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Cash-Flow-Analyse bei Objektfinanzierungen

In der Vergangenheit haben sich die traditionellen Anbieter von gewerblichen Immobilienfinanzierungen bei der Kreditanalyse und -entscheidung schwerpunktmäßig auf eine statische Betrachtung der Finanzierung beschränkt. Das heißt, relevante Finanzierungsparameter wie Zinsdienst(Interest Cover Ratio "ICR") und Schuldendienstdeckungsgrad (Debt Service Cover Ratio "DSCR") wurden zum Auszahlungsstichtag errechnet, aber darüber hinaus wurde oftmals keine Prognose erstellt, wie sich sämtliche Finanzierungsparameter während der Darlehenslaufzeit verändern könnten.

Die sogenannte immobilienspezifische Cash-Flow-Modellierung entwickelte sich im Wesentlichen zu Beginn des letzten Jahrzehnts durch die vom Kapitalmarkt gestellten Anforderungen an die Verbriefung von gewerblichen Immobilienfinanzierungen. Hier haben sowohl die in diesem Segment operativen Banken als auch die Rating-Agenturen versucht, unter Berücksichtigung gewisser Annahmen die Entwicklung der Finanzierungsparameter und der sich daraus ergebenden Konsequenzen während der Darlehenslaufzeit zu prognostizieren.

Mittlerweile gehört es zum Standard, dass auch für Finanzierungen, die auf der eigenen Bilanz gehalten werden, eine Cash-Flow-Modellierung durchgeführt wird. Vor allem, da in der Regel gerade bei großvolumigen Finanzierungen die Kreditnehmer nicht mehr, wie teilweise in der Vergangenheit, Privatpersonen, sondern Objektgesellschaften (Special Purpose Vehicles "SPV") sind. Damit besteht ausschließlich Rückgriff auf die objektspezifischen Sicherheiten, die sich aus dem Beleihungsobjekt ableiten lassen (non recourse).

Wann ist eine Cash-Flow-Modellierung sinnvoll?

Allerdings fokussiert sich die Eurohypo bei ihrer Analyse von Objektfinanzierungen nicht ausschließlich auf eine Cash-Flow-Analyse. Genauso elementar sind die fundamentalen Qualitätsmerkmale der Beleihungsobjekte. Das heißt, neben einer positiven Cash-Flow-Analyse müssen sowohl Lage und Qualität der Beleihungsobjekte positiv und als beleihungswürdig eingeschätzt werden.

Eine Cash-Flow-Modellierung bietet sich zwingend bei Immobilienfinanzierungen an, die mit einem oder mehreren Objekten besichert sind und bei denen während der Darlehenslaufzeit ein oder mehrere Mietverträge auslaufen und sich somit erhebliche Risiken beziehungsweise eine Verschlechterung der ursprünglichen Finanzierungsparameter ergeben könnten. Dies könnte gemäß den Basel-II-Regularien dazu führen, dass die Finanzierung mit mehr Eigenkapital unterlegt werden müsste, was wiederum die Profitabilität der Finanzierungen verringern würde.

Beispiele für eine solche Finanzierung wären Einzelhandelsobjekte oder Bürogebäude mit mehreren Mietern und einer durchschnittlichen Restlaufzeit der Mietverträge (Weighted Average Lease Expiry "WALE"), die geringer ist als die gewünschte Darlehenslaufzeit. Hier muss davon ausgegangen werden, dass dies Veränderungen auf die Wirtschaftlichkeit der Finanzierung hat.

Relevante Inputparameter

Bei einer Cash-Flow-Modellierung wird letztlich versucht, unter Berücksichtigung gewisser Annahmen die Einnahmen- und Ausgabensituation der Beleihungsobjekte während der Darlehenslaufzeit zu simulieren. Notwendige Inputparameter hierfür sind:

- Wahrscheinlichkeit in Prozent, dass der Mieter seinen auslaufenden Vertrag verlängert (renewal probability),

- Kosten für die Renovierung und Vermarktung von leergezogenen Flächen (TI/LC),

- Leerstandsdauer und Leerstandskosten für leergezogene Flächen (void period/ void costs) sowie

- Marktmiete im Vergleich zur aktuellen Ist-Miete (Analyse ob Overrent respektive Underrent).

