MIPIM-Special

Immobilienmärkte: Transparenz als Wettbewerbsfaktor

Transparenz ist ein essenzieller Faktor für die Immobilienmärkte. Die Verfügbarkeit von Daten zu den Miet- und Investmentmärkten steigert die Attraktivität eines Investitionsstandortes und ist damit ein internationaler Wettbewerbsvorteil. Für Immobilieninvestoren beschleunigt sie Entscheidungs- sowie Transaktionsprozesse, senkt Kosten und verbessert das Risikomanagement. Vor allem die Globalisierung hat in den vergangenen Jahren für mehr Durchblick auf den Miet- und Investmentmärkten gesorgt.

Als einer der maßgeblichen Akteure im institutionellen Bereich, investieren Offene Immobilienfonds inzwischen überwiegend außerhalb ihres Heimatmarktes. Damit sind Informationen über die Zielmärkte und daraus abgeleitete Einschätzungen in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Außerdem entsteht durch die Internationalisierung der Kapitalströme ein gewisser Druck auf Regierungen, etwaige Hindernisse aus dem Weg zu räumen, um beispielsweise den bürokratischen Aufwand zu minimieren.

Die Bedeutung von Marktdaten

Die Transparenz eines Immobilienmarktes wird anhand der Verfügbarkeit klassischer Kenngrößen wie beispielsweise dem Bruttoinlandsprodukt oder Arbeitsmarktdaten auf nationaler und regionaler Ebene sowie immobilienwirtschaftlichen Daten wie dem Flächenbestand, Flächenumsatz, Leerstand, Neubauvolumen oder den Mieten bestimmt. Um diese Daten einheitlich messen zu können, hat die Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung (gif) eine Reihe von Definitionen und Richtlinien vorgelegt und damit vor allem dem deutschen Markt zu mehr Transparenz verholfen. Auch Unternehmen wie Bul-wien-Gesa oder Property Market Analysis (PMA) bieten seit geraumer Zeit ein breites Spektrum an Informationen an.

Dennoch gibt es bei der Verfügbarkeit einzelner Daten nach wie vor erhebliche Defizite. Während in den Vereinigten Staaten die Bestände auf Teilmarktebene für verschiedene Marktsegmente (Büro, Einzelhandel, Logistik) problemlos verfügbar sind, ist die Datenlage zu Büroflächen an den A- und B-Standorten in Deutschland erst seit einigen Jahren zufriedenstellend. Dafür waren umfangreiche Bestandsaufnahmen nötig. Deutlich schlechter ist es um Informationen zu den Einzelhandelsflächen der Bundesrepublik bestellt. Die letzte bundesweite Vollerhebung, die Handels- und Gaststättenzählung aus dem Jahr 1993, liegt bereits 17 Jahre zurück.

Was für die Datenbeschaffung an den Mietmärkten gilt, trifft auch auf die Investmentmärkte zu: Der deutsche Markt ist hier wenig durchsichtig, da aus Datenschutzgründen viele Informationen zu Immobilientransaktionen nicht öffentlich zugänglich sind. Gerade Daten zu Käufer, Verkäufer, Kaufpreis und Renditen sind aber von großer Bedeutung. Sie erleichtern die Beurteilung geplanter Investitionen, indem sie Vergleichsmöglichkeiten schaffen.

Zusammenfassend zählen die angloamerikanischen Staaten Australien, USA und Kanada sowie das Vereinigte Königreich zu den weltweit transparentesten Märkten. In Europa gibt es in einigen Ländern noch Defizite. So stößt man beispielsweise in Italien und der Schweiz bei der Suche nach frei zugänglichen Immobilienmarktdaten schnell an Grenzen. Noch schlechter ist es um Informationen zu Lateinamerika und den asiatischen Märkten, mit Ausnahme von Hongkong und Singapur, bestellt. Und das bei zwei Regionen, für die sich global agierende Anleger zunehmend interessieren. Makler können hier zwar teilweise mit Daten über Mieten und Leerstände behilflich sein, Informationen über Investitionen sucht man jedoch meist vergeblich.

Internationaler Transparenzvergleich

Auch wenn es auf den ersten Blick abstrakt erscheint: Die Transparenz eines Marktes wird bei einer Investitionsentscheidung zum wichtigen Wettbewerbsfaktor. Sie kann das Entscheidungskalkül eines Investors, der wie etwa ein Fondsmanager eines Offenen Immobilienfonds mit fremdem Geld verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen hat, maßgeblich beeinflussen. So müssen Investitionen in Ländern, in der die Datenbasis weniger aussagekräftig ist, vorsichtiger getätigt werden. Weil sie mit einem höheren Risiko verbunden sind, wird aus Investmentsicht eine größere Risikoprämie fällig. Damit kann für den gleichen erwarteten Einkommensstrom eines Objektes ein niedrigerer Preis gezahlt werden. Die Anfangsrendite müsste folglich steigen.

