Bilanzvergleich der Bausparkassen 2012:

Fluch und Segen niedriger Zinsen

"Bausparen ist beliebt." So kommentierte der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Privaten Bausparkassen, Andreas J. Zehnder, die jüngsten Neugeschäftszahlen seiner Mitgliedsinstitute. Macht Erfolg bescheiden? Bausparkassen offensichtlich schon - ein bisschen zumindest. Verstecken muss sich die Branche keineswegs. Kaum ein Produkt verkauft sich derzeit so exzellent wie das Bausparen. Dabei profitieren die Eigenheimfinanzierer wie kaum eine andere Gruppe der Finanzwirtschaft von der Inflationsangst der Deutschen, die von der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) befeuert wird. Galt zunächst Gold als Krisenwährung Nummer eins, so möchten inzwischen immer mehr deutsche Anleger ins Eigenheim "flüchten", auch weil mieten an den gefragten Standorten immer teurer wird.

Dieses Umfeld hat den Bausparkassen zumindest im Neugeschäft sehr geholfen. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 3,403 Millionen Bausparverträge vermittelt und eingelöst. Gegenüber dem Vorjahr, als 3,266 Millionen Policen verkauft wurden, bedeutet das eine Absatzsteigerung um 4,2 Prozent. Hier verbuchten die privaten Bausparkassen mit 2,075 (2011: 1,974) Millionen Abschlüssen sogar ein Plus von 5,1 Prozent. Innerhalb der Sparkassenorganisation wurde mit 1,328 (1,282) Millionen Verträgen ein kleineres, wenngleich deutliches Absatzplus um 3,6 Prozent erzielt. Während bei den Landesbausparkassen die Neuverträge im Schnitt mit einer Bausparsumme von nahezu unverändert rund 27 900 Euro gezeichnet wurden, ging die durchschnittliche Bausparsumme bei den privaten Wettbewerbern um 3,3 Prozent auf etwa 31590 Euro zurück. Insgesamt addieren sich die Abschlüsse der LBS-Gruppe auf eine Bausparsumme von 37,05 Milliarden Euro - ein Plus von fast vier Prozent. Bei den privaten Bausparkassen repräsentieren die Neuverträge einen Gesamtwert von 65,56 Milliarden Euro. In der Summe erreichte das Nettoneugeschäft aller Kassen mit 102,6 Milliarden Euro eine neue Rekordmarke.

In der ersten Jahreshälfte 2013 hat sich diese Entwicklung weitgehend fortgesetzt. So wurden zwischen Januar und Juni dieses Jahres insgesamt fast zwei Millionen neue Verträge vermittelt, die für eine Bausparsumme von 55,2 Millionen Euro stehen. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es hingegen rund 1,7 Millionen Abschlüsse mit 49,7 Milliarden Euro Bausparsumme gewesen. Doch die Bausparkassen entwickelten sich im ersten Halbjahr 2013 unterschiedlich. So gingen bei den privaten Bausparkassen fast 1,3 Millionen neue Verträge ein. Das waren beachtliche 25,7 Prozent mehr als in der Vergleichsperiode des Vorjahres. Diese Policen hatten ein Bausparvolumen von 36,8 Milliarden Euro und damit 18,0 Prozent mehr als in der ersten Jahreshälfte 2012. Dabei steigerte allein Schwäbisch Hall in den ersten sechs Monaten dieses Jahres seinen Absatz von 522 000 auf rund 800 000 Verträge und die zugehörige Bausparsumme um ein Drittel auf 23 Milliarden Euro. Wettbewerber Wüstenrot erzielte im Netto-Neugeschäft mit 5,7 (5,8) Milliarden Euro nahezu den Vorjahreswert.

