Verrechnungspreissystem im Kreditgeschäft - Analyse einer Einführung

Prof. Dr. Jörn Littkemann, Foto: Hardy Welsch

Obgleich die Untersuchung von Verrechnungspreisen in der Betriebswirtschaftslehre eine lange Tradition besitzt, liegen bis heute nur wenige Studien vor, die sich - abgesehen von der Auswahl der Art des Verrechnungspreises selbst - mit Gestaltungsfragen von Verrechnungspreissystemen insbesondere in Finanzdienstleistungsunternehmen befassen. In diesem Beitrag wird diese Problemstellung im Rahmen einer empirischen Analyse der geplanten Einführung eines vollkostenorientierten Verrechnungspreissystems im Kreditgeschäft einer mittelgroßen Sparkasse untersucht. Anhand der Befragung von 194 betroffenen Mitarbeitenden aus den relevanten Markt- sowie Marktfolgebereichen lässt sich festhalten, dass beide Gruppen bei den untersuchten Gestaltungsparametern vornehmlich Konsens anstreben. Gemeinschaftlich erarbeitete Lösungen werden dem Durchdrücken der eigenen Position in der Regel vorgezogen. Unterschiede zwischen beiden Gruppen lassen sich eher im Detail feststellen. (Red.)

Für mittelgroße Kreditinstitute im Allgemeinen und Sparkassen im Besonderen ist das Kreditgeschäft mit Privatpersonen und gewerblichen, zumeist mittelständisch geprägten Unternehmen eine maßgebliche Erfolgsquelle ihrer Geschäftstätigkeit. Die effiziente Ausrichtung der Organisation ihrer Kreditprozesse von der Kundenberatung bis zur Bereitstellung der in der entsprechenden Höhe gewährten Gelder sowie die adäquate Berücksichtigung der Kreditgeschäfte im internen Risikomanagement sind für sie folglich höchst relevant (Gövert/Pfingsten/Sträter, 2004).

Für die organisatorische Gestaltung werden den Kreditinstituten jedoch externe Restriktionen durch aufsichtsrechtliche Vorgaben gesetzt, so beispielsweise durch die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) als Ausfluss des § 25a des Kreditwesengesetzes (KWG).

Unter anderem haben Banken und Sparkassen neben dem sogenannten "Markt" als Geschäfte initiierender Bereich eine davon unabhängige Instanz einzurichten, die sogenannte "Marktfolge", die über ein eigenständiges Votum im Rahmen der Kreditvergabe verfügt. Daneben übertragen viele Kreditinstitute eine Vielzahl von Tätigkeiten der Sachbearbeitung und Kreditanalyse auf die Marktfolge, um die Marktbereiche von diesen Aufgaben zu entlasten und so Effizienzvorteile zu erzielen.

Die Marktfolge ist somit eine Organisationseinheit ohne direkten Kundenkontakt, die unternehmensintern Dienstleistungen für den Marktbereich anbietet (Diedrich, 2010). Derartige Dienstleistungen können beispielsweise die Kreditwürdigkeitsprüfung oder die Vertragserstellung im Neu- oder im Bestandskreditgeschäft sowie die laufende Risikoanalyse der gesamten Kreditgeschäfte in den unterschiedlichen Privat- und Firmenkundensegmenten sein.

Definition und Funktion

Damit stellt sich die Frage, ob und wenn ja, wie die hieraus resultierenden Leistungsbeziehungen zwischen Markt und Marktfolge gesteuert werden sollen, um die angestrebten Effizienzvorteile zu erreichen. Der Beantwortung dieser Fragestellung widmet sich der vorliegende Beitrag durch die empirische Analyse in einer mittelgroßen Sparkasse.

Grundsätzlich können auch in Kreditinstituten zur Steuerung von Leistungsbeziehungen zwischen unternehmensinternen Bereichen Verrechnungspreise herangezogen werden (Meyer zu Selhausen, 2001). Sie können unterschiedliche Funktionen erfüllen: Unternehmensextern können sie zur Preisrechtfertigung gegenüber Finanzbehörden oder zur gewinnabhängigen Steuergestaltung genutzt werden. Innerhalb von Unternehmen können sie zur Erfolgsermittlung und Koordination von Teilbereichen he ran gezogen werden. Sie können zudem als Grundlage von Anreizsystemen dienen, um das Verhalten der Mitarbeitenden im Sinne der Unternehmensziele zu beeinflussen.

