Die neue Institutsvergütungsverordnung

Dr. Maximilian von Rom, Dr. Benjamin Herz, Charlotte Jagodschinski, alle Gleiss Lutz, Frankfurt am Main

Dr. Maximilian von Rom, Dr. Benjamin Herz, Charlotte Jagodschinski, alle Gleiss Lutz, Frankfurt am Main - Nach einer langen Konsultations- und Vorbereitungsphase ist die neue Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV oder IVV) am 4. August 2017 in Kraft getreten. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) setzt hiermit Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) zur Auslegung der unionsrechtlichen Vergütungsanforderungen um. Auf die Institute kommen einige Änderungen und strengere Anforderungen im Vergleich zur alten Fassung der IVV zu, die bereits ab dem kommenden Vergütungsjahr berücksichtigt werden müssen. Im Folgenden stellen die Autoren die wichtigsten Änderungen vor. Zu bedenken gibt ihnen die wenige Zeit, die den Instituten bleibt, die neuen Anforderungen umzusetzen. Auch bleibt es ihrer Meinung nach abzuwarten, wie Gerichte das Spannungsverhältnis zwischen dem Arbeitsrecht und den neuen Vorgaben der IVV lösen werden. (Red.)

Als Reaktion auf die Finanzkrise wurden auf europäischer Ebene durch die Eigenmittelrichtlinie sowie die Eigenmittelverordnung Vorschriften zur Vergütung von Bankmitarbeitern eingeführt. Sie sollen fehlerhafte Vergütungsanreize für Mitarbeiter beseitigen und so verhindern, dass diese unangemessene Risiken eingehen. In § 25a Abs. 6 Kreditwesengesetz (KWG) hat der deutsche Gesetzgeber eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, um diese unionsrechtlichen Vorgaben im Rahmen einer Verordnung umzusetzen.

Diesem Auftrag kam der deutsche Gesetzgeber mit den "alten" Fassungen der IVV vom 13. Oktober 2010 und vom 1. Januar 2014 nach. Die EBA wurde zudem mit der Erarbeitung näherer Bestimmungen beauftragt, um eine einheitliche Aufsichtspraxis in den Mitgliedsstaaten zu gewährleisten. Zu diesem Zwecke veröffentliche sie am 21. Dezember 2015 die "Leitlinien für eine solide Vergütungspolitik". Die EBA-Leitlinien legen die unionsrechtlichen Vergütungsanforderungen teils deutlich schärfer aus als die bisherige Fassung der IVV. Daher waren einige Änderungen in der bisherigen Fassung notwendig. Die neue IVV dient damit der Umsetzung der EBA-Leitlinien.

Grundsatz der Proportionalität gilt weiterhin

Auch in der neuen IVV hat der Gesetzgeber an dem Grundsatz der Proportionalität festgehalten. Demzufolge unterscheidet die neue IVV nach wie vor zwischen nichtbedeutenden und bedeutenden Instituten, für die strengere Vergütungsanforderungen gelten. Bedeutend sind weiterhin alle Institute, deren Bilanzsumme im Durchschnitt zu den jeweiligen Stichtagen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre 15 Milliarden Euro erreicht oder überschritten hat.

Eine Ausnahme existiert für solche Institute, die der BaFin aufgrund einer jährlich durchzuführenden Risikoanalyse nachweisen können, dass sie nicht bedeutend sind. Ein Vorteil dieser Unterscheidung besteht dabei vor allem für kleinere Institute, wie beispielsweise Factoring- und Finanzierungsleasinginstitute. Diese müssen auch künftig nur die allgemeinen Anforderungen der IVV beachten, was zu erheblichen Erleichterungen gegenüber bedeutenden Instituten führt.

Die "alte" IVV, die noch vor Erlass der SSM-Verordnung und der Aufteilung der europäischen Bankenaufsicht zwischen EZB und nationalen Aufsichtsbehörden erlassen wurde, enthielt eine gewisse Unklarheit darüber, wann gruppenangehörige Institute unter EZB-Aufsicht als bedeutend anzusehen waren. Die neue IVV enthält nun eine Klarstellung, dass gruppenangehörige Institute nur dann bedeutend im Sinne der IVV sind, wenn sie selbst auf Einzelebene die materiellen Merkmale eines bedeutenden Instituts erfüllen. Dies entspricht der bisherigen Verwaltungspraxis der BaFin.

