Tradegate Exchange: zugeschnitten auf Privatanleger

Thorsten Commichau, Geschäftsführer, Tradegate Exchange, Berlin Über die 2001 an den Start gegangene Handelsplattform Tradegate wickeln Privatanleger inzwischen mehr Aktientransaktionen ab als über alle übrigen Regionalbörsen Deutschlands zusammen. Das Produkt- und Dienstleistungsangebot ist auf Online-Banken/-Broker und deren private Anleger zugeschnitten. Seit 2010 fungiert Tradegate Exchange als regulierte Börse. Aus Sicht des Autors sind der Verzicht auf Transaktionsentgelte und niedrige Abwicklungsgebühren sowie das umfangreiche Serviceangebot wichtige Elemente der Marktbearbeitung. Dass das Geschäftsmodell von traditionellen Börsenplätzen kopiert wird, begrüßt er sportlich im Sinne einer Verbesserung des Service für die privaten Anleger. (Red.)

Die Tradegate Exchange startete im Jahr 2010 als Börse für Privatanleger. Mittlerweile wickelt sie täglich mehr Transaktionen im Aktienhandel ab, als alle übrigen Regionalbörsen Deutschlands zusammen. Mit über einer Million Auftragsausführungen allein im Januar 2015 liegt sie weit an erster Stelle, gefolgt vom ebenfalls zum Konzern der Deutschen Börse gehörenden Parkett der Frankfurter Wertpapierbörse.

Vom ECN über MTF zum regulierten Markt

Die Handelsplattform Tradegate ging im Jahr 2001 an den Start. In enger Zusammenarbeit mit Marktteilnehmern entstand ein elektronischer Handelsplatz, der die Wünsche und Anforderungen von Instituten in bislang nicht da gewesener Weise reflektierte. Insbesondere die schnell wachsenden Online-Broker weckten den Bedarf an neuen Angeboten, beispielsweise der Ausdehnung der Handelszeiten bis zum Ertönen der Schlussglocke an der Wall Street.

Es bildeten sich Gruppen von sehr aktiven Privatanlegern, die durch moderne Technik bislang professionellen Tradern vorbehaltene Handelsaktivitäten entwickelten. Gleichzeitig entstand ein Preiswettbewerb, der die Online-Broker zu schlanken Prozessen zwang. Der klassische Parkettbörsenhandel lieferte darauf keine genügende Antwort, sodass die Schaffung eines neuen Handelsplatzes unabdingbar wurde. Nach Vorbild der US-amerikanischen Electronic Commercial Networks, die gegenüber alteingesessenen Börsenplätzen deutlich agiler und kostenoptimierter agierten, entstand Tradegate als außerbörsliche Plattform zur Ergänzung der deutschen Börsenlandschaft um einen hocheffizienten, schlanken, sicheren und kostengünstigen Handelsplatz. Während dieser Phase verzeichnete Tradegate in jedem Jahr in Folge einen neuen Umsatz rekord bei gleichzeitig rückgängigem Gesamtauftragsvolumen seitens der Privatanleger; nicht zuletzt verursacht durch den Misserfolg des Neuen Marktes Ende der 1990er Jahre.

Mit Einführung der MiFID im Jahr 2007 wurde die grundsätzliche Aufteilung in privatrechtlich geregelte OTC-Handelsplätze mit individuellen Rahmenwerken und öffentlich-rechtlich organisierte Börsen mit deutlich höheren Anforderungen an Transparenz und Anlegerschutz erweitert um sogenannte Multilateral Trading Facilities. Diese MTF erlaubten es, die Vorteile der ECN bei gleichzeitiger Qualitätsnorm der Börsen zu einer idealen Kombination aus Flexibilität, Effizienz und Transparenz zu vereinen. Mit Wirksamwerden der MiFID fand der Launch der Plattform Tradegate als MTF statt. Die Jahre 2007 bis 2009 waren lückenlos in Folge erneute Umsatzrekordjahre der mittlerweile etablierten Wertpapierhandelsplattform.

