Portfoliostrategie

Liquiditätskosten bei Immobilientransaktionen

In vielen Segmenten des Immobilienmarktes kommt es nur sporadisch zu Transaktionen. Es bestehen keine Orderbücher wie bei Wertpapierbörsen. Wer eine Immobilie verkaufen möchte, muss erst auf eine zu Verhandlungen bereite Gegenpartei warten und sieht als Verhandlungsergebnis einem unsicheren Preis entgegen. Die Arbeit definiert Liquiditätskosten als marktgerechtes Äquivalent für diese beiden Nachteile von Transaktionen (Wartezeit, Preisunsicherheit) aufgrund der nicht perfekten Marktliquidität. Die Berechnung der Liquiditätskosten wird anhand der Daten für 90 Immobilientransaktionen illustriert, die in sechs Marktsegmente fallen. Die hierfür ermittelten Liquiditätskosten liegen zwischen einem und sieben Prozent. Dies zuzüglich der hier nicht betrachteten Kosten für Makler, Notar und Steuern.

Kein perfekter Markt

Die Liquidität von Wertpapierbörsen wird durch die Kosten eines Kaufs zum Ask mit gleich anschließendem Verkauf zum Bid ausgedrückt. Zur Messung der Liquidität wird das Orderbuch herangezogen und virtuell der Roundtrip in höherer Quantität vorgenommen.1) Bei Immobilienmärkten bestehen hingegen keine gut gefüllten Orderbücher. Wer am Sekundärmarkt Immobilien verkaufen (oder kaufen) möchte, hat zwei Nachteile gegenüber Transaktionen in einem Markt perfekter Liquidität. Erstens vergeht Zeit, bis eine Gegenseite gefunden und ein Vertrag abgeschlossen ist. Zweitens ist der schließlich vereinbarte Preis unsicher und wird vom Durchschnitt der letzten Transaktionspreise im betreffenden Marktsegment abweichen.

Die Preisunsicherheit geht auf verschiedene Zufälligkeiten zurück: Situative Umstände, Verhandlungsgeschick der Parteien, Einschätzung der Gegenpartei von Mikrolage und Bauqualität. Diese Zufälligkeiten wirken sich bei jeder Transaktion anders auf das Preisergebnis der Verhandlungen aus. Die Preisabweichungen sind außerdem größer, wenn die Erneuerungsrate des Marktes geringer ist, mit der alternative Gegenparteien eintreffen. Wartezeit und Preisunsicherheit sind insgesamt um so nachteiliger, je weniger liquide das Segment des Immobilienmarktes ist.2)

Beide Nachteile, die Wartezeit und die Preisunsicherheit, können bewertet werden, indem sie in einem Kapitalmarkt repliziert werden. Der ihnen äquivalente Geldbetrag oder Prozentsatz bewertet die Nachteile der geringeren Liquidität des Immobilienmarktes und stellt folglich Kosten für dessen nur mittlere Liquidität dar. Liquiditätskosten werden hier als Kapitalmarktäquivalent jener beiden Nachteile (Wartezeit, Preisunsicherheit) verstanden, die mit Transaktionen verbunden sind, weil der Markt nicht perfekt liquide ist. Diese Liquiditätskosten sind um so höher, je länger die typischen Wartezeiten sind und je stärker die Preise in einem Marktsegment streuen.

