Genossenschaften in der Immobilienwirtschaft

Beratungsethik in der Immobilienfinanzierung

Im Jahr 2008 erlebten traditionelle Werte wie Moral, Ethik und nachhaltiges Wirtschaften eine beispiellose Renaissance. Die Finanzmarktkrise schürte die Diskussion um kurzfristige Gewinnmaximierung als Gegensatz zur langfristigen Werterhaltung. Damit rückt die Frage, wie ein Unternehmen seinen Gewinn erwirtschaftet, in den Mittelpunkt der Diskussion.

Orientierung des unternehmerischen Handelns an den Stakeholdern

Waren in der Vergangenheit noch die Manager gefragt, die den Shareholdern, also den Anteilseignern des Unternehmens, die Maximierung ihrer eingesetzten Mittel versprachen, kehrt heute die Führungskraft zurück, die sich in ihrer Position und in ihrem Tun auch ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist. Diese richtet ihr Handeln nach allen individuellen Anspruchsgruppen des Unternehmens - den sogenannten Stakeholdern - aus. Damit werden sowohl gesellschaftliche Verantwortung als auch soziale Marktwirtschaft mit Leben gefüllt. Denn Wirtschaftlichkeit und Moral müssen keine Gegensätze sein.

Dieser Verantwortung werden Genossenschaftsbanken und insbesondere Kirchenbanken seit ihrer Gründung gerecht. Kirchenbanken bilden eine besondere Gruppe innerhalb der Kreditgenossenschaften. Sie bieten zwar als Universalkreditinstitute die gleichen Produkte und Dienstleistungen wie andere Genossenschaftsbanken an, konzentrieren sich in ihrer Geschäftstätigkeit allerdings auf eine spezielle Klientel: Institutionen und Mitarbeiter aus Kirche, Diakonie und Caritas. Die Kirchenbanken stehen in besonderem Maße für Werte wie Ethik, Vertrauen und Nachhaltigkeit.

Dies beweist die 40-jährige Tradition der Evangelischen Kreditgenossenschaft eG eindrucksvoll. Sie konzentriert ihre Geschäftstätigkeit auf die beiden strategischen Geschäftsfelder Privatkunden und institutionelle Kunden. Zu den institutionellen Kunden zählen zum Beispiel Einrichtungen der Landeskirchen oder der Diakonischen Werke, Altenheime, Krankenhäuser und Kindergärten. Die Mehrheit der betreuten Privatkunden engagiert sich haupt-, neben- oder ehrenamtlich in einer Einrichtung aus Kirche und Diakonie.

Als Spezialinstitut für die Sozialwirtschaft, insbesondere von Kirche, Diakonie und Caritas, stellt sich die Bank selbst den Anspruch, ihre Kunden ganzheitlich zu beraten. Ganz allgemein verbindet man mit dieser Beratungsform Positives, wie beispielsweise Vertrauen, Zuverlässigkeit, fachliche Kompetenz, Unabhängigkeit. Leider wurde das Versprechen einer ganzheitlichen Beratung in den letzten Monaten so oft als Werbebotschaft eingesetzt, dass mit Blick auf die Auswirkungen der Finanzmarktkrise inzwischen auch negative Reaktionen erzielt werden.

Trotzdem, die EKK hält an diesem ganzheitlichen Beratungsansatz fest und setzt ihn auch weiterhin konsequent um. Ein Beispiel dafür sind die Regionaldirektoren an den Filialstandorten. Sie sind ein wichtiges Bindeglied zu den institutionellen Kunden. Durch ein aktives Beziehungsmanagement erfahren sie frühzeitig, wo "der Schuh drückt". Durch das spezielle Branchen-Know-how hat die EKK sicher einen Vorteil gegenüber nicht-kirchlichen Banken. Zur fachlichen Unterstützung der Berater aus den Filialen stehen Spezialisten mit unterschiedlichen Kernkompetenzen zur Verfügung, zum Beispiel für die Finanzierung einer kirchlichen Immobilie oder zur Gründung einer Stiftung.

