld stellt Banken vor Herausforderungen im Hinblick auf ihr Liquiditätsmanagement. Wollen die Finanzhäuser ihre überschüssigen Reserven bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken, müssen sie derzeit 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Das schmälert die Rentabilität. Es gibt allerdings auch Alternativen, um kurzfristig Liquiditätsüberschüsse anzulegen. Ein Beispiel ist die Investition in Kommunalkredite. Zum einen gilt diese Assetklasse als hochgradig sicher und wird daher regulatorisch begünstigt. Zum anderen ist die Zinsmarge hier größer als bei negativ verzinsten EZB-Einlagen.

Kommunalkredite als rentable Anlagemöglichkeit

Banken benötigen ausreichend Liquidität, um ihre Zahlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Deshalb sind sie per Gesetz dazu verpflichtet, einen bestimmten Teil ihrer Einlagen zinsfrei bei der EZB zu hinterlegen. Sogenannte Mindestreserven dienen als wichtiges Instrument zur Stabilisierung des Bankensektors. Als reservepflichtig gelten zum Beispiel kurzfristige Kundeneinlagen und Festzinseinlagen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu zwei Jahren. Der Mindestreservesatz beträgt aktuell rund 1 Prozent.

Neben diesem gesetzlich vorgeschriebenen Reserve-Soll parken viele Geldhäuser auch ihre Überschussreserven bei der Europäischen Zentralbank. Das Problem dabei: Derartige über die Mindestreserve hinausgehende freiwillige Einlagen kosten Geld - nämlich den Negativzins, den die EZB von Banken für kurzfristig geparktes Geld verlangt.

Derzeit beträgt der Zinssatz, den Geldhäuser für ihre Einlagen auf Konten bei der EZB zahlen müssen, 0,4 Prozent. Laut Bloomberg, summieren sich die an die Notenbank im vergangenen Jahr gezahlten Zinsen auf diese Gelder auf insgesamt 3,6 Milliarden Euro. Die Profitabilität der Banken leidet unter der Strafzins-Politik der EZB. Viele Geldinstitute suchen daher nach neuen Wegen, ihre überschüssige Liquidität zu parken. Ein Instrument, das in diesem Zusammenhang zuletzt stark an Bedeutung gewonnen hat, sind Kommunalkredite.

Keine oder eine privilegierte Eigenkapitalunterlegung

Bei Kommunalkrediten handelt es sich um Kreditleistungen aller Fristigkeiten, die von Körperschaften des öffentlichen Rechts in Anspruch genommen werden. Dazu gehören auf der einen Seite Kassenkredite, die Kommunen zur Liquiditätssicherung einsetzen, und auf der anderen Seite Investitionskredite zur Finanzierung langfristiger Projekte.

Vor allem kurz- bis mittelfristig laufende Kassenkredite stoßen aktuell als Alternative zu negativ verzinsten EZB-Einlagen auf großes Interesse. Die Laufzeiten bewegen sich in der Regel zwischen wenigen Tagen und mehreren Monaten, wobei einige Kommunen in den vergangenen Jahren dazu übergegangen sind, derartige Kredite auch für längere Laufzeiten aufzunehmen. Der Kreditmarkt in diesem Bereich umfasst in Deutschland rund 50 Milliarden Euro.

Grundsätzlich sind Kommunen attraktive Kreditnehmer für Banken. Zum einen sind die rund 12 000 deutschen Kommunen per Gesetz nicht insolvenzfähig. Darüber hinaus gibt es - auch wenn dieser Haftungsverbund nicht gesetzlich explizit formuliert ist - bei Betrachtung einzelner Gesetze und Richtlinien eine enge Verzahnung vom Staat bis hinunter zur Kommune, die ein solides Fundament für die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Stadt oder Gemeinde bietet. Dies findet zum anderen auch Berücksichtigung bei den Regulierungsvorschriften, die in OECD-Ländern bisher keine oder eine zumindest privilegierte Eigenkapitalunterlegung für derartige Kommunalkredite vorsehen. Zusätzlich kann ein gesetzlich bestehendes Kündigungsrecht (nach Ablauf von zehn Jahren nach Vollauszahlung des Darlehens) gemäß § 489 BGB durch Kommunen ausgeschlossen werden. Gerade bei langen Zinsbindungen ist das ein stabilisierendes Element.