Auch beibehalten wurde die Proportionalität auf Mitarbeiterebene, wonach diese nach Risikoträger und Nichtrisikoträger einzuteilen sind. Anders als in den Entwürfen noch vorgesehen, besteht diese Pflicht weiterhin nur für bedeutende Institute.

Die Qualifizierung als fixe oder variable Vergütung im Sinne der IVV ist von großer praktischer Bedeutung, da hauptsächlich variable Vergütungsbestandteile reguliert sind. Bisher galt eine Vergütung als fixe Vergütung, wenn sie nicht die Anforderungen an eine variable Vergütung erfüllt. Darüber hinaus enthielt die alte IVV den Tatbestand der sogenannten Nichtvergütung.

Vergütungstypen und -bestandteile

Die neue IVV enthält nunmehr ausschließlich die Kategorien der fixen und der variablen Vergütung in § 2 Abs. 3 IVV - die Nichtvergütung entfällt somit. Zudem hat die neue IVV die bisherige Systematik umgekehrt: Definiert ist die fixe Vergütung in § 2 Abs. 6 IVV. Alles, was nicht unter diese Definition fällt, ist variable Vergütung. Eine fixe Vergütung liegt vor, wenn:

- ihre Gewährung und Höhe keinem Ermessen unterliegen,

- ihre Gewährung und Höhe keine Anreize für eine Risikoübernahme bieten,

- die Voraussetzungen für ihre Gewährung und Höhe vorher festgelegt worden sind,

- die Voraussetzungen für ihre Gewährung und Höhe transparent für den jeweiligen Mitarbeiter sind,

- ihre Gewährung und Höhe dauerhaft sind,

- sie nicht einseitig vom Institut verringert, ausgesetzt oder aufgehoben werden kann und

- sie nicht leistungsabhängig oder sonst vom Eintritt zuvor vereinbarter Bedingungen abhängig ist.

Fixe und variable Vergütung müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Hierbei sind vor allem die Schwellenwerte des § 25a Abs. 5 KWG zu beachten.

Non-Cash Compensation: Überhaupt von den aufsichtsrechtlichen Vergütungsanforderungen ausgenommen sind nunmehr Sachbezüge, wenn sie nach dem Einkommensteuergesetz nicht als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit anzusehen sind oder insgesamt 44 Euro im Kalendermonat nicht übersteigen. Dies ist insbesondere für Dienstwagen-, Kinderbetreuungs-, Sonn-, Feiertags- und Umzugskostenregelungen relevant.

Sign-On Bonus: Den Schwerpunkt der Vergütungsregeln bilden nach wie vor die Bestimmungen über die Gewährung variabler Vergütungen. Hier haben sich durch die neue IVV kleinere Änderungen ergeben. Nach wie vor zulässig ist der sogenannte "Sign-On Bonus", also der Betrag, den ein Unternehmen an einen neuen Mitarbeiter bei Einstellung zahlt. Für einen vor dem Beginn der Tätigkeit zugesagten und zulässigen Sign-On Bonus gelten die Vorschriften über Retention, Clawback und Deferral nicht.

Der Sign-On Bonus ist variabel, weil er nicht dauerhaft gewährt wird. Es handelt sich um einen Garantiebonus, der grundsätzlich unzulässig ist. Der Bonus ist jedoch unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, die kumulativ erfüllt sein müssen: Erstens darf er nur für die ersten 12 Monate des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt werden. Zweitens ist er zulässig, wenn der betroffene Mitarbeiter nicht unmittelbar zuvor für ein anderes Unternehmen aus derselben Konzerngruppe tätig war. Drittens steht der Bonus unter der Bedingung, dass das Institut zum Zeitpunkt der Auszahlung die Anforderungen gemäß § 7 Abs. 1 S. 3 IVV erfüllt.

Ausgleichszahlungen und Zulagen

Replacement Awards: Ausgleichszahlungen für entgangene Ansprüche aus vorherigen Beschäftigungsverhältnissen (Replacement Awards) gelten ebenfalls als garantierte variable Vergütung nach § 5 Abs. 5 IVV. Sie müssen bei bedeutenden Instituten mit den besonderen Anforderungen nach § 21 i. V. m. §§ 20 und 22 IVV im Einklang stehen. Das bedeutet, dass stets die Vorschriften über die Zurückbehaltung, die Auszahlung in Instrumenten und die Rückforderung anzuwenden sind. Damit sind die Anforderungen an Replacement Awards strenger als jene, die für Sign-On-Boni gelten.