Im Gegensatz dazu sank in der LBS-Gruppe die Zahl der Neuverträge im ersten Halbjahr 2013 um 5,4 Prozent auf rund 656 000, deren Bausparsumme mit etwa 18,4 Milliarden Euro um ein Prozent unter dem Halbjahreswert 2012 lag. Wobei sich die öffentlichen Bausparkassen durchaus unterschiedlich entwickelten. Beispielsweise verzeichnete die LBS West zur Jahresmitte 2013 mit knapp 185 000 Verträgen über etwa fünf Milliarden Euro Bausparsumme einen Zuwachs um 10,6 Prozent bei der Stückzahl und gut zehn Prozent im Volumen. Auch die LBS Nord übertraf im ersten Halbjahr 2013 mit mehr als 106 000 Neuverträgen über eine Summe von 2,18 Milliarden Euro den Vergleichszeitraum des Vorjahres um 23,3 Prozent bezüglich der Stückzahl und 11,7 Prozent beim Volumen. Dagegen verfehlte die LBS Bayern mit rund 137 400 Abschlüssen über eine Bausparsumme von 4,43 Milliarden Euro die Vorjahreswerte um 16,7 beziehungsweise 5,8 Prozent. Im Periodenvergleich blieb die LBS Baden-Württemberg sowohl bei den Neuabschlüssen mit rund 100 200 Verträgen um 15,6 Prozent als auch bei der Bausparsumme in Höhe von 3,53 Milliarden Euro um 7,5 Prozent hinter dem Vorjahr zurück.

Ein ähnliches Bild zeichnete sich auch bei den Auszahlungen ab. Während diese bei der LBS-Gruppe im Halbjahresvergleich um 1,9 Prozent auf rund 4,5 Milliarden Euro zurückgingen, nahmen sie bei den privaten Bausparkassen um 0,6 Prozent auf 11,3 Milliarden Euro zu. Auch hier entwickelten sich die Institute sehr unterschiedlich. So zahlte Schwäbisch Hall mit sechs Milliarden Euro etwa fünf Prozent mehr aus, während sich bei der LBS West die Immobilienfinanzierungen um vier Prozent auf 1,1 Milliarden Euro erhöhten und die LBS Baden-Württemberg zum Halbjahr 2013 einen Anstieg der Darlehensauszahlungen um 3,1 Prozent auf 627 Millionen Euro meldete. Dabei setzt sich die seit mehr als einem Jahrzehnt zu beobachtende Entwicklung fort, dass sich das Finanzierungsgeschäft immer mehr aus dem Kollektiv in den außerkollektiven Bereich verschiebt. Dazu haben die Bausparkassen jedoch kaum eine Alternative, denn sie dürfen per Gesetz ansonsten nur in bonitätsstarke Anleihen investieren, deren Renditen derzeit jedoch ebenfalls äußerst niedrig sind. Es zeigt sich also, dass die Geldpolitik der EZB für die Bausparkassen Segen und Fluch zugleich ist. Die Bescheidenheit ist daher auch im Angesicht des Absatzerfolges verständlich.

Zu den Grafiken und Tabellen: Abbildung 1 zeigt, dass die Bausparkassen ihren Anteil in der Wohnungsbaufinanzierung auch in einem dynamischen Markt stabil halten. Aus den Abbildungen 2a und 2b ist ersichtlich, dass die privaten Bausparkassen aktiver Vor- und Zwischenkredite vermitteln, es der LBS-Gruppe aber besser gelingt, Kollektivdarlehen abzusetzen. Viele Landesbausparkassen akquirieren Neuverträge günstiger als das Gros der privaten Konkurrenz, wie Abbildung 3 deutlich macht. Abbildung 4 offenbart, dass nur die Deutsche Bank Bauspar AG den Fonds zur bauspartechnischen Absicherung voll befüllt, während die seit 2013 unabhängige LBS Bayern den Fonds im Vorjahr reduzierte. Aus den Abbildungen 5 und 6 ist abzulesen, dass 2012 bei vier privaten Bausparkassen der Rohertrag nicht ausreichte, um die Verwaltungskosten zu decken, wobei die Aachener Bausparkasse 2012 die HUK-Coburg-Bausparkasse übernahm. In den Tabellen 1 bis 4 richtet sich die Anordnung der Institute nach dem Wert für das Berichtsjahr 2012 und stellt keine Wertung dar, da beispielsweise die Bausparkassen Schwäbisch Hall und BHW ihre Gewinne vollständig an die jeweilige Muttergesellschaft abführen. L.H.

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