Schwerpunkt: Risiko und Rendite

"Die bisherigen Renditeanforderungen müssen überdacht werden"

I& F Welche Anforderungen haben Versicherungen derzeit als Investoren an Immobilien-Spezialfonds?

Versicherungen wollen kontinuierliche Erträge und das mit einem akzeptablen Rendite-Risiko-Profil. Deshalb sind sie weiterhin auf der Suche nach Core-Immobilien. Dementsprechend sind viele Immobilien-Spezialfonds ausgerichtet.

I& F Ist überall, wo Core draufsteht, auch Core drin?

Es gibt die Tendenz, dass der Begriff etwas weiter gefasst wird. Einige Akteure kaufen Vermögenswerte, die dem lupenreinen Core-Begriff nicht mehr entsprechen. Ein Supermarkt beispielsweise, der ins Portfolio aufgenommen wird und für 15 Jahre vermietet ist, ist momentan natürlich eine sichere Sache. Aber was ist in 15 Jahren? Da sich im Lebensmittel-Einzelhandel die Anforderungen an die Gebäude ständig ändern, wird der Betreiber kaum zu weiteren 15 Jahren Miete zu motivieren sein - oder nur nach beträchtlichen Investitionen. Deutscher Einzelhandel per se ist solide, aber Core ist das beschriebene Gebäude eigentlich nicht mehr.

I& F Was führt zu dieser Aufweichung des Begriffs?

Lupenreine Core-Investments sind so begehrt, dass sie keine hohen Renditen mehr abwerfen - mal vier, mal 4,5 Prozent, teilweise auch darunter. Die Assekuranz bräuchte aber bei ihren Immobilieninvestitionen auf Fondsebene eigentlich eine Fünf vor dem Komma, damit am Ende eine akzeptable Rendite von vier Prozent herauskommt. Mit dem Festhalten an einem engen Core-Begriff lässt sich das aber nicht mehr erzielen.

I& F Was ist mit den Versicherungen, die für Spezialfonds auf lupenreinen Core-Investments bestehen?

Bei gleicher Risikobereitschaft müssten die bisherigen Renditeanforderungen überdacht werden. Derzeit ist eine Rendite von mehr als fünf Prozent mit maximalen Anforderungen an die Qualität der Immobilie kaum zu erwirtschaften. Dass so manche Renditeerwartung an Top-Objekte zu hoch ist, macht der Vergleich mit Staatsanleihen sicherer Schuldner deutlich. Zehnjährige Bundesanleihen beispielsweise erzielen nur noch eine Rendite von weniger als 1,5 Prozent. Als Faustregel galt stets, dass Top-Immobilien demgegenüber Aufschläge von 150 bis 200 Basispunkten liefern müssen, um attraktiv zu sein. Bei den aktuell extrem niedrigen Zinsen sicherer Staatstitel könnte also eine Rendite von 3,5 Prozent bei entsprechend niedrigem Risikoprofil durchaus attraktiv sein. Das ist zugegebenermaßen zu wenig, um die Vier vor dem Komma für die Kunden zu erreichen. Aber auch in der Anlageklasse Immobilien wird das allgemein sinkende Renditeniveau akzeptiert werden müssen.

Die Anbieter der Fonds sollten sich überlegen, welche Renditen sie überhaupt realistisch versprechen können. Derzeit werden zum Beispiel Spezialfonds aufgelegt, die in Wohnimmobilien in deutschen Metropolen investieren und eine Rendite von mehr als sechs Prozent versprechen. Diese werden Schwierigkeiten haben, auch nur ansatzweise auf dieses Renditeniveau zu kommen: Die passenden Objekte sind schlicht nicht verfügbar.

I& F Erwarten Sie, dass sich Versicherungen aus den Immobilien-Spezialfonds etwas zurückziehen und mehr als Finanzierer großer Projekte oder Portfolios auftreten werden?

Das glaube ich nicht. Aber die Assekuranz wird grundsätzlich stärker als bisher als wettbewerbsfähiger Immobilienfinanzierer auftreten, da sie sich nicht am Kapitalmarkt refinanzieren muss, sondern zur Darlehensvergabe auf die Einlagen ihrer Kunden zurückgreifen kann. Sicher wird es die eine oder andere große Transaktion geben, bei denen Versicherungen als Finanzierer einspringen werden. Doch dabei wird es sich um Ausnahmefälle handeln. In der Regel wird die Assekuranz in ihrem traditionellen Finanzierungssegment bleiben, also das klassische Wohngebäude von Privatkunden.

I& F Ist es nicht so, dass Solvency II die Immobilienfinanzierung für die Versicherungen interessanter macht, weil Immobilieninvestments durch die EU-Richtlinie unattraktiver werden?

In der Tat, für Versicherungen erschweren die neuen Vorgaben zur Eigenmittelunterlegung die Investition in Immobilien.Eine Unterlegungsquote von 25 Prozent für Immobilieninvestitionen ist hoch. Dass Solvency II die Assekuranz dazu drängt, statt Immobilieninvestments die Immobilienfinanzierung deutlich auszuweiten, erwarte ich aber nicht.

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