Deutsche Bank

Mitleid statt Neid

Man muss schon lange zurückdenken, um sich an ein ähnlich deprimierendes Gefühl beim Blick auf die deutschen Großbanken zu erinnern wie in diesem Spätsommer 2016. Denn egal ob Commerzbank, Hypovereinsbank oder Deutsche Bank, sie alle machen wenig Mut, betrachtet man die Gesamtsituation und lässt die bisweilen durchaus erfreuliche Entwicklung einzelner Sparten außer Acht. Bei den drei Instituten ist das Gefühl keineswegs schlechter als die Lage, so wie man es für viele Sparkassen und Genossenschaftsbanken derzeit sagen darf und muss. Und hierbei geht es keineswegs um die sicherlich diskussionswürdigen Ergebnisse des europaweiten Stresstests, in dem italienische Banken nahezu ohne Fehl und Tadel abschnitten und mitunter weit vor den deutschen Branchenvertretern rangieren. Sondern es sind hausgemachte Probleme, Schwächen in der Aufstellung und Marktdurchdringung, mangelnde Effizienz und daraus resultierend echte Ertragsnöte, die den drei großen deutschen Banken zu schaffen machen. Dass Europas größter Börsenindex Eurostoxx 50 erstmals ohne eine deutsche Bank auskommen kann, ist eine traurige Konsequenz.

Während man sich aber über den plötzlichen Wandel bei der Commerzbank, die überraschend ihre Jahresziele kassierte, noch wundert, um die Zukunft der italienisch dominierten Hypovereinsbank allemal besorgt ist, verspüren selbst die hartnäckigsten Hasser der Deutschen Bank, die ja lange Zeit ähnlich wie Bayern München die Stimmungslagen der Menschen in pro oder kontra klar sortierte, längst mehr Mitleid als Neid. Das schwierige Marktumfeld, stetig wachsende regulatorische Herausforderungen, ein radikaler Konzernumbau nach einem jahrelang völlig fehlgeschlagenen sanften Versuch des Kulturwandels, stark verunsicherte Mitarbeiter, von denen allein 2 500 der im deutschen Privatkundengeschäft Beschäftigten dieser Tage erfahren werden, wen es trifft und wer bleiben darf, ein in sich heftig zerstrittener Aufsichtsrat, immer neue Rechtsstreitigkeiten - der ehedem strahlende Branchenprimus gibt ein Bild des Jammers ab.

Und diese üble Gemengelage schlägt sich natürlich auch in den Zahlen nieder. Im ersten Halbjahr 2016 sanken die Erträge im Vergleich zum Vorjahr um satte 27 Prozent auf 15,5 Milliarden Euro. Zwar konnten auch die zinsunabhängigen Aufwendungen drastisch reduziert werden, doch steht beim Ergebnis vor Steuern ein dramatisches Minus von 63 Prozent auf 987 Millionen Euro zu Buche. Noch schlimmer ist die Lage beim Konzernergebnis, dieses sank binnen Jahresfrist von 1,4 Milliarden Euro auf gerade mal noch 256 Millionen Euro um 81 Prozent. Der wahrlich nicht zu beneidende Vorstandsvorsitzende John Cryan versucht Mut zu machen: "Der anhaltende Umbau der Bank schlägt sich in unseren Ergebnissen nieder. Wir sind aber zufrieden mit unseren Fortschritten. Wir haben weiter Risiken in unserer Bilanz abgebaut, in unsere internen Abläufe investiert und unsere Infrastruktur modernisiert." Aber all das kostet Geld: Als Grund für das spürbar gesunkene Ergebnis vor Steuern nennt die Bank selbst in erster Linie Aufwendungen für Restrukturierung, Abfindungen und Rechtsstreitigkeiten. Seit 2012 haben Rechtsfälle die Deutsche Bank mehr als zwölf Milliarden Euro gekostet, aktuell sind nach Angaben des Finanzvorstands weitere 5,5 Milliarden Euro für noch offene Fälle zurückgestellt. Ein Ende des Schreckens ist auch noch nicht in Sicht: "Sollte das derzeit schwache wirtschaftliche Umfeld anhalten, müssen wir bei Geschwindigkeit und Intensität unseres Umbaus noch ehrgeiziger werden", so Cryan. Doch was bleibt dann übrig von der Deutschen Bank?

PS: Die einzige Sparte des Deutsche-Bank-Konzerns, die im ersten Halbjahr ein Ergebnisplus erzielen konnte, war die Postbank. Und von der will/ muss man sich bekanntlich trennen.

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