Kurzfristige Gewinnmaximierung versus nachhaltige Kundenbeziehung

Für die EKK steht nicht der schnelle, ertragreiche Vertrieb eines einzelnen Produktes im Fokus. Vielmehr versteht sie sich als ein Weggefährte der Kunden, der die an ihn gestellten Anforderungen stets im Sinne kirchlich sozialer Verantwortung umsetzt und bei Bedarf auch problemlösungsorientiert berät. So werden sowohl Privatkunden als auch institutionelle Kunden auf Wunsch ein Leben lang begleitet. Aufgrund der langfristigen Kundenbeziehungen ergibt es sich zwangsläufig, dass man die Lebenszyklen der EKK-finanzierten Immobilien aktiv erleben und begleiten darf: von der Entwicklung über die Realisierungs- und Nutzungsphase bis hin zur Verwertung. Dabei scheut sich die Bank aber nicht, neben den Vorteilen einzelner Produkte auch die Nachteile hervorzuheben. Denn es gilt grundsätzlich: Die EKK berät gewinnorientiert, aber keinesfalls gewinnoptimiert.

Es darf keine ausschließliche Orientierung an Euro und Cent geben, weil eine verantwortungsvolle Unternehmensführung zum Wohle aller Interessengruppen mit den ihr anvertrauten Ressourcen nachhaltig wirtschaftet und damit der kurzfristigen Gewinnmaximierung eine klare Absage erteilt. Jede dieser Interessengruppen trägt die unterschiedlichsten (Rendite-)Erwartungen an die EKK heran. Diesem Wettbewerb muss und will die Bank sich auch stellen. Dennoch darf dabei nicht vergessen werden, welche Konsequenzen die Kunden-Fokussierung auf reine Renditeversprechen haben kann. Auch die EKK musste im letzten Jahr feststellen, dass sie die durch die Wettbewerbsaktivitäten verzerrten Renditeansprüche nicht erfüllen konnte. Aber dies ist auch nicht Grundlage des Geschäftsmodells als Kirchenbank und

Genossenschaft. Eine solche Verhaltensweise stünde im Widerspruch zum Förderauftrag einer Genossenschaft, dem die EKK gesetzlich verpflichtet ist. Der Grundgedanke ist die Förderung der Mitglieder zur Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung. Diesem Grundgedanken entspricht die EKK in mehrfacher Hinsicht:

- Als Partner von Kirche und Diakonie strebt die EKK danach, ihre Produkte und Dienstleistungen an den speziellen Wünschen, Zielen und Wertvorstellungen der Mitglieder und Kunden auszurichten.

- Das Handeln der Bank steht im Einklang mit den Werten der Kunden. So schafft die EKK Mehr-Werte für nachhaltigen Erfolg. Das Kreditinstitut richtet seine Geschäftstätigkeit nicht auf kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern auf eine langfristige und vertrauensvolle Partnerschaft mit ihren Kunden aus.

Daraus ergeben sich zwei Konsequenzen. Zum einen stehen bei der Beratung die persönlichen Bedürfnisse der Gesprächspartner im Mittelpunkt. Eine Fokussierung auf aus Banksicht besonders renditeträchtige Produkte ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Zum anderen werden Veränderungen der Refinanzierungskonditionen direkt an die Kunden weitergegeben. Dafür steht exemplarisch die Tatsache, dass eine Margenausweitung bei den jüngst stattgefundenen Zinssenkungen am Kapitalmarkt nicht vorgenommen wurde, um die Kunden in gleichem Maße von der aktuellen Zinssituation profitieren zu lassen.

Kompetenz im NPO-Bereich

Als Kreditinstitut mit einer speziellen Klientel stehen die Mitarbeiter vor der Herausforderung, stets segmentspezifisches Wissen über die Kunden und deren Branchen vorzuhalten. Dieses Know-how ist insbesondere für Kreditentscheidungen relevant. Grundlegend ist hierbei die frühe und detaillierte Analyse der individuellen Merkmale des Kunden, um somit frühzeitig entstehenden Handlungsbedarf zu erkennen.

Deshalb hat die EKK, in Zusammenarbeit mit einem externen Beratungsunternehmen, das Rating für Non-Profit-Organisationen (NPO), zunächst fokussiert auf Krankenhäuser, qualitativ verbessert. Stärken und Schwächen des bisherigen Ratingverfahrens wurden analysiert und die segmentspezifischen mit aktuellen und branchenspezifischen Fragestellungen ergänzt. Bei der Durchführung des NPO- Ratings entsteht somit eine klassische "Win-win-Situation", indem die erlebte Qualität der Beratung für die Kunden steigt, der Dialog Kunde - Bank gefördert wird und die Situation des Kunden sowie die darauf aufbauende Kreditentscheidung transparenter wird. Damit trägt die EKK den speziellen Anforderungen der institutionellen Kunden im Health-Care-Bereich Rechnung

Health Care Check

Als Spezialinstitut ist es das Ziel, die Kunden auch in Zukunft bei der Bewältigung der Herausforderungen des Gesundheitswesens zu unterstützen. In Ergänzung zum "Health Care Rating" bietet die EKK interessierten Kunden den "Health Care Check" an. Dieser Check hat unter anderem zum Ziel, die Transparenz über Stärken und Schwächen zu erhöhen und detaillierte Handlungsfelder zur Optimierung aufzuzeigen. Auf Basis dieser Ergebnisse können gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragssituation abgeleitet werden.

