Immobilien-Spezialfonds

Evolution des Marktes - Zunahme der Angebotsvielfalt

Das Jahr 2010 bedeutete für die Immobi-lien-Spezialfonds die Rückkehr zu einem soliden, aber nicht übermäßigen Wachstum. Nachdem die Branche 2009 die dritthöchsten Zuflüsse ihrer Geschichte erzielte, überwiesen die Anleger im zurückliegenden Jahr 1,7 Milliarden Euro neues Kapital. Dieser absolute Wert des Mittelaufkommens entspricht dem Durchschnitt der zehn vorangegangenen Jahre. Durch diesen Nettomittelzufluss von 5,9 Prozent (abzüglich Ausschüttungen in Höhe von 2,4 Prozent) sowie einer positiven Wertentwicklung konnten die Immobilien-Spezialfonds das verwaltete Gesamtvermögen um insgesamt 5,2 Prozent steigern. Auch im laufenden Jahr stehen die Zeichen auf weiteres Wachstum, denn bis Ende Mai 2011 konnten bereits 817 Millionen Euro beziehungsweise 2,7 Prozent neue Gelder eingeworben werden, sodass aktuell 30,7 Milliarden Euro Nettovermögen verwaltet werden.

Dabei werden die institutionellen Gelder, die in Publikums-Sondervermögen angelegt werden, nicht erfasst, auch wenn es sich bei den betreffenden Fonds um Produkte handelt, die sich ausschließlich an institutionelle Anleger wenden. Die meisten dieser Fonds, die man vor der Einführung des Spezialfonds im Jahr 1990 "Individualfonds" genannt hatte, stammen noch aus der Zeit, als man die Anteile eines Spezialfonds nur einer begrenzten Zahl von Anlegern anbieten konnte. Ob die Öffnung des Spezialfonds für eine grundsätzlich unbegrenzte Anzahl dazu führen wird, von der Auflegung institutioneller Publikumsfonds abzusehen, wird sich zeigen.

Durchschnittliches Wachstum

Mit der genannten Steigerungsrate von 5,3 Prozent können die Immobilien-Spezialfonds zwar nicht an die Zeiten anknüpfen, als man sich vor einem halben Jahrzehnt an zweistellige Wachstumsraten gewöhnt hatte. Vor dem Hintergrund der allgemein durch die Finanzkrise getrübten Stimmung, der Unsicherheit über den weiteren Verlauf und der insgesamt schlechten Liquiditätslage vieler Marktsegmente kann man wohl dennoch zufrieden sein.

Jedenfalls sollten die Anbieter zufrieden sein, weil der Immobilien-Spezialfonds im Vergleich zu den Publikumsfonds sehr gut dasteht. Letztere müssen wie schon in den Jahren 2005/2006 mit einem sinkenden Fondsvolumen kämpfen. Der Rückgang fiel 2010 mit einer halben Milliarde zwar relativ moderat aus (2005 und 2006 hatte man über zwölf Milliarden Euro verloren), doch setzt sich der Trend im laufenden Jahr fort. Bis Ende Mai beträgt der Rückgang bereits eine Milliarde Euro. Und ohne die Rücknahmeaussetzungen, die fast alle Publikumsfonds betrafen und teilweise sehr lange andauern, wären die Rückgaben noch höher ausgefallen.

Die Größe der Objekte, die für den Erwerb von Immobilien-Spezialfonds infrage kommen, hängt in erster Linie vom Volumen des jeweiligen Spezialfonds ab. Während für kleine Fonds die großen Objekte wegen der Risikostreuungsvorschriften nicht in Frage kommen, würde der Erwerb von kleinen Objekten für sehr große Fonds wegen der dann erforderlichen Anzahl von Objekten zu unerwünscht hohen Verwaltungsaufwendungen führen. Die Auswertung des BVI über sämtliche Immobilien-Spezialfonds hinweg zeigt, dass sich der Anteil der kleinen Objekte (bis zu zehn Millionen Euro) in den vergangenen fünf Jahren von 16 Prozent auf elf Prozent deutlich reduziert hat. In den Größenklassen von zehn bis 50 Millionen Euro sind nach wie vor etwa zwei Drittel des Gesamtvolumens investiert; auffällige Änderungen sind nicht festzustellen.