Auf Basis dieser Annahmen lässt sich eine Prognose erstellen, wie sich aus heutiger Sicht relevante Finanzierungsparameter wie zum Beispiel ICR und DSCR während der Darlehenslaufzeit verändern könnten. Zu berücksichtigen ist, dass die genannten Annahmen sich vor allem an der Lage und der Qualität des Beleihungsobjektes orientieren. Je besser die Lage und Qualität des Objektes desto höher ist in der Regel die Wahrscheinlichkeit einer Mietvertragsverlängerung bei bestehenden Mietern und das Objekt ist darüber hinaus auch attraktiv für potenzielle neue Mieter, die eventuell leergezogene Flächen anzumieten (das heißt geringe void periods).

Ferner gilt es, Instandhaltungsrückstau, allgemeine wirtschaftliche Rahmenbedingungen oder sonstige beeinflussende Faktoren zu berücksichtigen. In der Regel werden die Annahmen unter Einbindung der Objektgutachter erstellt, da diese die notwendigen immobilienspezifischen Marktkenntnisse besitzen.

Im Rahmen einer Cash-Flow-Modellierung wird unter Berücksichtigung des Mietvertragprofils die Einnahmensituation (Mieteinnahmen) und Ausgabensituation (nicht umlegbare Bewirtschaftungskosten, TI/LC, void costs, Zinsen und Tilgung) errechnet. Darüber hinaus können objektfinanzierungsspezifische Cash-Flow-Modelle für gewerbliche Immobilienfinanzierungen nahezu sämtliche Mietvertragsbestimmungen (wie beispielsweise Indexanpassung, Mietgarantien oder mietfreie Zeiten) abbilden.

Wie kann Cash-Flow-Modellierung funktionieren?

Auf Basis der zuvor genannten Inputparameter wird schließlich simuliert, welche Auswirkungen auslaufende Mietverträge auf die Einnahmen- und Aus-gabensituation des Objektes haben könnten. Anhand eines Beispiels könnte sich das wie folgt darstellen: Die angefragte und zu analysierende Finanzierung wäre mit einem Büroobjekt beliehen, welches an mehrere Mieter vermietet ist. Einer der Mietverträge würde 21 Monate nach Auszahlung des Darlehens (Darlehenslaufzeit beträgt fünf Jahre) auslaufen. Dieser Mietvertrag über 10000 Quadratmeter beinhaltet eine Laufzeit bis zum 30. September 2013 mit einer Ist-Miete von 34 Euro pro Quadratmeter und Monat, das heißt für die Gesamtfläche 340000 Euro pro Monat und 4,080 Millionen Euro pro Jahr. Die Inputparameter für diese Mietflächen sind:

Inputparameter

Renewal prob 30%

TI's (Euro pro Quadratmeter)

Marktmiete (Euro pro Quadratmeter) 30,0

Void Period (month) 18,0

Void costs (Euro pro Quadratmeter/Monat) 2,0

Das heißt, bei einer Wiedervermietungswahrscheinlichkeit von 30 Prozent werden 70 Prozent der Gesamtfläche für 18 Monate leerstehen, während die verbleibenden 30 Prozent nicht mehr zur aktuellen Ist-Miete von 34 Euro pro Quadratmeter sondern nur noch zur Marktmiete von 30 Euro pro Quadratmeter vermietet sind (Abbau des Overrents).