Die erste Stufe der MiFID offenbarte jedoch einige Unzulänglichkeiten, die einer weiteren Überarbeitung bedurften. Privatanlegern war nicht zu vermitteln, was die Zwischenstufe MTF als Bindeglied zwischen außerbörslichem und Börsenhandel bedeutete. Außerbörslicher Handel war durch Attribute wie unreguliert, intransparent, aber auch effizient und kostengünstig belegt, wohingegen Börsenhandel das Gegenteil verkörperte. Die Weiterentwicklung des MTF Tradegate zur heutigen Tradegate Exchange im Jahre 2010 war der Beweis dafür, dass der Handel an einem regulierten Markt für Privatanleger und angeschlossene Institute gleichzeitig effizient und kostengünstig sein kann.

Hohes Gut börslicher Handel

Die Services der Tradegate Exchange sind speziell auf Privatanleger ausgerichtet. Doch wer sind diese Privatanleger und worin unterscheiden sich deren Interessen von institutionellen Anlegern? Noch immer lassen sich Privatanleger von ihrem Bankberater Empfehlungen für Wertpapiertransaktionen geben. Die jahrzehntelange Praxis, primär institutseigene Produkte zu verkaufen, ist nach wie vor weit verbreitet. Auch dass Bankberater die so erhaltenen Aufträge an der Börse platzieren und der Privatkunde die Kursentwicklung anhand zyklischer Depotauszüge oder durch einen gelegentlichen Blick in die Zeitung verfolgt, kommt noch vor. Doch längst hat eine neue Generation von Privatanlegern die Investition in Wertpapiere für sich entdeckt. Diese neue, mit modernen Medien vertraute Generation informiert sich selbst und tätigt über ihre Depotbank Aktienkäufe und -verkäufe per Computer oder Smartphone. Semiprofessionelle Anleger nutzen kommerzielle Software, um im Millisekundentakt auf Preisveränderungen an den internationalen Märkten zu reagieren. Fazit: Den Stereotypen des Privatanlegers gibt es nicht; ebenso wenig wie die allgemeingültigen Bedürfnisse.

Wie kann vor diesem Hintergrund eine Börse behaupten, ihre Serviceleistungen auf die Bedürfnisse von Privatanlegern zuzuschneiden? Die Antwort ist einfach: Unter Wahrung des hohen Gutes des börslichen Handels, der Anlegern gegenüber dem außerbörslichen Geschäft unschätzbare regulatorische Sicherheit bietet, muss eine moderne Börse unter gleichfalls zeitgemäßer Nutzung modernster Informationstechnologie der neuen Generation von Privatanlegern schnelle und sichere Handelsmöglichkeiten bieten. Das Komplettangebot von informativer Webseite mit kostenlosen Realtimekursen, kostenloser App für iPhone, iPad, iPod und Android-Smartphones, Tablets et cetera elektronischer Sofortausführung unter Vermeidung von Teilausführungen, kostenloser Auftragsaufgabe und -ausführung, optimalen Handelszeiten von 8 Uhr bis 22 Uhr bis zur vollständigen Vor- und Nachhandelstransparenz bietet dabei alles, was Anleger schätzen.

Diese konsequente Ausrichtung bedeutet aber auch, dass bestimmte Anlegergruppen wie Hochfrequenzhändler, Algo-Trader und Arbitrageure geeignetere Börsenplätze für ihre Aktivitäten finden. Das macht deutlich, dass eine effiziente Börse nicht die Bedürfnisse aller im Wertpapierhandel aktiven Parteien gleichermaßen hochwertig befriedigen kann. Um größtmögliche Akzeptanz zu erreichen, muss das Angebot maßgerecht zugeschnitten werden.