Jedoch sind die genannten Funktionen nicht unabhängig voneinander und stehen überdies oftmals im Konflikt miteinander. Die damit verbundenen Ziele können im Regelfall nicht gleichzeitig erreicht werden (Friedl/Hofmann/Pedell, 2013). Somit ist es zwingend erforderlich, dass Unternehmen ihre mit der Einführung von Verrechnungspreisen verbundenen Ziele ex ante eindeutig definieren, sie anschließend priorisieren und auch kommunizieren, um die angestrebten Vorteile realisieren zu können.

Die beiden Begriffe Verrechnungspreise und Verrechnungspreissysteme gehen zurück auf Schmalenbach (1909) und sind seit Langem Gegenstände betriebswirtschaftlicher Forschung (Schröder, 2015). Dennoch liegen bislang nur sehr wenige Befunde zur Gestaltung von Verrechnungspreissystemen, insbesondere in (Finanz-)Dienstleistungsunternehmen vor. Im Allgemeinen versteht man unter Verrechnungspreisen "Wertansätze für innerbetrieblich erstellte Leistungen (Produkte, Zwischenprodukte, Dienstleistungen), die von anderen, rechnerisch abgegrenzten Unternehmensbereichen bezogen werden" (Ewert/Wagenhofer, 2014).

Darauf basierend beinhaltet ein Verrechnungspreissystem "neben den Funktionen der Verrechnungspreisgestaltung die geordnete Gesamtheit aller Gestaltungsparameter, zu denen die Regelung der Transaktionsfreiheit, die Anzahl der gleichzeitig verwendeten Verrechnungspreise, die Verrechnungspreismethode sowie weitere administrative Parameter zählen. Die Gestaltungsparameter ermöglichen die Bewertung und Steuerung innerbetrieblicher Leistungstransfers und stehen miteinander und mit den Funktionen in Beziehung" (Hummel, 2010).

Bezogen auf die Organisation der Kreditprozesse in einem Kreditinstitut können die Marktfolge als Anbieterin und entsprechend der Markt als Nachfrager von hiermit in Verbindung stehenden unternehmensinternen Leistungen angesehen werden.

Zielsetzung

In der untersuchten Sparkasse soll neben der Erhöhung des Kostenbewusstseins der Mitarbeitenden die Qualität der internen Leistungen und damit auch die Bankdienstleistung insgesamt gegenüber den Kundinnen und Kunden verbessert werden, wobei dies sowohl die Mängelfreiheit als auch die zügige Bereitstellung unter Berücksichtigung der optimalen Ausnutzung vorhandener Kapazitäten umfasst. Maßgebende Zielsetzung des neu zu installierenden Verrechnungspreissystems soll die Verhaltenssteuerung der an den Kreditprozessen beteiligten Mitarbeitenden sein. Voraussetzung für die Steuerung ist zunächst die Definition klar abgrenzbarer Dienstleistungen, die Festlegung von Qualitäts- und Servicestandards, sogenannter Service-Level-Vereinbarungen, sowie ein System, mit dessen Hilfe die jeweils erbrachten Einzelleistungen hinsichtlich Menge und Qualität bewertet werden können.

Infolgedessen hat sich die betrachtete Sparkasse für einen vollkostenorientierten Ansatz entschieden. Auch wenn vollkostenbasierten Verrechnungspreisen die Probleme einer gewissen Willkür bei der Zurechnung von Gemeinkosten sowie die Proportionalisierung fixer Kosten anhaften, überwiegt für das Kreditinstitut der Vorteil der verhältnismäßig einfachen Ermittlung aus den bestehenden Controlling- und Buchhaltungssystemen. Zudem eignen sich derartig bestimmte Wertansätze eher für langfristig ausgerichtete Leistungsverflechtungen (Ewert/Wagenhofer, 2014). Da ferner mit dem Verrechnungspreissystem kein Erfolgsausweis für die Marktfolge und auch kein externes Angebot der Leistungen beabsichtigt ist, wurde von einem kostenorientierten Verfahren plus Zuschlag abgesehen.

