Sparkassen III

Hessens Neuer

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Jeder, der neu eine herausragende Position bekleidet, wird bei seinen ersten Auftritten sehr genau beobachtet, egal ob intern oder von der interessierten Öffentlichkeit. Das gilt für Vorstandschefs genauso wie für Präsidenten. Die hessisch-thüringischen Sparkassen waren jahrelang verwöhnt mit einem Präsidenten, der politisch bestens verdrahtet war, sehr geschickt "kordeln" konnte, auch noch ausreichend vom Bankgeschäft verstand und vernüftig rechnen konnte. Das machte ihn innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe nicht immer beliebt, denn Gerhard Grandke wusste den Finger in manche Wunde zu legen. Gleichzeitig blieb der Offenbacher aber auch gerne im Hintergrund und scheute die große Bühne. Zum Nachteil Hessen-Thüringens aber war das alles selten. Aber all das war einmal. Seit Anfang dieses Jahres lenkt nun der frühere langjährige Landrat des Werra-Meißner-Kreises und Präsident des Hessischen Fußball-Verbandes, Stefan G. Reuß, die Geschicke des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen und damit der noch 49 Institute. Reuß versprach gleich auf seiner ersten Pressekonferenz Kontinuität. Zu Recht. Wer vom neuen Geschäftsführenden Präsidenten Zurückhaltung erwartet oder gar Startschwierigkeiten beziehungsweise Leisetreterei, wird sich wundern. Klar, meinungsstark, informiert, so darf man Reuß dieser Tage erleben.

So gestaltete er auch die Pressekonferenz. Zunächst mit deutlicher Kritik an der eigenen Gruppe: Mit dem Zuschlag an die LBBW für die Berlin Hyp-Übernahme sei "verpasst worden, eine maßgebliche Weichenstellung für ein Sparkassen-Zentralinstitut vorzunehmen". Denn auch die Helaba habe ein sehr gutes Angebot abgegeben. Ohne weiter auf die beiden Angebote einzugehen, bleibt allerdings festzuhalten, dass Reuß diese Entscheidung der DSGV-Gremien, in denen er sitzt, am Ende doch mitgetragen hat, sich also nicht durchsetzen konnte. Reuß will aber weiter kämpfen: Er werde nicht müde, "dafür zu werben, dass wir als Sparkassen-Finanzgruppe den Weg zu einem Zentralinstitut weiterverfolgen und sehr klar die Rahmenbedingungen dafür definieren." Der Weg dahin scheint aber weiter als je zuvor in den vergangenen Monaten.

Darüber hinaus bekräftigt Reuß die Bedeutung von Filialen ("Die Präsenz in der Fläche wird ein unverzichtbares Strukturelement unserer Institute bleiben") und will, dass die Sparkassen-Finanzgruppe weiter mit hohem Tempo an technischen Neuerungen arbeitet. Rückschläge stören ihn dabei nicht. "Es wäre falsch, wenn wir uns davon entmutigen und vom bewährten Prinzip des Trial and Error abbringen lassen würden. Die Schere im Kopf sollte nicht unser bevorzugtes Utensil werden." So plädierte er beispielsweise dafür, beim Thema Kryptowährungen nicht sofort nur Alarmglocken schrillen zu hören, sondern sich ruhig und differenziert mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Helmut Schleweis vertritt hierzu zumindest nach außen eine andere Meinung. Die Aufsicht forderte der neue Präsident auf, im Feld der Nachhaltigkeit keine "neue regulatorische Großfront" zu eröffnen. So könne sich die europäische Politik nicht auf ein gemeinsames Grundverständnis einigen, was künftig nachhaltig sein soll und was nicht. Gleichzeitg schreibe die Taxonomie Banken und Sparkassen mit "bemerkenswerter Granularität" vor, was diese künftig noch finanzieren dürften. Kräftige Kritik von Reuß gab es auch an der Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers und vor allem des Puffers für Risiken aus der Wohnimmobilienfinanzierung. Die EZB forderte der Präsident auf, "jetzt zügig zu handeln" und für Planungssicherheit zu sorgen. Reuß scheut sich also keineswegs, auch schwierige Themen anzusprechen.

Das kann seinen Sparkassen nur guttun, die 2021 ein ordentliches Ergebnis abgeliefert haben. Zinsüberschuss plus 0,9 Prozent auf 2,01 Milliarden Euro, Provisionsüberschuss plus 7,3 Prozent auf 908,7 Millionen Euro, was fast der Hälfte der Zinsüberschüsse entspricht. Stabile Verwaltungsaufwendungen und ein nahezu pulverisiertes Bewertungsergebnis (4,3 nach 172,3 Millionen Euro) sorgen für einen kräftigen Zuwachs beim Jahresergebnis vor Steuern (495,5 nach 365,2 Millionen Euro) und nach Steuern (259,1 nach 171,3 Millionen Euro). Immerhin damit war der neue Präsident des SGVHT, auf und über den man sich freuen darf, zufrieden.

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