Schwerpunkt: Bewertungsfragen

Liquiditätsbeschaffung durch Revalutierung

Die Kreditkrise verschont auch die börsennotierten Immobilienunternehmen in Deutschland nicht. Einige Immobilienwerte büßten innerhalb eines Jahres bis zu drei Viertel ihrer Börsennotierung ein. Und das, obwohl eine Studie des Beratungsunternehmens Pricewaterhouse Coopers (PwC) dem deutschen Markt eine positive Entwicklung in Aussicht stellt. In der aktuellen Situation ist die Beschaffung von Liquidität über den Kapitalmarkt schwierig. Die Revalutierung der vorhandenen Immobilienbestände ist eine Möglichkeit, um neues Kapital für Investitionen freizusetzen und aussichtsreiche Gelegenheiten am Markt zu nutzen.

Mehr Freiräume für Investitionen dank Revalutierung

Dass die Immobilien- und Finanzkrise an den deutschen Immobilienunternehmen spurlos vorbeizieht, war sicher nicht zu erwarten. Doch angesichts der positiven Aussichten für den Immobilienmarkt hierzulande überraschen die deutlichen Kurseinbrüche bei nahezu allen Immobilienaktien auch deshalb, weil institutionelle Investoren aus dem Aus- und Inland ihr Interesse am deutschen Wohnimmobilienmarkt bekundet haben und ihr Engagement wieder verstärken wollen. Anleger haben jedoch unter dem Einfluss der internationalen Kreditkrise ihr Vertrauen in die Immobilienwerte eingeschränkt und investieren weniger in Immobiliengesellschaften.

Gleichzeitig haben viele Banken im Zuge der Kreditkrise die Mittelvergabe zurückgefahren und ihre Kreditrichtlinien verschärft. Dadurch steht nicht nur weniger Fremdkapital zur Verfügung, sondern auch die Zinsaufwendungen für die Refinanzierung der Investitionen sind deutlich gestiegen - unter anderem auch durch die allgemeinen Zinserhöhungen.

Eine schwierige Situation für die Immobilienunternehmen, die gerade jetzt Liquidität gebrauchen könnten. Denn die Kursverluste an der Börse haben dazu geführt, dass vor allem die gut geführten Wohnimmobilienbestände einiger Unternehmen jetzt deutlich unterbewertet sind. Eine solche Marktsituation lädt Investoren zur Schnäppchenjagd ein. Doch dazu fehlt es den Immobiliengesellschaften an entsprechenden Mitteln, was sie zwingt, bei der Finanzierung neue Wege zu beschreiten. Eine Lösung kann die Revalutierung der vorhandenen Immobilienbestände sein. Sie bietet den Unternehmen die Möglichkeit, auch in der angespannten Lage am Kreditmarkt Fremdkapital zu generieren und neue Liquidität zu erhalten.

Die Neubewertung der vorhandenen Wohnimmobilienbestände der Immobiliengesellschaften deckt verborgenes Finanzierungspotenzial auf. Bei vielen Wohnungsbeständen ist die Weiterentwicklung der Immobilien seit Ankauf noch nicht berücksichtigt. Dabei können für den Bewertungsansatz so wichtige Komponenten wie Leerstand und Jahresnettokaltmiete bei der Neubewertung erheblich zur Erweiterung des Kreditrahmens beitragen. Eine Erhöhung des jährlichen Cash-Flows durch die Mieterträge muss dabei nicht nur auf die Reduzierung des Leerstandes zurückzuführen sein.

Erweiterte Finanzierungsmöglichkeiten durch Cash-Flow-Ansatz

Auch durch eine Sanierung und Aufwertung der Wohnimmobilien können höhere Mieten und damit ein höherer Cash-Flow erzielt werden. Welche Bedeutung dem Faktor Cash-Flow bei der Revalutierung der vorhandenen Immobilienbestände zukommt, verdeutlicht der folgende Beispielfall (siehe Kasten): Ein Immobilienunternehmen strebt die Wandlung eines Gesellschafterdarlehens von acht Millionen Euro aus einem vier Jahre zurückliegenden Portfolioankauf an. Ziel ist es, dadurch zusätzliche Liquidität für neue Investitionen zu gewinnen.