Will man, um Orientierungspunkte für den Risikoaufschlag zu haben, die Transparenz einzelner Länder miteinander vergleichen, so kann man sich zunächst mit Hilfe eines etablierten Indikators zur Einschätzung der Transparenz, dem Jones Lang Lasalle-Transparenz-Index (JLL-Index), annähern. Dieser Index basiert auf einer Umfrage unter Immobilienexperten und berücksichtigt in der aktuellen Fassung 82 Märkte. Die Transparenz eines Marktes wird dabei nicht nur als die "Abwesenheit" von Korruption verstanden, sondern auch an Kriterien wie dem Zugang zu Indizes und Zeitreihen zur Performancemessung festgemacht. Zudem erfasst die Erhebung, ob immobilienspezifische Marktdaten, insbesondere Miet-, Leerstandsangaben und Renditeangaben, vorhanden sind. Schließlich wird darauf geachtet, ob der Marktteilnehmer nach ethischen Standards handelt und Gesetze sowie regulatorische Vorgaben konsequent anwendet und widerspruchsfrei interpretiert.

Gestiegene Professionalität in den Immobilienmärkten

Neben 20 Hauptfragen werden mit weiteren Fragen die Wertermittlung und die Möglichkeit der Fremdfinanzierung abgedeckt. Die Ergebnisse werden zu einer Gesamtkennzahl zusammengefasst. Dieser Messwert ermöglicht es anschließend, den jeweiligen Immobilienmarkt auf einer Skala einzuordnen. Diese unterteilt die Märkte in fünf Ausprägungen, von "hoch transparent" bis "undurchsichtig". Die jüngste Auswertung des JLL-Index bestätigt die eingangs gemachte Aussage: Die globalen Immobilienmärkte sind in den vergangenen Jahren transparenter geworden.

Die Professionalität ist also gestiegen. Und auch nach dieser Auswertung sind es die nordamerikanischen Märkte in Kanada und den USA, die als besonders transparent angesehen werden. Ähnlich gut ist es um Australien, Neuseeland sowie die europäischen Märkte Großbritannien, Niederlande, Frankreich, Schweden und Belgien bestellt. Sie alle liegen in der Spitzengruppe. Deutschland folgt dicht dahinter im europäischen Mittelfeld. Ergibt sich für Märkte innerhalb eines Landes ein heterogenes Bild, ist es sinnvoll, stärker zu differenzieren. Ein gutes Beispiel ist China: Während dort die sogenannten Tier-1-Städte mit einem Transparenz-Rating im Mittelfeld bewertet werden, landen die Tier-2- und Tier-3-Städte eine Klasse darunter. Gerade bei den großen Emerging Markets sollten internationale Investoren daher die regionalen Besonderheiten nicht aus den Augen verlieren.

Marktreife und Risiko

Die Betrachtung der Transparenz alleine reicht nicht aus, wenn ein global agierender Investor "faire" Risikoaufschläge betrachten, Investitionsprozesse strategisch planen und schließlich eine am Immobilienzyklus orientierte Steuerung betreiben will. Dazu sind neben Marktdaten und der Transparenzeinschätzung noch weitere Informationen von Bedeutung. Wichtig ist es, das jeweilige institutionelle Umfeld zu bewerten, indem neben der Transparenz weitere Aspekte eine Rolle spielen. Stets sollten auch das Liquiditätsrisiko und die Bonität eines Landes ins Kalkül gezogen werden.

Institutionelle Faktoren, die für den Investmentprozess eine Rolle spielen, sind etwa das politische System, Rechtsstaatlichkeit und Eigentumsrechte, die Freiheit des internationalen Handels, das Vorhandensein regulatorischer Handelsbarrieren und Kapitalmarktkontrollen sowie die Handhabung bürokratischer Transaktionen in einem Land.

Für das Liquiditätsrisiko eines Landes ist dessen Marktgröße entscheidend, sie wirkt sich unmittelbar auf das Exitrisiko aus. Die Marktgröße korreliert zudem in direkter Weise mit der Professionalität und damit auch der Marktreife eines Immobilienmarktes. Da aber tatsächliche Angaben über die Größe für die wenigsten Märkte in vergleichbarer Form vorliegen, verwendet die Deka-Bank bei ihren Analysen eine Approximation, die auf verschiedenen wirtschaftlichen Indikatoren beruht.