Herkömmliche Messungen der Marktliquidität sind auf Börsen bezogen. Sie unterstellen ein hinreichend gefülltes Orderbuch, womit von der Wartezeit abgesehen wird und bei Kenntnis des Orderbuches auch keine Unsicherheit hinsichtlich des Preises besteht, zu dem eine gewünschte Transaktion erfolgen kann.3)

Zufälliger Abschlusspreis

Eine geringere Liquidität eines Marktsegmentes zeigt sich in der Zeit für das Warten bis eine Gegenpartei kommt, die schließlich in die Transaktion einwilligt und in Abschlägen und Zuschlägen im Vergleich zu einem mittleren Preis. Dieser mittlere Preis ergibt sich aus den tatsächlichen Transaktionen der jüngsten Vergangenheit (und soll als "Wert" angesprochen werden).4)

Die Preisvariation ist nicht planbar, sondern zufällig veränderlich. Ein Investor mit dem Wunsch zu verkaufen (oder zu kaufen) ist der geringen Resilienz des Segmentes ausgesetzt, also mit dem Sachverhalt konfrontiert, dass andere Marktteilnehmer als mögliche Gegenseiten nur sporadisch eintreffen. Dabei kann durchaus der Fall eintreten, dass ein Investor mit Verkaufswunsch eine Gegenpartei trifft, die unbedingt kaufen möchte, sodass eventuell der Verkäufer sogar einen Preiszuschlag er halten kann. Oder ein Investor mit Kaufwunsch trifft schließlich eine Gegenpartei, die unbedingt verkaufen möchte, sodass ein Preis unter dem Wert vereinbart wird.

Bei allen Transaktionen kommen ein Verkaufswunsch und ein Kaufwunsch ungeordnet zusammen. Deshalb kann in dieser Marktsituation (ohne Orderbuch) nicht gesagt werden, der Abschlusspreis sei bei einem Verkaufswunsch geringer und bei einem Kaufwunsch höher. Je nach den als zufällig anzusehenden weiteren Umständen wie Einschätzung der Details des Objektes oder Verhandlungsgeschicke der beiden Parteien liegt der Transaktionspreis über oder unter dem Durchschnitt der Transaktionspreise der jüngsten Vergangenheit im entsprechenden Segment.

Wartezeit und Preisvariation

Ein jeder Marktteilnehmer, der sich eine Transaktion vornehmen möchte, ist mithin mit zwei Nachteilen konfrontiert. Sie sind aufgrund der nicht perfekten Liquidität des Sekundärmarktes für Immobilien systembedingt:

- Erstens muss auf eine Gegenseite, mit der es schließlich zu einem Abschluss kommt, gewartet werden. Diese Wartezeit ist zwar unsicher, doch können typische Wartezeiten aus der Handelsfrequenz im Marktsegment abgeleitet werden.

- Zweitens ist der Preis, zu dem schließlich ein Abschluss getätigt wird, zum Zeitpunkt der Entscheidung, verkaufen oder kaufen zu wollen, noch unsicher.

Um eine Erwartung über den Abschlusspreis zu bilden, kann der mittlere Preis (etwa ein Quadratmeterpreis) von vergleichbaren Transaktionen der jüngsten Vergangenheit herangezogen werden. Die Einschätzung der Unsicherheit des Preises erfolgt anhand der Standardabweichung vergleichbarer Abschlüsse der jüngsten Vergangenheit. Beide Nachteile, die typische Wartezeit und die Unsicherheit über den schließlich zustande kommenden Preis, hängen von der Liquidität des Segmentes ab, also insbesondere von der Erneuerungsrate des Marktes sowie von der Form und Organisation des Handels.5)

Über alle Investoren hinweg gesehen besteht eine Möglichkeit zur Substitution von Wartezeit und Preisvariation. Selbstnutzer und Vermieter werden dabei individuell unterschiedliche Optima haben. Aus diesen Gründen ist die durch Wartezeiten und Preisvariation ausgedrückte Liquidität segmentspezifisch. Im Nachfolgenden sollen die in einem Marktsegment bestehenden, typischen Wartezeiten und die anzutreffende Preisvariation ermittelt und mit einer Kostengröße assoziiert werden. Diese Liquiditätskosten sind also eine für das Segment typische Größe. Ob ein einzelner Investor durch persönliches Suchverhalten oder individuelles Verhandlungsgeschick günstigere oder weniger günstige Ergebnisse erzielen kann, wird nicht untersucht.

