Mittelstandsgeschäft

Digitalisierung, Big Data und Co.

Die Erwartungen und Ansprüche von Kunden an ihre Bank verändern sich und die Institute müssen sich dementsprechend anpassen und alt hergebrachte Prozesse neu gestalten. Dies gehört in Zeiten der Digitalisierung zum allgemeinen Gedankengut und erfordert von den Instituten die kontinuierliche Veränderung von digitalen Angeboten und Produkten - bestenfalls unter Einbeziehung der betroffenen Kundengruppen. Im Privatkundengeschäft ist ein solcher Ansatz schon geübte Praxis, im Firmenkundengeschäft ist er dagegen bislang weniger verbreitet. Das ist aber nicht nur ein Angebotsproblem: Denn gerade im Mittelstand, Hauptkundengruppe der deutschen Banken und Sparkassen im Firmenkundengeschäft, sind Schlagworte wie Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz, Digitalisierung zwar an der Tagesordnung, doch hapert es mitunter schlicht und einfach an der Konkretisierung der Ideen und Möglichkeiten. Die Unternehmensberatung McKinsey jedenfalls stellt in einer Studie fest, dass in vielen Betrieben digitaler Fortschritt lediglich als IT-Phänomen und Hebel zur Verbesserung der Produktivität und weniger als Chance zur dynamischen Weiterentwicklung ihres Geschäftsmodells betrachtet wird.

Das deckt sich mit Ergebnissen der "Diagnose Mittelstand 2017" des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV): Lediglich zehn Prozent der im Rahmen der Studie befragten Firmenkundenberater der Sparkassen beurteilen den Stand der Digitalisierung bei ihren Firmenkunden als fortgeschritten. Weiteres Futter liefert die Commerzbank mit ihrer neuen Mittelstandsstudie zum Thema Big Data. Hier heißt es, zwar hielten 97 Prozent der Unternehmen im Mittelstand Daten für den "Rohstoff des 21. Jahrhunderts", allerdings würden gerade einmal magere 8 Prozent der 2 000 befragten Unternehmen ab einer Größenordnung von 2,5 Millionen Euro Umsatz Daten systematisch erfassen, analysieren und Nutzen daraus zu ziehen. Lediglich 12 Prozent der befragten Unternehmer und Manager der ersten Führungsebene werten in ihren Unternehmen derzeit umfangreich Daten zu Kunden, Nutzern und Märkten aus, um eine umfassende Datenbasis über das Kunden- und Marktverhalten zu gewinnen. Dabei könnte sich das wahrlich lohnen: Laut McKinsey würde sich bei konsequenter Nutzung der aus der Digitalisierung resultierenden Chancen durch mittelständische Unternehmen ein zusätzliches Wertschöpfungspotenzial von zirka 126 Milliarden Euro im Jahr 2025 ergeben - dies entspricht einem zusätzlichen Wirtschaftswachstum von etwa 0,3 Prozentpunkten pro Jahr.

Und die Banken? Die sehen hier neues Potenzial für die Anbahnung von Geschäftsmöglichkeiten. "Künftig wird es aber auch darum gehen, wie wir als Bank unsere Kunden bei der Nutzung ihrer eigenen Daten unterstützen können. Dabei hat das Thema Sicherheit bei uns naturgemäß einen ganz besonders hohen Stellenwert. Es wird uns aber nicht bei der Entwicklung disruptiver Geschäftsabläufe und -modelle ausbremsen", erläuterte Firmenkundenvorstand Reuther die Aktivitäten der Commerzbank. Und da ist die Frankfurter Großbank dem einen oder anderen Wettbewerber vermutlich ein Stück voraus. An das seit 2014 betriebene Firmenkundenportal sind nach Bank-Angaben rund ein Drittel der 100 000 Firmenkunden angeschlossen. 40 Prozent der Standard-Termingeldabschlüsse und ein Viertel der Wertpapierkäufe werden schon heute online abgewickelt. Und mit zwei neuen Anwendungen sollen weitere Potenziale erschlossen werden. Seit Kurzem bietet die Bank nun auch einen digitalen Beratungsprozess für Zins- und Währungsrisiken und im Anlagemanagement mittels eines Simulators, lediglich der Abschluss muss noch offline erfolgen. Und Betriebsmittelkredite können nun komplett online über das Firmenkundenportal der Bank beantragt werden. Bleibt nur noch zu hoffen, dass die Mittelständler in Finanzgeschäften onlineaffiner sind als bei der eigenen Digitalisierung.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X