Messeausgabe

Hotelfinanzierungen - der Griff nach den Sternen

Geschäftsreisen klingen für viele nach reizvoller Abwechslung und ein wenig nach "Jetset". Am Ende eines langen Geschäftstages sucht der Reisende vor allem eines: eine erholsame Nachtruhe. Geschäfts- oder Urlaubsreisende nehmen Hoteldienstleistungen als selbstverständlich hin und beschweren sich höchstens, wenn der Blick oder die Zimmerkonfiguration nicht dem eigenen Geschmack entspricht. Die geläufigsten Orientierungen sind die Sternekategorien, die Bekanntheit eines Hotelnamens oder eines Betreibers. Hotelfinanzierer steigen allerdings viel tiefer in die komplexe Materie des Hotelbetriebs ein.

Mehr Unternehmen als Immobilie

Als Immobilienart betrachtet weisen Hotels einige sehr spezifische Charakteristika auf, die sich von denen anderer gewerblicher Immobilien unterscheiden. So ist beispielsweise der Cash-Flow eines Hotels im Gegensatz zu anderen Vermögenswerten abhängig vom Hotelbetrieb. Er erfordert daher ein hohes Maß an Erfahrung und Verständnis für das Hotelgeschäft. Hotels müssen, im Gegensatz zu Gebäuden, deren Einkommen auf Grundlage langfristiger Mietverträge erzielt werden, ihre Erträge im Tagesgeschäft erwirtschaften.

Hotels sind die Anlageklasse, die mit als Erste unter einem wirtschaftlichen Abschwung leidet. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Unternehmen, aber auch Privatpersonen, bei einer sich verlangsamenden Wirtschaft zuerst beim Reisen sparen. Ebenso sind Hotels aber auch die Anlageklasse, die als Erste Anzeichen von Erholung zeigt, sobald sich die Lage wieder verbessert, da die Reiseaktivität geschäftsbedingt unmittelbar wieder zunimmt. Dementsprechend ist der Cash-Flow für Hotelinvestoren volatiler und das Geschäft als solches deutlich managementintensiver.

Investoren und Betreiber sollten verstehen, dass Kosten dem wirtschaftlichen Umfeld angepasst werden müssen und in guten Zeiten Reserven für schlechte Zeiten anzusparen sind. Hotelfinanzierungen sind daher keine reinen Immobilienfinanzierungen, sondern weisen vielmehr Merkmale von Unternehmensfinanzierungen auf. Daher ist es äußerst wichtig, dass sich Investoren und Kreditgeber gleichermaßen in diesem Geschäftsfeld auskennen und über detaillierte Kenntnisse und Erfahrungen im Hotelgewerbe verfügen, um konjunkturelle Auf- und Abwärtsbewegungen einschätzen und beurteilen zu können.

Management- und Franchisestatt Pachtverträge

Um ein Hotel "zum Leben zu erwecken" und dann auch am Laufen zu halten, bedarf es neben einem Betreiber und einem Investor auch der nötigen, individuellen Finanzierung. In der Vergangenheit haben Banken in Deutschland besonders stark auf Pachtverträge gesetzt. Diese sollen den Hoteleigentümer und folglich die Banken bis zu einem gewissen Grad vor der Cash-Flow-Volatilität schützen. Volatilität deswegen, weil ein Hotel theoretisch jeden Morgen seine "Mieter" von neuem suchen muss und somit jeden Tag eine Vielzahl von kurzen Mietverträgen abschließt.

Allerdings hat die einstige Dominanz solcher Verträge in Deutschland in den letzten Jahren abgenommen, da die internationalen Hotelketten auch hier immer mehr Management- und Franchiseverträge durchsetzen. Gründe dafür sind offenkundig: Ein Managementvertrag belastet die Bilanz der jeweiligen Hotelkette weniger und eröffnet gleichzeitig die Möglichkeit, schneller zu expandieren. Besonders unter den neuen Bilanzierungsregeln muss ein Pächter am Tag der Unterschrift eines Pachtvertrags eine Rückstellung in Höhe der barwertig abgezinsten Pachtzahlungen für die volle Laufzeit des Vertrags bilden.