Deutlich erhöht hat sich jedoch die Bedeutung der Immobilien im Wert von 50 bis 100 Millionen Euro, deren Anteil sich von acht Prozent auf über 15 Prozent fast verdoppelt hat. Relativ selten sind sehr große Objekte mit einem Einzelwert von über 100 Millionen Euro beziehungsweise sogar über 150 Millionen Euro. Diese Objekte machen 6,8 Prozent des Gesamtwertes aus. Ihre Bedeutung nimmt allerdings ebenfalls zu; vor fünf Jahren waren nur 4,1 Prozent in diesen sehr großen Immobilien angelegt.

Lage und Größe der Zielobjekte

Bei der geografischen Verteilung der Objekte, die für Immobilien-Spezialfonds erworben werden, fällt eine gewisse Rückbesinnung auf inländische Standorte auf. Allerdings ist eine Umschichtung vom Rhein-Main- und vom Rhein-Ruhr-Gebiet in die Provinz festzustellen. Waren in den beiden Rhein-Regionen im Jahr 2005 insgesamt 20,3 Prozent des Volumens investiert, sind es Ende 2010 nur noch 14,2 Prozent. Und während die Bedeutung anderer Großstädte mit etwa 15 Prozent nahezu unverändert blieb, wuchs der Anteil der deutschen Klein- und Mittelstädte im gleichen Zeitraum von 13,0 Prozent auf 18,4 Prozent. Ein Grund hierfür dürfte im zunehmenden Interesse von Immobilien-Spezialfonds an Wohngebäuden liegen. Hier gab es mehrere Paketgeschäfte, deren Objekte außerhalb der Hauptzentren belegen waren.

Zurückgegangen ist die Bedeutung der Niederlande und Frankreichs, wobei diese zu den ersten Ländern zählten, in denen für inländische Immobilienfonds ausländische Objekte erworben wurden. Der Anteil niederländischer Objekte hat sich in den letzten fünf Jahren von 10,8 Prozent (2005) auf 6,7 Prozent (2010) reduziert, der französischer von 16,3 Prozent (2005) auf 13,3 Prozent (2010). Auch der Anteil anderer Länder der Eurozone ist zurückgegangen und beträgt nur noch 11,8 Prozent gegenüber 15,7 Prozent im Jahr 2007.

Neue Anbieter und erweiterte Dienstleistungen

Im abgelaufenen Kalenderjahr fanden vier Neugründungen von Immobilien- Spezialfonds-Gesellschaften statt, im laufenden Jahr bisher zwei weitere. Hierdurch hat sich die Zahl der Wettbewerber inzwischen auf 31 erhöht. Dies zeigt, dass die Akteure für das Produkt weiterhin eine ausgesprochen aussichtsreiche Zukunft erwarten. Verschmelzungen oder Schließungen waren keine zu verzeichnen. Im Vergleich hierzu sieht das Bild bei den Wertpapier-Spezialfonds anders aus; dort gab es im Berichtszeitraum drei durch Verschmelzungen bedingte Rückgaben von KAG-Genehmigungen und keine einzige Neugründung.

Die Gentum Immobilien Kapitalanlagegesellschaft mbH, Hamburg, wurde im Juli 2010 zugelassen und konnte bis zum Jahresende bereits einen Spezialfonds auflegen und 64 Einzelhandelsmärkte für 170 Millionen Euro erwerben. Die Gesellschaft ist als 100-prozentige Tochtergesellschaft der Quantum darauf ausgerichtet, ausschließlich Spezialfonds aufzulegen. Auch die 2005 gegründete Quantum legt ausschließlich Spezialfonds auf.

