Leitartikel

Ein gelungenes Comeback

Die Offenen Immobilienfonds sind zurück. "Das Vertrauen in Offene Immobilienfonds scheint nachhaltig zurückgekehrt", stellt der Bundesverband BVI in seinem Bericht zu den Zahlen des ersten Quartals durchaus zufrieden fest. Diese sehen aber auch zu schön aus. Mittelzuflüsse von 3,6 Milliarden Euro bis Ende April 2008 entsprechen schon mehr als der Hälfte des Mittelaufkommens aus dem gesamten vergangenen Jahr (6,1 Milliarden Euro), sind so viel wie im Gesamtjahr 2004 und liegen gar auf Höhe des durchschnittlichen jährlichen Mittelaufkommens der für Offene Immobilienfonds so guten neunziger Jahre. Und auch die Wertentwicklung stimmt zur Freude der Investoren. Berechnet nach der BVI-Methode stieg die durchschnittliche Jahresperformance für 2007 von rund vier Prozent im Vorjahr auf stolze 5,7 Prozent, einzelne Gesellschaften kamen bedingt durch Sondereffekte sogar auf über zehn Prozent. Im Zuge der Neuausrichtung ihrer Portfolios hatten sich die Kapitalanlagegesellschaften von deutschen Immobilien getrennt und dank größerer Portfolioverkäufe mit durchaus marktbedingten Aufschlägen deutliche Mehrerlöse erzielt.

Hätte man das alles vor zwei Jahren gedacht? Damals, als überraschende Fondsschließungen die Anleger in Panik versetzten, was diese prompt mit einem - berechtigten oder übertriebenen? - milliardenschweren Vertrauensentzug bestraften.

Was sind die Gründe für diesen Erfolg? Erstens hilft natürlich das allgemeine Marktumfeld. Wenn die Aktienkurse purzeln, der Anleihemarkt sich ebenfalls keineswegs durch die gewohnte Stabilität auszeichnet und lediglich der Geldmarkt noch eine kleine Alternative ist, dann erinnert man sich nur zu gerne der traditionellen Werte: Immobilien und die indirekte Anlage in Immobilien gehören zweifelsfrei dazu. Aktienfonds beispielsweise sind von der aktuellen Finanzkrise besonders betroffen. Auf Zwölf-Monats-Sicht per Ende März weisen in Deutschland investierende Produkte einen Verlust von elf Prozent aus, Europa-Aktienfonds verloren 16 Prozent, international anlegende Papiere 14 Prozent. In Deutschland investierende Rentenfonds konnten mit 1,8 Prozent ein kleines Plus verzeichnen, internationale Fonds verbuchten dagegen ein Minus von 1,6 Prozent.

Zweitens: die Investment-Branche hat auf den Vertrauensverlust schnell und offensiv reagiert. Der Anfang 2006 veröffentlichte Maßnahmenkatalog des BVI nahm vor allem Großanleger ins Visier, die die eigentlich auf Langfristigkeit ausgelegten Offenen Immobilienfonds zum zwischenzeitlichen "Parken" nutzten und mit ihrem überraschenden und schonungslosen Mittelabzug die Kapitalanlagegesellschaften vor größere Probleme stellten. So ist die Liquiditätssteuerung durch die Meldepflicht für Anlagen über eine Million Euro und die zwölfmonatige Kündigungsfrist für solche Großinvestoren ebenso verbessert worden wie durch die Verdoppelung der Mindestliquidität von fünf auf zehn Prozent und das Einstellen des aktiven Anteilsverkaufs, sobald die Liquiditätsquote mehr als 40 Prozent erreicht. Flankierend soll die Bewertung der Objekte durch den nun vorgeschriebenen Turnus von mindestens einmal jährlich zeitnaher und durch die Rotation der zuständigen Sachverständigen, die nur noch maximal fünf Jahre für ein und dieselbe KAG tätig sein dürfen und mindestens alle zwei Jahre die Objekte wechseln müssen, neutraler werden. Und schließlich soll die Transparenz durch Veröffentlichung der Verkehrswerte ohne Anschaffungsnebenkosten sowie den Ausweis der Anlegerstrukturen erhöht werden.

Drittens: Die Kapitalanlagesellschaften haben ihre Portfolios weitgehend bereinigt, das Anlagespektrum deutlich verbreitert und so das Risiko diversifiziert. Betrug der Deutschlandanteil 2005 noch gut 50 Prozent, ist er binnen zwei Jahren auf nur noch 31,5 Prozent gesunken. Im Gegenzug erhöhten sich vor allem die europäischen Anlagen, auf die mittlerweile rund

60 Prozent entfallen, der Anteil außereuropäischer Immobilien ist auf 9,3 Prozent gestiegen nach 3,3 Prozent im Jahr 2002. Viertens: Geschicktes Marketing der Fondsgesellschaften und die Sorge der Anleger vor der Besteuerung ihrer Kapitaleinkünfte vor allem im Rahmen der Abgeltungssteuer sorgen für zusätzlichen Mittelzufluss.

Alles gut, könnte man also meinen. Weit gefehlt: Die Ratingagentur Scope gab jüngst noch keine Entwarnung für die Offenen Immobilienfonds, im Gegenteil: 14 von 30 bewerteten Fonds schnitten schlechter ab als im Vorjahr, nur sieben besser. Die Bewerter sorgen sich zum einen um die Performance, die durch den Wegfall der Paketverkäufe ihrer Ansicht nach auf wieder unter fünf Prozent zurückgehen wird. Des Weiteren wird bei einigen Gesellschaften immer noch Nachholbedarf bei der Restrukturierung der Fonds gesehen. Hinsichtlich der neuen Regeln, die durch indirekte Investments und Teilbeteiligungen an Objekten eine Mehrstufigkeit der Anlagen schaffen, bleibt abzuwarten, ob dies im Sinne der Transparenz vorteilhaft ist und die Bewerter nicht vor zu große Herausforderungen stellt. Konnten diese sich bislang ausschließlich auf die Objekte konzentrieren, müssen nun fast wie bei Unternehmensbewertern komplexe Zusammenhänge bei der Analyse berücksichtigt werden.

Die sprudelnde Liquidität stellt die Branche natürlich auch vor das ein oder andere Problem. Natürlich noch nicht in Zeiten ordentlicher Liquiditätsrenditen. Tagesgeldsätze von vier und mehr Prozent machen auch diese Anlageform durchaus zur Alternative. Doch was passiert bei fallenden Zinssätzen? Hat das viele Geld dann nicht zur unschönen Konsequenz, dass zweit- oder gar drittklassige Anlageobjekte in Betracht gezogen werden müssen? Das kann, nein, das wird zur Folge haben müssen, dass allein schon aus dem ursprünglichen Zweck des Anlegerinteresses heraus Mittelzuflüsse über die Aussetzung des Verkaufs von Anteilsscheinen gesteuert werden müssen. Werden also zeitweise geschlossene Offene Immobilienfonds in Zukunft nicht zur ganz normalen Geschäftspraktik von ordentlichen Immobilienfondsmanagern gehören müssen? Nur wie bringt man das den Kunden schonend bei? Schwierig, schwierig. Auch wenn dieses Problem sicherlich durch die verstärkt aufgelegten Immo-bilien-Dachfonds, die einen Teil der Gelder auf sich ziehen werden, ein klein wenig gelöst wird. Dennoch: "Zeit für stabile Werte", so lautet der Untertitel des Buches über Offene Immobilienfonds von Walter Klug. Diese Zeit ist wieder da. P. O.

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