Allowances: Zulagen an Mitarbeiter (Allowances), die bisher als variable Vergütungsbestandteile galten, können nach der neuen IVV als fixe Vergütungsbestandteile behandelt werden. Hierzu zählen Zahlungen an ins Ausland entsandte Mitarbeiter, um deren dort erhöhte Lebenshaltungskosten oder Steuerbelastungen auszugleichen (Auslandszulagen) oder Zahlungen zur Vergütung der vorübergehenden Übernahme anspruchsvollerer Aufgaben oder zusätzlicher Verantwortung (Funktionszulagen). Voraussetzung hierfür ist unter anderem, dass die Zulagen aufgrund einer einheitlichen institutsweiten Regelung potenziell allen Mitarbeitern offenstehen und ihre Höhe anhand vorbestimmter Kriterien festgesetzt wird. Individuell ausgehandelte Zulagen sind hiervon somit nicht erfasst.

Prämien und Abfindungen

Retention Bonus: Für Halteprämien (Retention Bonus) folgt die neue IVV einem vergleichsweise offenen Ansatz: Sie können nunmehr zulässig sein und somit nicht als unzulässige Garantieboni eingeordnet werden, wenn ein berechtigtes Interesse des Instituts daran besteht, eine solche Prämie zu gewähren. Dies kommt insbesondere bei Restrukturierungsmaßnahmen oder Kontrollwechseln im Zusammenhang mit Unternehmenstransaktionen in Betracht. Es kann aber auch aus anderen Gründen ein berechtigtes Interesse an einer Halteprämie bestehen, etwa im Fall von Abwerbeversuchen durch Wettbewerber. Halteprämien für Risikoträger unterliegen hierbei den Ex-post-Adjustierungsvorschriften.

Severance Payments: Detaillierte Regelungen enthält die neue IVV für Abfindungen und Karenzentschädigungen bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten in § 5 Abs. 6 IVV. Für die Gewährung dieser variablen Vergütungsbestandteile müssen Institute nunmehr allgemeine Grundsätze hinsichtlich der Bestimmung der Abfindungsbeträge und des Höchstbetrags aufstellen. Bestimmte Abfindungen können bei der Ermittlung des Verhältnisses von variabler zu fixer Vergütung nach § 25a Abs. 6 KWG unberücksichtigt bleiben. Sie sind dann etwa nicht in die Berechnung des Gesamtbetrags einzubeziehen und fallen nicht unter die Expost-Risikoadjustierungsvorschriften. Hierzu gehören beispielweise Abfindungen, auf die ein gesetzlicher Anspruch besteht, oder die aufgrund eines rechtskräftigen Urteils oder Prozessvergleichs vom Institut zu leisten sind. Die Behandlung von Abfindungen im Kontext der Bestimmungen über Bonusdeckel, Zurückbehaltung und des Verhältnisses der variablen zur fixen Vergütung unterliegt nunmehr einem recht komplexen Regelwerk, das noch zahlreiche Auslegungsfragen aufwirft. Es ist zu hoffen, dass die Auslegungshilfe der BaFin zur IVV hier zur Klärung beitragen wird.

Vergütungsregeln für Kontrolleinheiten und Geschäftsleiter

Die neue IVV enthält Sonderregelungen zur Vergütung bestimmter Kontrolleinheiten, namentlich der Bereiche Marktfolge, Risikocontrolling, Compliance, Interne Revision und Personal. Aufgrund der von der BaFin veröffentlichten Entwurfsfassungen zur neuen IVV war teilweise vertreten worden, dass die für diese Kontrolleinheiten zuständigen Geschäftsleiter künftig nach den für diese Abteilungen geltenden Grundsätzen zu vergüten seien. Dies hätte bedeutet, dass mindestens zwei Drittel der Vergütung solcher Geschäftsleiter hätte fix sein müssen, da dies bei Kontrolleinheiten geboten ist. Die neue Fassung der IVV stellt klar, dass diese besonderen Vergütungsregeln für Kontrolleinheiten nur "unterhalb der Geschäftsleitung" anzuwenden sind. Dies gibt den Instituten jedoch nicht völlig freie Hand: Die Vergütung des für die Risikosteuerung zuständigen Geschäftsleiters darf nicht dessen Überwachungsfunktion zuwiderlaufen.