Gut informierte Anleger investieren häufig anhand mehr oder weniger komplexer Strategien. Dabei erwies es sich als aufwendig, durch permanente Überwachung der Kursentwicklung der einzelnen Depotpositionen den richtigen Moment für eine Umschichtung sicherzustellen. Infolgedessen entstand ein Bedürfnis, Mechanismen zur Absicherung von Investments zu schaffen, die ohne menschliche Intervention zuverlässig funktionieren. Die Tradegate Exchange hat daher moderne Auftragsarten wie die Trailing-Stop- oder die One-Cancels-Other-Order in ihr Angebot integriert. Privatanleger, die grundsätzlich nicht über die technischen und zeitlichen Ressourcen verfügen wie professionelle Trader, können damit bei geringstmöglichem Aufwand Gewinne absichern oder Verluste begrenzen - ein Service, den insbesondere gut informierte, aktive Selbstentscheider zu schätzen wissen.

Enge Kooperation mit Instituten

Selbstverständlich steht eine Börse nicht für sich allein im Raum. Um Privatanleger zufriedenzustellen, bedarf es einer optimalen Ausrichtung des Gesamtprozesses, in dem der depotführenden Bank des Kunden ein wesentlicher Beitrag zukommt. Sie ist die sichtbare Schnittstelle zum Privatanleger; sie besitzt die Möglichkeit, ihren Kunden die geeignetste Form der Auftragsabwicklung anzubieten. Im Idealfall wählt sie einen Börsenplatz aus, an dem der Kunde bestens bedient wird und gleichzeitig die Bank selbst Vorteile für sich nutzen kann.

Die enge Kooperation der Tradegate Exchange mit den angeschlossenen Instituten bietet diesen die Möglichkeit, ihrerseits reibungslose, hocheffiziente Prozesse zu etablieren. Die Kombination aus hohem Automatisierungsgrad, der für geringe Fehleranfälligkeit und kostengünstige Abarbeitung sorgt, und der permanenten Qualitätssicherung durch erfahrene Spezialisten und hochqualifizierte Überwachungseinheiten stellt sicher, dass das bestmögliche Ergebnis der Wertpapiertransaktionen bei geringstmöglichem Aufwand erreicht wird. Effiziente Prozesse bei der - für Privatanleger meist unsichtbaren - Nachhandelsabwicklung sorgen für erhebliches Kostenreduktionspotenzial auf Banksenseite, das den Aufwand für den Gesamtablauf erheblich reduziert. Dies wiederum gibt den angeschlossenen Instituten die Möglichkeit, selbst kosteneffizienter zu agieren und gegebenenfalls wettbewerbswirksam ihre Kunden an den Einsparungen partizipieren zu lassen. So hat unter anderem der Verzicht auf börsenplatzabhängige Transaktionen dazu geführt, dass bei einer Gesamtbetrachtung viele namhafte Institute die Tradegate Exchange auf Rang eins ihrer Best Execution Policy führen. Der hohe Anteil an Selbstentscheidern, die aktiv die Tradegate Exchange als Börsenplatz auswählen, unterstreicht die hervorragende Positionierung in der deutschen Börsenlandschaft.

Nachahmung erwünscht

Die Tradegate Exchange hat einen neuen Weg im Börsenhandel eingeschlagen. Die Konzentration auf die geeignetsten Spezialisten, die permanente, lückenlose Überwachung zur Qualitätssicherung aller Transaktionen, der Verzicht auf Transaktionsentgelte bei gleichzeitig bestmöglichen Preisen sowie die konsequente Reduktion der Nachhandelskosten und die optimale Integration in die Systeme und Prozesse der Institute ist der neue Standard im Privatanlegerhandel.

Die Tradegate Exchange konnte im ersten Jahr ihres Bestehens im Aktienhandel 39 Prozent des Marktanteils aller Regionalbörsen inklusive des Frankfurter Parketts gewinnen. Seitdem verzeichnet sie jedes Jahr neue Rekorde und liegt aktuell bei einem Marktanteil von rund 61 Prozent. Bestätigt wird der Erfolg unter anderem dadurch, dass althergebrachte Börsenplätze beginnen, zusätzliche Handelsmöglichkeiten nach Tradegate-Vorbild in ihr Angebot aufzunehmen, um so den permanenten Rückgang von Marktanteilen zu verlangsamen. Insgesamt führt dies am Markt zu einer deutlichen Verbesserung der Servicequalität für Privatanleger.

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