Regulatory Change Management Service - Transparenz im Regulierungsdickicht

Karl-Heinz Kern, General Manager, GFT Technologies SE, Stuttgart

Karl-Heinz Kern, General Manager Germany, GFT Technologies SE, Stuttgart - Die Vielzahl von regulatorischen Anforderungen im Auge zu behalten und die ständig hinzukommenden Vorschriften im Sinne der Aufsicht umzusetzen, bedarf aus Sicht des Autors eines systematischen Verfahrens. Als besonders bedeutsam stuft er dabei einen möglichst frühzeitigen Blick auf notwendige Änderungen in den Geschäftsprozessen ein. Auf Grundlage der in einem ersten Schritt erfolgenden Erfassung aller relevanten Informationen und Vorschriften werden in einem zweiten Schritt die Zusammenhänge mit bestehenden Geschäfts- und Kontrollprozessen der jeweiligen Anwender analysiert und dabei möglichst funktionsübergreifende Umsetzungsanforderungen und entsprechende Lösungsvorschläge abgeleitet. In einem dritten Schritt können dann die Umsetzungsfortschritte analysiert und die Kontrollprozesse überwacht und gegebenenfalls korrigiert werden. (Red.)

Die Bankenwelt ist im Compliance-Stress. Denn die regulatorischen Anforderungen für Finanzinstitute bleiben auf hohem Niveau, sowohl bezüglich Menge als auch Komplexität. Eine ihrer größten Herausforderungen: Im Dickicht der immer neuen und komplexeren Berichtspflichten müssen sie den Überblick behalten. Welche davon sind für das eigene Institut relevant? Gibt es Verfahrensänderungen? Werden die Anforderungen in allen Fachbereichen korrekt umgesetzt? Schaffen die Banken es nicht, alle Auflagen umsetzungskonform zu erfüllen, drohen hohe Geldbußen.

Um dies zu vermeiden und gleichzeitig mehr Transparenz zu schaffen, setzt die Royal Bank of Scotland (RBS) den Regulatory Change Management Service (RCMS) ein. Der Dienstleister für die Digitalisierung und Regulierung im Finanzsektor, GFT Technologies, hat dieses Tool entwickelt, das in drei Schritten Ordnung in das Regulierungschaos bringt.

Grenzen für punktuelle und provisorische Lösungen

Durchschnittlich alle 12 Minuten kamen im Jahr 2016 neue Regulierungsbestimmungen hinzu oder es wurden bestehende aktualisiert. Summen in Millionenhöhe sind bereits in diverse Compliance-Programme geflossen, um dem immensen Umfang und der Geschwindigkeit neuer Regulierungen Herr zu werden (Abbildung 1). Mit den neuen Bestimmungen will der Gesetzgeber den Wettbewerb beleben und die Verbraucher stärken, aber natürlich auch den Erfahrungen aus der Finanzmarktkrise Rechnung tragen.

Während Banken bislang vor allem punktuelle und provisorische Lösungen implementiert haben, reicht dies nun nicht mehr aus. Häufig wurden die IT-Abteilungen zu Behelfslösungen gezwungen, die das Risiko regulatorischer Strafen bergen. Verschärft werden die Herausforderungen des regulatorischen Wandels dadurch, dass Banken ihre Daten meist in Silostrukturen organisiert haben. Regelmäßig entstehen dadurch Unstimmigkeiten in ihren Prozessen, sodass erneut Korrekturen und Entwicklungen für ihre Technologieabteilungen anfallen. Damit sind die umfangreichen Regularien nicht mehr zu bewältigen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, brauchen Banken daher einen nachhaltigen Ansatz, der die zahlreichen Einzelmaßnahmen strategisch organisiert.

Auch die RBS musste neue Wege gehen, um ihre Regulierungsaktivitäten zu strukturieren. Ziel war es, eine ganzheitliche Sicht über die gesamte Organisation hinweg zu erhalten. Deshalb beauftragte die Bank Spezialisten mit der Entwicklung einer Lösung für den Bereich "Trade and Transaction Reporting". Der Regulatory Change Management Service (RCMS) verschafft nun allen Beteiligten durch einen End-to-End-Tracking-Prozess fortlaufend den Überblick über die regulatorischen Herausforderungen. Dies bringt mehr Sicherheit und macht komplexe Prozesse transparent. Die Lösung ist toolbasiert und zeigt zugleich auf, wie Regulierungsanforderungen, beispielsweise BCBS 239, MiFID II, EMIR, FRTB, SMR und Dodd-Frank, kostengünstig umgesetzt werden können. Auf Basis von Best Practices werden Anforderungen spezifiziert und funktionale Designs entwickelt.

