Persönliches

Michael Hauck

Warum die Privatbankiers in Deutschland keine Macht mehr sind, warum es jedes Jahr wieder sanfte Trauer um fortgesetztes Aussterben der edelsten aller kreditwirtschaftlichen Existenzen gibt - Michael Hauck hat es kurz vor seinem Tode noch einmal aufgeschrieben. Der Grund für seinen vollständigen Ausstieg aus der so lange so familiären Bank Georg Hauck & Sohn sei vor allem gewesen, dass er nicht mehr "die richtige Einstellung zu den Gremien und Nachfolgern gefunden habe. Das ist fein ausgedrückt. Denn beim ehrerbietigen Blick über die Schulter ist es in allen Familienunternehmen eine gewaltige Erblast, gegenüber den Altvorderen die andauernd neue Zeit erklären zu müssen.

Michael Hauck konnte nach dem Krieg nicht mehr wie sein Vater Otto als Alleingesellschafter schalten, sondern durch Erbteilung nur noch als Teilhaber. Die sehr gute jüdische Kundschaft hatten die Nationalsozialisten vernichtet. Die Aufsichtsräte der neuen Großindustrie kamen ohne Haucks aus. Und das Eigenkapital rief unentwegt nach Aufstockung. Solange es sie noch gab, hat Hauck befreundete Privatbankiers zur Beteiligung eingeladen, dann aber auch Großaktionäre wie Allianz, Kuwaitis, Bayernbank. Der jahrhundertealte Frankfurter Privatbankier war schließlich keiner mehr, die Familie hat deshalb in den neunziger Jahren aufgegeben - wie so viele andere mit großen Namen.

Und hinzugekommen ist, auch für Michael Hauck selbst, dass er den Verlust des feinen, kleinen Universalbankgeschäfts, vor allem des Kreditgeschäfts, so ungern einzusehen vermochte. Fast nur noch Vermögensmanagement "für Unternehmer" und durchaus auch Kapitalmarktrisiken, das lag ihm nicht nahe. Nun sind die Chinesen von Fosun die neuen Haucks. Wer weiß!

Ob für Michael Hauck aber überhaupt das Bankhaus das Wichtigste im Bankiersleben gewesen ist und nicht doch noch mehr die "Begleiterscheinungen" dabei und dazu, wird in seinen Schriften und Reden bedenkbar. Zum Beispiel mit seiner wirklichen Begeisterung für Aktienanalysen im Speziellen und Börse im Allgemeinen. Die "Hauck' sche Formel" für die Ertragsberechnung von Publikumsgesellschaften hat ihm großen Ruhm bei den früheren Analysten eingebracht und ehrenhaften Zorn bei den Ausgerechneten. Die Analystenvereinigung DVFA ist ihm bleibendes Andenken schuldig. Und die deutsche Börse? Michael Hauck wollte sie stets lieber als Deutsche Börse, als Tochter von deutschen Banken und als Dienstleister für deutsche Interessen arbeiten sehen, denn als internationales Profitcenter. London hat ihn so wenig begeistert wie zuvor New York. Zu Recht.

Michael Hauck ist ein Frankfurter Bankier als Frankfurter Bürger gewesen. Seine vielen anekdotischen Repliken auf die Menschen, auf das Mit- und Gegeneinander in dieser ganz besonderen Stadt der Banken und Börsen am Main sind sein Geschenk an Geschichte wie Gegenwart. Und wenn man im neuen Historischen Museum auf dem Römerberg das Kabinett mit den Hauck'schen Porträts und Ansichten aus Jahrhunderten der Unmittelbarkeit betrachtet, darf man sich durchaus vor Umsicht, Weitsicht und Einsicht dieses letzten Frankfurter Hauck-Bankiers verneigen.

Seine Aufsätze in der "ZfgK" und seine Buchtitel im Fritz Knapp Verlag empfinden wir als Ehre. K. O.

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