Ist ein Geschäftsleiter Risikoträger, da er einem bedeutenden Institut angehört, muss der Bemessungszeitraum für die Bemessung der variablen Vergütung mindestens drei Jahre betragen.

Zurückbehaltung und Auszahlung

Die europäischen Vergütungsregeln verlangen, dass bedeutende Institute variable Vergütungsbestandteile teilweise zurückbehalten, um die Nachhaltigkeit von Erfolgsbeiträgen messen und Anpassungen vornehmen zu können, wenn ein Fehlverhalten eines Mitarbeiters erst zu einem späteren Zeitpunkt entdeckt wird. Die von den Unternehmen diesbezüglich einzuhaltenden Anforderungen werden durch die neue IVV verschärft. Die Untergrenze für den zurückzubehaltenden Anteil beträgt für Geschäftsleiter und Risikoträger in der nachgeordneten Führungsebene künftig 60 Prozent der variablen Vergütung, deren Auszahlung nun zwingend über einen Zurückbehaltungszeitraum von mindestens fünf Jahren zu strecken ist.

Neben Geschäftsleitern und Risikoträgern der nachgelagerten Führungsebene, muss auch für solche Risikoträger, bei denen die Höhe der variablen Vergütung besonders hoch ist, ein Anteil von 60 Prozent der variablen Vergütung zurückbehalten werden. Was ein hoher Betrag ist, hat das Institut durch einen Schwellenwert festzulegen, der maximal 500000 Euro betragen darf.

Bedeutende Institute müssen nunmehr bei der Auszahlung von mindestens 50 Prozent der variablen Vergütung Bailinfähige Instrumente nutzen. Dies sind je nach Rechtsform des Instituts Aktien oder sonstige Beteiligungen beziehungsweise aktienbasierte oder gleichwertige Instrumente, die den Wert des Unternehmens angemessen widerspiegeln. Die Instrumente unterliegen einer Sperrfrist von einem Jahr, nach deren Ablauf frühestens über diesen Anteil der variablen Vergütung verfügt werden darf.

Rückforderung

Zudem besteht für bedeutende Institute nun in bestimmten Konstellationen die Pflicht, eine bereits ausgezahlte Vergütung von Risikoträgern zurückzufordern und entstandene Ansprüche zum Erlöschen zu bringen (Clawback). Die Clawback ist geboten, wenn der Risikoträger maßgeblich daran beteiligt oder dafür verantwortlich war, dass es zu einem "erheblichen" Verlust oder einer "wesentlichen" regulatorischen Sanktion gekommen ist oder er eine "relevante" externe oder interne Eignungs- und Verhaltensregelung "in schwerwiegendem Maß" verletzt hat. In solchen Fällen muss der vollständige Verlust einer variablen Vergütung eintreten. Die IVV begründet keinen gesetzlichen Anspruch des Instituts auf Rückzahlung. Sie verpflichtet das Institut vielmehr, eine vertragliche Grundlage für die Rückforderung zu schaffen. Die vertragliche Regelung sollte die vorstehend genannten unbestimmten Rechtsbegriffe der IVV konkretisieren.

Die Clawback-Regelungen sind erstmals mit Beginn des nach dem 4. August 2017 liegenden Bemessungszeitraums anzuwenden. Der Begriff Bemessungszeitraum beschreibt nach § 19 Abs. 1 IVV den Zeitraum, der bei der Bemessung der variablen Vergütung zugrunde zu legen ist. Der Bemessungszeitraum muss mindestens ein Jahr, bei Geschäftsleitern mindestens drei Jahre betragen. Die Übergangsregelung soll sicherstellen, dass die Neuregelung nicht in laufende Bemessungszeiträume eingreift.

Die Rückforderung folgt nach der neuen IVV dem Grundsatz der Periodengerechtigkeit. Dies bedeutet, dass die Clawback nur diejenigen variablen Vergütungsbestandteile erfassen kann, die für den Zeitraum gewährt wurden, in dem der Anlass für die Clawback stattgefunden hat. Betroffen von der Clawback ist somit nur der Bemessungszeitraum beziehungsweise die Bemessungszeiträume, in dem der Risikoträger das Fehlverhalten (durch Tun oder Unterlassen) begangen hat.