Empirische Bestimmung

Da die Liquiditätskosten als eine für das Marktsegment spezifische Größe zu bestimmen sind, werden nur Merkmale des Marktes herangezogen, nicht aber individuelle Charakteristika (wie Suchverhalten, Verhandlungsgeschick) von Investoren oder weitere Details der Einzeltransaktionen. Zunächst werden die typische Wartezeit im Segment und die anzutreffende Preisvariation bestimmt.

An zufälligen Zeitpunkten treffen Interessenten ein. Dieser Vorgang wird einem Poissonprozess entsprechen. Die Zwischenankunftszeiten sind also exponential verteilt. Die mittlere Zwischenankunftszeit ergibt sich aus der Anzahl der Transaktionen geteilt durch die gesamte Zeitdauer, welche die Stichprobe umfasst. Das Orderbuch soll leer sein, weshalb es keine wartenden Transaktionswünsche gibt. Dann ist die typische Zeitdauer zwischen der Entscheidung (zu verkaufen oder zu kaufen) sowie Abschluss und Ausführung, mithin die typische Wartezeit, gleich der mittleren Zwischenankunftszeit. Das ist der Kehrwert der Handelsfrequenz.

Wenn ein Investor die ernsthafte Entscheidung trifft, zu kaufen respektive zu verkaufen, bildet er eine Preiserwartung in Höhe des arithmetischen Durchschnitts der letzten Transaktionen in dem Segment. Eventuell werden dabei Trends berücksichtigt. Das Segment soll klein umrissen sein, sodass die Transaktionen als vergleichbar angesehen werden können. Der Investor hat dazu eine Vorstellung, welche Peer Group für Vergleiche herangezogen werden soll. Dabei kann den üblichen Einteilungskriterien wie Lage und Standort, Qualität und Verwendungszweck, Alter und Phase gefolgt werden. Für die Transaktionen der jüngsten Vergangenheit in dieser Peer Group wird die Standardabweichung der Abschlusspreise berechnet. Ein Segment ist um so liquider, je geringer die typische Wartezeit und die relative Standardabweichung der Abschlusspreise sind.

Diese Deskription der Transaktionen wird hier für sechs Segmente/Peer Groups vorgenommen. Grundlage bilden insgesamt 90 Transaktionsdaten, wobei nur Monat und Quadratmeterpreis vorliegen, aber keine weiteren Einzelheiten. Vier der Peer Groups sind in Deutschland, zwei in Singapur. Der ostasiatische Staat ist allein zur Illustration einbezogen worden.

Die Transaktionen in Deutschland werden den Gruppen Logistik, Büro City, Boxes, und High Street zugeordnet. Die Immobilien "Logistik" befinden sich an kleineren Standorten. "Büro City" sind Büroräumlichkeiten in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, München. "Boxes" sind Fachmarktzentren beziehungsweise Fachmärkte und Verbrauchermärkte. "High Street" sind Objekte in den Haupteinkaufslagen und Fußgängerzonen von A- und B-Städten (ohne Shoppingcenter) mit überwiegender Handelsnutzung und zum Teil Nutzung für Büros und Wohnen. Neben Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, München befinden sich die einbezogenen High Street Objekte in Bonn, Essen, Köln, Mannheim, Münster und Wiesbaden. Die Daten wurden von IPD zur Verfügung gestellt.

Zwei der sechs Segmente gehören zum Sekundärmarkt in Singapur für Wohnanlagen, wobei Selbstnutzer ebenso wie Vermieter als Käufer und Verkäufer auftreten. Bei Lakeshore handelt es sich um ein seit 2003 etabliertes Kondominium mit 841 Wohnungen im Stadtteil Jurong im Osten Singapurs, bei Waterfront Waves um ein 2011 bezugsfertig gewordenes Kondominium mit 405 Wohnungen im Stadtteil Bedok im Westen Singapurs. Transaktionsdaten werden von der Urban Redevelopment Authority URA publiziert.