Der RCMS führt alle wesentlichen Informationen zum Status der Implementierung in einem Dashboard zusammen, insbesondere hinsichtlich Taxonomie und Repository, Rollen und Zuständigkeiten sowie einer Best-Practice-Business-Impact-Analyse, Umsetzungsanforderungen und der Auslegung eines funktionalen Lösungsdesigns. Zusätzlich beinhaltet der Regulatory Change Manager auch ein integriertes Workflow- und Task-Management (Abbildung 2).

Überblick über aktuelle und zukünftige Berichtspflichten

Durch die Nutzung des RCMS kann sichergestellt werden, dass das Management die hohe Zahl an weltweiten regulatorischen Anforderungen sicher bewältigen kann, und zwar strukturiert und über die Silostrukturen in der Bank hinweg. Das Management hat nun den Überblick über sowohl aktuelle als auch zukünftige Berichtspflichten. Gleichzeitig wird nachvollziehbar, welche Änderungen bei den Geschäftsprozessen notwendig sind, um diese zu erfüllen.

Das Tool umfasst drei wesentliche Komponenten:

1. Der Regulatory Document Manager bündelt die Informationen aus Hunderten von Publikationen und Quellen und liefert damit die Grundlage für das Change Management. Neue Regelungen sowie Updates zu regulatorischen Änderungen werden kontinuierlich ergänzt. Entscheidend ist dabei, sicherzustellen, dass die Quellenbasis komplett und verlässlich ist. Außerdem werden alle Dokumentenarten unabhängig von der Quelle konfiguriert: Regeln und Richtlinien genauso wie Änderungen und Releases. Die solide Analyse der Auswirkungen jeder einzelnen Bestimmung befähigt die Verantwortlichen bei der RBS, gut informierte funktionsübergreifende Entscheidungen zu treffen, wie komplexe Regulierungen zu implementieren sind. Jede neue Regulierungsvorschrift, die für die Handelsgeschäfte der RBS relevant ist, wird vom Service abgedeckt.

2. Der Architecture Visualiser interpretiert die analysierten Regularien und stellt Zusammenhänge mit bestehenden Geschäfts- und Kontrollprozessen der Bank dar. Daraus werden dann funktionsübergreifende Umsetzungsanforderungen und entsprechende Lösungsvorschläge abgeleitet.

3. Der Regulatory Risk Manager visualisiert den Umsetzungsfortschritt in einem Dashboard mit umfangreichen Konfigurationsmöglichkeiten. Das Dashboard dient sowohl der Überwachung des Onboarding-Fortschritts einer regulatorischen Änderung als auch der Kontrolle, dass alle sektorweiten Regulierungen im Unternehmen gemäß aktuellstem Stand implementiert sind. Über dieses Dashboard werden beispielsweise automatisiert Warnungen an die verantwortlichen Personen versendet, falls die Bank nicht "compliant" ist - zum Beispiel eine Regulierungsvorschrift nicht konform umgesetzt wird oder der Prozess zeitlich in Verzug ist. Der Regulatory Risk Manager umfasst zudem einen mächtigen und konfigurierbaren Workflow, der Transparenz über den gesamten Prozess hinweg schafft und es dadurch dem Management ermöglicht, die passenden Maßnahmen zur ergreifen.

Tests in Deutschland und der Schweiz

Nach erfolgreicher Implementierung kann die RBS heute jede neue Vorschrift identifizieren, analysieren und wenn nötig in ihren Regulierungspool aufnehmen - und das für mehr als 50 Regulierungswerke. Es wurde eine End-to-End-Lösung entwickelt, die Werkzeug, Betriebsmodell und Kontrollsystem umfasst und es damit der Finanzwelt ermöglicht, die komplexen Regulatorik-Bestimmungen zu bewältigen.

Die RBS wurde dafür 2015 mit dem britischen Banking Technology Award für den besten Einsatz von IT im Bereich Risiko und Regulatorik ausgezeichnet. Die regulatorischen Anforderungen gelten für alle Finanzinstitute gleichermaßen - trotzdem müssen sie aufgrund unterschiedlicher Strukturen und Prozesse individuell umgesetzt werden. Der RCMS kann für die jeweilige Situation der Bank konfiguriert und daher vielfältig eingesetzt werden. Derzeit wird das Tool bei Banken in Deutschland und in der Schweiz getestet.

Die Vorteile des RCMS liegen erstens in einer rückwirkenden Abdeckung aktueller und bevorstehender Regulierungen, zweitens einer Kostenreduktion, drittens einer Verbesserung von Steuerung, Kontrolle und Kontinuität, viertens einer verbesserten Transparenz in der Regulatorik, fünftens im visuellen Tracking und Monitoring des Implementierungsfortschritts, sechstens in der kompletten Überprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit (Das System verbindet die Regulierung mit deren Interpretation, der entsprechenden Anforderung, dem funktionalen Entwurf und der Fertigstellung.) und siebtens in einer verkürzten Time to Market.

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