Banken

Steter Tropfen

Christian Sewing

Quelle: Deutsche Bank

Eine Woche bevor er an der New York Stock Exchange anlässlich des 20-jährigen Listing-Jubiläums der Deutschen Bank die Schlussglocke läutete, nutzte deren Vorstandschef Chef Christian Sewing - allerdings in seiner Rolle als Präsident des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) - die Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds in Washington als Anlass, um in einem Mediengespräch über die großen Herausforderungen der Zeit zu sprechen - von denen es derzeit wahrlich genug gibt.

Neben den omnipräsenten Themen Digitalisierung und nachhaltige Transformation sieht Sewing eine spannende Frage darin, wie sich die Weltwirtschaft neu sortieren wird. Corona hat einiges durcheinandergewirbelt, insbesondere Lieferketten. Bei der Diskussion, ob es mehr Autonomie braucht, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, mahnte Sewing, den Bogen nicht zu überspannen. Mehr Autonomie ja, aber keinesfalls Autarkie. Doch solche Fragen sieht er nur als Teil einer noch größeren Diskussion über den globalen Wettbewerb und die Frage nach Europas Rolle in der Welt. Hier erkennt der BdB-Präsident europaweit durchaus eine Wahrnehmungsschwäche in Bezug auf die Schärfe des Kampfes im globalen Wettbewerb.

Drei Dinge sind aus Sewings Sicht für eine Stärkung Europas entscheidend. Erstens: Europa müsse sich dem globalen Wettbewerb stellen und eine Investitionsoffensive einläuten. Freilich ist ihm auch das Programm Next Generation EU nicht entgangen. Auch wiesen jüngste Schritte bei den Themen Klimaschutz, Digitalisierung und Wettbewerbsfähigkeit in die richtige Richtung. Aber er erinnert mahnend daran, dass die EU schon einmal beschlossen hatte, sich bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu entwickeln ...

Sewing sieht den Knackpunkt darin, dass Europa den Wettbewerb nicht nur auf dem Papier annimmt und erinnert, dass Europa nur zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in Forschung und Entwicklung stecke, während es in den USA drei Prozent wären. Da kann man ihm nur beipflichten. Geiz an dieser Stelle ist ein großes Risiko, in einer disruptiven Zeit wie dieser den Anschluss zu verlieren. Umso erfreulicher die Ankündigung im Sondierungspapier der möglichen Ampel-Koalition, den Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 3,5 Prozent des BIP zu erhöhen. Aber auch hier sei mahnend erinnert: Reden allein reicht nicht.

Zweitens: Natürlich durfte in dieser Aufzählung auch die Forderung nach einer so schnell wie möglich erfolgenden Umsetzung eines EU-Finanzbinnenmarkts nicht fehlen. Als besonders wichtiges, aber noch fehlendes Element eines europäischen Investitionsmarktes bezeichnete er einen funktionierenden Verbriefungsmarkt. Sewing weist darauf hin, dass dieser im führenden Wirtschaftsraum USA aufgrund geringerer regulatorischer Beschränkungen zehnmal so groß sei. In der Tat wird dieses Thema in Europa als Nachwehe der Finanzkrise noch mit zu vielen Scheuklappen betrachtet.

Drittens: Die deutschen und europäischen Banken müssen profitabler werden, damit sie ihre Aufgabe der Finanzierung der Transition und des Wandels ausreichend wahrnehmen können. Natürlich sei das in erster Linie Aufgabe der Banken, was Sewing extra betonte. Doch brauchen diese dafür ein Level Playing Field mit den Angreifern aus anderen Branchen und am besten einen EU-weit harmonisierten Finanzmarkt. So alt und oft wiederholt diese Forderungen alle auch sind, sie verlieren dadurch nichts an Dringlichkeit und Gültigkeit. Das Motto muss weiter heißen: "Steter Tropfen ...".

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