Know-how im eigenen Haus

Zusätzlich haben Banken aus der Vergangenheit gelernt: Kreditinstitute verlangen heutzutage nicht nur Marktwert gutachten mit dezidierten Analysen zur strategischen Positionierung, Mikro- und Makrolage, Wettbewerbssituation, externen Einflussfaktoren wie Messen und Flugaufkommen sowie diskontierten Cash-Flow, die von erfahrenen Hotelgutachtern erstellt werden sollten. Vielmehr setzen Banken auch auf entsprechendes Knowhow im Haus selber.

Pachtverträge haben zweifelsohne Vorteile, dennoch gelten heutzutage auch Managementverträge nicht mehr als völlig exotisch. Im Gegenteil. Einige Investoren und Banken bevorzugen sogar den Managementvertrag. Ein Grund dafür ist, dass Managementverträge transparenter sind als die klassischen Pachtverträge. Dies vereinfacht die Risikoanalyse, die bei einer Finanzierung im Mittelpunkt stehen sollte. Da Hotelinvestoren - und infolgedessen auch Finanzgeber - bei Pachtverträgen normalerweise keinen Einblick in die operativen Zahlen haben, werden sie über Probleme viel zu spät informiert und sind nicht mehr in der Lage, proaktiv zu reagieren.

Obwohl der klassische Pachtvertrag vor einem gewissen Downside-Szenario schützen kann, sollte die Pacht aus dem Hotel erwirtschaftet werden können. Wenn ein Betreiber langfristig die Pachtzahlungen nicht aus dem Ertrag des Objekts erbringen kann, wird dies auch Konsequenzen für den Hoteleigentümer und somit auf die Finanzierung haben. Wichtig ist, welche Gesellschaft hinter einem Pachtvertrag steht.

Mit Blick auf die Intransparenz solcher Verträge muss sich die Bank häufig ausschließlich auf die Bonität des Betreibers verlassen. Ferner stehen hinter solchen Pachtverträgen teilweise reine Zweckgesellschaften, die grundsätzlich substanzlos sind. Es wäre hierbei zu bemerken, dass Pachtverträge neben geringerem Downside- auch ein geringeres Upside-Potenzial bieten. Daher finden sich generell auch verschiedene Investorengruppen in den jeweiligen Vertragskonstellationen wieder.

Mit seiner Vielzahl von Betreibern, Vertragsarten und Sternekategorien ist ein Hotelunternehmen eine komplexe Angelegenheit, die ein umfassendes Knowhow verlangt. Es reicht nicht, Verträge und Bilanzen auszuwerten. Es ist wichtig die zugrunde liegende Immobilie, ihr Potenzial und die Geschäftsentwicklung genau zu verstehen - ebenso wie den Investor und seine Kompetenz. Der Fokus liegt hierbei darauf, die erfolgskritischen Faktoren des Hotelgeschäfts einschätzen zu können. Dazu gehört auch die Management-Kompetenz des Kunden.

Kompetenzen kennen

In den letzten Jahren hat die Transparenz auf dem Hotelinvestmentmarkt zugenommen, dies zeigt zum Beispiel der genannte Trend vom Pacht- zum Management-, Franchise- oder Hybridpachtvertrag. Der Investor und die finanzierende Bank haben beide den Anspruch, quartalsweise einen umfassenden Einblick in die operationalen Zahlen zu erhalten. Bei klassischen Pachtverträgen jedoch war dies historisch bedingt nicht gegeben. Schließlich liegt es nicht unbedingt im Interesse des Pächters, dem Verpächter seine Erfolgs- oder Misserfolgszahlen offenzulegen.

Wie erwähnt, sind Hotels zyklisch betriebene Immobilien mit variierendem Cash-Flow. Vergleicht man beispielsweise ein Resort-Hotel auf einer Insel und ein Business-Hotel in einer großen Metropole, werden diese völlig unterschiedliche Kostenstrukturen aufweisen.

