Aufsätze

Michael Hauck - Trommler und Querdenker am Finanzplatz Frankfurt

Im Jahr der großen Frankfurter Finanzjubiläen wird der Privatbankier Michael Hauck 80 Jahre alt. Die Deutsche Bundesbank ist 1957 als Nachfolgeinstitut der Bank deutscher Länder entstanden und feiert ihren Fünfzigsten. Die drei Großbanken, die auf Befehl der Alliierten Besatzungsmächte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aufgespalten wurden, schlossen sich wieder zur Deutschen Bank, Dresdner Bank und Commerzbank zusammen. Diese Zeit hat Michael Hauck aktiv begleitet, als Partner des gleichnamigen Bankhauses, als eine bekannte Persönlichkeit am Frankfurter Finanzplatz mit vielen Ehrenämtern, als Visionär für neue Ideen, als Kommentator der Finanzentwicklung.

Allgemeinwohl im Blick

Michael Hauck wurde am 22. April 1927 in Frankfurt am Main geboren. Die Familie, aus der Pfalz kommend, kam 1796 nach Frankfurt. Im selben Jahr wurde das gleichnamige Bankhaus gegründet und ist seitdem in Frankfurt ansässig. Seit langem war es in der Familie Hauck Tradition, sich für das Allgemeinwohl und insbesondere für die Industrie- und Handelskammer und die Wertpapierbörse einzusetzen. Dies gilt ebenso für den Jubilar, der 30 Jahre lang Mitglied des Vorstandes der Frankfurter Wertpapierbörse war und davon die letzten als Präsident gewirkt hat. In den vielen anderen Ehrenämtern hat er sich in bemerkenswerterweise für die "res publica" - wie er selbst schreibt - eingesetzt.

Viele Entwicklungen, die er in den Aufbaujahren der Nachkriegszeit angestoßen und führend mitgetragen hat, sind auch aus heutiger Sicht bemerkenswert - sicherlich aber nicht ausreichend gewürdigt worden. Es mag sein, dass seine manchmal etwas spröde und ungeduldige Art einen notwendigen Konsens behindert hat, allerdings geschah dies immer im gewollten und nachhaltigen Bemühen, den Finanzplatz Frankfurt zu stärken. Hier sah er das Zentrum - und nicht im virtuellen Finanzplatz Deutschland. (Das dokumentiert sich nicht zuletzt auch in der Entstehungsgeschichte des Deutschen Aktienindex auf Seite 433 - Red.)

Denkanstöße

Hauck war seiner Zeit in vielfacher Hinsicht voraus - manches davon merken wir erst heute. Beispielsweise bei der Gründung der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse (DVFA) im Jahr 1960 und der Gründung des Instituts für Kapitalmarktforschung (IfK) im Jahr 1968.

Zugute kam Hauck sicherlich ein längerer Studienaufenthalt Anfang der fünfziger Jahre in den USA, wo er vielfältige akademische, aber auch praktische Bankerfahrungen sammeln konnte. Manche Anregungen zu den Themen:

- Aktienbewertung,

- Bilanzanalyse,

- Vermögensbildung,

- Altersvorsorge,

- Pensionsfonds und Kapitalmarkt und ganz wesentlich

- Funktionsweise und Weiterentwicklung der Frankfurter Wertpapierbörse

fielen eher auf kargen Boden. Wie Hauck bereits nach seinem Ausscheiden als Börsenpräsident in einer Frankfurter Ansprache anmerkte, seien seine Vorstellungen "zu stark abweichend von der in Deutschland herrschenden Meinung" gewesen.

Kompost als Humus

Es war sicherlich folgerichtig, dass Hauck seine Lebens- und Berufserfahrungen in einem Sammelband zusammengefasst hat, dem er den Aufmerksamkeit heischenden und sicherlich auch interpretationsbedürftigen Titel "Kompost" gab. Nach Durcharbeitung durch den geneigten Leser wollte er hiermit guten Humus für den Finanzplatz Frankfurt produzieren. Die entsprechenden Auswirkungen auf den gesamten deutschen Finanz- und Kapitalmarkt stehen außer Frage. Dennoch war ihm die Verankerung einer Vielzahl der hierfür notwendigen Aktivitäten in Frankfurt seit jeher Herzblut und besondere Verantwortung.

