Finanzstabilität

Notleidende Kredite im Fokus der EZB

Quelle: Europäische Zentralbank

 

Die Dringlichkeit der Problemlagen ist im Euroraum unterschiedlich, das hat sich Ende November bei der taggleichen Vorstellung der aktuellen Finanzstabilitätsberichte der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank einmal mehr gezeigt. Während das Thema der notleidenden Kredite für die deutsche Kreditwirtschaft eine überschaubare direkte Bedeutung hat und dementsprechend auch im diesjährigen Bericht der hiesigen Notenbank zur Finanzstabilität nur in der Gesamtschau, also beim notwendigen Blick auf das internationale und europäische Umfeld behandelt wird, nimmt sich die EZB den Non-Performing Loans (NPL) besonders an.

Hintergrund für die zuletzt noch einmal deutlich verstärkten Aktivitäten der EZB ist der höchst unterschiedliche und seit der Finanzkrise im Jahre 2007 sogar dramatisch gewachsene Anteil der notleidenden Kredite in den nationalen Bankensystemen des Euroraums. Als Qualitätsindikator verwendet die EZB dabei die NPL-Quote, berechnet als der Anteil der notleidenden Kredite am gesamten Kreditportfolio einer Bank. Im Euroraum ist diese Kennziffer von 2,5 Prozent am Jahresende 2007 auf 7,7 Prozent Ende 2013 gestiegen. Dass sie danach per Ende Juni dieses Jahres wieder auf 5,48 Prozent zurückgegangen ist, schreibt die EZB den besonderen Anstrengungen in Ländern wie Irland, Slowenien und Spanien sowie allgemein einer verbesserten wirtschaftlichen Lage in der EU zu. Ebenso wie die Beispiele dieser Länder zeigt gerade die massive Schrumpfung der Schiffsportfolios in den Büchern der deutschen Banken, dass ein gezielter Abbau notleidender Risk-Weighted Assets auch in den vergangenen Jahren grundsätzlich möglich war, wenn auch unter Realisierung beherrschbarer Verluste.

Als besonders problematisch, weil nachweislich wachstumsmindernd, stuft die EZB im Zuge einer gründlichen Aufarbeitung der Ursachen der jüngsten Finanzkrise zu Recht die immer noch hohen Bestände notleidender Kredite in den Bankbilanzen ein. Wie beispielsweise sollen die von besonders hohen Altlasten gebeutelten Institute in Griechenland oder Zypern und mit Abstrichen sicher auch in Italien die Möglichkeiten der expansiven Geldpolitik der EZB zu einer Ausweitung der Kreditvergabe ausschöpfen? Nichts oder wenig für den Ab bau der NPLs zu tun, torpediert eindeutig die Notenbankpolitik der vergangenen Jahre. Das hat auch die EZB erkannt und ihren Druck sukzessive erhöht. Nach Bildung einer Arbeitsgruppe zum Umgang mit NPLs Mitte 2015 und ihrem Leitfaden für Banken mit notleidenden Krediten aus dem März 2017 hat sie mit den im Oktober 2017 veröffentlichten Leitlinien zum Umgang mit neuen und dem Abbau von alten NLP-Beständen in Europa zumindest klar die Richtung angezeigt und auch erste zeitliche Vorgaben gegeben, auch wenn sie sich hinsichtlich des Referenzdatums 1. Januar 2018 für den Neustart noch einmal gesprächsbereit zeigt. Für die Altbestände an NPLs fordert die Notenbank jedoch weiterhin von den Banken konkrete Abbaupläne bis Mitte 2018 und hat bis zum Ende des ersten Quartals weitere Maßnahmen für den Umgang mit dem aktuellen NPL-Bestand angekündigt. Dem Einsatz einer Transaktionsplattform für notleidende Kredite widmet sie eine Sonderbetrachtung im jüngsten Finanzstabilitätsbericht.

Noch bleibt das Zwischenergebnis ernüchternd. Die EZB-Aufsichtsstatistik per Ende Juni 2017 zeigt weiterhin hohe NPL-Quoten in Griechenland (46,54 Prozent) und Zypern (35,63 Prozent). Aber auch Portugal (19,07 Prozent), Slowenien (14,17 Prozent), Irland (12,59 Prozent) und Italien (12,01 Prozent) liegen noch deutlich über dem Durchschnitt im Euroraum (5,48 Prozent). Spanien bewegt sich mit 5,41 Prozent wieder knapp darunter, ebenso wie alle übrigen Länder, einschließlich Deutschland mit 2,16 Prozent. In absoluten Zahlen ausgedrückt beziffert der Finanzstabilitätsbericht 2017 der Bundesbank das Volumen der NPLs im Euroraum per Mitte dieses Jahres auf stattliche 869 Milliarden Euro. Dies in allen Ländern auf ein unkritisches Maß abzubauen, bedarf noch großer Anstrengungen. Von der Abgabe von NPLs an einschlägige Servicedienstleister wird bisher kaum Gebrauch gemacht. Und aus den betroffenen Ländern gibt es teils massive Interessenpolitik. So wird der EZB speziell aus Italien und vonseiten der dortigen EU-Parlamentarier schlicht die Zuständigkeit für diese Problemlage abgesprochen.

Übrigens: Die Bundesbank hat in der kontroversen Diskussion über den Umgang mit NPLs klar Position bezogen. Der zuständige Vorstand Andreas Dombret hat mit Blick auf das Kompetenzgerangel bezüglich des Umgangs mit NPLs auf europäischer Ebene einen Abbau von notleidenden Krediten mit Nachdruck und Entschlossenheit angemahnt und ausdrücklich den Vorstoß der EZB unterstützt. Präsident Jens Weidmann hatte die EZB-Initiative zuvor schon als vernünftigen Weg bewertet und eine komplette Abdeckung mit Rückstellungen und/oder einen Verkauf als Voraussetzung für eine gemeinsame Einlagensicherung genannt.

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