Neben der Analyse "klassischer" Unterlagen wie BWA, Investitions- und Liquiditätsplan, werden im Rahmen des "Health Care Checks" zusätzlich strukturierte Interviews mit Führungskräften aus unterschiedlichen Bereichen wie zum Beispiel (Medizin-)Controlling, Materialwirtschaft, Mitarbeitervertretung und Pflegedienstleitung geführt, ergänzend hierzu finden weitere Datenerhebungen und -analysen statt. Somit dient der "Health Care Check" dem Kunden als valide Entscheidungsgrundlage, da die Zusammenhänge von Strukturen, Abläufen und Strategien auf ihre ökonomischen Auswirkungen hin untersucht werden.

Im Rahmen der Projektdurchführung wird die Ist-Situation mit umfangreichen Daten und Benchmarks verglichen und bewertet. Es ergibt sich ein Stärken/ Schwächen-Profil des Krankenhauses, welches zudem auf "versteckte" Risiken aufmerksam macht. Auf Basis dieser Informationen erhält der Kunde Empfehlungen zur weiteren Vorgehensweise. Anhand dieser Empfehlungen können kurzfristige Maßnahmen (sogenannte Quick-Wins), aber auch mittel- und langfristige Maßnahmen abgeleitet werden. Um sich als Bank für die Kunden individuell engagieren zu können, ist es erforderlich, sowohl die angebotenen Produkte als auch die Kooperationspartner mit Bedacht auszuwählen und diese an den eigenen Ansprüchen zu messen.

Ein weiteres Beispiel für den ganzheitlichen Beratungsansatz ist die Tochtergesellschaft Kirchlicher Finanzdienst GmbH (KFD), die sich als Dienstleistungsunternehmen ganz auf Fragen der Finanzierung sozialer Einrichtungen spezialisiert hat. Auch hier steht die Beratung ganz oben. Das KFD-Team verfügt über jahrelange Erfahrung im Bereich der Planung und Finanzierung sozialer Einrichtungen. Ergänzend zur EKK-Kreditfinanzierung kann die Bank mit der KFD auch Finanzierungsalternativen, wie Mobilien- und Immobilien-Leasing anbieten. Darüber hinaus erstellt die KFD Machbarkeitsstudien mit Markt- und Standortanalysen sowie Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die heutzutage für einen Kredit- oder Fördermittelantrag unerlässlich sind. Und vor dem Hintergrund der Wirtschaftlichkeit von geplanten Investitionen ist die KFD natürlich auch der Ansprechpartner für die Themen Energieausweis und Fotovoltaik.

Förderung von regenerativen Energien

Zur Finanzierung von Fotovoltaik-Anlagen privater Investoren hat die Bank ein eigenes Produkt ohne die Notwendigkeit einer dinglichen Besicherung entwickelt. Damit wird die Nutzung erneuerbarer Energien gefördert und gleichzeitig ein Beitrag zur Erhaltung der Schöpfung und einer intakten Natur geleistet. Damit wird die Bank ihrem Anspruch eines von Nachhaltigkeit geprägten Umgangs mit dem ihr anvertrauten Geld und den Ressourcen gerecht. Selbstverständlich geht die Bank mit gutem Beispiel voran und stattet in Kürze die eigenen Gebäude mit einer Fotovoltaik-Anlage aus.

Darüber hinaus ist die Orientierung an ethischen Werten ein weiterer Maßstab des Handelns. Dies kommt beispielsweise in einem Beschluss zum Ausdruck, Forderungen aus vergebenen Krediten nicht ohne die ausdrückliche Zustimmung der Kunden an potenzielle Investoren weiter zu veräußern. Damit werden Kunden vor dem Risiko geschützt, dass dritte Gläubiger Mittel zur Durchsetzung ihrer Forderungen ergreifen, die aus heutiger Sicht weder absehbar noch kalkulierbar sind.

In diesen turbulenten Zeiten erweist sich das Geschäftsmodell der Genossenschaft im Allgemeinen - und das Geschäftsmodell der EKK als genossenschaftlich organisierte Kirchenbank im Besonderen als Anker der Stabilität.

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