Ohne seine vielfältigen Denkanstöße und die Diskussionen im Rahmen der Kreditpolitischen Tagungen dieser Zeitschrift, beispielsweise zum Thema "Grundsatzfragen und Methoden der Unternehmensbewertung" im Oktober 1959, wäre es wohl schwerlich zur Gründung der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse (DVFA) gekommen.

In der Pressemitteilung vom 18. Februar 1960 wird unter anderem darauf hingewiesen, dass der Berufsstand der Anlageberater in Deutschland im Gegensatz zu anderen westlichen Ländern kaum in die Öffentlichkeit getreten sei. Durch ein Mehr an Transparenz könne der manchmal geäußerten Besorgnis, dass an der Börse Zufälligkeiten oder vielleicht sogar Willkür den Ausschlag geben, weitgehend behoben werden. Bis zu einem heutigen Insiderverbot und einem Kontroll- und Transparenzgesetz war es sicherlich noch ein weiter und steiniger Weg. Aber immerhin ein bemerkenswerter Anfang. Die DVFA ist heute als Diskussionsplattform nicht mehr wegzudenken.

Noch deutlicher erscheint dieses von Hauck ausgehende Engagement bei der Gründung des Instituts für Kapitalmarktforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt erkennbar zu sein. Eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Kapitalmarktes machte eine institutionelle Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis dringend erforderlich. Hauck schlug zudem die Brücke zur Interessengemeinschaft Frankfurter Kreditinstitute, um neutralisiert von Partikularinteressen einzelner starker Partner eine Finanzierung zu ermöglichen. Im Rahmen der Vorbereitung der Errichtung des IfK hat Hauck in der Thematik wie wenig andere richtig gelegen. Seiner Zeit und damit dem notwendigen "timing" war er auch hier voraus.

Das IfK war für Deutschland absolut Neuland, für viele Industriestaaten galt dies ebenfalls. Die spätere Weiterentwicklung zum "Center for Financial Studies" (CfS) war eine logische Konsequenz, auch wenn man geteilter Meinung sein kann, ob die vielfältig verwendeten Anglizismen uns tatsächlich weitergebracht haben. Ebenso klar ist allerdings auch, dass das gegenwärtig entstehende "House of Finance" an der Frankfurter Universität seine Wurzeln in der Gründung des IfK im Jahr 1968 hatte.

Verdienste um Börse und Kapitalmarkt

Hauck hat sich immer für ein gut funktionierendes Börsensystem und einen fairen Kapitalmarkt eingesetzt, um auch Außenseitern und Anfängern eine bessere Chance einzuräumen, als es Anfang der sechziger und siebziger Jahre erkennbar schien. Wie er in der Einführung zur Biographie "Hermann Krages: Ein Börsianer gegen die Deutschland AG", Zürich 2007, schreibt, "wären hier selten Vorstöße für neuere Finanzmarktentwicklungen entstanden". Das hängt nicht zuletzt auch mit der Vorherrschaft der nicht kapitalgedeckten Altersvorsorge und speziell mit dem Festhalten an der angeblich so unersetzlichen Pensionsrückstellung als Finanzierungsmittel zusammen. "Man glaubte mehr an die Selbstfinanzierung und auch an die Fremdfinanzierung durch Kredite", schreibt Hauck.

Bis zum achtzigsten Geburtstag des Jubilars ist Deutschland sicherlich einen weiten Weg gegangen - mit teils schmerzlichen Umstrukturierungen und Veränderungen, deren Ergebnis sich möglicherweise nur zu einem Teil überblicken lässt. Hauck war auf diesem Weg Treiber und Trommler, Querdenker und Motor zugleich. Die heute unumkehrbare, stärkere Kapitalmarktorientierung der deutschen Wirtschaft ist mit seinem Namen eng verbunden.

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