Immobilien-Spezialfonds 2008

Wieder gefragt: Wohnungen als Anlage für Immobilien-Spezialfonds

Während noch in den siebziger Jahren Versicherungsgesellschaften und andere institutionelle Investoren einen erheblichen Teil ihrer für Immobilien bestimmten Anlagegelder in Wohnimmobilien investierten, gerieten diese in den neunziger Jahren völlig aus der Mode. Institutionelle Anleger verkauften große Teile ihrer Wohnungsbestände und schichteten die Gelder in Gewerbeimmobilien um.

Seit einiger Zeit ist eine Trendumkehr zu beobachten: Institutionelle legen wieder mehr in Wohnimmobilien an. Laut einer aktuellen Umfrage von Feri Rating & Research wollen 60 Prozent der Versicherungen, 45 Prozent der Banken und 44 Prozent der Altersversorger den Immobilienanteil in ihren Portfolios in den nächsten zwölf Monaten erhöhen.

Der Unterschied zu früher: Heute bevorzugen die Investoren für ihre Anlage die indirekte Immobilienanlage, zum Beispiel über Immobilien-Spezialfonds. Zwar liegt der Schwerpunkt auch der Spezialfonds auf den Nutzungsarten Büro und Handel. Immer öfter investieren sie jedoch in Wohnimmobilien. So können sie den institutionellen Investoren, die in der Regel an einer möglichst breiten Risikostreuung interessiert sind, eine sektorale Differenzierung ihrer indirekten Immobilieninvestitionen anbieten.

Warum gerade Wohnimmobilien?

Wohnimmobilien haben auf den ersten Blick für institutionelle Anleger häufig nur wenig zu bieten: Bei deutschen Core-Objekten, etwa Neubauten in Ballungsräumen, liegen die Renditen heute oft nur bei vier Prozent. Und opportunistische Immobilienobjekte oder solche mit einem Value-added-Schwerpunkt kommen für die meisten institutionellen Anleger nur als Beimischung infrage.

Generell aber spricht speziell für deutsche Wohnimmobilien die positive Entwicklung dieses Marktsegments - Studien weisen auf einen Aufwärtstrend hin. Laut einer Analyse der Nord-LB werden trotz insgesamt zurückgehender Bevölkerung bis zum Jahr 2025 die Haushaltszahlen um 2,6 Prozent ansteigen. Gleichzeitig wird das Angebot an Wohnungen immer knapper, weil immer weniger neue Wohnungen fertiggestellt werden.

Waren es 1995 noch mehr als 500 000 Wohnungen, wurde 2007 mit weniger als 200 000 Wohnungen ein neuer nationaler Tiefstand erreicht. Das durchschnittliche Neubauniveau in den kommenden Jahren wird laut Landesbausparkassen bis 2010 bei jährlich unter 300 000 Wohnungen liegen. Dem steht ein Bedarf von 330 000 neuen Wohnungen pro Jahr gegenüber. Diese weit auseinander klaffende Schere zwischen Angebot und Nachfrage weist auf einen zu erwartenden Nachfrageüberhang und steigende Preise hin.

Interessant ist auch ein Blick in die europäischen Nachbarländer. Inflationsbereinigt haben sich die Preise für Wohnimmobilien beispielsweise in Spanien, Dänemark und Großbritannien von 1996 bis 2006 mehr als verdoppelt, in Deutschland sind sie zur gleichen Zeit um ein Viertel gesunken. Das wird sich laut Feri ändern. Die Rating-Agentur prognostiziert für deutsche Wohnimmobilien zwischen 2009 und 2016 eine jährliche Kaufpreissteigerung von 2,4 Prozent und eine jährliche Gesamtrendite von 8,1 Prozent - gute Voraussetzungen für den Einstieg.

Lukrativ sind große Ballungsräume

Einträgliche Investitionsmöglichkeiten ergeben sich für Immobilien-Spezialfonds insbesondere in Ballungsräumen mit niedrigem Flächenangebot und hoher Nachfrage, insbesondere in und um Hamburg, Berlin, München und Stuttgart sowie im Rhein-Main- und Rhein-Ruhr-Gebiet. Gerade dort sind nach der Nord-LB-Studie bis 2020 stark steigende Haushaltszahlen zu erwarten, zum Beispiel ein Anstieg von über zehn Prozent im Ballungsraum München und sogar bis zu 30 Prozent im Ballungsraum Berlin.