Unter diesen Prämissen wurden mithilfe einer Prozesskostenrechnung (Eisenberg/ Oldenburg-Tietjen, 2018) sogenannte Basispreise für bestimmte Kreditvorgänge ermittelt, die nach Berücksichtigung von weiteren Preiskomponenten die entsprechenden Verrechnungspreise ergeben sollen. Der Heterogenität der Kreditvorgänge soll in erster Linie durch die unterschiedlichen Preiskomponenten Rechnung getragen werden, die Anzahl der vorab für die Verrechnungspreise festgelegten Kreditvorgänge soll im Gegensatz dazu bewusst gering gehalten werden.

Steuerungsfunktion

Qualitätsmängel des Marktes sollen sich in Preiszuschlägen, Qualitätsmängel der Marktfolge in Preisabschlägen widerspiegeln, sodass hierüber entsprechende Impulse zu fehlerfreier Bearbeitung gesetzt werden. Für die Pflege des Verrechnungspreissystems ist die Einsetzung eines dauerhaften Gremiums vorgesehen, welches für die Festlegung der grundsätzlichen Preissystematik ebenso wie für die strategische Weiterentwicklung und die operative Funktionsfähigkeit verantwortlich sein soll.

Bei der geplanten Gestaltung ihres Verrechnungspreissystems hat sich die untersuchte Sparkasse an den Ansatz von Eccles (1985) angelehnt, der die folgenden fünf Fragestellungen zur Gestaltungslösung aufgeworfen hat: Wie wird der Verrechnungspreis festgelegt? Wer ist an der Feststellung beteiligt? Welche Informationen werden für die Festlegung herangezogen? Welche Gültigkeitsdauern haben die Verrechnungspreise? Wie wird mit Konflikten umgegangen?

Vor dem Hintergrund der mit der Einführung verfolgten Zielsetzung der Verhaltenssteuerung wurden daher die relevanten Mitarbeitenden aus den Bereichen Markt und Marktfolge im Vorfeld der Einführung in mehreren Informationsveranstaltungen umfassend über die Funktionsweise und die Ziele des geplanten Systems informiert. Darüber hinaus wurden die Betroffenen zur konkreten Ausgestaltung des Verrechnungspreissystems befragt. Ziel der Befragung war zum einen, deren Kenntnisse und Wissensstände über die Kreditabwicklungsprozesse in die Gestaltungsüberlegungen miteinfließen zu lassen, und zum anderen, potenzielle Widerstände gegen bestimmte Verrechnungspreisparameter möglichst frühzeitig zu identifizieren und auszuräumen (Littkemann/Derfuß/Fronholt, 2014).

In die empirische Erhebung wurden alle Personen einbezogen, die im Kreditgeschäft der untersuchten Sparkasse arbeiten. Zu den befragten Mitarbeitenden, die im Markt eingesetzt sind, zählen die Firmenkunden- und Finanzierungsberaterinnen und -berater sowie die jeweiligen Führungskräfte in den Regionaldirektionen. Der Markt wird im Rahmen des Verrechnungspreissystems künftig mit vollkostenorientierten Preisen belastet. In der Marktfolge wurden Mitarbeitende befragt, die als Referentinnen und Referenten sowie Analystinnen und Analysten in die Kreditbearbeitung und -kontrolle eingebunden sind. Außerdem wurden die Mitarbeitenden des Kreditbüros befragt, die nicht direkt am Leistungserstellungsprozess mitwirken, aber durch administrative oder organisatorische Stabsaufgaben unmittelbare Berührungspunkte mit dem Verrechnungspreissystem haben.

Ermittlung der Basispreise

Von den 242 angeschriebenen Mitarbeitenden haben 194 den Online-Fragebogen zumindest teilweise beantwortet, was einer Rücklaufquote von 80,2 Prozent entspricht. 108 (59 Prozent) der Befragten entstammen dem Markt- und 75 (41 Prozent) dem Marktfolgebereich. 11 Befragte gaben hierzu keine Antwort und konnten daher für die Auswertung der Gruppenvergleiche der beiden Bereiche nicht berücksichtigt werden.

Bei den im Folgenden dargelegten Ergebnissen werden aus Gründen der einfacheren Verständlichkeit der Ausführungen die Merkmalsausprägungen 1 und 2 (keine beziehungsweise niedrige Zustimmung) sowie 4 und 5 (hohe beziehungsweise volle Zustimmung) der fünfstufigen Ordinalskalen im Text zu den Ausprägungen "keine Zustimmung" und "Zustimmung" zusammengefasst. Zudem wird ein Signifikanzniveau von 5 Prozent für die Mittelwertvergleiche der beiden untersuchten Gruppen Markt und Marktfolge angenommen.

