Ausland

Die Gesetzeslage zu Grundstückseigentum und Immobilien in China

Die Zukunft der Weltwirtschaft liegt, vertraut man dem Expertenrat, in den sogenannten BRIC-Staaten, also Brasilien, Russland, Indien und China. Immobilieninvestitionen in diesen Staaten scheinen eine gute Alternative in einer sonst alternativlosen Ära zu sein. Vor Investitionen in Immobilien in China gilt es allerdings, sich über die rechtliche Situation klar zu machen. Investoren und Kreditgeber sollten nicht denselben Fehler begehen, den sie mit dem Kauf verbriefter US-Immobilienkredite begangen haben, sondern zunächst für sich die nötige Transparenz schaffen.

Befasst man sich mit Gesetzen zu Grundstücken und Immobilien in China, so muss man zwei Dinge beachten. Zum einen wurde die Grundstücks- und Immobilienwirtschaft erst 1988 für den Markt geöffnet, man hat es also mit durchgehend sehr jungen Gesetzen zu tun. Zum anderen gibt es so gut wie keine umfassend landesweite Regelung, sondern vielmehr einen Flickenteppich aus unterschiedlichen Gesetzen zwischen den einzelnen Provinzen und Städten. So erfolgt der Zuschlag zum Beispiel bei einer Grundstücksauktion in Peking nicht an das höchste, sondern an das angemessenste Gebot. In Shanghai gibt es eine Immobiliensteuer, die sich an 70 Prozent des Kaufpreises als Bemessungsgrundlage orientiert und das Horten teurer Luxusimmobilien unattraktiv machen soll. Es wurden auch landesweit geltende Gesetze erlassen, welche ein grundlegendes Rechtsgerüst schaffen sollten, aber in jüngster Vergangenheit viel mehr eine marktlenkende Wirkung ausüben.

Eigentum an Boden und Immobilien

Beginnen muss man mit dem grundsätzlichen Verständnis, dass China eine Volksrepublik, ein sozialistischer Einparteienstaat ist und somit bereits die Verfassung das Privateigentum an Boden und Grundstücken verbietet. Nach Art. 10 der Verfassung gehört das gesamte innerstädtische Land dem Staat. Sämtlicher Boden außerhalb der Städte ist Eigentum der Kollektive.1) Nach Abs. 3 des Art. 10 ist aber die Enteignung des kollektiven Landes aus Gründen des Allgemeinwohls zulässig. Als Allgemeinwohl gelten wirtschaftliche Entwicklung, Kultur und Verteidigung. Vor allem die wirtschaftliche Entwicklung wird oft als Grund angeführt, um immer mehr kollektives Land um die chinesischen Großstädte herum zu enteignen und zum Eigentum der Städte zu erklären.2)

Ende der achtziger Jahre gab die chinesische Regierung die Regelungen zur Kommerzialisierung von Boden an die Städte ab. Das Resultat war, dass die chinesischen Städte eigene Gesetze zur Verwertung erließen, welche sich an der Verfassung orientieren, aber in den Städten zu unterschiedlichen Ausprägungen führten. Gemein haben alle Regelungen, dass durch die Kommerzialisierung von Grundstücken die Städte die wirtschaftlichen Nutznießer sind. Sämtliche Einnahmen aus der Überlassung von Boden fließen den Städten als Sonderfonds zu.3)

Diese hohe Autonomie führte zu Korruption und Ineffizienz in den Kommunen. Eine Kommerzialisierung läuft folgendermaßen ab: Die ansässige Landbevölkerung erhält für den Besitzverlust eine Entschädigung, die sich jedoch nicht am Marktwert des Bodens orientiert, sondern nach von der Stadt festgelegten Tabellen bemisst. Das kommerzialisierte Land wird dann in mehrere Grundstücke aufgeteilt und für jedes Grundstück wird ein Landnutzungsrecht ausgestellt, das wiederum von der Stadt an einen Investor verkauft wird. Der Erlös abzüglich der Entschädigungen verbleibt als Gewinn bei der Stadt. Über die Jahre hat sich die Kommerzialisierung in den meisten chinesischen Städten zur wichtigsten Einkommensquelle entwickelt. Es ist für die Städte deutlich kostengünstiger und ertragreicher, umliegendes Land zu kommerzialisieren, als bereits städtisches Land zu modernisieren. Hier schuf die Gesetzeslage falsche Anreize. Erst Mitte der neunziger Jahre und Anfang des neuen Jahrtausends wurden landesweite Gesetze erlassen, die zum Beispiel Grundstücksverkäufe nur noch über öffentliche Auktionen und Ausschreibungen zuließen oder den Kauf zu überzogenen Preisen verbieten.

