Weltwirtschaft

Vertragt euch, Kinder!

Hanna Thielemann

Kriege im Nahen Osten, politische Unruhen wie der Shutdown in den USA, einige immer noch ungelöste Handelskonflikte und vor allem ein drohender ungeregelter Brexit - die Welt hat (zu) viele Baustellen, die sich natürlich auch auf die Wirtschaftsentwicklung auswirken. Besonders aufgrund der zwei letztgenannten Risiken hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Wachstumsprognose nach unten korrigiert. 2019 werde die weltweite Wirtschaftsleistung nur noch um 3,5 Prozent steigen, heißt es im aktuellen Weltwirtschaftsbericht, 0,2 Prozentpunkte weniger also als noch im Oktober prognostiziert. Für 2020 sieht der IWF nun ein weltweites Wachstum von 3,6 Prozent voraus, 0,1 Punkte weniger als noch vor drei Monaten. Auch bezogen auf einzelne Länder blieb die Organisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Washington nicht bei der bisher gestellten Prognose für die nächsten zwei Jahre.

Obwohl Deutschland beispielsweise von den oben genannten Baustellen nur indirekt betroffen ist, erwarten die Experten trotzdem nur noch 1,3 statt 1,9 Prozent Wachstum für das laufende Jahr. Für 2020 werden, unverändert zu den Oktober-Prognosen, immerhin 1,6 Prozent erwartet. Produktionsschwierigkeiten in der Autoindustrie und eine geringere Nachfrage aufgrund der Diskussion um Dieselfahrverbote werden als Hauptgründe für das sinkende Wirtschaftswachstum genannt. Hinzu kommt die Ungewissheit um den Ausgang des Brexits und eine Haushaltsschieflage in Italien, die die Konjunktur in Europa gefährden könnten. Für die Vereinigten Staaten hingegen werden für 2019 weiter 2,5 Prozent Wirtschaftswachstum prognostiziert, während es 2020 nur noch 1,8 Prozent sein sollen. Zu den Gefahren für die Konjunktur der größten Volkswirtschaft der Welt zählt der IWF den Handelsstreit mit China und einen länger anhaltenden und noch immer nicht abschließend geregelten Haushaltsstreit, durch den Hunderttausende Staatsbedienstete seit dem Shutdown ab 22. Dezember 2018 mehrere Wochen lang kein Geld erhielten. Für die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft China sagt der IWF sowohl für dieses als auch für kommendes Jahr ein Plus von 6,2 Prozent voraus, 2010 lag es noch bei 10,6 Prozent. Die Experten befürchten sogar, Chinas Wachstumsverlangsamung könnte aufgrund der Handelsspannungen noch stärker ausfallen als erwartet.

IWF-Chefin Christine Lagarde, die den Bericht bei der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos vorstellte, mahnt zur internationalen Zusammenarbeit: "Die hauptsächliche politische Priorität für alle Staaten ist nun, ihre Handelsstreitigkeiten und die daraus resultierende politische Unsicherheit gemeinsam und schnell zu lösen, statt schädliche Barrieren hochzuziehen und eine sich bereits abschwächende Weltwirtschaft weiter zu destabilisieren." Sie klingt dabei zwar ein wenig so, als mahnt eine Mutter ihre Kinder, sich im Restaurant zu benehmen und nichts kaputt zu machen. Jedoch ist diese Vorstellung von der Realität nicht so weit entfernt. Mit jeder weiteren Streitigkeit und den daraus folgenden Konsequenzen demolieren die Kinder weiter das Restaurant in dem sie sitzen - oder destabilisieren die Staaten die Weltwirtschaft weiter. Und der Spielraum der Länder für Gegenmaßnahmen im Falle eines deutlichen weltweiten Abschwungs sei geringer als vor der Finanzkrise 2008, gibt der IWF zu bedenken.

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