Meldewesen

Ana-Credit: pragmatischer Weg gesucht

Es hat fraglos schon heftiger geklungen, wenn sich die Deutsche Kreditwirtschaft zu der Umsetzung eines europäischen Projektes geäußert hat. Wer beim Thema Ana-Credit noch die Schlagworte aus den verschiedenen Bankengruppen aus den vergangenen Jahren im Ohr hat, registriert bei der Stellungnahme der DK von Mitte Juli 2016 geradezu einen moderaten Tonfall. Mit Blick auf die aktuelle Beschlusslage nach der Billigung der Ana- Credit-Verordnung durch den EZB-Rat Mitte Mai und die nationale Konkretisierung durch den Bundesbank-Vorstand Anfang Juli gibt es immerhin Anzeichen, dass sich die Branche mit den jüngsten Modifikationen arrangieren will.

An erster Stelle werden von der Kreditwirtschaft die Erleichterungen für rund 750 kleinere Banken begrüßt. Diese müssen an das in den kommenden Jahren aufzubauende Melderegister einen deutlich kleineren Datensatz rund um die Inanspruchnahme und Vergabe von Krediten liefern. Als weitere Erleichterung für die meldepflichtigen hiesigen Banken will die Bundesbank die Behandlung von "Bestandskrediten" gewertet wissen. Diese oftmals noch nicht in der erforderlichen Datenvielfalt in den IT-Systemen hinterlegten Geschäfte mit dem vollständigen Kriterienkatalog nacherfassen zu müssen, würde für die Banken in der Tat einen hohen Aufwand bedeuten. Die Bundesbank will sich deshalb mit der Mindestzahl von 17 Merkmalen begnügen. Und nach Inkrafttreten von Ana-Credit mit den spätestmöglichen Terminen für die Lieferung von Stammdaten (März 2018) sowie von Kreditdaten (September 2018) will die Notenbank bei Meldeübertretungen zunächst Milde walten lassen und auf Sanktionen verzichten.

Mit der Festlegung der Meldegrenze auf 25 000 Euro waren die Aufseher den hiesigen Instituten gegenüber ersten Überlegungen ohnehin schon entgegengekommen. Und auch der vorläufige Verzicht auf die Erfassung von Privatkrediten sowie die Verschiebung der höchst komplexen Nutzung von Ana-Credit-Meldungen zu Aufsichtszwecken auf einen späteren Zeitpunkt senken bis zur Einführung den Aufwand und die Kosten für die Branche. Im Übrigen werden sich auf dem auf mehrere Jahre angelegten Umsetzungsweg immer wieder Interessenunterschiede und damit mögliche Reibungspunkte zwischen den Aufsichtsinstanzen und der Kreditwirtschaft ergeben. Inwieweit und ab wann lassen sich mit der Umsetzung von Ana-Credit Überschneidungen und Doppelmeldungen vermeiden? So wird eine typische Streitfrage lauten.

Durch ein auf der Ebene des einzelnen Kredits und Kreditnehmers aufgebautes einheitliches europäisches Datensystem auf granularer Datenbasis, so die einleuchtende Grundidee von Ana-Credit, lässt sich eine hohe Auswertungsflexibilität erreichen, die letztlich für die Aufsicht wie für die Banken eine enorme Kostenentlastung bedeuten kann. Die Zauberformel klingt einfach: Feine Daten möglichst nur einmal zu erheben und dann flexibel auszuwerten. Einmal implementiert, so beschreibt die Bundesbank diese verlockenden Perspektiven, "könnte Ana-Credit eine Reihe von bestehenden Statistiken teilweise (Zins- und Bilanzstatistik, Auslandsstatus der MFIs) oder sogar ganz (Kreditnehmerstatistik) ersetzen". Dies gelte insbesondere dann, wenn die unterschiedlichen Anforderungen frühzeitig in der Systematik berücksichtigt werden.

Die verlockenden Anwendungsbereiche einer solchen Datenbasis reichen bei den Notenbanken von der Geld- und Währungspolitik über Aufsicht und Märkte bis hin zu Strukturpolitik, Zahlungsverkehr und Forschung. Nützlich sein können die Daten zudem für die Arbeit von internationalen Institutionen von der EU-Kommission über BIZ, IWF und Weltbank bis hin zur OECD. Als externe Nutzergruppen kommen schließlich Banken und Unternehmen, die Wissenschaft wie auch Ministerien und Gerichte infrage.

Die Banken haben sich mit der Umsetzung von Ana-Credit abgefunden. Anders als von der EZB (siehe ZfgK 22-2015) und auch von der Bundesbank mehrfach betont, sind sie allerdings noch keineswegs davon überzeugt, dass für ihre Branche Aufwand und Nutzen des Projektes in einem sinnvollen Verhältnis stehen. Zwar denken viele Kreditinstitute einschließlich der beiden großen Verbünde über eine einzeldatenorientierte IT-Architektur mit dem Aufbau eines zentralen Datawarehouses nach oder arbeiten bereits daran. Und zumindest die IT-Verantwortlichen sind auch von der Idee fasziniert, alle Kunden- und Risikodaten so zu bündeln, dass sie gleichermaßen für die interne Steuerung wie auch für die Meldepflichten an die Aufsicht genutzt werden können. Doch allen Erfahrungen nach können solche Vorhaben viel Geld und viel Zeit kosten. Genau das lässt eine Euphorie für Großprojekte wie Ana-Credit gar nicht erst aufkommen.

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