Während Selbstnutzer auf spezielle Details wie die Mikrolage achten, hat für Investoren und Vermieter der Mietpreis pro Quadratmeter dominante Bedeutung. Dieser variiert kaum mit der Mikrolage der Einheit. Mietverträge weichen wenig von dieser als im Markt gegebenen Größe des Mietpreises pro Quadratmeter ab. Daher würde die Mikrolage die beobachtbare Preisvariation allenfalls zu jenem Teil erklären, zu dem Selbstnutzer in dem Marktsegment auftreten. Alle hier betrachteten Segmente haben einen hohen Anteil von Käufern und Verkäufern aus dem Kreis von gewerblichen Investoren. Deshalb sind die beobachteten Preisvariationen praktisch vollständig der nicht perfekten Liquidität zuzuschreiben.

Die Orientierung an Quadratmeterpreisen entspricht einem hedonischen Modell mit dem einzigen Faktor der Fläche. Selbstverständlich bieten hedonische Modelle mit mehreren Faktoren Verfeinerungen. Um die Möglichkeit wesentlicher Preiseinflüsse durch weitere Faktoren zu berücksichtigen, wurden auch in den hier vorliegenden Datensätzen ein Drittel mit den höchsten und den geringsten Quadratmeterpreisen statistisch wie Ausreißer behandelt und normalisiert. Die im Bild gezeigten Preisvariationen beziehen sich daher auf Transaktionen, die mit nichtextremen Preisabschlüssen zustande kamen. Wer sich entscheidet, zu verkaufen (oder zu kaufen), geht das Risiko ein, dass der am Ende der typischen Wartezeit realisierte Preis von der Preiserwartung (Wert, Durchschnitt der letzten Transaktionspreise) abweicht. Dieses Preisrisiko ist mit dem allgemeinen Marktrisiko korreliert.

Kapitalmarkttheoretische Bewertung

Denn wie Studien zeigen, sind eine positive Entwicklung am Aktienmarkt, ein positiver Konjunkturverlauf und ein Aufwärtsdruck bei Preisabschlüssen in den Immobilienmärkten assoziiert - auch wenn es dabei feine Phasenunterschiede gibt. Ebenso gehen negative Entwicklungen an der Börse, abträgliche konjunkturelle Entwicklungen und nachgebende Preise bei Immobilienabschlüssen einher.6) Das bedeutet: Das mit einem Transaktionswunsch einhergehende Preisrisiko kommt dem stochastischen Verhalten der Kursentwicklung des Marktindexes gleich. Das Preisrisiko bei einem Verkaufswunsch ist daher (von hier irrelevanten unsystematischen Risiken abgesehen) gleich dem Vielfachen eines Exposures im Marktindex.

Wie hoch das Vielfache ist, ergibt sich aus einem Vergleich der Volatilität der Immobilienpreise und der Volatilität der Aktienkurse, die den Marktindex bestimmen. Um das Vielfache zu bestimmen, wird zunächst die Volatilität der Immobilienpreise auf Jahresbasis ausgedrückt. Die Umrechnung wird mit der Quadratwurzel-Regel vorgenommen. Sie besagt, dass sich die Varianz (zeitlich unkorrelierter stochastischer Prozesse) proportional mit der Zeit verändert, weshalb die Standardabweichung proportional zur Wurzel aus der Zeit ist. Ein Zahlenbeispiel erläutert die Argumentation:

- Hat der Immobilienpreis, bezogen auf eine typische Wartezeit von beispielsweise drei Monaten eine Standardabweichung von 25 Prozent, so beträgt (bei Fortschreibung der stochastischen Verhältnisse) die Standardabweichung der Preise auf ein Jahr (das sind vier mal drei Monate) doppelt so viel, denn die Wurzel aus 4 ist 2. Die doppelte Standardabweichung von 25 Prozent ist 50 Prozent.