Im Hinblick auf die in Abbildung 1 dargestellten Befunde zur Ermittlung der Basispreise kann festgehalten werden, dass die Befragten sowohl im Marktals auch im Marktfolgebereich der Berücksich tigung der nicht den einzelnen Kreditvorgängen direkt zurechenbaren Gemeinkosten im Rahmen der Verrechnungspreisermittlung skeptisch gegenüberstehen. Signifikante Befunde in den Gruppenmittelwertvergleichen liegen nicht vor. Keiner der drei abgefragten Gestaltungsalternativen stimmt sowohl im Markt als auch in der Marktfolge mehr als die Hälfte der Befragten zu. Die besten Werte weist in beiden Gruppen noch die Berücksichtigung aller Gemeinkosten der gesamten Marktfolge (Bereich Kreditmanagement) auf. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass aus Sicht der Mit arbeitenden vermutlich der gesamte Bereich und nicht nur das Zentrale Kreditcenter als liefernder Bereich angesehen wird.

Umgang mit Gemeinkosten

Die ablehnende Haltung gegenüber der Möglichkeit, Verhandlungsspielräume einzuräumen, ist überraschend, da den auf diesem Wege ermittelten Verrechnungspreisen häufig eine besonders motivierende Wirkung zugesprochen wird (Pfaff/ Stefani, 2006). Begründet wird dies mit dem hohen Maß an Selbstständigkeit und Autonomie der Lieferanten und Lieferantinnen sowie der Abnehmer und Abnehmerinnen gegenüber der Zentrale. Gründe für die geringe Zustimmung in der vorliegenden Untersuchung könnten eine Scheu vor dem hohen zeitlichen Aufwand für die Verhandlungen sowie die Wahrnehmung eines zu großen Konfliktpotenzials sein.

Der Einsatz von Preiskomponenten, die zu Auf- und Abschlägen auf die beziehungsweise von den Basispreisen führen, findet bei der großen Mehrheit aller Befragten der gesamten Stichprobe Zustimmung (Abbildung 2). Im Markt sprechen sich für die den Preis erhöhenden Faktoren Komplexität, Priorisierung und Eingangsqualität jeweils mehr als drei Viertel der Befragten aus. Die Ausgangsqualität wird mit noch gut von zwei Dritteln befürwortet. Die Mittelwerte liegen zwischen 3,71 und 4,04, die Mediane durchgängig bei 4. Eine nahezu vollständige Unterstützung für die Preiskomponenten findet sich bei den Mitarbeitenden der Marktfolge. Hier liegen bei allen untersuchten Gestaltungsparametern die Mediane bei 5 und die Mittelwerte zwischen 4,41 und 4,85. Die Mittelwertvergleiche zwischen den beiden Gruppen sind für alle Preiskomponenten hochsignifikant, jedoch kann für beide Gruppen eine große Zustimmung zum Einsatz von Preiskomponenten attestiert werden.

Benachteiligungen ausschließen

Die vorliegenden Befunde bestätigen die Überlegung des Kreditinstitutes, die Anzahl und die Differenzierung von Kreditvorgängen auf eine überschaubare Anzahl zu begrenzen und der Heterogenität des Geschäftes durch den Einsatz von Preiskomponenten Rechnung zu tragen. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Zustimmung der beiden Befragungsgruppen auch bei den Preiskomponenten sehr hoch ist, die zu ihren jeweiligen Lasten gehen dürften. Alle befragten Mitarbeitenden sind sich offensichtlich bewusst, dass das Verrechnungspreissystem nur dann gleichermaßen auf Markt und Marktfolge wirken kann, wenn systematische Benachteiligungen bei der Preisermittlung auf beiden Seiten ausgeschlossen sind.