Eine Besonderheit der landesweiten Gesetzeslage ist, dass Rechte an Grundstücken und Rechte an Gebäuden getrennt behandelt werden. Wegen des Verbots von Privateigentum an Boden werden für Grundstücke zwar nur Nutzungsrechte veräußert, das Privateigentum an Gebäuden ist aber möglich.4) Das Landnutzungsrecht ist ein Dokument, welches dem Halter eigentumsähnliche Rechte zugesteht und seit 1988 an private Haushalte und Unternehmen veräußert werden darf. Allerdings wird das Landnutzungsrecht nur befristet und unter der Auflage gewährt, dass der Halter das erworbene Land entwickelt.

Eigentum an Boden und Immobilien

Bei der Übertragung des Landnutzungsrechts gibt es verschiedene Formen und Überlassungszeiträume. Vorrangig zu beachten ist, dass allein die Städte darüber entscheiden, welchen städtischen Boden sie freigeben. Grundstücke für bestehende oder geplante öffentliche Gebäude, wie Schulen, Krankenhäuser und Verwaltungsgebäude, bleiben immer im Eigentum der Stadt und sind oft großzügig bemessen und in zentralen Lagen. 5) Die Nutzungsrechtsübertragung erfolgt durch Individualverträge, öffentliche Ausschreibungen oder Versteigerungen. Der Individualvertrag für Landnutzungsrechte überwog in China. Erst ab 2002 waren ausschließlich Versteigerungen und Ausschreibungen zulässig, um Korruption zu unterbinden. 6)

Die Frist für das Landnutzungsrecht variiert je nach dem wie das Land genutzt und entwickelt wird. Für rein gewerbliche Nutzung liegt die Dauer bei 40 Jahren, für Wohnungszwecke bei 70 Jahren. Ein Anspruch auf Verlängerung besteht nicht. Nach Ablauf der Frist fallen das Grundstück und alle verbundenen Objekte, also auch die Gebäude, an die Stadt zurück. Ebenso kann das Nutzungsrecht bei berechtigtem öffentlichen Interesse entzogen werden. Wiederum orientieren sich die Entschädigungen nicht am Marktwert. Das Nutzungsrecht fällt auch dann an die Stadt zurück, wenn sich die Bebauung des Grundstücks um zwei Jahre verzögert. Dieser Rückfall erfolgt kompensationslos. Schon nach einem Jahr Bauverzug fällt eine Strafgebühr in Höhe von 20 Prozent des Investitionsvolumens an.7)

Um Immobilienkäufer und Projektentwickler zu schützen, werden in den Städten zwei verschiedene Registersysteme geführt, eines für Grundstücke, das andere für Gebäude. Auch bei Veräußerung und Belastung werden Grundstücke und Gebäude getrennt behandelt.

Diese Register sind nicht mit dem deutschen Grundbuch zu Vergleichen. Es besteht zwar eine Eintragungspflicht, rechtliche Konsequenzen aus Eintragung oder Unterlassung werden aber im Eigentumsgesetz nicht genannt. Die Register genießen auch keinen vergleichbaren öffentlichen Glauben.8) Die gesetzlichen Vorschriften und Regularien zu den Registern wurden im Laufe der Jahre immer weiter ausgebaut. Seit 2006 bereits werden die Vereinbarungen zu Immobilientransaktionen in den Registern festgehalten. Das dient dem Schutz von Käufern, damit der Verkäufer das gleiche Objekt nicht mehreren Parteien gleichzeitig verkaufen kann. Ebenso werden laut Eigentumsgesetz Einsprüche im Register aufgenommen, wenn also der Verdacht vorliegt, dass die Eintragungen im Register falsch sind.9)

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es in China kein Privateigentum an Boden gibt und die Städte über große Freiheiten in der Gesetzgebung verfügen und sich somit der Markt aus rechtlicher Sicht sehr heterogen gestaltet. Ein gutes Beispiel für die rechtliche Unsicherheit in China ist die Frist für Landnutzungsrechte. Das Urban Real Estate Management Law von 1994 verlangte von den Inhabern des Landnutzungsrecht, dass diese eine Erneuerung der Frist ein Jahr vor deren Ablauf beantragen müssen. Das Eigentumsgesetz von 2007 änderte diese Regelung dahingehend, dass die Frist bei genutztem Land sich automatisch erneuert. Das Bodenverwaltungsgesetz in seiner Neufassung von 2009 änderte diese Regelung, indem es regelt, eine automatische Erneuerung komme nur im Einklang mit den Vorgaben der Zentralregierung erfolgen.10) Dies lässt für die Zukunft noch einigen Spielraum für die Regierung und gewährleistet keine rechtliche Sicherheit für Immobilieneigentümer, deren Liegenschaften nach Ablauf der Landnutzungsfrist per Gesetz an den Staat fallen würden. Ob sich auch ausländische Investoren darüber immer im Klaren sind kann bezweifelt werden.

