Schwerpunkt Infrastruktur

Airport Cities - Mikrokosmos mit eigenem Flughafen

In den ersten Jahrzehnten des Luftverkehrs waren Flughäfen nichts weiter als Plattformen zur Fluggastbeförderung. Man landete und flog ab. Ansonsten war man unterwegs vom Flughafen in die Stadt oder von der Stadt zum Flughafen oder - man wartete. Und das nicht zu knapp. Allzu oft beendete ein "Ich muss meine Maschine kriegen" die Besprechung. Irgendwann kam man auf die - eigentlich naheliegende - Idee, Besprechungsräume am Flughafen anzubieten. Nicht sehr komfortabel anfangs, mit wenig Service, aber immerhin praktisch, weil das Zeitbudget schonend.

Das Konferenz-Zentrum mit Besprechungsräumen am Flughafen war die Keimzelle der heutigen Airport Cities. Übernachtungsangebote kamen, wo sie nicht schon in begrenztem Umfang etwa für die Flugzeugbesatzungen bestanden, bald hinzu. Es sollte aber noch Jahre, manchmal Jahrzehnte dauern, bis aus dem Geschäftszentrum mit Hotel und Terminalzugang eine urbane Arbeits- und Lebenswelt wurde, die mit den klassischen Geschäftsvierteln der Metropolen mithalten kann. Haben sich die ersten solcher Büro- und Dienstleistungsstandorte am Flughafen noch organisch und oft etwas planlos entwickelt, wird heute längst generalstabsmäßig geplant.

Was in den großen Städten mit ihren gewachsenen Strukturen nur ausnahmsweise möglich ist, lässt sich im Mikrokosmos der Airport City heute sehr viel besser realisieren als je zuvor. Ein ganz aktuelles Beispiel ist in Deutschland "Gateway Gardens". Das ehemalige Wohngelände der US-Air-Force am Frankfurter Flughafen wurde und wird nach der Konversion systematisch beplant, bebaut und besiedelt. Nicht umsonst wurde Gateway Gardens ganz offiziell zu einem eigenständigen Stadtteil von Frankfurt am Main erklärt. Bis zu 18 000 Menschen werden hier in Zukunft arbeiten.

Quantensprung in eine neue Qualität

Wer heute eine Geschäftsreise plant, um Partner oder Kollegen zu treffen, bezieht ganz selbstverständlich die Infrastruktur seines Zielflughafens mit ein. Die Faustformal "Je größer das Passagieraufkommen und je mehr Flugverbindungen, umso größer das Officeund Serviceangebot" wird durch praktisch alle Airport Cities bestätigt. Nicht an allen Standorten war es möglich, das urbane Plus des Flugbetriebs optimal zu planen - am Flughafen JFK in New York ist die Airport City beispielsweise wenig facettenreich und entspricht nicht mehr heutigen Ansprüchen an Urbanität.

Nicht nur funktional und infrastrukturell haben sich die Airport Cities weiterentwickelt. Auch architektonisch hat sich viel getan. Berühmte Architekten engagieren sich inzwischen bei der Planung von Airport Cities, Jo Franzke und Albert Speer sind hier nur zwei Beispiele aus Deutschland. Es war ein Quantensprung von den ersten Airport Centern, wie sie in den USA - Vorreiter waren Dallas und Chicago - entstanden, bis zu den europäischen Airport Cities des 21. Jahrhunderts etwa in Amsterdam-Schiphol, Zürich oder am Flughafen Frankfurt. Stand anfangs die Funktionalität im Fokus, setzen heute urbane Qualitäten die Maßstäbe. Die Stadt im Kleinen will vielen vieles bieten: Einkaufsvielfalt, abwechslungsreiche Gastronomie, multifunktionale Bürowelten, professionelle Konferenzangebote, Kita´s, eine breit gefächerte Servicepalette, unterschiedliche Hotels, Freizeit- und Fitnessmöglichkeiten und medizinische Dienste.

Längst haben nicht nur luftfahrtaffine Nutzer den Standort Airport City entdeckt. Unternehmen mit hohem Reiseaufkommen wie Unternehmensberatungen siedeln sich ebenso an wie Spezialunternehmen, die schnell beim Kunden sein müssen. Aber auch wer darauf nicht angewiesen ist, zieht den Standort in Betracht, zunehmend auch innovative Unternehmen, für die Vernetzung und der persönliche Austausch von zentraler Bedeutung sind. Die besten Airport Cities haben sich als eine der ersten Büroadressen ihrer Region etabliert. Nicht umsonst ist KPMG von verschiedenen innerstädtischen Lagen an den Flughafen Frankfurt umgezogen - Zeitersparnis bei Geschäftsreisen, beste internationale Vernetzung durch Treffen an diesem Verkehrsknotenpunkt und ein Vorzeigestandort waren gleich drei gute Gründe für die Standortentscheidung.