Bezüglich der Besetzung des einzurichtenden Gremiums zur Festlegung und Überprüfung der Verrechnungspreise sowie der Gestaltung des Verrechnungspreissystems wurden die infrage kommenden Gruppen von Mitarbeitenden zu drei Klassen zusammengefasst. Zu den "leitenden Mitarbeitenden" zählen die Vorstandsmitglieder, aus der Marktfolge die Leitung des Bereiches Kreditmanagement, die Gruppen- und Teamleitung des Zentralen Kreditcenters sowie aus dem Markt die Leitung der Bereiche Firmen- und Privatkunden. Zu den "Mitarbeitenden ohne Führungsverantwortung" gehören aus der Marktfolge die Analysten, die Referenten sowie aus dem Markt die Firmen- und Finanzierungsberater. "Mitarbeitende mit Stabsfunktion" umfassen die Mitarbeitenden des Leitstandes, der Vertriebssteuerung für das Firmenkunden- und Privatkundenkreditgeschäft sowie des Bereiches Controlling. Diese sind zwar nicht direkt in die Verrechnung der Leistungen der Marktfolge für den Markt eingebunden, jedoch innerhalb des Kreditinstitutes für die technische und fachliche Administration des Verrechnungspreissystems sowie dessen Einbindung in die Gesamtorganisation des Unternehmens zuständig.

Paritätische Besetzung

Positive, wenn auch in Relation zu den leitenden Mitarbeitenden geringere Zustimmungswerte an der Gremiumsbeteiligung werden auch den übrigen Gruppen von Mitarbeitenden attestiert. Mit Ausnahme der Mitarbeitenden des Leitstands liegen die Zustimmungswerte bei den Befragten aus dem Markt jeweils über denen aus der Marktfolge. Die Unterschiede im Antwortverhalten bei diesen Gruppen sind alle hochsignifikant. Eine Beteiligung des Controllings an dem Gremium sehen sowohl die Befragten aus dem Markt als auch aus der Marktfolge als sehr wichtig an. Die Zustimmungswerte sind annähernd so hoch wie bei der Mitwirkung der leitenden Mitarbeitenden und den Mitarbeitenden des Leitstands.

Abbildung 3 gibt die Befunde zu dem Verhältnis wieder, in dem die Mitarbeitenden des Marktes und der Marktfolge in dem zu installierenden Gremium vertreten sein sollten. Deutlich wird, dass im Wesentlichen Konsens darüber besteht, dass die Anzahl von Vertretenden aus dem Markt und der Marktfolge gleich ist. Diese Lösung wird von den Befragten sowohl aus dem Marktbereich (mit einem Mittelwert von 4,27) als auch aus der Marktfolge (mit einem Mittelwert von 4,53) deutlich gegenüber den beiden anderen vorgegebenen Gestaltungsparametern präferiert.

Somit zeigt sich, dass in der ansonsten im Regelfall in einem Kreditinstitut auftretenden grundsätzlichen Diskussion von Markt und Marktfolge in Sachfragen, zumindest im Kontext der Parametergestaltung eines Verrechnungspreissystems, bei Meinungsverschiedenheiten auf ausgeglichene Voraussetzungen Wert gelegt wird - und zwar von beiden Seiten.

Die geringste Zustimmung erfährt die Berücksichtigung von Preisen anderer externer Finanzdienstleistender (sogenannter Kreditfabriken), wobei sie auch noch von 60,38 Prozent (Markt) und von 51,35 Prozent (Marktfolge) der Befragten befürwortet wird. Für die Einbeziehung von Informationen bereits erzielter Ergebnisse für die zukünftige Gestaltung des Verrechnungspreissystems ist der Mittelwertvergleich zwar hochsignifikant, jedoch bei einem sehr hohen Zustimmungsniveau in beiden Gruppen (Mittelwert Markt: 4,50, Mittelwert Marktfolge: 4,67).

Sowohl die Mitarbeitenden aus dem Markt als auch aus der Marktfolge befürworten somit mehrheitlich eine extensive Nutzung von Informationen unterschiedlicher Art für die laufende Überprüfung der Verrechnungspreise und der weiteren Gestaltungsparameter des Verrechnungspreissystems durch das Gremium. Die in beiden Gruppen vergleichsweise etwas größere Zurückhaltung gegenüber der Nutzung von Preisen anderer Kreditfabriken zur internen Entscheidungsfindung kann damit begründet werden, dass bislang nur sehr wenige derartige externe Dienstleistende existieren. Die Übernahme von Informationen von diesen Dienstleistenden könnte aufgrund unterschiedlicher Kontexte und Risiken zu nicht gerechtfertigten Veränderungen im eigenen System führen.