Die bereits 2009 gegründete Real I. S. Investment GmbH, München, hat im Juni 2010 von der BaFin die KAG-Erlaubnis erhalten, den ersten Fonds mit rund 378 Millionen Euro platziert und bereitet nach eigenen Angaben mittlerweile den zweiten Spezialfonds vor. Sie ist über die Bayern-LB der Sparkassengruppe zuzurechnen.

Die 2009 gegründete Tochtergesellschaft von Warburg-Henderson, die Intreal KAG in Hamburg, wird weiterhin die reine Administration von Offenen Immobilienfonds anbieten und auf ein eigenes Fondsmanagement verzichten. Die ersten vier Spezialfonds wurden im zweiten Halbjahr 2010 aufgelegt und erreichten zum Jahresende ein Volumen von 260 Millionen Euro.

Ende 2010 erhielt die LaSalle Investment Management Kapitalanlagegesellschaft mbH, München, ihre Erlaubnis zur Auflegung von Immobilienfonds. Ihr Angebot richtet sich an institutionelle Anleger. Im April 2011 konnte der erste Objekterwerb für einen neu gegründeten Spezialfonds gemeldet werden.

Weitere Neulinge und Übernahmen

Im Mai dieses Jahres sind mit der Global First-Assets Kapitalanlagegesellschaft mbH, Frankfurt am Main, und der WGF Immobilien Investment GmbH, Düsseldorf, zwei weitere Immobilienfondsgesellschaften an den Start gegangen, die sich an institutionelle Anleger wenden. Die Gründungsinitiative der Global First geht auf Personen aus der Branche zurück. Neben dem Fondsmanagement ein erstes Sondervermögen wurde bereits aufgelegt - wird auch die Dienstleistung als Master-KAG angeboten.

Die WGF dagegen wurde von der WGF Westfälischen Grundbesitz und Finanzverwaltung AG gegründet, die sich seit 2003 mit dem Geschäftsgebiet Immobilienhandel und Immobilieninvestment beschäftigt.

Ferner ist zu berichten, dass die Patrizia Immobilien KAG zum 1. Juni 2011 in Patrizia Wohninvest KAG umbenannt wurde. Hintergrund ist, dass eine namensmäßige Unterscheidung von der zu diesem Termin erworbenen LB Immoinvest beabsichtigt ist, welche nunmehr unter Patrizia Gewerbeinvest KAG firmiert. Die LB Immoinvest hatte als eine der ersten Gesellschaften institutionellen Anlegern einen Baukasten unterschiedlicher sogenannter Themenfonds angeboten und mit diesem Ansatz bis 2010 ein Nettofondsvolumen von etwas über 1,4 Milliarden Euro eingesammelt.

Unabhängig von den Neugründungen und Veränderungen haben sich die Marktanteile im Berichtszeitraum unter den etablierten Wettbewerbern verschoben. Weiterhin unangefochtener Marktführer bei den Immobilien-Spezialfonds ist und bleibt die IVG. Diese verwaltet in 34 Spezialfonds ein Nettovolumen von 7,3 Milliarden Euro und ist dadurch für einen Marktanteil von knapp einem Viertel des Gesamtvolumens verantwortlich. Wie in den Vorjahren musste die IVG jedoch auch 2010 ein Absinken ihres Marktanteils hinnehmen, und zwar um 2,2 Prozent.

Veränderungen bei den Marktanteilen

Allerdings wird in den Spezialfonds der IVG mehr Fremdkapital eingesetzt als im Durchschnitt der Branche. Bezogen auf die investierten Volumina liegt der Marktanteil der IVG daher um mehrere Prozentpunkte höher. Die iii-GmbH erleidet mit einem Minus von 1,4 Prozent als zweitstärkster Wettbewerber den zweitgrößten Verlust und kommt Ende 2010 auf einen Marktanteil von 10,5 Prozent. Auch die inzwischen an die Patrizia veräußerte LB Immoinvest musste 2010 rund 0,5 Prozent Marktanteile abgeben und kam am Jahresende auf 4,7 Prozent.