- Die auf ein Jahr hochgerechnete Preisvariabilität von 50 Prozent ist zweieinhalbmal so groß wie die Volatilität der Rendite des Marktportfolios, die empirisch gesehen bei 20 Prozent (bezogen auf Jahresbasis) liegt. Das Preisrisiko der Immobilientransaktion hat also ein Beta von 2,5.

- Im Kapitalmarkt beträgt die mit dem Marktportfolio verbundene Risikoprämie fünf Prozent. Bei einem Beta von 2,5 Prozent ist auf das Jahr bezogen die Risikoprämie daher 12,5 Prozent.

- Nun dauert die Wartezeit zwischen Entscheidung für Verkauf oder Kauf und Abschluss mit einer Gegenpartei nur ein Vierteljahr, weshalb die Risikoprämie für die Wartezeit 3,25 Prozent beträgt.

Anders ausgedrückt: Wäre der Investor, statt einen Verkauf zu wünschen und nach zwei Monaten auszuführen, für dieselbe Zeit ein Long-Exposure im Marktportfolio zur selben Volatilität eingegangen, so wäre dies mit einer Prämie von 3,25 Prozent verbunden. Beim Verkauf hatte er das Risiko, nicht aber die Prämie erhalten. Die Prämie sind für ihn daher Kosten. Umgekehrt könnte ein Immobilieninvestor das transaktionsbedingte Preisrisiko eines Verkaufswunsches auch hedgen und müsste dazu für die Dauer der typischen Wartezeit eine Short-Position im Marktindex eingehen. Dies im Umfang des entsprechenden Betas. Die Kosten dafür wären im Zahlenbeispiel 3,25 Prozent.

Liquiditätskosten für die sechs Segmente

Das Risikoäquivalent der Preisunsicherheit ist eine erste Komponente der Liquiditätskosten. Eine zweite kommt hinzu, weil zwischen dem ernsthaften Transaktionswunsch und dem Ausführungszeitpunkt eine Wartezeit vergeht. Im Finanzmarkt werden später erfolgende Zahlungen diskontiert. Der Diskontsatz dürfte aus zwei Gründen höher als der Zinssatz für Geldanlagen sein.

Erstens ist die genaue Zeitdauer zwischen dem Marktzutritt und dem Vertragsabschluss mit einer Gegenseite unsicher - wir haben eine "typische" Wartezeit als Erwartungswert dieser Zeitspanne betrachtet. Geldgeschäfte mit unsicherer Laufzeit sind anders einzuschätzen als solche mit fester Laufzeit. Zweitens wurde in der Behavioral Finance beobachtet, dass auch institutionelle Investoren bei Fristen unterhalb eines Jahres die finanzmathematische exponentielle Diskontierung aufgeben und durch eine hyperbolische Diskontierung ersetzen.7) Das bedeutet, dass sie im kurzfristigen Bereich stark ungeduldig werden, wo es um Zahlungen, Vertragsabschlüsse oder Settlements geht. Aus beiden Gründen ist ein hoher Zinssatz anzunehmen. Nachfolgend wird zunächst mit einem Diskontsatz von 25 Prozent gerechnet, anschließend mit zehn Prozent.

Die Tabelle stellt die Ergebnisse für die dargelegte Bewertung von Wartezeit und Preisrisiko für die empirisch betrachteten sechs Segmente dar. Insgesamt liegen die Liquiditätskosten bei den vier deutschen Segmenten zwischen fünf und sieben Prozent. Rund die Hälfte sind als Prämie oder Kosten für die Preisunsicherheit aufzufassen, während der Rest den Sachverhalt bewertet, dass das Settlement erst nach der Zeit für die Suche nach einer Gegenpartie erfolgt.