Arbeitsrechtlich ist die vertragliche Umsetzung der Clawback-Regelungen nicht unproblematisch. Es ist darauf zu achten, dass die Rückforderungsregelung dem Transparenzgebot genügt. Das ist angesichts der in der Regelung zu verarbeitenden unbestimmten Rechtsbegriffe eine Herausforderung.

Verbraucherinteressen

Bei der Ausgestaltung der Vergütungssysteme ist künftig auch darauf zu achten, dass Verbraucherrechte undinteressen berücksichtigt werden. Insbesondere dürfen ab dem 13. Januar 2018 nicht ausschließlich quantitative Vergütungsparameter verwendet werden, sofern unmittelbar Verbraucherinteressen betroffen sind. Der Begriff der Verbraucherinteressen ist nicht definiert. Die Regelung betrifft aber vor allem jene Mitarbeiter, die im Retail-Geschäft unmittelbaren Kundenkontakt haben.

Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen darf die Vergütung zudem für alle beginnenden Bemessungszeiträume nicht mehr an Absatzziele gekoppelt werden. Diese Anforderungen waren in den Konsultationsfassungen der neuen IVV noch nicht enthalten. Sie entsprechen der gewerberechtlichen Pflicht für Immobiliar-Verbraucherdarlehensvermittler, ihre Vergütungssysteme so auszugestalten, dass die in dem Gewerbebetrieb beschäftigten Personen im besten Interesse der Darlehensnehmer handeln können; sie dürfen die Vergütungsstruktur daher nicht an Absatzziele koppeln.

Geschäftsorganisation und gruppenweite Vergütungsstrategie

Daneben stellt die neue IVV zusätzliche, deutlich höhere Anforderungen an die interne Organisation der Institute, insbesondere hinsichtlich der Einbindung der Kontrolleinheiten, der Anforderungen an die Organisationsrichtlinien und der Dokumentationspflichten. Institute haben künftig die Inhalte und Ergebnisse der Entscheidungsprozesse angemessen zu dokumentieren, mit denen sie den Gesamtbetrag und die Verteilung der variablen Vergütung festgelegt haben. Gleiches gilt für die Gründe, weshalb Allowances als fixe Vergütung eingeordnet werden. Hinsichtlich der Festlegung und Genehmigung von Abfindungen muss ein Rahmenkonzept erstellt werden.

Zudem wurden die Offenlegungsvorschriften für bedeutende Institute verschärft. Diese Institute müssen die erforderlichen Informationen nach § 16 IVV grundsätzlich auf ihrer Webseite offenlegen.

Es stellt sich noch die Frage, wie Vergütungsvereinbarungen zu behandeln sind, die gegen die Anforderungen der neuen IVV verstoßen. Im Schrifttum wird insbesondere auf die Frage eingegangen, ob ein Verstoß gegen § 25a Abs. 5 KWG zur Nichtigkeit der entsprechenden Vergütungsvereinbarung führt. Jedenfalls wirksam ist eine gegen die neue IVV verstoßende Vergütungsvereinbarung eines Arbeitsvertrags dann, wenn der Arbeitsvertrag schon vor dem Inkrafttreten der neuen IVV bestand. Das ergibt sich aus der alten Auslegungshilfe der BaFin und aus der Begründung zur IVV. Nach § 14 IVV hat das Institut lediglich darauf hinzuwirken, dass bestehende Verträge an die neue IVV angepasst werden. Es empfiehlt sich, diese Hinwirkung durch das Institut zu dokumentieren.

Wenig Zeit zur Umsetzung

Die Anforderungen der neuen IVV sind erstmals mit dem Beginn des nächsten Bemessungszeitraums anzuwenden, die Berücksichtigung der Verbraucherinteressen unabhängig davon spätestens ab dem 13. Januar 2018. Zwar wird somit nicht in laufende Bemessungszeiträume eingegriffen, den Instituten bleibt aber dennoch wenig Zeit, um die neuen Anforderungen umzusetzen. Da die Umsetzung erfahrungsgemäß aufwendig ist, insbesondere wenn Betriebs- und Personalräte beteiligt werden müssen, sollten die erforderlichen Anpassungen so bald wie möglich identifiziert und umgesetzt werden.

