Deutsche Börse

Das Ende der kleinen Schritte?

Entspannt und sichtlich zufrieden zeigte sich Reto Francioni, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse, auf seiner letzten Pressekonferenz vor seinem Wechsel in den "Unruhestand". In einem anspruchsvollen Geschäftsjahr erzielte die Deutsche Börse durchaus ein gutes Ergebnis. Jeweils einstellige Wachstumsraten gegenüber dem Vorjahr verzeichneten sowohl die Nettoerlöse (plus sieben Prozent auf über zwei Milliarden Euro) als auch der Gewinn vor Steuern und Zinsen (plus drei Prozent auf 983 Millionen Euro). Die größten Ergebnisbeiträge lieferten die Derivatebörse Eurex (803 Millionen Euro), der Abwickler und Verwahrer Clearstream (698 Millionen Euro) und Market Data und Services (381 Millionen Euro). Das zeigt, dass der Schwerpunkt der Aktivitäten mittlerweile bei Produkten, Dienstleistungen und Infrastrukturangeboten liegt, die weit über den traditionellen Wertpapierhandel hinausgehen. Auch wenn es den Börsen-Traditionalisten nicht gefallen mag, aber die Deutsche Börse tat gut daran, auf mehrere Pferde zu setzen. Damit hat sie sich auch von konjunkturellen Schwankungen unabhängiger gemacht, wie die Ergebnisse zeigen.

Beflügelt von starken Umsätzen in den letzten Monaten des vergangenen Jahres wies der Kassamarkt zumindest ein Ergebnis von 162 Millionen Euro aus. Weiterhin optimistisch zeigte sich Francioni unter anderem für das Geschäftsfeld Market Data und Services sowie die diversen Geschäftsansätze in Asien. Die Deutsche Börse erzielte ihre Erfolge in den vergangenen Jahren durch systematische und eher kleinteilige Wachstumsinitiativen. Die beabsichtigten "großen Würfe", wie die mehrfach versuchten Übernahmen von beziehungsweise Fusionen mit anderen Börsenbetreibern scheiterten dagegen. Nicht wenige Marktteilnehmer sagen "glücklicherweise" und haben schlaflose Nächte, wenn sie daran denken, dass die hochliquiden Dax-Werte nur noch an den angelsächsischen Kapitalmarkthochburgen London und New York gehandelt werden würden.

Mit Spannung blicken die Börsianer nun auf den Wechsel an der Spitze der Deutsche Börse von Reto Francioni zu Karsten Kengeter. Dass sich der gelernte Investmentbanker Kengeter, der leitende Funktionen bei Goldman Sachs und UBS innehatte, weiterhin mit kleinen Schritten zufriedengibt, gilt als unwahrscheinlich. Aber vielleicht konzentriert er sich gar nicht auf die politisch und wettbewerbsrechtlich schwierig umzusetzenden Fusionen oder Übernahmen, sondern schafft es, den außerbörslichen Derivate- und Fixed-Income-Handel an die Börse zu bekommen. Der Markteffizienz würde es gut tun.

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