Doch nicht nur die Konzepte und Angebote und letztlich der Mieternutzen haben sich weiterentwickelt, auch das Projekt- und Betreibermanagement sind heute professioneller und effizienter aufgestellt als je zuvor. Aviation und Non-Aviation sind Spezialistensache. Und das ist gut so - Investoren schätzen es, wenn die Airport City nicht als Nebenbetrieb des Flughafens existiert, sondern als eigenes Geschäftsfeld betrieben wird. Die Investitionsvolumina verlangen nach Langfristigkeit und Nachhaltigkeit. Dazu gehört auch, dass die einheitliche Entwicklung groß geschrieben wird. Das ist ein Wettbewerbsvorteil gegenüber dem klassischen Geschäftsviertel, in dem eine methodische integrierte Planung oft eher die Ausnahme darstellt.

Die Frage ist nicht, ob Airport Cities um Flughäfen herum wachsen, sondern wie sie wachsen. Passagieraufkommen und Güterumschlag werden weltweit zunehmen. So hat Deutschlands größter Flughafen, Frankfurt am Main, gerade seine Kapazitäten von aktuell etwa 58 Millionen Passagieren auf rund 88 Millionen ausgebaut. Auch der zweite wichtige Faktor für die Zukunft von Airport Cities, die globale Vernetzung, wird weiter an Gewicht gewinnen und damit die Notwendigkeit, Geschäftspartner persönlich zu treffen. Nicht zuletzt verlangt ein dritter globaler Trend, die Integration von Beruf und Privatem, nach adäquaten Lösungen - eine der Stärken der Airport City. Kurze Wege zum Bedarf und den Bedürfnissen des täglichen Lebens sind hier selbstverständlich.

Trends sprechen für Wachstum

Der Bedarf an flughafennahen Flächen wird zumindest an einigen Standorten schneller steigen als das Angebot. Die Nachfrage, das zeigen Erfahrungen, steigt exponentiell, wenn eine gewisse Ausbauschwelle bei Flächen und Infrastruktur erreicht ist. Um beim Beispiel Gateway Gardens am Flughafen Frankfurt zu bleiben: Mit dem Beschluss zum Bau der S-Bahn-Strecke sowie der eigenen Station vor Ort ergab sich bereits ein Schub bei den Investoren- und Unternehmensanfragen. Generell gilt, dass die Anbindung an Straßen- und Bahnnetz und öffentlichen Nahverkehr wichtige Faktoren für das Potenzial von Airport Cities sind.

Airport Cities stehen als Nukleus für Immobilienentwicklungen der Zukunft. Dazu zählt insbesondere auch der Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit. Aufgrund ihrer globalen Ausrichtung und den Planungsmöglichkeiten mit Bebauungsvorgaben aus einer Hand, können neuartige Quartiere von Airport Cities mit entsprechenden Nachhaltigkeitskriterien entwickelt werden. Einzelne Aspekte wie Green-Building-Zertifizierungen oder auch strukturelle Ansätze für eine E-City finden hier Eingang. Bei meist stark diversifizierten, von sehr vielen Eigentümern geprägten Immobilienbeständen in seit Jahrzehnten bestehenden Stadtvierteln ist eine solche Umsetzung hingegen extrem schwierig.

Nachhaltigkeit und Werthaltigkeit

Eine nicht zu vernachlässigende Bedeutung für das Potenzial und damit die Zukunft eines Flughafens hat, zumindest in Deutschland, die Politik. Bisher haben die Mandatsträger sich stets für die wirtschaftliche Zukunft von Flughäfen entschieden. Selbst wechselnde Koalitionen in der hessischen Landesregierung lassen bislang keine systemische Änderung für den Flughafen Frankfurt erkennen. Auch das Bekenntnis von Stadt und Land zu Gateway Gardens hat Bestand. Das sind ausgesprochen positive Signale für Investoren und Finanzierer.

Über Jahrhunderte galt für Immobilien, es komme vor allem auf die Lage an. In Zeiten aufstrebender Volkswirtschaften, aufblühender Städte und expandierender Bevölkerungszahlen wurde diese Maxime erstmals erschüttert - neue Standorte entstanden, Nachfrage verlagerte sich, Lagen waren in und dann wieder out, Immobilien wurden volatiler, Investitionen risikoreicher. Auf welche standortbestimmenden Faktoren kann man bei gewerblichen Immobilien noch setzen?

Im gegenwärtigen Zeitalter des stetigen Wandels, der absoluten Kommunikation und der globalen Vernetzung ist eine Lage an einem Flughafen auf absehbare Zeit eine Konstante für Werthaltigkeit. Denn, solange das Beamen keinen Echtzeittransfer ermöglicht, werden Flugreisen das Nonplusultra für die internationale Vernetzung bleiben. Fazit: Die Zukunft der Airport City hat gerade erst begonnen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X