Es bleibt auch abzuwarten, wie die Gerichte das Spannungsverhältnis zwischen dem Arbeitsrecht und den neuen Vorgaben der IVV lösen werden. Insbesondere die "gerichtsfeste" Vereinbarung einer Clawback-Regelung ist für bedeutende Institute eine Herausforderung. Es empfiehlt sich aus aufsichtsrechtlicher sowie arbeitsrechtlicher Sicht, Clawback-Klauseln detailliert auszugestalten.

Voraussichtlich werden die Institute auch nach der Umsetzung der neuen IVV in den kommenden Jahren weiter mit dem Thema Vergütung beschäftigt sein. Die Europäische Kommission hat im November 2016 einen Vorschlag zur Änderung der CRD IV veröffentlicht. Die Schwellenwerte für eine Aufteilung in bedeutende und nichtbedeutende Institute könnten demzufolge von 15 Milliarden Euro Bilanzsumme auf 5 Milliarden Euro sinken und die Freigrenze der variablen Vergütung für Risikoträger bedeutender Institute von derzeit 50000 Euro könnte durch weitere Anforderungen eingeschränkt werden. Hierdurch verfolgt die Europäische Kommission eine Politik der Vereinheitlichung innerhalb der EU, die für deutsche Institute zu einer zusätzlichen Verschärfung der Anforderungen an ihre Vergütungspraxis führt.

Fußnoten

1) Richtlinie 2013/36/EU des Europ. Parlaments u. des Rates v. 26.6.2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, ABl. 2013 L 176/338 (CRD IV).

2) Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europ. Parlaments u. des Rates v. 26.6.2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung

(EU) Nr. 646/2012, ABl. 2013 L176/1(CRR).

3) Vgl. hierzu Löw/Glück, BKR 2015, 186; Merkelbach, WM 2014, 1990.

4) EBA, Leitlinien für eine solide Vergütungspolitik gemäß Artikel 74 Absatz 3 und Artikel 75 Absatz 2 der Richtlinie 2013/36/EU und Angaben gemäß Artikel 450 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, EBA/GL/2015/22, v. 21.12.2015.

5) Vgl. § 17 IVV.

6) Nemet, FLF 2016, 229, 230.

7) Siehe dazu Tusch/Herz, PLATOW Recht, Nr. 19, 2015; Tusch/Herz, Die Bank 2015, 70, 71.

8) Vgl. Döser, BKR 2016, Anm. 1.

9) § 2 Abs. 5 IVV a.F.

10) § 2 Abs. 1 S.2 IVV a.F.

11) § 6 Abs. 1 IVV.

12) § 5 Abs. 5 IVV.

13) § 21 IVV.

14) § 5 Abs. 7 IVV.

15) Siehe dazu Annuß, BKR 2016, 102.

16) Siehe dazu Klein, ZKredW 2017, 869.

17) § 2 Abs. 11 IVV.

18) § 5 Abs. 1 Nr. 2 IVV.

19) § 20 Abs. 2 IVV.

20) § 20 Abs. 3 IVV.

21) § 20 Abs. 5 IVV.

22) § 20 Abs. 6 IVV.

23) § 28 Abs. 1 IVV.

24) § 19 Abs. 1 Sätze 3 und 4 IVV.

25) Botterweck/Jaeger, BaFin Journal August 2017, 41.

26) Kuhn, CCZ 2017, 171, 173; vgl. auch Gennert, DB 2017, 674.

27) § 5 Abs. 1 Nr. 3 IVV.

28) § 5 Abs. 1 IVV.

29) § 34i Abs. 7 GewO.

30) § 11 IVV.

31) § 16 IVV.

32) Siehe dazu Nemet, FLF 2016, 229, 233.

33) Dafür Annuß, NZA-Beilage 2014, 121, 126; dagegen Merkelbach, WM 2014, 1990, 1991; siehe dazu auch Bergwitz, AuA 2016, 464, 466.

34) Siehe dazu Diller/Arnold ZIP 2011, 837ff.; Kuhn, CCZ 2017, 171, 171 f.

35) Baeck/Winzer/Abend, NZG 2017, 1059, 1061.

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