Belastung des Grundstücks

Hypothekenkredite sind auch in der Volksrepublik China möglich. Hypotheken können für jedes Gebäude, fertiggestellt und im Bau befindlich, und für bauliche Landnutzungsrechte aufgenommen werden.11) Es dürfen aber keine Rohstoffe und kein Kollektiveigentum belastet werden. Hypotheken gelten auch nur für offiziell kommerzialisiertes Land. Das kann bei Joint Ventures ausländischer Unternehmen zu Problemen führen, denen oft Grundstücke rein administrativ zugeteilt werden, ohne Nutzungsrechte zu übertragen.12)

Hypotheken auf Gebäude und Landnutzungsrechte stehen in China in einem wechselseitigen Verhältnis. Das heißt, wenn eine Hypothek auf ein Gebäude aufgenommen wird, so gilt die Hypothek auch für das Landnutzungsrecht, auf welchem sich das Gebäude befindet. Umgekehrt verhält es sich genauso: Wird eine Hypothek auf einen Teil des Landnutzungsrechts aufgenommen sind davon auch alle Gebäude auf diesem Teil betroffen. Diese Regelung gilt nicht für Gebäude, die erst nach der Hypothekenaufnahme errichtet werden.13) Unklar ist, was mit Hypotheken passiert, wenn das Landnutzungsrecht entzogen wird oder die Frist ausläuft. Muss der Schuldner weiterhin die Hypothek abbezahlen, obwohl die Immobilie dem Staat zugefallen ist? Oder werden die Banken für die ausstehenden Forderungen entschädigt?

Seit 2007 ist eine negative Entwicklung in der Regulierung von Hypotheken zu beobachten. Durch das Eigentumsgesetz fiel das Verbot von exzessiven Hypotheken auf Immobilien. Zuvor regelte das Sicherheitsgesetz, dass die Hypothekensumme nie den eigentlichen Wert der Immobilie überschreiten darf, egal wie viele Hypotheken aufgenommen wurden. Durch den Wegfall dieser Regelung ist es in China seit 2007 möglich, Immobilien über Wert zu beleihen.14)

Wechselhafte Gesetzeslage

Um einen kurzen Einblick in die Gesetzeslage zu gewähren werden im Folgenden einige wichtige Immobiliengesetze mit einer Erläuterung angegeben. Diese Zusammenstellung ist bei weitem nicht vollständig, verdeutlicht aber die zunehmenden Markteingriffe durch den chinesischen Gesetzgeber.

- 2002: Der Verkauf von Landnutzungsrechten ist nur noch über öffentliche Auktionen und Ausschreibungen zulässig.15) Ein landesweites Land-Banking wird eingeführt. Städte und Gemeinden wurden von der chinesischen Regierung dazu aufgefordert "Land Banks" zu gründen, welche die Landnutzungsrechte in den öffentlichen Auktionen und Ausschreibungen aufkaufen und dann an die Privatwirtschaft weiterverkaufen. Damit sollte die Korruption eingeschränkt werden und die Vergabe von Landnutzungsrechten staatlichen Interessen folgen. Bisher existieren über 2 000 solcher Land Banks in China und es wird von vielen Seiten Kritik geäußert, dass sie am Preisanstieg für Immobilien eine Hauptschuld tragen. Die Verkaufsgewinne fließen letztendlich den Städten zu, welche somit großes Interesse an kontinuierlich steigenden Immobilienpreisen haben.16)

- 2007: Das Eigentumsgesetz gesteht öffentlichen und privaten Eigentumsinteressen die gleichen Rechte zu. Darüber hinaus wurde die Rechtslage zu Landnutzungsrechten, Hypotheken und Registereinträgen grundlegend geändert.17)

- 2005 bis 2007: Um der Überhitzung des Immobilienmarktes zu begegnen, werden die staatlichen Kontrollfunktionen bezüglich der Immobilienwirtschaft verschärft. Die chinesische Regierung setzte dabei auf makroökonomische Maßnahmen. Es kam zum Verbot der Anhäufung von Landnutzungsrechten in Unternehmen, ohne dass Entwicklungs- und Baumaßnahmen eingeleitet wurden. Die Vergabe von Hypothekarkrediten durch die staatlichen Banken wurde limitiert. Die Städte wurden dazu verpflichtet das Angebot an kleinen und preiswerten Wohneinheiten massiv auszuweiten.

