Banken-Leiden

Strukturdaten der deutschen Kreditwirtschaft Quelle: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht September 2016

Manche deutschen Banken haben aktuell Probleme. Die Deutsche Bank beispielsweise ist immer noch auf der Suche nach einer neuen, oder wenigstens der alten Kultur. Anstatt sich aber auf die wesentlichen Herausforderungen zu konzentrieren wirkt das Institut orientierungs- und führungsloser und zerrissener denn je. Ein Beispiel: Kaum hatte das Manager Magazin von vermeintlichen, zaghaften Annäherungsgesprächen zwischen Deutscher und Commerzbank berichtet, trat der CEO John Cryan vor die Öffentlichkeit und zerwarf jegliche Spekulation über und die Idee an sich gleich mit.

Ob da wohl irgendwelche "berühmten" Dealmaker aus Vorstand und Aufsichtsrat ihre Finger im Spiel hatten? Vertrauen schafft man so jedenfalls nicht, weder nach außen, noch nach innen. An der Börse ist der deutsche Branchenprimus mit gerade mal noch gut 14 Milliarden Euro bewertet, allein das Eigenkapital beträgt über 60 Milliarden Euro.

Doch die Deutsche ist nicht allein. Die Commerzbank, zweite verbliebene echte Großbank Deutschlands und vermeintlicher Fusionspartner der Deutschen Bank (!), wird wohl 9 000 Stellen streichen und den Konzern radikal umbauen. Am Ende solle eine Bank mit einer Säule für Privatkunden und einer Säule für Firmenkunden stehen. Nachdem vergangenes Jahr erstmals wieder eine Dividende gezahlt wurde, wird diese nun wohl schon wieder kassiert. Die Bremer Landesbank verhob sich mit Schiffskrediten und musste von der Mutter gerettet sprich übernommen werden. Wie die Nord-LB nun mit diesem Mühlstein klarkommt, muss sich erst noch zeigen. Eine echte Zukunftsvision und ein Zeichen der Stärke fehlt hier noch.

Allein diese kurze Auflistung der jüngsten Entwicklungen, die keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit hat, zeigt, dass es vor allem die großen Institute sind, die sich auf der Suche nach einer neuen Zukunft befinden. Man sei gezwungen, jeden Stein anzufassen, umzudrehen, neu zu sortieren oder gänzlich auszusortieren, soll Commerzbank-Chef Martin Zielke gesagt haben. Und Deutsche-Bank-Vorstandsvorsitzender John Cryan sah sich jüngst sogar genötigt, an die eigenen Mitarbeiter zu appellieren, mehr Mut bei Entscheidungen zu zeigen. Von Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken hört man diesbezüglich relativ wenig. Außer das von den betroffenen großen Instituten in guter alter Manier mal wieder die hohe Bankendichte in Deutschland für all die Probleme der großen Universalbanken verantwortlich gemacht wird. Da muss man sich dann schon fragen, warum die großen Banken, damals gab es noch eine Dresdner Bank und die beiden Münchner Großbanken, vor über 20 Jahren deutlich besser dastanden als heute. Denn die Zahl der vermeintlichen Spielverderber Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken hat sich seitdem drastisch reduziert, die Lage der Großbanken sich aber verschlechtert.

Allein im vergangenen Jahr entfielen 50 Fusionen auf die Volks- und Raiffeisenbanken. Und der Präsident geht davon aus, dass in den kommenden Jahren mit einer ähnlichen Größenordnung zu rechnen sei. Und das, obwohl es der genossenschaftlichen Bankengruppe wirtschaftlich immer noch ausgesprochen gut geht und sie sicherlich ein Stück weit als Vorzeigemodell für erfolgreiche Banken gelten kann. Umso ärgerlicher ist es da natürlich wenn Regulatorik, Verbraucherschutz und Geldpolitik dazu führen, dass eigentlich zukunftsfähige Unternehmen die Lust verlieren, sich weiter am Markt zu behaupten und sich in Zusammenschlüsse flüchten müssen.

