Im Blickfeld

AIFM-Richtlinie und die Immobilienwirtschaft

Mit Datum vom 30. April 2009 hat der Währungs- und Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlamentes den ersten offiziellen Entwurf der sogenannten AIFM-Richtlinie vorgelegt. Daraufhin haben sowohl der Rat der Europäischen Union (ECOFIN) als auch der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments (ECON) mehrere überarbeitete Vorschläge zur AIFM-Richtlinie unterbreitet. Der ECON hat in seiner Sitzung am 17. Mai 2010 seinen Entwurf einer AIFM-Richtlinie verabschiedet. Bereits einen Tag später hat auch der ECOFIN auf Grundlage des spanischen Kompromissvorschlags beschlossen, die offiziellen Verhandlungen mit dem europäischen Parlament mit dem Ziel zu beginnen, die Richtlinie noch im Juli diesen Jahres zu verabschieden. AIFM steht für "Alternative Investment Fund Manager" und wird, wenn die Richtlinie wie vorgesehen verabschiedet wird, einen nachhaltigen Einfluss zumindest auf die Fondsbranche und damit auch auf die Immobilienwirtschaft haben. Ausgangspunkt der Richtlinie ist der Wunsch der G-20 Staaten, den Markt für alternative Investments als Folge der Finanzmarktkrise einheitlich zu regulieren und zu beaufsichtigen. Die vorgesehenen Maßnahmen beziehen sich dabei nicht unmittelbar auf den Investmentfonds, sondern vielmehr auf den Manager des Investmentfonds (AIFM) und sollen dessen Zulassung zur Verwaltung und Administration eines Alternative Investment Funds (AIF) gemeinschaftsweit regeln. Von einer solchen Regulierung wären nicht nur, wie die weitläufige Meinung ist, Private Equity- und Hedgefonds betroffen, sondern auch deutsche Spezialfonds sowie Offene und Geschlossene Immobilienfonds. Offen ist derzeit, ob von der AIFM-Richtlinie auch REITs, Im-mobilien-Aktiengesellschaften oder Joint Ventures betroffen sein werden. Die Kommission hat bei der Erarbeitung der Richtlinie nach dem Grundsatz gearbeitet, dass alle Anlageformen von der Richtlinie erfasst werden und nicht zufälligerweise eine aus dem Anwendungskreis herausfällt. Die Richtlinie gilt daher für alle Fonds, die nicht bereits von der OGAW-Richtlinie (Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) erfasst sind. Dieser allumfassende Anwendungsbereich soll aber trotzdem im Wesentlichen nur AIFM treffen, die sich bestimmter "Techniken und Strategien" bedienen. Darunter werden beispielsweise systematisch eingesetzte hohe Hebeleffekte oder der systematische Erwerb beherrschender Unternehmensbeteiligungen verstanden. Für kleinere Gesellschaften mit einem Fondsvermögen von 100 Millionen Euro ist eine Freistellung geplant. Diese Freistellung kann sich auf eine Schwelle von 500 Millionen Euro erhöhen, wenn der Fonds nicht hebelfinanziert ist und den Anlegern in den ersten fünf Jahren nach der Gründung kein Kündigungsrecht zusteht. Eine der entscheidenden Fragen in diesem Zusammenhang wird sein, was unter der "Hebelfinanzierung" zu verstehen ist. Nach der Richtlinie meint "Hebelfinanzierung" jede Methode, durch die das Engagement mit dem Einsatz von Krediten, Wertpapierleihen, in Derivate eingebetteten Hebeleffekten oder auf andere Weise erhöht wird. Legt man die Richtlinie daher nur am Wortlaut aus, so würde die Inanspruchnahme eines Dispositionskredites von einem Euro bei einem Immobilienfonds, der sonst zu 100 Prozent durch Eigenkapital finanziert ist, bereits dazu führen, dass er hebelfinanziert ist und in der Folge die Erleichterungsvorschriften nicht mehr anzuwenden sind. Der Europäische Rat hält Investitionen in AIF für mit einem so hohen Risiko behaftet, dass zunächst die Zulassung nur zum Vertrieb an professionelle Anleger berechtigen soll. Dies würde bedeuten, dass der Markt nur noch institutionellen Anlegern offensteht. Um aber gerade bei Dach-Hedgefonds und Immobilienfonds auch die Investitionen von Kleinanlegern möglich zu machen, soll den einzelnen Mitgliedsstaaten die Möglichkeit gegeben werden, durch spezialgesetzliche nationale Regelungen den Vertrieb an Kleinanleger zu gestatten. Hier wird jedoch darauf zu achten sein, dass durch diese Sonderregelungen keine sitzbedingten Diskriminierungen entstehen dürfen. Weitere Voraussetzungen werden sein, dass der Fonds eine Zulassung des Herkunftslandes benötigen wird und dass er sein geschäftliches Wirken und die damit verbundenen Geschäftszahlen in weit größerem Maße als bisher offenlegen muss, um damit für eine ausreichende Transparenz zu sorgen. Die Fonds werden auch eine regelmäßige Bewertung ihrer Assets durchführen müssen, voraussichtlich auf einer jährlichen Basis, wie dies auch jetzt schon für die dem Investmentgesetz unterliegenden Immobiliensondervermögen nach § 77 Abs. 1 S. 4 InvG gilt. Ob diese Bewertung dann durch interne oder aber die viel kostspieligeren externen Gutachter und Bewertungsexperten zu erfolgen hat, ist im Moment noch nicht absehbar. Besonders problematisch gesehen wird zudem die Forderung nach einer unabhängigen Depotbank zur "Verwahrung" der Vermögenswerte, wie dies bereits nach dem InvG gilt. Der Verband Geschlossener Immobilienfonds warnt bereits davor, dass durch die geplante AIFM-Richtlinie eine unsachgemäße Regulierung bestimmter Teilmärkte entstehen könnte und auch die anderen Branchenverbände versuchen entsprechenden Einfluss auf das Parlament und den Rat zu nehmen. Zudem ergeben sich inzwischen weitere Anknüpfungspunkte an den Anwendungsbereich der Richtlinie. Der aktuelle Diskussionsentwurf zur Derivateverordnung der EU-Kommission definiert die AIFM als sogenannte Financial Counterparty mit weitreichenden Verpflichtungen bei Geschäften mit derivativen Finanzinstrumenten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich durch die Richtlinie direkt und indirekt einige tiefgreifende Änderungen für die Immobilienwirtschaft ergeben können, jedoch wird man abwarten müssen, was am Ende tatsächlich als endgültige Richtlinie verabschiedet wird. Die Tendenz zur stärkeren Regulierung wird sich nicht aufhalten lassen. Christoph Geißler, Prokurist, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München

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