Infrastruktur-Finanzierung

Hamburg mit ÖÖP-Projekt zur Schulsanierung auf neuen Wegen?

Die Stadt Hamburg beschreitet auf dem Gebiet kommunaler Bau- und Sanierungsvorhaben unter Einbeziehung von externen Partnern neue Wege. Nach rund einjähriger Verhandlungsdauer hat die Hansestadt den Neubau beziehungsweise die Sanierung von insgesamt 32 Schulen sowie deren langfristigen Betrieb an einen Partner vergeben.

ÖÖP statt PPP ein Hamburger Versuch

Das Hamburger Vorhaben ist das zweite große Projekt dieser Art in Deutschland. Es unterscheidet sich jedoch in einem wesentlichen Punkt von dem Modell des Landkreises Offenbach, der vor drei Jahren rund 100 Schulen im Zuge eines klassischen Public-Private-Partnership-Konzeptes (PPP) sanieren ließ. In Offenbach wurden die Leistungen europaweit ausgeschrieben und schließlich an private Konsortien um Hochtief und SKE vergeben. In Hamburg hingegen war früh klar, dass die Leistungen durch die Saga-GWG erbracht werden sollten. Das Wohnungsunternehmen befindet sich im Eigentum der Stadt, sodass für das Schulprojekt in Hamburg bald der Begriff einer Öffentlich-Öffentlichen Partnerschaft (ÖÖP) geprägt wurde.

Mit der Privatisierung des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK), einer Gesellschaft, in der die städtischen Krankenhäuser zusammengefasst sind, hatte der Senat der Stadt Hamburg unter Bürgermeister Ole von Beust bereits deutlich gemacht, beim Betrieb von öffentlichen Einrichtungen neue Ansätze zu verfolgen. Nach den Krankenhäusern Schulen in den Mittelpunkt der Bemühungen zu stellen, schien folgerichtig, da hier - wie in anderen Städten auch - der zum Teil schlechte bauliche Zustand besonders augenfällig war. Insgesamt betreibt die Behörde für Bildung und Sport im Hamburger Stadtgebiet rund 400 Schulen. Für das Pilotprojekt hatte der Senat 54 Schulen im Hamburger Süden die Teilnahme an diesem Programm angeboten, von denen sich 32 dafür entschieden.

Nach einem aufwendigen Verfahren, in dessen Verlauf insgesamt rund 300 einzelne Gebäude begutachtet wurden, konnte Ende Juni 2007 ein Vertrag zwischen der Stadt und der GWG Gewerbe Gesellschaft für Kommunal- und Gewerbeimmobilien mbH, einem Unternehmen des Saga-GWG-Konzerns, geschlossen werden. Gegenstand war neben der Sanierung und dem Neubau der langfristige Betrieb der Schulen. Die Zahlungspflicht seitens der Stadt besteht damit aus zwei großen Komponenten: Einem in Zins- und Tilgung aufgespaltenen Leistungsentgelt, welches das für die Bau- und Sanierungsleistung aufgenommene Kapital bedient, und einem ungefähr gleich großen Anteil, der die Betreiberleistungen honoriert.

Die Bauleistungen erstrecken sich über einen Zeitraum von fast sechs Jahren, da die Arbeiten parallel zum Unterricht verlaufen müssen. Die Schulstandorte wurden zwar einheitlich am 1. Juli 2007 für 25 Jahre von der GWG Gewerbe übernommen, die Verpflichtungen für die Stadt aus der ersten Zahlungskomponente entstehen jedoch erst mit der Fertigstellung des jeweiligen Schulstandortes. Hierbei handelt es sich um eine Forderung der GWG Gewerbe gegen die Stadt. Da diese Forderung der Höhe und dem Zeitpunkt nach bestimmbar ist, konnte sie zwecks Finanzierung der Baumaßnahmen an eine Bank - in diesem Fall die Eurohypo AG - veräußert werden. Über die Vertragslaufzeit werden die Mittel zurückgeführt.

Einredeverzicht der Stadt Hamburg

Die Stadt erklärt der Bank gegenüber, auf alle Einreden und Einwendungen aus dem Vertragsverhältnis zwischen ihr und der GWG Gewerbe zu verzichten. Damit greift für die ausgereichten Mittel die Bonität der Stadt. Unter Risikogesichtspunkten folgt die Finanzierung damit bekannten Mustern. Komplexer war für die Eurohypo die Gestaltung der Finanzierungsstruktur, bei der es galt, über die gesamte Vertragslaufzeit eine der Höhe nach einheitliche Zins- und Tilgungsleistung für die Stadt als Schuldnerin der Forderung zu generieren. Neben der Einbindung der KfW mit ihren festen und zudem ratierlichen Förderstrukturen waren dabei auch die zeitlich über knapp sechs Jahre verteilten Baubeginne in eine einheitliche Rate zu "glätten".

Insgesamt wird die stadteigene Gesellschaft über die Bauzeit gut 270 Millionen Euro investieren, wovon die Eurohypo rund 200 Millionen Euro finanziert. Den restlichen Betrag wird die Stadt während der Bauzeit unmittelbar leisten.