Auch wenn Immobilien in B-Standorten wie Leipzig, Dresden, Wiesbaden oder Heidelberg gute Renditen abwerfen können, kommen solche Märkte für Immobi-lien-Spezialfonds eher nicht infrage. Ihre geringe Größe ist ein Risiko, wenn Investoren kurzfristig die Rückzahlung ihrer Anteile verlangen. Unter Umständen weisen die Märkte gerade dann nicht genügend Liquidität auf, um dort größere Objekte zu handeln.

Gute Investitionsmöglichkeiten werden sich für deutsche Immobilien-Spezialfonds vor allem jetzt in der zweiten Jahreshälfte ergeben. Für viele ausländische Investoren lohnen sich aufgrund der steigenden Zinsen Investitionen in deutsche Wohnimmobilien nicht mehr, da sie mit einem großen Fremdkapitalhebel arbeiten. Fremdfinanzierungen von neunzig Prozent und mehr, wie sie bei ausländischen Investoren oft üblich sind, sind nicht mehr rentabel.

Zahlreiche Immobilien-Spezialfonds dagegen haben im Moment hohe Eigenkapitalzusagen von Investoren und suchen deswegen verstärkt nach passenden Anlagen. Ihnen kommt die Entwicklung sehr entgegen - zum einen gibt es aufgrund der sich zurückziehenden ausländischen Unternehmen weniger Konkurrenz, zum anderen sinken vor diesem Hintergrund die Preise.

Neben den Vorteilen, die Wohnimmobilien aufgrund der aktuellen Entwicklungen bieten, haben sie den generellen Vorteil, dass sie in der Regel eine stabile Mietrendite erwirtschaften.

Bei Büroräumen können durch Neu- und Anschlussvermietungen deutliche Mietsteigerungen erreicht werden, wenn sich die Märkte im Aufschwung befinden - in Abschwungsphasen müssen starke Mietsenkungen in Kauf genommen werden. Solche Schwankungen gibt es bei deutschen Wohnimmobilien nicht. Auch das Leerstandsrisiko ist zumindest in den Ballungsräumen, in denen Bevölkerungszahl und Haushalte wachsen, deutlich geringer als bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien.

Geringe Volatilität des Cash-Flows und breite Mieterstreuung machen die Anlage in Wohnimmobilien zu einem stabilisierenden Faktor im Portfolio. Wohnungen garantieren zwar in der Regel keine sehr hohe, dafür aber eine sichere Rendite. Institutionelle Investoren, die in einen Wohnimmobilienfonds investieren, finden genau das - zumeist aus Gründen der Diversifikation - anziehend.

Opportunistische und Value-added-Wohnimmobilien sind für viele Finanzinvestoren bisher nicht interessant, weil sie bei einem höheren Risiko lieber in ihnen bekannte Assetklassen, zumeist Aktien, investieren, für die sie das Risiko-Rendi-te-Verhältnis besser einschätzen können. Ob es neben einer Zunahme von Wohnungsfonds mit Core-Immobilien-Schwerpunkt auch ein vermehrtes Angebot an Spezialfonds mit Value-added-Immobilien geben wird, ist deshalb nur schwer einzuschätzen.

Das Management von Wohnimmobilien

Ein Charakteristikum von Wohnimmobilien ist, dass die Bestandsverwaltung recht aufwendig ist, weil viele verschiedene Mieter einzeln betreut werden müssen. Gerade institutionelle Anleger wie Banken und Industrieunternehmen investieren deshalb gerne indirekt in Immobilien. Feri beziffert den Anteil ihrer indirekten Anlagen am Gesamtimmobilienportfolio auf etwa 60 Prozent.

Ausländische Finanzinvestoren haben in den vergangenen Jahren die Vorteile eines externen Managements bereits kennen gelernt. Oft genug mussten sie feststellen, dass die Ursache der geringen Rendite ihrer direkt gehaltenen Wohnimmobilienbestände nicht das restriktive deutsche Mietrecht ist, sondern eine unprofessionelle Verwaltung, oder dass sie die Objekte zu überhöhten Preisen gekauft haben.

Als Alternative zum eigenen Immobilien-Management bieten sich neben externen Asset Managern für den eigenen Bestand indirekte Anlagen an. Spezialfonds sind für nicht auf Immobilien spezialisierte Investoren ideal, da Immobilieninvestitionen so zu einer Finanzanlage werden, über deren Rendite monatlich berichtet wird. Außerdem entfällt für die Investoren die Beschäftigung mit Abschreibungen und der Bewertung des Immobilienbestandes. Ein weiterer Vorteil der indirekten Anlage ist die breite Diversifikation, die vielen Investoren durch direkte Investitionen in solchem Umfang nicht möglich wäre.

