Rechtsfragen

Vom Wesen der Spesen: Betrug von Bankvorständen?

Rechtsfragen sind häufig Ermessensfragen, die sich auch stellen, wenn ein Bankvorstand wegen angeblichen Spesenbetrugs suspendiert oder fristlos entlassen wird. Das wirft die Frage auf, wo der Bereich berechtigter Kostenerstattung aufhört und persönliche Bereicherung beginnt. Die Tatbestände sind: § 266 StGB (Untreue) und § 263 StGB (Betrug). Der Vorwurf des Betruges setzt eine Täuschung des Dienstherrn voraus, wobei die Einreichung gefälschter Abrechnungsunterlagen genügt. Bei der Untreue stehen keine gefälschten Belege, sondern der Missbrauch der Befugnisse des Vorstandsmitglieds im Vordergrund. Analog zur gefestigten Rechtsprechung für leitende Angestellte genügen auch geringfügige Vermögensschäden. Ausschlaggebend ist die ungünstige Zukunftsprognose durch konkrete Umstände im Bereich des persönlichen Vertrauens, der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter oder im Unternehmensbereich insgesamt. Das heißt, es geht auch um die Vorbildfunktion. Für die fristlose Kündigung von leitenden Angestellten aus wichtigem Grund liegen Urteile vor, die für Vorstände exemplarisch herangezogen werden können: Missbrauch einer Firmenkreditkarte (LAG Hamm: Urt. v. 10.5. 2013 - 10 Sa 1732/12); Abrechnung eines Doppelzimmers sowie Mitnahme der Lebensgefährtin zu einem Geschäftsessen mit Kunden (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 14. 3. 2013 - 5 Sa 385/12), wobei dem Beklagten vorgeworfen wurde, die Teilbeträge für den Privatbereich nicht herausgerechnet zu haben.

Bei Bankvorständen ist zu beachten: Nicht unwesentlich ist die Unterscheidung zwischen Aufwendungen, die als Dienstnehmer und in der Eigenschaft als Organmitglied getätigt werden. Soweit der Dienstvertrag eine Spesenbestimmung enthält, lautet sie oft: "Das Vorstandsmitglied hat Anspruch auf Ersatz seiner dienstlich veranlassten baren Aufwendungen." Die Grenzen sind wegen der funktionsübergreifenden Tätigkeit fließend. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass die von einem Vorstandsmitglied getätigten Aufwendungen im Rahmen pflichtmäßigen Ermessens zu betrachten sind. Das heißt, die Angemessenheit folgt aus dem Umfang der Berufsausübung und lässt sich nicht ausschließlich am Bilanzvolumen festmachen. Schwierige betriebliche oder geschäftspolitische Situationen können erhöhte Spesen und Reise kosten mit sich bringen: Gespräche mit Großkreditnehmern zum Beispiel über die freiwillige He reingabe weiterer Sicherheiten, Bewertung und Prüfung von Sicherheiten vor Ort, Verhandlungen mit der Finanzverwaltung oder die Klärung bankaufsichtlicher Probleme sprengen nicht selten den sonst üblichen Rahmen für Bewirtungs-, Übernachtungs- und Reisekosten sowie weiterer Sonderaufwendungen und Präsente.

Einem Bank- beziehungsweise Sparkassenvorstand, dem der getreue Umgang mit mindestens sechsstelligen Millionenbeträgen anvertraut ist, darf man auch die Entscheidung darüber, was veranlasst und abrechnungsfähig ist, überlassen. Die fast Rundumtätigkeit eines Bankvorstandes im lokalen Vereinsleben, der Unternehmensrepräsentation in Institutionen und bei "Festivitäten" führt erfahrungsgemäß zu erheblichen persönlichen Inanspruchnahmen, häufig zunächst auf Privatrechnung des Vorstandsmitglieds. Eine gewachsene vertrauensvolle Geschäftsverbindung kann auch jenseits eines rechtlichen "Müssens" Handlungen gebieten, die "freundschaftlich" opportun, aber nicht zwingend geboten sind. Der Verfasser hat aus jahrzehntelanger Erfahrung die Erkenntnis, dass einem Vorstandsmitglied mit wohlwollenden Gesten die konstruktive Weiterführung "notleidender" Kreditengagements gelingt, die sonst Abschreibungsfälle gewesen wären.

Wünschenswert ist die Festlegung eines frei verfügbaren Betrages, über dessen Ausschöpfung im Gesamten Rechenschaft abgelegt werden sollte. Für Überschreiten des Spesenansatzes und "Sonderkosten" wäre die Regelung hilfreich, die Kenntnisnahme mit Vetorecht des Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsratsvorsitzenden verpflichtend einzuführen. Die Bindung an die Gegenzeichnung des Vorstandskollegen ist erfahrungsgemäß nicht immer hilfreich. Ob persönliche Anlässe (zum Beispiel Geburtstagsfeiern) zu dienstlichen Aufwendungen im weitesten Sinne zählen, sollte mit dem Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsratsvorsitzenden abgesprochen werden. Fristlose Kündigung und Abberufung vom Vorstandsamt wegen persönlicher Bereicherung haben bei Kreditinstituten rufschädigende Konsequenzen, die man durch ausgewogene organisatorische Regelungen und Verhältnismäßigkeitsabwägungen im Konfliktfall weitgehend vermeiden kann.

Hartmut Glenk, Institutsdirektor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB) - Siegen/Berlin

Hartmut Glenk , Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin
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