Höhere Krisenanfälligkeit

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass das Resort-Hotel den Hauptteil seiner Jahreseinnahmen in einer relativ kurzen Periode macht, während das Business-Hotel aus der Metropole eine sehr viel gleichmäßigere Verteilung derselben verzeichnet. Auch deshalb lassen sich Hotels nicht mit den gleichen Parametern wie andere Immobilien finanzieren. Während der letzten Boomperiode von 2005 bis 2007 zum Beispiel waren Finanzierungen mit einer Loan-To-Value-Ratio von 75 bis 85 Prozent und einer Schuldendeckungsquote von 110 bis 120 Prozent keine Ausnahmen. Im Jahr 2007 wurden weltweit Hoteltransaktionen in Rekordhöhen von 120 Milliarden US-Dollar abgeschlossen, Immobilienwerte erreichten Höchststände (Quelle: Jones Lang Lasalle Hotels Juli 2012). Das änderte sich danach aber schnell. In den Krisenjahren 2008 und 2009 fiel das weltweite Hoteltransaktionsvolumen dramatisch, 2009 belief es sich nur noch auf zehn Milliarden US-Dollar.

Infolge der Krise stiegen die Ausfallraten von Immobiliendarlehen aller Immobilientypen. Dennoch zeigt die Entwicklung der Hotelfinanzierungen in Krisenzeiten Besonderheiten: etwa, dass sich die Ausfallraten in normalen Zeiten auf annähernd gleichem Niveau bewegen wie die Ausfallraten aller anderen Immobilientypen. In Zeiten eines wirtschaftlichen Abschwungs aber verzeichnen Hotels meistens sehr viel mehr Ausfälle. Einer der Hauptgründe hierfür sind die viel zu hohen Beleihungen der Hotels. Eine Hotelfinanzierung sollte auf keinen Fall auf die gleiche Art und Weise strukturiert sein wie andere Immobilienfinanzierungen. Hotels brauchen aufgrund ihres volatileren Cash-Flows zusätzliche Darlehensstrukturen und vor allem diszipliniertere und auskömmlichere Beleihungen. Wäre dieses auch im vergangenen Jahrzehnt geschehen, so hätten die Ausfallraten bei Hotels sehr viel besser ausgesehen und Hotelbesitzer hätten besser schlafen können.

Längere Verhandlungen

Während der vergangen Jahre haben Investoren, Betreiber und Banken viel dazugelernt. Der Markt hat sich erholt und die Banken haben sich neu positioniert. Dennoch: Obwohl der Wirtschaftsraum EMEA (Europa, Naher Osten, Afrika) mehr Hoteltransaktionen im 1. Halbjahr 2012 als im selben Zeitraum des Vorjahres realisiert werden konnte (98 gegenüber 94), sind die Volumina dieser Transaktionen laut Jones Lang Lasalle Hotels mehr als 750 Millionen Euro niedriger, insgesamt 3,6 Milliarden Euro. Noch immer sind viele Investoren auf dem Hotel-Investmentmarkt aktiv und ver fügen über das nötige Eigenkapital. Trotzdem dauert es mittlerweile sehr viel länger, bis Transaktionen zum Abschluss kommen.

Insbesondere für die Due Diligence und Kaufvertragsverhandlung wird sehr viel mehr Zeit verwendet, als dies bislang der Fall war. Unverändert ist jedoch, dass London und Paris noch immer die beliebtesten Hotelmärkte in EMEA für die weltweit tätigen Hotelinvestoren sind. Insbesondere in Paris sind derzeit viele Transaktionen auf dem Markt, welche voraussichtlich im dritten und vierten Quartal dieses Jahres zum Abschluss kommen werden.

Langjährige Hotelexpertise mit fundiertem Know-how ist nicht nur auf Kunden- wie auf Betreiberseite notwendig, auch die finanzierende Bank sollte - wie die Hotelexperten der Aareal Bank - profunde Kenntnisse auf diesem Gebiet aufweisen können. Denn sie greifen ja nicht nur nach den "Sternen" des jeweiligen Objekts, sie müssen auch die zugrunde liegende Immobilie als vielschichtiges und ganz eigenen Regeln unterworfenes Unternehmen verstehen.

Christof Winkelmann , Mitglied des Vorstands , Aareal Bank AG, Wiesbaden
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