Keinen Sonderstatus für Sicav und FCP

Bis Ende vergangenen Jahres waren die Gestaltungsmöglichkeiten der deutschen Spezialfondsanbieter im Vergleich zur Luxemburger Konkurrenz, der Société d'Investissement à Capital Variable (Sicav) und dem Fonds Commune des Placements (FCP), stark beschränkt. Viele institutionelle Anleger bevorzugten deswegen Investitionen in Anlagen nach Luxemburger Recht. Seit der Änderung des Investmentgesetzes Anfang dieses Jahres sind deutsche Immobilien-Spezialfonds mit ähnlich freier Gestaltung wie in Luxemburg möglich. Beispielsweise können durch die Möglichkeit der Investition in doppelstöckige Gesellschaften verstärkt Immobilien in skandinavischen Ländern erworben werden.

Dass das Fondsvolumen komplett aus Beteiligungen an Objektgesellschaften bestehen kann, ermöglicht größere Investitionen in Belgien und vielen Ländern Osteuropas und Asiens. Auch sind aufgrund der Abschaffung des Typenzwangs jetzt Fonds möglich, die neben direkten Immobilienanlagen Investitionen in Wertpapiere wie Immobilienderivate oder Verbriefungen tätigen.

Angesichts der Neuerungen ist zu erwarten - das entsprechende Angebot an Spezialfonds vorausgesetzt -, dass viele institutionelle Investoren, die bisher im Luxemburger Sicav oder FCP investiert waren, zurück nach Deutschland kommen und ihr Kapital in Immobilien-Spezialfonds anlegen.

Wer plant, in Spezialfonds zu investieren, sollte bedenken, dass sich mit fokussierten Spezialfonds in der Regel eine höhere Rendite als mit Mischfonds erzielen lässt. Laut einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Dissertation von René Zemp erzielten fokussierte Spezialfonds in den Jahren 2000 bis 2005 durchschnittlich einen Prozentpunkt mehr Rendite als solche ohne Schwerpunkt.

Abgesehen von möglichen Renditevorteilen spricht für fokussierte Spezialfonds, dass Investoren sich unabhängig von Fondsgesellschaften ihr bevorzugtes Rendite-Risiko-Profil selber zusammenstellen können. Ändern sich die Präferenzen, können sie die Gewichtung schnell anpassen.

Ein weiterer Pluspunkt für fokussierte Fonds ist, dass Portfoliomanager institutioneller Investoren, die üblicherweise für eine breite Diversifikation des Gesamtportfolios des Unternehmens zuständig sind, dieser Aufgabe mit der

Anlage in solche Fonds auch nachgehen können. Wenn sie diese Aufgabe an

Fonds delegieren und welche mit breiter Streuung bevorzugen, müssen sie das mit höheren Fondsgebühren bezahlen.

Keine Konkurrenz durch REITs

Noch 2007 wurde Immobilien-Spezialfonds eine starke Konkurrenz durch Real Estate Investment Trusts (REITs) vorhergesagt. Bislang haben die beiden einzigen deutschen REITs jedoch nur eine Marktkapitalisierung von knapp 700 Millionen Euro. In den über 110 Immobi-lien-Spezialfonds sind dagegen 21 Milliarden Euro angelegt. Den Vorteil der Exit Tax bei in einen REIT eingebrachten stillen Reserven nutzten Unternehmen bisher kaum, große Verkäufe an REITs blieben aus und der Markt hat nur wenig Vertrauen in Immobilienaktien.

Dass in den anderthalb Jahren bis zum Ende der Gewährung der Exit Tax, also bis Jahresende 2009, noch viele neue Reits entstehen und die Nachfrage nach Immobilien-Spezialfonds deswegen zurückgeht, ist auch bei einem verstärkten Interesse des Marktes an Immobilienaktien eher ungewiss. Wahrscheinlicher ist, dass aufgrund der Änderung des Investmentgesetzes weiteres Anlegerkapital in Immobilien-Spezialfonds fließt. Und die Erweiterung des Angebots durch mehr Fonds mit Wohnimmobilienschwerpunkt könnte noch einmal für deutlich höhere Zuflüsse sorgen.

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