Laufende Überprüfung

Die in Abbildung 4 dargestellten Angaben der Befragten zum Festlegungszeitraum der Verrechnungspreise beziehungsweise der Frequenz ihrer Überprüfung sind signifikant von ihrer Gruppenzugehörigkeit abhängig. Vor allem wird dieser Unterschied zwischen dem Markt (13,08 Prozent Zustimmung) und der Marktfolge (30,67 Prozent Zustimmung) von der signifikant unterschiedlichen Bewertung des letzten Items "Überprüfung nach Bedarf" bestimmt. Bei den anderen untersuchten Zeiträumen weichen die Häufigkeiten der Zustimmung der Befragten zwar ebenfalls voneinander ab, allerdings sind die Unterschiede auf dem Niveau von 5 Prozent nicht signifikant.

Als Ergebnis der Frequenzbefragung kann aber tendenziell festgestellt werden, dass sowohl im Markt (mit insgesamt 86,91 Prozent der kumulierten Antworten) als auch in der Marktfolge (mit insgesamt 69,33 Prozent der kumulierten Antworten) eine regelmäßige Überprüfung gegenüber einer lediglich fallweisen Überarbeitung vorgezogen wird. Dabei wird in beiden Bereichen eher ein längerer Überprüfungsrhythmus präferiert, im Markt ein halbjährlicher (mit einer relativen Häufigkeit von 34,58 Prozent) und in der Marktfolge ein jährlicher Zeitraum (mit einer relativen Häufigkeit von 24,00 Prozent).

Ähnliches Antwortverhalten

Die weitaus größte Zustimmung erfährt jedoch in der Marktfolge die Überprüfung des Verrechnungspreissystems nach Bedarf mit knapp einem Drittel der Antworten. Als leistungsliefernde Einheit haben demnach die Mitarbeitenden in der Marktfolge ein relativ größeres Interesse an einer hohen Aktualität des Verrechnungspreissystems und der laufenden (Neu-)Ermittlung beziehungsweise Überprüfung der Verrechnungspreise.

In Bezug auf die Behandlung von Konflikten bei der (laufenden) Gestaltung der administrativen Faktoren des Verrechnungspreissystems sowie der Ermittlung der Verrechnungspreise wurde eine Spannbreite von fünf Antworten zwischen den Extrempunkten Ausweichen des Konflikts und Durchsetzen der eigenen Position als denkbare Strategien angenommen.

Wie Abbildung 5 zeigt, ergeben sich zwischen den beiden untersuchten Gruppen keine signifikanten Unterschiede. Demzufolge zeigt sich hinsichtlich der Bewertung möglicher Strategien zur Lösung von Konflikten sowohl bei den Befragten im Markt als auch in der Marktfolge ein sehr ähnliches Antwortverhalten.

Dabei werden die beiden Extrempositionen, "den Differenzen ausweichen und diese herunterspielen" sowie "die eigene Position auch gegen Widerstände durchsetzen", von beiden befragten Gruppen mit jeweils einer großen Mehrheit (mit Mittelwerten zwischen 1,15 und 1,91) deutlich abgelehnt. Auf der anderen Seite werden vom Gremium gemeinschaftlich getragene Konsenslösungen von beiden Gruppen eindeutig befürwortet, sei es "durch Erarbeitung einer gemeinsamen Lösung" oder "durch Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien" (mit Mittelwerten zwischen 4,19 und 4,77). Somit korrespondieren diese Ergebnisse mit dem vorhergehenden Befund, dass die beiden befragten Gruppen eine Besetzung des Gremiums zu gleichen Anteilen mit Vertretenden aus dem Markt und aus der Marktfolge befürworten.

Strategien zur Lösung von Konflikten

Sollte in dem Gremium bei einem auftretenden Konflikt dennoch kein gemeinschaftlicher Konsens gefunden werden, besteht die Möglichkeit, in diesem Falle den Vorstand einzubinden, um als Eskalationsstufe wirken und gegebenenfalls ein Drittparteienurteil fällen zu können. Zwar deuten die Mittelwerte von 3,82 (Markt) und 3,92 (Marktfolge) jeweils auf eine mehrheitliche Zustimmung der beiden Gruppen zur Konfliktlösung durch Einbindung des Vorstands hin, die verhältnismäßig hohen Standardabweichungen der beiden Gruppen (1,38 für den Markt und 1,34 für die Marktfolge) signalisieren jedoch ein höchst unterschiedliches Antwortverhalten der einzelnen Befragten. Ein gewisser Teil beider Gruppen hält den Vorstand in dieser Frage als konfliktlösende Instanz offenbar für weniger geeignet.