Onlineplattformen als "Marktplatz" mit hoher Prozesseffizienz

Warum spielen Kommunalkredite bei der Liquiditätssteuerung von Banken bisher keine große Rolle? Bisher findet der Kommunalkredit bei der Liquiditätssteuerung der Banken wenig Berücksichtigung. Handelt es sich bei den Kommunen doch um eine eigene Kundengruppe mit den ihr eigenen Prozessen. Über Ausschreibungsverfahren werden die Finanzierungen und deren Konditionen bei einem von den Kommunen definierten Kapitalgeberkreis, ob Sparkassen, Banken oder auch über Makler, angefragt.

Hierbei werden in der Regel keine Dokumentationen zur Verfügung gestellt, die beiden Seiten einen Überblick über alle zwischen ihnen durchgeführten Transaktionen ermöglichen. Auch die für eine Kreditprüfung erforderlichen Haushaltsunterlagen sind den Anfragen oft nicht beigefügt. Entsprechend aufwendig ist dann für den Treasurer eine Kreditanfrage zu bearbeiten und erfolgreich zu initiieren.

Trotz der regulatorischen Privilegien der Kommunalfinanzierung führen die beschriebenen bürokratischen Hürden heute noch dazu, dass viele Banken nolens volens überschüssige Liquidität bei der EZB parken, auch unter Inkaufnahme negativer Zinsen. Hier lohnt ein Blick auf gut strukturierte und technisch ausgefeilte Onlineplattformen. Kreditgesuche der öffentlichen Hand werden auf derartigen Portalen transparent gemeinsam mit den für eine Beurteilung einer Finanzierungsanfrage notwendigen Unterlagen vorgehalten.

Dass Kapitalgeber neben einer zur Verfügung stehenden Musterdokumentation auch ihre eigenen Kreditverträge verwenden können, vereinfacht die Darlehensvergabe zusätzlich. Daraus resultiert eine entsprechend hohe Prozesseffizienz, die auch für Banken ohne eigenen Vertrieb einen Zugang zu dieser Assetklasse leicht ermöglicht. Insgesamt kann über die Plattform das eigene Geschäft ergänzt werden, dies ohne zusätzliche Ressourcen aufbauen zu müssen.

Einsatz beim Treasury Management in Banken

Welche Vorteile bieten Onlineplattformen für das Treasury Management in Banken? Banken können sich über Plattformen leicht den Zugang zu einer Vielzahl öffentlich-rechtlicher Kreditnehmer erschließen. Nach der Registrierung als Kreditgeber, bei der ein bankähnlicher Onboarding-Prozess zu durchlaufen ist, können Investoren aktiv nach attraktiven Anlagemöglichkeiten suchen und Angebote für angefragte Finanzierungen stellen.

Eine hohe prozessuale Effizienz von der Akquisition über die Angebotsbearbeitung bis hin zur Transaktionsabwicklung bedarf nur wenig Aufwand. Für Treasurer bedeutet das einen zusätzlichen Mehrwert bei der Kapitalvergabe. Ein einheitlicher Qualitätsstandard erleichtert zudem den Zugang für Kreditgeber, die bisher nicht in dem Segment tätig sind. Da dem Anleger auf der Plattform auch die für eine Kreditentscheidung relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, kann eine Kreditentscheidung verhältnismäßig schnell getroffen werden.

Weiterer Vorteil: Beim Kommunalkredit handelt es sich um strukturell recht homogene Kreditnehmer. Daher ist dieses Produkt für eine effiziente Abwicklung über eine gute Plattform optimal geeignet. Kerndaten des Haushaltes sind aggregiert dargestellt, sodass sich eine zeitraubende Recherche nach veröffentlichten Zahlen erübrigt. Zusätzlich gibt es auf der Plattform eine integrierte Reporting-Funktion, mittels der auf selbst abgegebene vergangene Angebote beziehungsweise die jeweilige Vertragsdokumentation immer wieder zurückgegriffen werden kann. So haben Kreditgeber einen Überblick über geschlossene Vereinbarungen und Bedingungen. Eine hohe Transparenz der Plattform ermöglicht nach einem Akkreditierungsprozess, der alle Sicherheitsstandards berücksichtigt, mit wenigen Klicks den erfolgreichen Abschluss einer Transaktion.

Dr. Michael Kemmer Mitglied des Beirats, Loanboox Deutschland, Köln
Georg Habighorst Leiter Business Development Region Nord, Loanboox Deutschland, Köln
 

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