- 2008: Die Ausweitung der staatlichen Kontrolle führte zu einem Absinken des Wirtschaftswachstums in China. Daraufhin wurden im vierten Quartal 2008 die harten Beschränkungsmaßnahmen gelockert und die Kreditvergabe wieder unlimitiert ausgeweitet. Hypothekenzinsen wurden von der People's Bank of China auf 4,28 Prozent gesenkt.

- 2009: Das Finanzministerium erlässt zahlreiche Maßnahmen, um die geschwächte Immobilienwirtschaft zu stärken und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Die Maßnahmen umfassten die temporäre Außerkraftsetzung der Bodenwertsteuer für Privatpersonen und der Grunderwerbssteuer, die Senkung des Hypothekenzinssatz auf 20 Prozent des Leitzinses und die Verringerung der Anzahlungssumme für Erstwohnungskäufer auf 20 Prozent des Kaufpreises.18)

- 2010: Städte, welche die staatlichen Vorgaben zum sozialen Wohnungsbau nicht erfüllen, dürfen keine Grundstücke für Luxusimmobilien anbieten. Die Erwerber von Zweitwohnungen müssen 50 Prozent des Kaufpreises anzahlen. In Shanghai und Chongqing wird versuchsweise eine Grundsteuer eingeführt.19)

- 2012: Ausländische Privatpersonen dürfen nur noch eine Wohnimmobilie in China besitzen und das auch nur, wenn sie mindestens ein Jahr in China gearbeitet haben. Ausländische Firmen dürfen nur Büroimmobilien erwerben und auch nur in der Stadt, in der sie registriert sind.20)

Die Gesetzgebung versucht ständig, den unterschiedlichen Interessen gerecht zu werden. Zum einen werden schnelle, harte Maßnahmen ergriffen, um eine unkontrollierte Überhitzung des Immobilienmarktes zu verhindern, gleichzeitig soll aber auch der soziale Wohnungsbau gefördert werden und das Wirtschaftswachstum konstant hoch bleiben. Rechtliche Sicherheit gestaltet sich anders und es bleibt abzuwarten, welche neuen Maßnahmen durch das zuletzt zurückgegangene Wirtschaftswachstum und den zunehmenden Druck auf den Immobilienmarkt ergriffen werden.

Fußnoten

1) Vergleiche Thümmel, M.: Bodenordnung und Immobilienrecht in der Volksrepublik China, Hamburg 1995. S. 67 ff.

2) Vergleiche ebenda; Hsing, Y. (2010): S. 5 ff.

3) Vergleiche Thümmel, M. (1995): S. 144 ff.; Hsing, Y. (2010): S. 16 ff.

4) Vergleiche Stricker, S.: VR China Immobilienrecht, in: Bundesstelle für Außenhandelsinformation (Hrsg.) Internationales und ausländisches Wirtschafts- und Steuerrecht, Köln, Berlin 1995, S. 1 - 25: S. 5 ff.

5) Vergleiche Thümmel, M. (1995): S. 144 ff.

6) Vergleiche Thümmel, M. (1995): S. 144 ff.; Rao, X./Zhou, Y.: China's Real Estate Market: Mid-Term Correction and Long-Term Growth, in: The Chinese Economy, Vol. 43/2 2010, S. 24.

7) Vergleiche Stricker, S. (1995): S. 9 f.

8) Vergleiche Stricker, S. (1995): S. 5 ff.; Thümmel, M. (1995): S. 197.

9) Vergleiche Robinson, S./Wei, J./Zou, M. (2009): China's property law: Impact on the real estate sector, in: Journal of Property Investment and Finance, Vol. 27/2 2009, S. 206 ff.

10) Vergleiche Fung, H.-G./Jeng, J.-L./Liu, Q. (2010): Development of China's Real Estate Market, in: The Chinese Economy, Vol. 43/1 2010, S. 88 f.

11) Vergleiche Robinson, S./Wei, J./Zou, M. (2009): S. 211.

12) Vergleiche Thümmel, M. (1995): S. 215 ff.

13) Vergleiche Robinson, S./Wei, J./Zou, M. (2009), S. 211.

14) Vergleiche ebenda, S. 212.

15) Vergleiche Rao X./Zhou, Y. (2010): S. 24.

16) Vergleiche Ma, W./Tian, L. (2009): Government intervention in city development of China: A tool of land supply, in: Land Use Policy, 26/2009, S. 601.

17) Vergleiche Robinson, S./Wei, J./Zou, M. (2009): S. 203.

18) Vergleiche Rao X./Zhou, Y. (2010): S. 25.

19) Vergleiche Cantwell, T./Rivers, S. (2012): S. 178.

20) Vergleiche ebenda.

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