Bausparkassen

Wüstenrot geht voran

Marktführer sind die Ludwigsburger nicht, dieses Privileg genießen die "Nachbarn" aus Schwäbisch Hall, aber in Sachen Kündigungen geht die Bausparkasse Wüstenrot nun voran. Als erstes Institut ruft es wegen der umstrittenen Kündigung von Altverträgen den Bundesgerichtshof in Karlsruhe an. Damit wird es endlich das seit langem sowohl von den Bausparvertretern als auch den Anwälten der Kunden geforderte höchstrichterliche Urteil aus Karlsruhe geben. Es ist allerdings keineswegs sicher, ob der Einsatz von Wüstenrot der gesamten Bausparbranche einen Erfolg verschaffen wird, oder ob er sich am Ende vielleicht doch als Bärendienst herausstellt.

Im konkreten Fall geht es um die Kündigung eines Bausparvertrags aus dem Jahre 1978. Die Sparerin hatte diesen über 40 000 D-Mark (rund 20500 Euro) abgeschlossen, für den sie einen Guthabenzinssatz von drei Prozent bei einem Bauspardarlehenszinssatz von fünf Prozent erhielt. Der Vertrag wurde 1993 zuteilungsreif, danach zahlte die Klägerin keine Sparraten mehr ein und nahm das Darlehen nicht in Anspruch. Als Wüstenrot den Vertrag 22 Jahre später im Januar 2015 kündigte, betrug das Bausparguthaben 15 000 Euro. Während das Landgericht Stuttgart in erster Instanz pro Wüstenrot entschieden hatte, kippte das Oberlandesgericht dieses Urteil. Es lag nach Ansicht des Gerichts kein Sonderkündigungsrecht nach zehn Jahren nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor. Wüstenrot hätte nicht hinnehmen dürfen, dass die Ratenzahlungen vertragswidrig eingestellt wurden, sondern die Sparerin dazu auffordern müssen, weiter einzuzahlen. Erst wenn sie dem nicht nachgekommen wäre, hätte die gesetzliche Kündigung gegriffen.

Diese mündlich vorgetragene Entscheidung der Richter will Wüstenrot nicht akzeptieren. Mit seiner Entscheidung stelle sich das OLG Stuttgart gegen die einhellige Rechtsauffassung anderer Oberlandesgerichte (OLG Hamm, OLG Koblenz, OLG Köln, OLG Celle, OLG München), die bisher in knapp 50 Fällen die Wirksamkeit der Kündigungen seitens der Bausparkassen nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bejaht beziehungsweise angekündigt haben, die Berufung von Bausparern zurückzuweisen, heißt es in einer Unternehmensmitteilung. Es zeichne sich in der Rechtsprechung trotz der Entscheidung des OLG Stuttgart insgesamt immer deutlicher ab, dass Bausparkassen Kündigungen aussprechen dürfen, zumal auch rund 180 positive Urteile von verschiedenen Landgerichten zur Wirksamkeit der Kündigungen vorliegen.

Wie auch immer das Urteil der Richter in Karlsruhe nun ausfallen wird, zugunsten der Bausparkassen oder im Sinne der Verbraucher, es ist wichtig, dass dann endlich ein klares Signal gesetzt und ein eindeutiger Rechtsrahmen vorgegeben ist. Denn auch wenn sich das Bausparen unverändert großer Beliebtheit erfreut, wie die Abschlusszahlen immer wieder belegen, sind die permanenten Negativschlagzeilen doch erheblich störend bei der Darstellung des eigenen Nutzens für Gesellschaft und Verbraucher.

Dabei ist das nun wahrlich nur ein kleines Problem: Viel größer sind die Herausforderungen für die gesamte Bausparbranche durch die anhaltenden Nullzinsen und die damit verbundenen Anforderungen an eine kluge und flexible Tarifpolitik sowie ein gesundes Maß an Zuneigung zu Vor- und Zwischenfinanzierungen. Daran wird auch der Bundesgerichtshof nichts ändern. Zumindest nicht in diesem Fall, aber in Sachen EZB hält man sich in Karlsruhe ohnehin bewusst zurück. Schnell wird es allerdings nicht zu einer Bauspar-Entscheidung kommen, Experten gehen von mindestens einem wenn nicht gar mehreren Jahren aus.

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