Datenaggregation zu einem Score-Wert

Die Bonität eines Landes wird mit Hilfe von Länderratings gemessen. Dafür verwendet das Institut den Deka Country Risk Indicator (DCRI), ein etabliertes Maß für das Ausfallrisiko von Staatsanleihen und Transferrisiken. Dem DCRI liegen sowohl Experteneinschätzungen zu den politischen Rahmenbedingungen eines Landes zugrunde, vor allem aber ein Messwert zu harten ökonomischen Daten wie BIP-Wachstum, Inflationsvolatilität, Wechselkurse, Verschuldung.

Um diese Informationen zu bündeln, haben Immobilienmarktanalysten einen Indikator entwickelt, der die beschriebenen Faktoren zu einer Gesamtkennzahl aggregiert und damit das Risiko von Investmentmärkten bewerten kann. Der Deka Real Estate Country Score (DIRECS) ordnet jedem Land einen Messwert zwischen 0 und 100 zu. Ein Wert von 100 signalisiert dabei das bestmögliche Rating, ein Wert von null das schlechteste, wobei den DIRECS-Werten bestimmte Investmentstrategien zugeordnet werden können.

Mit Hilfe des Indikators lassen sich wertvolle Schlussfolgerungen ziehen: Investoren mit geringem Risikoappetit werden sich typischerweise in Ländern mit DIRECS-Werten zwischen 80 und 100 umsehen, während sich risikobewusste Investoren auf der Suche nach höheren Erträgen auch in Ländern mit niedrigerer Risikoeinstufung engagieren sollten.

Differenzierung der Märkte in Europa

Dort müssten die Anfangsrenditen entsprechend höher sein. Länder mit einem Rating größer oder gleich 50 befinden sich im sogenannten Investmentgradebereich, während in den Ländern mit einem DIRECS-Wert unter 50 die Risiken so hoch erscheinen, dass sie für ein Investment in einem Offenen Immobilienfonds üblicherweise nicht infrage kommen. Als fokussierter Core-Investor tätigt Deka Immobilien ihre Immobilieninvestments schwerpunktmäßig in den etablierten und liquiden Immobilienmärkten beziehungsweise Wirtschaftsmetro-polen, die einen DIRECS-Wert größe 80 aufweisen.

Tabelle 2 zeigt die Analyseergebnisse einer Auswahl von Ländern im Investmentgradebereich. An der Spitze, im risikoärmsten Core-Segment, steht auch hier neben Nordamerika und Australien in erster Linie Westeuropa. Der Blick auf die größeren Staaten der europäischen Währungsunion zeigt deutliche Unterschiede im Risikoprofil. So werden die Niederlande, Frankreich und Deutschland dem Core-Segment zugeordnet, während die Immobilienmärkte in Belgien, Spanien oder Irland als risikoreicher eingestuft werden. Italien und Portugal befinden sich im Balanced-Segment und Griechenland gar in der vierten Risikoklasse, im Bereich Value Added.

Transparenz als Wettbewerbsfaktor

Auch wenn der Zusammenhang zwischen einer Risikoklasse und einer (theoretisch) gerechtfertigten Anfangsrendite beschrieben wurde, so darf die Einteilung in die verschiedenen Segmente nicht darüber hinweg täuschen, dass auch in

den Ländern mit höherem Risiko kurzfristig sehr niedrige Anfangsrenditen gezahlt werden können. Irland ist hier für das beste Beispiel. Im langfristigen Vergleich sollten international tätige Investoren dieses Risikokalkül nicht vernachlässigen.

Zyklische und damit kurzfristige Ausschläge und Ausreißer ändern nichts daran, dass Transparenz ein Wettbewerbsfaktor für die Immobilienmärkte ist, der neben der Marktreife, den institutionellen Gegebenheiten und der Bonität eines Landes eine geplante Investition beeinflusst.

Trotzdem kann aus einer hohen Transparenz nicht automatisch ein geringeres Investitionsrisiko oder gar eine Renditegarantie abgeleitet werden. Zu viele Faktoren spielen hier eine Rolle. Wenn beim Fußball "die Wahrheit auf dem Platz liegt", so liegt sie bei einem Immobilieninvestment in der Lage und im Objekt - und hier steckt der Teufel oft im Detail. Transparenz, Marktdaten und institutionelles Umfeld unterstützen zwar, ersetzen aber nicht die Expertenanalyse vor Ort.

Torsten Knapmeyer , Vertriebsvorstand , DekaBank, Frankfurt am Main
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