Darüber hinaus fallen void costs und TI/LC für 70 Prozent der Gesamtfläche in Höhe von insgesamt 952000 Euro an. Nach Ablauf der Leerstandsperiode von 18 Monaten ist die Mietfläche wieder komplett vermietet, allerdings haben sich die Mieteinnahmen von monatlich 340000 Euro durch den Abbau des Overrents nachhaltig auf 300000 Euro reduziert.

Das Beispiel (siehe Abbildung 2) verdeutlicht den Unterschied zwischen einer statischen und einer dynamischen Betrachtung mittels einer Cash-Flow-Modellierung. Bei einer statischen Betrachtung wären für den Mietvertrag über die gesamte Laufzeit Mieteinnahmen von 340000 Euro berücksichtigt worden. Im Gegensatz dazu erfolgt bei einer dynamischen Betrachtung eine Adjustierung der Einnahmen.

Eine Cash-Flow-Modellierung muss nicht zwingend eine Reduzierung der Einnahmen als Ergebnis haben. Wenn bei auslaufenden Mietverträgen die derzeitige Ist-Miete unterhalb der Marktmiete liegt (Underrent) kann eine Cash-Flow-Modellierung auch positive Auswirkungen auf die Einnahmen des Beleihungsobjektes haben, da man hier unterstellt, dass zukünftig die Marktmiete erzielt werden kann.

Bestimmung der Covenants

Des Weiteren stellt sich bei Objektfinanzierungen auch immer wieder die Frage, wie die Mindestanforderungen (Covenants) hinsichtlich Zins- und Kapitaldienstdeckung während der Darlehenslaufzeit sinnvollerweise bestimmt werden könnten. Notwendig sind diese Covenants, da man als Kreditgeber IRE|BS frühzeitig einer Verschlechterung der Qualität des Darlehens entgegenwirken möchte. Als Strukturierungshilfe können hierfür die Ergebnisse der C-ash-Flow-Modellierung herange zogen werden.

Ist anhand der Ergebnisse erkennbar, dass der DSCR sich beispielweise von ursprünglich 145 Prozent während der Darlehenslaufzeit auf 115 Prozent verringern könnte, ist der DSCR-Covenant optimalerweise bei 125 Prozent zu setzen.

Das heißt, es wird vertraglich vereinbart, dass sobald der DSCR unter eine Mindestanforderung von 125 Prozent fällt, die verbleibenden Mittel nach Bezahlung des Schuldendienstes nicht mehr an den Investor ausgekehrt werden. Diese verbleiben dann bei der Objektgesellschaft und werden bis zum Überschreiten der Mindestanforderung entweder angespart (cash trap) oder zur Tilgung des Finanzierung (cash sweep) verwendet.

Element der Darlehensstrukturierung

Eine Cash-Flow-Modellierung kann ein nützliches Element der Darlehensstrukturierung sein. So kann es sich beispielsweise anbieten, bei Non-recourse-Finanzierungen eine Ansparung der perspektivisch anfallenden Aufwendungen für prognostizierte TI's im Rahmen von auslaufenden Mietverträgen in die Darlehensstruktur einzubauen. Dies gewährleistet, dass eventuelle durchzuführende Modernisierungsmaßnahmen durchfinanziert wären.

Ebenso kann das Amortisationsprofil dem Cash-Flow-Profil angepasst werden, sodass der Großteil der vereinbarten Amortisation in den Jahren mit den stabileren Cash-Flows anfällt. Vorstellbar ist auch, auf Basis der prognostizierten Mieteinnahmen konkrete Vorgaben bezüglich einer Mindestmiete zu vereinbaren, was bei Unterschreiten zu einer Margenerhöhung führt.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass gerade bei Non-recourse-Objektfinanzierungen eine dynamische Cash-Flow-Modellierung notwendig und hilfreich ist und für die Bank ein unverzichtbares Instrument für die Beurteilung der Risiken einer Finanzierung und deren Optimierung darstellt.

Thomas Köntgen , Stellvertretender Vorsitzender des Vorstands, Deutsche Pfandbriefbank AG, Unterschleißheim
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