In Abbildung 6 sind die Befunde der Befragung zur Art der Kommunikation der Ergebnisse der Gremiumssitzungen aufgeführt. Auch bei diesem Gestaltungsaspekt zeigt sich ein einheitliches Antwortverhalten von Markt und Marktfolge. Der Tatsache, dass eine Kommunikation der Ergebnisse für nicht erforderlich gehalten wird, wird von nahezu allen Befragten mit großer Mehrheit widersprochen, die Mittelwerte beider Gruppen liegen jeweils bei lediglich 1,15.

Demgegenüber präferieren sowohl die Markt- als auch die Marktfolgemitarbeitenden recht eindeutig die Kommunikation der Gremiumsergebnisse an die Bankmitarbeitenden durch deren jeweiligen Führungskräfte, beide Mittelwerte liegen bei 4,25. Für die beiden anderen abgefragten Alternativen zeigt sich ein heterogenes Bild. Eine Bereitstellung der Ergebnisse der Sitzungen des Gremiums im Unternehmenshandbuch sowie die Verteilung von Sitzungsprotokollen an alle Mitarbeitenden werden von den Befragten insgesamt zwar eher befürwortet. Die Mittelwerte für beide Gruppen liegen bei diesen Kommunikationsarten aber zwischen 2,76 und 3,33. Zudem belegen auch die hohen Standardabweichungen zwischen 1,50 und 1,62 ein differenziertes Antwortverhalten.

Somit wird deutlich, dass die Mitarbeitenden die Kommunikation der Ergebnisse der Sitzungen des Gremiums als eine dezentrale Führungsaufgabe ansehen. Diese eher aktive Kommunikationsart wird der eher passiven alternativen Veröffentlichung im Unternehmenshandbuch und der Verteilung von Sitzungsprotokollen mehrheitlich vorgezogen.

Fazit

Die durchgeführte empirische Analyse stützte sich auf die Einschätzung von betroffenen Befragten aus den beiden maßgebenden Bereichen Markt und Marktfolge. Insgesamt lässt sich festhalten, dass beide Gruppen bei der Gestaltung der untersuchten administrativen Faktoren vornehmlich Konsens anstreben.

Wichtige Voraussetzung für die im Rahmen der Gestaltung angestrebten Konsenslösungen ist, dass die im Vorfeld erfolgte Berechnung der Verrechnungspreise im Privat- und Firmenkundenkreditgeschäft und insbesondere die Basispreise sowie die erforderlichen Preiszu- und -abschläge bei den betroffenen Mitarbeitenden überwiegend auf Akzeptanz stößt. Die Entscheidung für das hier zu implementierende vollkostenorientierte Verrechnungspreissystem sowie die mithilfe der Prozesskostenerrechnung ermittelten Preiskomponenten wurde in dem Kreditinstitut vorab mit allen relevanten Führungskräften und ausgewählten betroffenen Mitarbeitenden intensiv diskutiert. Zielsetzung war es, dass die Verrechnungspreise von den Mitarbeitenden sowohl aus dem Markt- als auch aus dem Marktfolgebereich als (möglichst) fair und gerecht empfunden werden.

Die aus der Untersuchung gewonnen Erkenntnisse lassen sich jedoch nicht ohne Weiteres auf Leistungsverflechtungen in ähnlichen Geschäftsprozessen anderer Kreditinstitute übertragen. Dies ergibt sich allein schon aus den unterschiedlichen Geschäftsmodellen der einzelnen Kreditinstitute und den vielfältigen Markt- und sonstigen Rahmenbedingungen, unter denen sie tätig sind.

 

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Prof. Dr. Jörn Littkemann Inhaber Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unternehmensrechnung und Controlling, FernUniversität in Hagen
PD Dr. Klaus Derfuß Vertreter der Professur für Unternehmensführung, TU Dortmund
Dr. Axel Schröder Stellvertretender Direktor Kreditmanagement, Landessparkasse zu Oldenburg
Prof. Dr. Jörn Littkemann , Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unternehmensrechnung und Controlling , FernUniversität in Hagen
PHD Dr. Klaus Derfuß , Vertreter der Professur für Unternehmensführung, TU Dortmund
Dr. Axel Schröder , Stellvertretender Direktor Kreditmanagement, Landessparkasse zu Oldenburg

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