Deutsche Bank

Längst ein Politikum

Dass die Bundesregierung im kommenden Jahr nicht zuletzt die Krisenprävention im Weltfinanzsystem zu einem der Kernthemen ihrer G20-Präsidentschaft machen will, dokumentiert einmal mehr die Zähigkeit der Verwerfungen seit der nun schon mehr als neun Jahre andauernden Finanzkrise. Die Deutsche Bank war von Anfang an irgendwie mittendrin. Zunächst stand sie sehr bald mit ihrem starken Engagement in zweifelhaften Subprime-Geschäften im Blickpunkt. In der Folge erlebte sie einige ertragsstarke Jahre und feierte sich selbst immer wieder als eine der wenigen Großbanken, die die heftigen Turbulenzen an den Finanzmärkten ohne staatliche Hilfen meistern konnten. Und schließlich geriet sie bis heute immer mehr in die Defensive, je mehr die Mühlen der Aufseher und der Justiz zu arbeiten begangen und mehrfach Kapitalerhöhungen sowie immer wieder hohe Rückstellungen für Rechtstreitigkeiten zur Bewältigung von Verfehlungen vor und auch während der Aufarbeitung der Krisenfolgen fällig wurden.

Ihrer Marktkapitalisierung hat selbst das Zwischenhoch in den frühen Jahren der Krisenbewältigung nur mäßig genutzt. Immer wieder wurden das vergleichsweise hohe Derivateexposure und die eher mühsame Erfüllung der von den internationalen Aufsehern festgelegten Liquiditätsmaßstäbe angeprangert. Die einst ehrwürdige Deutsche Bank freilich als Spielball der Märkte und der Politik zu bezeichnen, wie das in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder passiert, hat eine neue Qualität. Das schlimme daran: Mit dem als Verzweiflungstat anmutenden Mitarbeiterbrief von Vorstandschef John Cryan als Reaktion auf den Kurssturz Ende September und dem Hinweis auf die Machenschaften der Hedgefonds hat die Bank dieses Muster selbst angenommen.

Schon in den vergangenen Jahren hatte sich das Verhältnis der Deutschen Bank zur hiesigen Politik und auch der Bundesregierung umso mehr eingetrübt je mehr Verfehlungen der Bank aufgedeckt wurden und Rückstellungen für Rechtsrisiken gebildet werden mussten. Als dann Mitte September das unerwartet hohe Strafmaß der US-Justiz von 14 Milliarden US-Dollar für die Verfehlungen der Bank im Hypothekenstreit öffentlich wurde, nutzte Italiens Ministerpräsident Renzi diese Gelegenheit gleich für eine Breitseite gegen die Deutsche Bundesbank. Die öffentliche Mahnung von Präsident Jens Weidmann in einem Zeitungsinterview, die Reduktion des italienischen Staatsdefizits anzugehen, konterte er mit einer Aufforderung an die hiesige Notenbank, vor der Einmischung in die Angelegenheiten des italienischen Staatshaushaltes doch bitte schön das vermeintliche Derivateproblem der Deutschen Bank zu lösen. Der frühere Präsident der Schweizerischen Nationalbank Philipp Hildebrand war sich nicht zu schade, als heutiger Manager des weltweit größten Vermögensverwalters Blackrock - und damit sicherlich völlig Unbeteiligter - Gedankenspiele zu grenzübergreifenden Bankenfusionen in der Eurozone zu verbreiten. Und auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel musste schnell noch ein Statement zu den verantwortungslosen Managern der Frankfurter Großbank loswerden. Ihren vorläufigen Höhepunkt erlebte das öffentlich ausgetragene Deutsche-Bank-Bashing dann auf der jüngsten Herbsttagung von IWF und Weltbank in Washington, als der IWF die Notwendigkeit einer Änderung des Geschäftsmodells der Deutschen Bank ins Spiel brachte und IWF-Chefin Chistine Lagarde öffentlich einen Disput mit Finanzminister Wolfgang Schäuble darüber riskierte.

Die Bewertung solcher Eskapaden: Sie geben einen Eindruck davon, wohin es führen kann, wenn ein gefährliches Gemisch aus Regulierung, Politik, Finanzmärkten und Gerüchten das Schicksal einer Bank von dieser Dimension bestimmen kann. Institute dieser Größenordnung und Vernetzung sind offensichtlich schlicht zu komplex für ein klares Urteil - nicht nur die Deutsche Bank.

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