Retailbanking

Eier, Wolle, Milch, Bank

Sollte sich nichts ändern, werden die Privatkundensparten für die deutschen Kreditinstitute in der Breite gesehen ab diesem Jahr und für mindestens fünf weitere Jahre ein Zuschussgeschäft. Die Entwicklung beginnt mit einem Verlust im Privatkundengeschäft von 2,9 Milliarden Euro im laufenden Jahr und setzt sich nach einer leichten Erholung im Jahr 2022 (minus 1,9 Milliarden Euro) bis 2025 weiter fort (minus 3,4 Milliarden Euro). Das ist das Ergebnis der Privatkundenstudie 2020 des spezialisierten Unternehmensberaters zeb. Zwar wurde bei der Besprechung der Ergebnisse betont, dass es immer Ausnahmeinstitute gibt, die sich der allgemeinen Entwicklung entziehen könnten. Im Durchschnitt brauche es bis 2025 aber eine Kosteneinsparung von circa 22 Prozent, um die Eigenkapitalkosten von rund 6 Prozent decken zu können und mindestens 14 Prozent Einsparungen für eine "schwarze Null". Gründe für die prognostizierten Verluste sind stagnierende Erträge in den nächsten fünf Jahren bei ungefähr 47 Milliarden Euro, eine wachsende Kostenbasis, die 2025 ebenso bei rund 47 Milliarden Euro liegen soll, sowie eine Normalisierung der Risikokosten, die aktuell immer noch auf einem sehr niedrigem Niveau bei 4,5 Milliarden Euro liegen und sich in Zukunft um die 3 Milliarden bewegen sollen, so schätzt das zeb.

Natürlich gilt all das nur, wenn die Institute weitermachen wie bisher und bei den jetzigen Vertriebs- und Absatzpotenzialen verharren. ist den Allermeisten klar, dass das nicht reichen wird und entsprechend wird heute schon emsig an Gegenmaßnahmen gearbeitet. Das zeb nennt in seiner Studie mehrere Stellschrauben auf Kosten- und Ertragsseite, an denen zu arbeiten sein wird. Dreh- und Angelpunkt wird dabei das Smartphone sein. Schon 2018 liefen über das Handy weltweit rund 53 Prozent der Kundeninteraktionen ab. Dabei sind es nicht nur Transaktionen, sondern auch Abschlüsse komplexer Bankprodukte, die stetig zunehmen. Während der andauernden Pandemie dürften die Anteile wohl noch wachsen. In der Folge heißt dies, es braucht einfach zu bedienende Apps, einen Ausbau der mobilen Beratungsangebote per Telefonie oder KI-Dienste und eine effektive Werbung für weitere Produkte als nur das Konto innerhalb der App, um mehr Potenzial ausschöpfen zu können.

Darüber hinaus, so heißt es weiter, solle die App nicht nur eine Übersicht über die eigenen Finanzen und Produkte der Bank bieten, sondern auch ständiger Begleiter im alltäglichen Leben sein. So sieht das zeb die App auch als potenziellen Haushaltsplaner, Immobilienverwalter, Marktplatz für Online-Shopping, Dienstleistungen und Restaurantbesuche, Mobilitätdienstleister, Veranstaltungskalender und Vergleichsportal. Wer nun meint, das würde alles bereits mit dem Telefon über verschiedene Apps funktionieren, vergisst dabei, dass die Bank einen entscheidenden Vorteil hat: Den direkten Überblick über die Finanzen bei allen Transaktionen. Damit würde auch ein altes Argument gegen das Online-Shopping und bargeldloses Bezahlen entkräftet, da man nun ja wüsste, wie viel Geld noch im Geldbeutel ist, während man den Einkauf tätigt, die Versicherung abschließt oder die Reise bucht.

Im Vergleich liegen deutsche Banken, bis auf einige Challenger-Banken, in der Ausschöpfung dieser Potenziale aber noch hinter Wettbewerbern zurück. Wie die eierlegende Wollmilch-Bank funktionieren könnte, macht seit kurzem die C24 Bank vor. Hier wird der Aspekt des Vergleichsportals in die App integriert, was der Bank auf der einen Seite den Verkauf der eigenen Produkte sowie die Einnahme von Provisionen beim Erwerb bankfremder Produkte durch den App-Nutzer auf der anderen ermöglicht. Schlüssel zum Erfolg ist es dabei, den Kunden so lang wie möglich in der App zu halten und ihm so den Mehrwert, den beispielsweise die Organisation des Haushalts oder des Einkaufs über die App bieten, erlebbar zu machen. Nicht mehr der Verkauf steht im Mittelpunkt, sondern die Erfahrung. Gesprochen wird darüber schon sehr lange, aber der Druck steigt, diese Modelle nun auch endlich umzusetzen.

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