Und dass breit und dezentral aufgestellte Verbünde nicht zwangsläufig unwirtschaftlicher sein müssen als Konzerne, zeigt sich in der gerade vorgelegten Analyse der Ertrags -lage der Kreditinstitute durch die Deutsche Bundesbank. So machten die Allgemeinen Verwaltungsaufwendungen bei den Sparkassen 69,1 Prozent der operativen Erträge aus und bei den Volks- und Raiffeisenbanken 66,6 Prozent, bei den Großbanken dagegen schon satte 82,9 Prozent. Der Jahresüberschuss nach Steuern kommt bei Deutscher Bank und Co. auf gerade mal fünf Prozent der operativen Erträge, bei den Sparkassen schon auf 20,3 Prozent und bei den Kreditgenossenschaften auf 21,0 Prozent. Gerade der genossenschaftliche Finanzverbund hat in den vergangenen Jahren konsequent und stetig Marktanteile hinzugewonnen. Durch die Fusion der Rechenzentralen und der Zentralbanken erhofft man sich nun noch mehr Schlagkraft.

Und doch ist die Stimmung getrübt. Denn vor allem die Niedrigzinsphase beginnt mehr und mehr ihr hässliches Gesicht zu zeigen. Konnte in den vergangenen Jahren noch einiges durch die besser verzinsten Altgeschäfte und Volumenzuwächse kaschiert werden, werden die Rückgänge im Zinsergebnis nun sichtbarer und belastender. Das fördert die Unruhe. Und mancher wehrhafte Vertreter der genossenschaftlichen Bankengruppe fordert denn auch, doch endlich mal auf den Tisch zu hauen. Der Präsident ist klug genug, von Faust und Geschrei abzusehen. Denn damit ist in der Regel wenig zu erreichen. Und natürlich fehlen auch die Argumente, denn der Gruppe geht es wie gerade beschrieben ausgesprochen gut. Noch wohlgemerkt. Wenn das Bankensterben erst begonnen hat, dann ist es zu spät um aufzuschreien. Bemerkenswerterweise hält sich auch die deutsche Politik derzeit mit Äußerungen zur Bankenbranche ausgesprochen höflich zurück, wohlwissend, dass an der funktionierenden flächendeckenden Versorgung von Bürgern und Wirtschaft auch das Wohl der wirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik hängt.

Bleiben die Themen Regulatorik und Verbraucherschutz. Natürlich wären Erleichterungen für kleine und mittelgroße Banken bei der Erfüllung der aufsichtlichen Anforderungen richtig und angemessen. Das betont auch die Deutsche Bankenaufsicht immer wieder und immer häufiger. Nur sind den Worten bislang noch keine Taten gefolgt. Im Gegenteil: Wie gewohnt nehmen es die deutschen Behörden und Institutionen bei der Umsetzung Brüsseler oder Baseler Richtlinien und Verordnungen überaus genau, lassen manche Wahlmöglichkeit ungenutzt und sind lieber zu streng als zu nachsichtig. Gern genannte Beispiele sind Ana-Credit, die Wohnimmobilienkreditrichtlinie oder Basel IV. Und wenn dann noch emsige Verbraucherschützer vermeintliche Verfehlungen und Missstände anprangern, wie beispielsweise bei Dispozinsen oder jüngst den Kontoführungsgebühren, dann fehlt dem geneigten Beobachter dafür das Verständnis. Banken werden von der Aufsicht explizit aufgefordert, an der Gebührenschraube zu drehen, um die von ihnen selbst unverschuldeten Rückgänge im Zinsgeschäft auszugleichen, und dann, wenn sie dem Folge leisten, von den Verbraucherschützern öffentlich an den Pranger gestellt. All das ist eine gefährliche Mischung und ohne Korrektur wird es zweifellos gelingen, der Bankenbranche nachhaltig Schaden zuzufügen. Dass Kreditgenossenschaften sicherlich die letzten der modernen Dinosaurierer sein werden, ist ein schwacher Trost.

Philipp Otto , Geschäftsführer, Verleger, Chefredakteur , Verlag Fritz Knapp, Verlag Helmut Richardi, Verlag für Absatzwirtschaft

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