Notenbanken

Die Politisierung der Geldpolitik

Die Unabhängigkeit von der Politik und damit auch die Glaubwürdigkeit ist eines der wichtigsten Assets einer Notenbank. Es galt lange als ehernes Gesetz, dass die Politiker alles vermeiden sollten, was wie eine Beeinflussung der Zentralbank aussieht. Das Vertrauen der Marktakteure in die Unabhängigkeit der Institution Zentralbank ist wichtig, damit die Transmission der geldpolitischen Impulse auch störungsfrei funktioniert. Doch die Politik versucht zuletzt immer intensiver, die Geldpolitik in ihrem Sinne zu beeinflussen.

Beispiel USA: Donald Trump nahm vor einigen Monaten den Präsidenten des Federal Reserve Jerome Powell ins Visier. Trump wünscht sich niedrigere Zinsen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Kein Wunder, der Vorwahlkampf für die Präsidentschaftswahl im November 2020 läuft gerade an. Eine boomende Wirtschaft wäre da ein gutes Argument. Trump forderte sogar die Absetzung Powells. Zwar betonte der Fed-Chef, dass er sich nicht beeinflussen lasse. Doch zuletzt deutete er an, dass es bald doch wieder eine Zinssenkung geben könnte. Noch vor wenigen Monaten klang Powell ganz anders. Kommt die Zinssenkung, dürfte das auch Wirkung auf die Glaubwürdigkeit entfalten, unabhängig davon, ob er sich tatsächlich von Trump hat dazu bewegen lassen.

Beispiel Türkei: Präsident Recep Tayyip Er dog an hat auch lange versucht, den Chef der Notenbank zu Zinssenkungen zu veranlassen. Nun hatte er genug und hat Anfang Juli kurzerhand den Chef der Zentralbank Murat Çetinkaya abgesetzt und den bisherigen Vize Murat Uysal als Chef installiert. Erdogan verspricht sich einen Rückgang der Inflation von sinkenden Zinsen. Uysal war gleich nach seiner Berufung bemüht, als erstes seine Unabhängigkeit zu betonen. Die Lage der Wirtschaft und vor allem das Vertrauen der internationalen Investoren sind fragil in der Türkei und die Inflation ein großes Problem. Zwar ist der Verbraucherpreisindex vom Hoch Ende 2018 bei mehr als 25 Prozent bereist auf 15,72 Prozent zurückgegangen. Doch gerade da der Kampf um die Preisstabilität erste Erfolge feiert, wäre ein Verlust des Glaubens an die Unabhängigkeit der Notenbank fatal. Ende Juli ließ sich Uysal dann auch tatsächlich erweichen und senkte den Leitzins um 425 Basispunkte auf 19,75 Prozent.

Beispiel Eurozone: Christine Lagarde soll Mario Draghi nachfolgen. Die ehemalige Chefin des IWF kommt aus der Politik. Sie war als französische Finanzministerin an der Griechenlandrettung beteiligt. Da kommen zumindest Zweifel auf, ob eine durch und durch politisierte Lagarde völlig unabhängig von der Politik agieren kann. Zudem wird sie von Draghi mit der jüngsten Anpassung des Zinsausblicks gleich von Beginn an in die der Politik genehme expansive Schiene gedrängt.

Weltweit ist immer öfter eine Politisierung der Geldpolitik zu beobachten. Das ist vor allem für die Banken eine schlechte Nachricht. Größerer Einfluss der Politik wird auch immer eine expansivere Geldpolitik bedeuten. Viele Jahre der Niedrigzinspolitik haben die Erträge der Banken im laufenden Jahrzehnt erodieren lassen. Wer Hoffnungen gehegt hat, dass sich die Zinsfront aus Bankensicht im bald beginnenden neuen Jahrzehnt zügig verbessern würde, dürfte enttäuscht werden. Die Suche nach alternativen Ertragsquellen und Geschäftsmodellen sollte fortgesetzt werden.

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