Schwerpunkt Finanzierungsstrukturen im Wandel

Financial Engineering - oder: Wenn Geist Geld beschaffen muss

Grundsätzlich ist ausreichend Geld im Immobilienmarkt. Zwar haben sich altbewährte Institute aus dem Finanzierungsmarkt mehr oder weniger freiwillig zurückgezogen, dafür sind neue Anbieter wie zum Beispiel Versicherungen, Family Offices, Vermögensverwaltungen, Kapitalsammler mit und ohne Regulierung dazugekommen.

Deren Möglichkeiten für ein Engagement reichen von der konventionellen Hypothekenvergabe über Mezzaninkredite, Beteiligungs- und Direktinvestitionen bis hin zur Organisation von Club-Deals.

Zugang zum Kapital

Das Problem ist also weniger das verfügbare Kapital, sondern vielmehr die Frage, wie und bei welchen Eigenkapitaleinsatz Investoren, Developer oder Eigennutzer hierauf Zugriff erhalten. Denn jeder Kapitalgeber-Typ hat andere Vergabekriterien, die genauso breit gefächert sind wie die Immobilien-, Projekt- und Assetklassen selbst. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Financial Engineering insbesondere durch erfahrene Immobiliendienstleister markant an Bedeutung.

Das Investmentjahr 2013 war - wie bereits die Vorjahre - geprägt von dem Nachfragefokus auf Core-Objekten. Dies wird sich insgesamt auch 2014 fortsetzen, obwohl die Beschaffung stark rückläufig ist. Gleichzeitig ist in diesem Segment die Beschaffung von Fremdkapital für Investoren am einfachsten, da Core-Objekte dank ihrer Lage- und Wertstabilität in der Regel als ausreichende "Sicherheit" akzeptiert werden.

Die Folge des Wettbewerbs um diese begehrten Objekte sind steigende Kaufpreismultiplikatoren. Mittlerweile bewegen sich die Bruttoanfangsrenditen für entsprechende Büro-/Geschäftshäuser und Mietzinshäuser in den Big Seven Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart zum Teil deutlich unter fünf Prozent. Für viele Investoren ist das mittlerweile zu wenig, und die Banken sind skeptisch, ob sich nicht eine "Blase" bildet.

Eine um zwei bis drei oder mehr Prozentpunkte bessere Rendite-Performance bieten Core-Engagements an City-Standorten in den sogenannten "B-Städten" beziehungsweise Coreplus- und/oder Valueadd-Produkte in den Metropolen. Ihr Nachteil: Die Beschaffung von Fremdkapital ist kein Selbstläufer, denn die Objekte erfordern sorgfältige Aufbereitung, Kreativität zur Wertschöpfung und den Nachweis von Eigenkapital plus Fachreferenzen.

Beispiel Neubau-Projekte: Banken als Fremdkapitalgeber haben hier unter anderem aufgrund der von Basel II, III ff. vorgegebenen Rahmenbedingungen strikte Auflagen für eine Finanzierung nicht vorvermieteter Projekte. Dazu gehört neben einem Eigenkapitalanteil des Entwicklers von 20 bis 30 Prozent auch eine hohe Vorvermarktungsquote vor Baustart: Für Büroprojekte ist in der Regel eine Vorvermietung von 50 bis 70 Prozent gefordert, beim Neubau von Eigentumswohnungen liegt die Vorverkaufsquote neuerdings bei 30 bis 40 Prozent; Tendenz: steigend. Nicht die Zinsen steigen, sondern die Finanzierungsvoraussetzungen.

Projektfinanzierung

Der Beitrag des entsprechend erfahrenen Immobilienmaklers ist "Financial Engineering" als Teil der umfassenden Begleitung eines Projektes von Anfang an: Dazu gehören zunächst genaue Standort- und Potenzialanalysen, die Sicherung von Erschließung und Baurecht, die Entwicklung der darauf aufbauenden Nutzungskonzepte zusammen mit dem Nutzer und dem Developer respektive Endinvestor, um das hinsichtlich Nutzung, Dimensionierung, Vorvermietung beziehungsweiseverkauf optimal geeignete marktgerechte Produkt zu "kreieren".

Weitere Aufgaben neben der Herstellung der erforderlichen Vorvermarktungsquoten sind die Platzierung als Development beziehungsweise Endinvestment und die Mitwirkung bei der Prozessfinanzierung, das heißt: Grunderwerb, Bau- und Zwischenfinanzierung, Endfinanzierung, modulhaft oder bedarfskonform. Vor allem die Development- respektive Zwischenfinanzierung eines Projektes entwickelt sich zum Problemfeld und zum Einsatzort für den ganzheitlich operierenden Immobilienmakler.

Glaubwürdigkeit wichtiger als Zahlenwerke

Eine mögliche Finanzierungsvariante ist dabei, dass Fremdkapitalgeber und Endinvestor identisch sind, zum Beispiel in Form einer Versicherung oder einer Vermögensverwaltung, die sich dadurch den frühen und preisgünstigeren Zugriff auf die Anlageimmobilie sichert. Family Offices, Vermögensverwaltungen, Kapitalsammelstellen bieten gegenüber den Banken als Kapitalgeber und/oder Investoren weitere Vorteile: Sie sind nicht zwingend an strikte interne Vorgaben, Regulierungsvorschriften et cetera gebunden. Vielmehr entscheiden hier oftmals die Schlüssigkeit eines Konzeptes und eine nachhaltige Exit-Strategie über ein Engagement.

Dabei spielen Glaubwürdigkeit und Vertrauen eine große Rolle, Excelgestützte Kalkulationen dagegen weniger. Diese "neuen" Kapitalgeber wollen, dass ihre Bedürfnisse erkannt, verstanden und erfüllt werden. Auch dies zählt zum Financial Engineering: Die beidseitigen Bedürfnisse und Wünsche herausarbeiten, aufeinander abstimmen und eine Balance herstellen.

Gelingt dies, ist die Risikobereitschaft dieser Kapitalgeber beziehungsweise Investoren deutlich höher als die institutioneller Anleger. Damit kommt ihnen auch eine zunehmende Bedeutung in den Investment-Segmenten Coreplus und Valueadd zu. Banken agieren hier unverändert zurückhaltend, sodass die Marktdynamik in diesen Bereichen bislang nur langsam an Fahrt gewinnt.

Auch bei solchen Bestandsobjekten mit Wertschöpfungspotenzial leistet der Makler einen wichtigen Beitrag zum Objektverkauf beispielsweise durch Verbesserung der Verkaufsfähigkeit für den Eigentümer, zum Beispiel durch gezielte Erhöhung der Vermietungsquote oder Verbesserung des Cashflows. Dem Erwerber hilft er bei der Finanzierung als maßgeschneidertes Financial Engineering durch den Nachweis nachhaltiger Wertsteigerungspotenziale und realistischer Exit- Strategien.

Zusammengefasst bedeutet intelligentes Financial Engineering als Beitrag des Maklers: Geist ersetzt beziehungsweise beschafft Geld. Dahinter stehen die Herstellung der Verkaufsund Finanzierungsfähigkeit einer Immobilie sowie das Finden und Zusammenführen von Verkäufer/Projektentwickler mit dem Nutzer und dem zum Objekt passenden Investor oder Kapitalgeber. Im gelungenen Zusammenspiel erhöht dies das Angebot gefragter, nachhaltiger Investments und sichert deren Absatz.

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