Pro und Kontra

Brauchen Makler eine Zertifizierung?

PRO

Sicherheit durch europäische Norm

Bei den Handwerkern ist es vergleichsweise einfach. Wer einen Maler- oder Maurerbetrieb führen will, braucht einen Meister oder muss mindestens einen solchen beschäftigen. Das Risiko, als Kunde an einen schlechten Handwerker zu geraten, ist daher in Deutschland vergleichsweise gering. Wer jedoch einen guten Immobilienmakler sucht, wird kein allgemein verbindliches Qualitätsmerkmal finden - obwohl der Markt immer deutlicher danach verlangt. Vor allem private Kunden benötigen Hinweise bei der Maklerauswahl. Sie verlassen sich in der Regel auf Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis. Das muss nicht unbedingt schlecht sein. Doch reichen persönliche Empfehlungen angesichts der bei Immobilientransaktionen bewegten Vermögenswerte längst nicht aus.

Die wachsende Nachfrage nach einem einheitlichen Qualitätsmaßstab war ein wichtiger Impuls für die Entwicklung einer europäischen Maklerrichtlinie, die das europäische Normungsinstitut CEN gemeinsam mit den Normungsinstituten von 30 europäischen Staaten auf den Weg gebracht hat. Die DIN EN 15733 ist seit Frühjahr 2010 in Kraft. Neben der fachlichen Mindestqualifikation, die in Deutschland dem Immobilienfachwirt entspricht, müssen Immobilienmakler, die sich nach der neuen Norm zertifizieren lassen wollen, bestimmte Verhaltensregeln und einen Moralkodex einhalten.

Die Norm legt beispielsweise fest, dass ein Makler vom Verkäufer Nachweise über das Eigentumsrecht und die Bebauungssituation sowie zu negativen Einschränkungen einholen und den Käufer gegebenenfalls über bekannte Objektmängel informieren muss. Mit der Zertifizierung verpflichten sich Makler außerdem, die Interessen der Auftraggeber zu schützen und jede Diskriminierung zu vermeiden. Vertritt der Makler nur die Interessen eines Auftraggebers, soll er der anderen Partei empfehlen, sich den Rat eines unabhängigen Experten zu holen, sofern dies dem Zustandekommen des Geschäfts dient. Auch darf der Immobilienmakler keine Aufträge akzeptieren, die seine Kompetenzen und Fähigkeiten überschreiten. Nach dem Moralkodex dürfen zertifizierte Makler ferner keine irreführenden oder realitätsfernen Versprechungen machen. Des Weiteren verpflichtet sich ein zertifizierter Makler, sämtliche Mitarbeiter über den Moralkodex zu informieren und sie zu seiner Einhaltung zu verpflichten.

Aufgrund der Vielzahl definierter Pflichten ist die Zertifizierung nach DIN EN 15733 für private Kunden ein wirksamer Beitrag zum Verbraucherschutz. Die Zertifizierung ist zwar freiwillig. Wer sich jedoch der Norm unterwirft, muss sich alle drei Jahre neu zertifizieren lassen und wird von der jeweiligen Zertifizierungsstelle einmal jährlich überprüft. Damit ist sichergestellt, dass der einmal erreichte Qualitätsstand auch dauerhaft durchgehalten wird.

Trotz ihres deutlichen Mehrwerts wird die Norm noch längst nicht von allen Marktteilnehmern als notwendig erkannt. Vor allem Immobilienprofis halten ein Zertifikat für entbehrlich. Denn sie wissen auch ohne Zertifizierung, welcher Makler sie bei Akquisitionen und Immobilienverkäufen zuverlässig beraten kann, wer ihnen hochwertige Exposés liefert - und wem sie vertrauen können. Das gilt aber nur so lange, wie sich die Investoren in dem ihnen bekannten Umfeld bewegen. Denn Immobilienprofis unterhalten zu ihren Maklern oft langjährige Geschäftsbeziehungen. Damit bleibt ihre qualifizierte

Maklerauswahl letztlich auf das persönliche Netzwerk beschränkt. Soll aber auch außerhalb des bekannten Umfeldes, zum Beispiel im europäischen Ausland eine Immobilie erworben werden, bleiben nur Referenzen oder die allgemeine Reputation eines größeren Unternehmens als zuverlässige Kriterien für die Maklerauswahl - oder eben die Zertifizierung nach DIN EN 15733.

Der Autor Jürgen Michael Schick

Vizepräsident des Immobilienverbands Deutschland IVD, Berlin

KONTRA

Zertifizierung sekundär

Über Immobilienmakler herrschen geteilte Meinungen. Die einen halten sie für schlitzohrige, selbstgefällige Personen, die sich nur selbst bereichern wollen. Andere haben eine weitaus höhere Meinung von diesem Berufsstand. Und tatsächlich ist es falsch, Makler lediglich als gierige und eitle Menschen abzutun. Um gute von schlechten Maklern unterscheiden zu können, fordern viele, Makler sollten sich zertifizieren lassen, um die Qualität ihrer Leistungen und ihre Seriosität nachzuweisen. Im Geschäftsalltag um Immobilienein- und -verkäufe ist eine solche Zertifizierung jedoch von untergeordneter Bedeutung. Wichtiger ist der Marktzugang, über den ein Makler verfügt - und darüber sagen Zertifikate nichts aus.