Klassisches PPP, beispielsweise im nahe gelegenen schleswig-holsteinischen Schwarzenbek beim Neubau eines Gymnasiums erst vor kurzem umgesetzt und von der Eurohypo finanziert, setzt im Sinne der Konformität mit den Zurechnungsparametern von Eurostat unter anderem voraus, dass wesentliche Risiken auf den privaten Partner verlagert werden. Diesem Ansatz widerspricht der in diesem Fall durch die Stadt abgegebene Einredeverzicht, der im Falle von Leistungsstörungen die Möglichkeit der Kürzung der Zahlung seitens der Stadt gegenüber der Bank ausschließt.

Dies ist aber nur die eine Seite der Medaille. Versetzt man sich in die Situation der Stadt und geht davon aus, dass auf Leistungsstörungen bilateral und ohne Kürzungen der Ratenzahlung reagiert werden kann, so sind aus dieser Sicht durchaus bauliche und - wohl noch wichtiger - Preis- und Mengenrisiken während der Betriebsphase transferiert worden. Zudem wird die über Jahrzehnte geübte Praxis beendet, die laufende

Instandhaltung der Schulen überwiegend nach Haushaltslage und nicht nach baulichen Notwendigkeiten durchzuführen. Wenn der Vertragspartner der Stadt seinen Verpflichtungen nachkommt, so dürften bauliche Zustände von heute 25 Jahre alten Schulen bei den zum Hamburger Projekt gehörenden Objekten in 25 Jahren nicht anzutreffen sein.

Mit dem stadteigenen Saga-GWG-Konzern verfügt Hamburg über eine Gesellschaft, die neben der Stellung von Wohnraum - jeder sechste Bürger der Stadt lebt in einer Saga-GWG-Wohnung - auch in der Entwicklung von Quartieren und damit häufig auch bei der Entschärfung von sozialen Brennpunkten aktiv ist. Diese Kompetenz vor Augen erscheint es nicht verwunderlich, dass sich die überwiegende Mehrzahl der in Hamburg angefragten Schulen für eine Teilnahme an dem Programm entschieden hat. Die Vergabe an die stadteigene Gesellschaft hat sicher auch dazu beigetragen, politische Bedenken gegen das Projekt auszuräumen.

Nutzung kommunaler Marktkenntnisse

Kommunale Wohnungsbaugesellschaften verfügen zudem über geschultes, mit dem Umfeld und den Aufgaben vertrautes Personal und über einen guten Überblick über den Markt für Bau- und Handwerkerleistungen. Vor allem letzteres ist in der Betriebsphase einer Immobilie im Rahmen eines PPP-Projekts von großer Bedeutung. Mit ihrem Know-how dürften stadteigene Gesellschaften vermutlich auch im Rahmen europaweiter PPP-Ausschreibungswettbewerbe durchaus gute Chancen auf einen Zuschlag haben.

Gegen die Inhouse-Vergabe - beim Hamburger Beispiel von der Kommune an eine Gesellschaft in kommunalem Besitz -, an die die EU-Kommission übrigens hohe Anforderungen stellt, und für ein Verfahren im Wettbewerb spricht ein klassisches Argumente: Preise und Leistungen bilden sich am besten im Wettbewerb und beide Parteien sollten im Rahmen ihrer Vertragsverhandlungen möglichst gegensätzliche Interessen haben. Bindeglied und Entscheidungsgröße ist hierbei letztendlich der Grad der Erfüllung der in den Ausschreibungsunterlagen formulierten Anforderungen.

Aber obwohl die Faktoren eines wettbewerblichen Verfahrens bei einem ÖÖP-Projekt fehlen, scheint es in Hamburg gelungen zu sein, zu guten Ergebnissen zu kommen. So lassen sich die vom Senat veröffentlichten Ergebnisse der Vorteilhaftigkeit gegenüber einer Eigenrealisierung durchaus mit denen klassischer Wettbewerbsverfahren bei PPP messen. Bei der Abwägung des Für und Wider kommt man zu dem Ergebnis, dass das wettbewerbliche Verfahren seinen Sinn im Rahmen der öffentlichen Vergabe hat. Daneben gibt es aber spezielle lokale Konstellationen, die den in Hamburg beschrittenen Weg des ÖÖP ebenfalls als sinnvoll erscheinen lassen.

PPP als neue Assetklasse - bald Realität?

Für die Eurohypo ist der ÖÖP-Ansatz von großem Interesse, da sie von ihrer Ausrichtung als Spezialkreditinstitut mit den Erwartungen und Interessenslagen beider Seiten eines Public Private Partnership vertraut ist. Das Hamburger ÖÖP-Projekt hat darüber hinaus noch einen weiteren Vorteil: Die PPP-Entwicklung in Deutschland leidet an der geringen Anzahl von großvolumigen Projekten. Neben der Effizienz beim Betreiben von Schulen wird dieses Hamburger Projekt quasi als Nebenprodukt dringend benötigte Daten liefern, um bei der Bildung von Benchmarks für die Sanierung und den Betrieb von Schulen vorwärts zu kommen.

Damit könnte erfolgreich der Gefahr begegnet werden, dass "PPP als neue Assetklasse" in Deutschland weiterhin nur auf Seminaren, aber nicht in der Realität stattfindet.

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