Der größte Gewinner ist die RREEF Spezial Invest, die ihren Marktanteil um 1,5 Prozent auf insgesamt 1,8 Milliarden Euro in neun Spezialfonds auf 5,9 Prozent steigerte. Ein ebenfalls starkes Wachstum von 1,0 Prozent zeigte Warburg-Henderson und verfügt jetzt über einen Marktanteil von 5,8 Prozent.

Traditionell ist das Advisory-Geschäft eine von Wertpapiergesellschaften erbrachte Dienstleistung, die sehr stark verbreitet ist, seit das Investmentgesetz aus dem Jahr 2004 die Auslagerung des Portfoliomanagements offiziell zulässt. Jetzt beginnen auch einige Immobilien-Kapitalanlagegesellschaften mit der Beratung respektive Verwaltung externer Immobilienvermögen.

So betreut die IVG bereits mehrere in Luxemburg angesiedelte Mandate. Auch die SEB und die Hansainvest weisen Beträge über die Verwaltung fremder Spezialfonds aus. Schließlich hat die Union Investment Institutional Property (UII) einige Dienstleistungen für den Spezialfonds Difa Nr. 3 der Publikums-Schwestergesellschaft Union Investment Real Estate übernommen, ohne dabei jedoch von einem Outsourcing-Verhältnis zu sprechen.

Bei der Zusammensetzung der Anleger in Immobilien-Spezialfonds verstetigen sich die bereits im Vorjahr beobachteten Trends. Insbesondere nimmt die Bedeutung der Kreditinstitute weiter zu - wenn auch auf niedrigem Niveau und mit deutlich verlangsamter Geschwindigkeit. Im Vorjahr hatte sich ihr Anteil auf elf Prozent des Gesamtvolumens verdoppelt. Im Jahr 2010 stieg dieser nur noch leicht auf 12,2 Prozent.

Leichte Verschiebungen in der Investorenschar

Eine relativ große Veränderung hat sich erneut bei den ausländischen Anlegern ergeben. Deren Bedeutung wuchs gegenüber dem Vorjahr um etwa zehn Prozent, absolut betrachtet erhöhte sich das von ihnen gehaltene Volumen von 1,1 auf 1,3 Milliarden Euro, sodass sie jetzt 4,4 Prozent (2009: 3,9 Prozent) des Spezialfondsvolumens besitzen. Derartige Veränderungen sind jedoch nicht signifikant, da praktisch jeder Mittelzufluss oder jede Anteilscheinrückgabe zu derartigen Ausschlägen führt. Der zweite statistisch ins Gewicht fallende Trend ist das weitere Ansteigen des Anteils der Altersvorsorgeeinrichtungen zulasten des Anteils der Versicherungsunternehmen.

Dieser Trend ist seit 2004 stabil und, so ist zu befürchten, noch immer auf einen rein statistischen Effekt zurückzuführen. Bis einschließlich 2003 wurden nämlich beide Anlegergruppen gemeinsam gemeldet, und einige der meldenden Gesellschaften benötigen offensichtlich längere Zeit, um beide, seit 2004 getrennte Gruppen ordnungsgemäß zu unterscheiden.

Die weiterhin zu beobachtende Bewegung dürfte also daran liegen, dass immer noch einzelne Altersvorsorgeeinrichtungen in der Gruppe der Versicherungsunternehmen versteckt sind und die betreffenden Volumina erst nach und nach zur korrekten Gruppe umsortiert und entsprechend gemeldet werden. Unabhängig von diesen vermuteten Ungenauigkeiten stellen die Versicherungen mit der Hälfte des gesamten Volumens unverändert und mit großem Abstand die wichtigste Anlegergruppe dar.

Till Entzian , Rechtsanwalt und Notar, Frankfurt am Main
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