Der Ankauf des Wohnimmobilienportfolios wurde im Jahr 2004 mit 30 Millionen Euro fremdfinanziert. Das Portfolio mit 1 300 Wohneinheiten auf insgesamt 73 000 Quadratmetern Wohnfläche wies zu diesem Zeitpunkt einen Leerstand von 30 Prozent auf. Die Jahresnettokaltmiete lag bei 2,7 Millionen Euro. Seit Übernahme des Bestandes konnte das Unternehmen den Leerstand auf zehn Prozent reduzieren und erzielt in 2008 eine Jahresnettokaltmiete von 3,87 Millionen Euro.

Der Marktwert des Immobilienbestandes wird zum Zeitpunkt der Revalutierung mit 41 Millionen Euro neu bewertet. Auf Basis dieser Informationen legt die ursprünglich finanzierende Bank ein Refinanzierungsangebot vor. Bei der Bewertung setzt die Bank den Darlehensbetrag ins Verhältnis zum stichtagsbezogenen Marktwert des Immobilienbestandes. Unter Anwendung dieses LTV-orientierten (Loan-to-Value) Bewertungsansatzes räumt die Bank eine Kreditlinie in Höhe von 30 Millionen Euro ein.

Praxisbeispiele: Wirkung der Kreditvergabepraxis

Dagegen das Alternativangebot einer anderen Bank: Diese berücksichtigt die erhöhten Zahlungsströme mittels eines Cash-Flow-orientierten Ansatzes. Der durch die Steigerung der Mieterträge verbesserte Cash-Flow ermöglicht eine Kreditzusage in Höhe von 36 Millionen Euro. Die erweiterte Kreditlinie erlaubt so dem Unternehmen die Teilablösung des Gesellschafterdarlehens in Höhe von sechs Millionen Euro und setzt Mittel für Investitionen frei. Bei beiden Angeboten wurde mit dem gleichen Zinsdeckungsgrad (ICR) gerechnet - allerdings legte die ursprünglich finanzierende Bank ihr Hauptaugenmerk auf einen LTV von maximal 75 Prozent, wohingegen die ablösende Bank ihre Betrachtung ausschließlich auf den ICR legte. Somit konnte eine Erhöhung des Darlehensbetrages auf 36 Millionen Euro bei gleichem ICR (7,64 Prozent) erreicht werden.

Kein Wundermittel zur Unternehmenssanierung

Das dargelegte Beispiel verdeutlicht, welchen Einfluss die Kreditvergabepolitik der jeweiligen Banken auf den Umfang der Kreditzusage hat. Vor diesem Hintergrund kann es sich für ein Unternehmen auszahlen, seinen Finanzierungspool zu erweitern. Denn eingefahrene Finanzierungsabläufe schränken nicht nur die Kreditmöglichkeiten ein, sondern verschenken oft auch Zinsvorteile über den Wettbewerb unter den Banken.

Hier kann die Dienstleistung eines Finanzierungsbrokers eine Alternative zur Hausbankverbindung sein. Finanzierung Suchende Unternehmen profitieren vom Wissenspool der Vermittler. Die Kenntnis der Vergabekriterien der jeweiligen Bank und der unterschiedlichen Anforderungen an die Antragstellung erhöht nicht nur die Erfolgsquote. Das Finanzierung suchende Unternehmen spart auch die Kosten einer eigenen aufwendigen Recherche nach Finanzierungspartnern.

In der aktuell angespannten Lage am Kreditmarkt kann die Revalutierung der Immobilienbestände Liquidität schaffen. Voraussetzung dafür sind gut geführte und nicht bereits überschuldete Portfolios. Hier sind Unternehmen im Vorteil, die über ein funktionierendes Asset Management verfügen und den Fokus auf die Weiterentwicklung ihrer Bestände legen. Dabei gilt es, Cash-Flow-orientiert zu wirtschaften und die Zahlungsströme durch Mietzahlungen zu erhalten oder gar auszubauen. Unternehmen, die ihr Asset Management im Griff haben, können in schwierigen Börsenphasen aus Revalutierung ihrer Bestände neues Investitionspotenzial schöpfen.

Francesco Fedele , CEO , BF.direkt AG, Stuttgart
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