Ob eine Zusammenarbeit zwischen Makler und Käufer beziehungsweise Verkäufer zum Erfolg führt, hängt von verschiedenen Kriterien ab. Diese sind sowohl objektiver als auch subjektiver Natur. Mit objektiven Kriterien bei der Maklerwahl sind vor allem messbare Kriterien gemeint wie der Marktzugang oder die Fähigkeit, Objekte zu akquirieren. Subjektive Auswahlkriterien sind eher auf persönlicher Ebene angesiedelt. Hier geht es beispielsweise darum, wie zuverlässig ein Makler ist. Sowohl der Auftraggeber - in der Regel der Verkäufer - als auch der potenzielle Käufer müssen dem Makler vertrauen können.

Ein Zertifikat aber kann die Zuverlässigkeit eines Maklers nicht abbilden. Es macht beispielsweise keine Aussagen darüber, ob ein Makler in der Lage ist, die erforderlichen Informationen vom Auftraggeber zu beschaffen. Dazu gehört auch, das vom Verkäufer zur Verfügung gestellte Datenmaterial käufergerecht aufzubereiten. Denn häufig ist dieses lücken- und fehlerhaft. Diese Leistung ist eine wichtige Voraussetzung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Zu beachten ist dabei aber auch immer, dass der Makler vom Auftraggeber abhängig ist. Verwehrt dieser ihm den Zugang zu wichtigen Informationen, kann dies nicht immer dem Makler angelastet werden. Natürlich gibt es auch Makler, die von vornherein nicht versuchen, an die geforderten Informationen zu kommen. In einem solchen Fall zeigt sich umso deutlicher, wie wichtig es ist, ein vertrauensvolles Verhältnis zu Maklern aufzubauen - auch um den Geschäftspartner richtig einzuschätzen zu können.

Ein gutes persönliches Verhältnis kann schließlich auch die Chancen auf ein gutes Geschäft verbessern, denn es steht dem Makler frei, ein zum Verkauf stehendes Objekt auf dem Markt oder nur einem potenziellen Käufer exklusiv anzubieten. Hier ist es dann wiederum am Käufer, das ihm entgegengebrachte Vertrauen des Maklers nicht zu enttäuschen. Das bedeutet zum einen, dass auf diese Angebote - übrigens auch auf solche, die nicht exklusiv sind - umgehend reagiert, möglichst schnell eine Entscheidung über Kaufen oder nicht Kaufen herbeigeführt und der Makler pünktlich und angemessen entlohnt wird.

Doch auch das vertrauensvollste Miteinander trägt keine Früchte, wenn der Makler nicht über einen guten Marktzugang verfügt. Dieser stellt das wesentliche Kriterium bei der Maklerauswahl dar. Einige Makler arbeiten seit vielen Jahren mit teilweise großen Wohnungsunternehmen oder auch mit Insolvenzverwaltern und Banken zusammen. Sie kennen die für die Veräußerung von Objekten verantwortlichen Personen. Und oftmals wenden sich diese ausschließlich an die ihnen bekannten Makler, wenn sie Bestände oder Objekte veräußern wollen. Für Einkäufer ist es essenziell, diese Makler zu kennen. Prinzipiell auf Makler zu verzichten erscheint geradezu arrogant, denn die Kenntnis allein, dass ein Bestand oder Objekt veräußert werden soll, reicht erfahrungsgemäß meist nicht aus. Es bedarf des Kontakts zu den Schlüsselstellen im Verkäuferunternehmen. Solche Kontakte müssen teilweise über Jahre und Jahrzehnte wachsen. Einkäufer wiederum werden nur angesprochen, wenn sie bereits mit dem Makler zusammengearbeitet oder einen guten Kontakt zu ihm haben.

Erfahrung, Marktzugang und Zuverlässigkeit - das ist es, was es zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit Maklern bedarf. All das jedoch wird von Zertifikaten nicht abgebildet, sie machen keine Aussage über die Leistungen eines Maklers. Und angesichts der geringen Anzahl zertifizierter Makler in Deutschland kann ein Zertifikat gegenwärtig und wohl auch in naher Zukunft nicht als Maßstab bei der Maklerauswahl angesetzt werden.

Der Autor Mark Münzing

Vorstand, ZBI Zentral Boden Immobilien AG, Erlangen

Jürgen Michael Schick , Präsident , Immobilienverband Deutschland IVD Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V.
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