Wenn die Wartezeit mit weniger als 25 Prozent pro Jahr bewertet wird, ändern sich die Ergebnisse etwas. Deshalb könnten für die Höhe der Diskontierung genauere Untersuchungen herangezogen werden. Doch selbst bei Zinskosten von nur zehn Prozent entstehen beachtliche Zinskosten für die Wartezeit zwischen 0,34 Prozent und 1,48 Prozent. Die Liquiditätskosten bewegen sich immer noch zwischen drei und vier Prozent für die vier deutschen Marktsegmente. Wie erwähnt, fallen diese Liquiditätskosten in dieselbe Kategorie wie Kosten für Makler, Notar und Steuern. Diese Kosten sind einer Person bewusst, die Interesse oder Rechte an einem Immobilienportfolio hat. Liquiditätskosten werden indes leichter übersehen. Oder sie sind zwar der Natur nach im Bewusstsein der Berechtigten, nicht aber ihrer Größe nach bekannt.8)

Rollierende Ermittlung für wenige Cluster

Insgesamt zeigt der Ansatz, wofür Kosten für Transaktionen in nicht perfekt liquiden Märkten anfallen: Mit Entscheidung für Verkauf oder Kauf beginnt eine Such- und Wartezeit mit unsicherem Ausgang, vor allem was den späteren Abschlusspreis betrifft. Das entsprechende Risiko ist mit dem Marktrisiko korreliert, weshalb die Transaktion einem Exposure in dem Marktportfolio entspricht. Die im Kapitalmarkt für das Halten des Marktportfolios entstehende Prämie kompensiert Marktteilnehmer für das Exposure. Diese Prämie wird auf Transaktionen im Immobilienmarkt umgerechnet. Die entsprechende Prämie ebenso wie die Zinskosten für die Zeit zwischen Transaktionswunsch undausführung stellen die Liquiditätskosten dar.

Die Untersuchung zeigt, dass sich die Liquiditätskosten von Investitionsobjekten in Deutschland für verschiedene Peer Groups nur wenig unterscheiden. Deshalb könnte die Liquidität durchaus für größere Zusammenfassungen (Cluster von Peer Groups) berechnet werden. Ähnlich sind es auch bei den Immobilien in anderen Ländern jeweils nur wenige Cluster, die sich letztlich der Liquidität nach unterschieden. Die beachtlichen Differenzen zwischen den Liquiditätskosten der Cluster von Deutschland (Investitionsobjekte) und Singapur (Wohnanlagen) zeigen, dass zwischen größeren Clustern von Segmenten des Immobilienmarktes große Unterschiede bei den Liquiditätskosten bestehen dürften. Daher wird angeregt, einige wenige größere Cluster zu bilden und für sie die Liquiditätskosten zu bestimmen und zu publizieren.

So, wie sich bei Aktien die Volatilitäten ändern, kann sich die Liquidität im Immobilienmarkt - charakterisiert durch typische Wartezeit und die Preisvariation - ändern: Es gibt ruhige und turbulente Zeiten auch hinsichtlich der Liquidität. Um aktuelle Grundlagen für das Portfoliomanagement und die Berichterstattung bei Immobilien zu haben, wird empfohlen, die Liquiditätskosten periodisch zu aktualisieren. Anzuregen ist, die Liquiditätskosten für einige wenige Cluster rollierend zu ermitteln und als Indizes interessierten Parteien zur Verfügung zu stellen.

Fußnoten

1) Abdourahmane Sarr und Tonny Lybek: Measuring Liquidity in Financial Markets. IMF Working Paper 02/232. Die Kosten für eine virtuelle Runsreise im Orderbuch werden seit einigen Jahren an Börsen für Wertpapiere ermittelt, siehe: Deutsche Börse AG, Xetra Research: Der Market Impact: Liquiditäsmaß im elektronischen Wertpapierhandel. Die Bank 7 (2002), Seiten 485-489.

2) Bernhard Köhler und Klaus Spremann: Liquiditätsmessung bei Immobilien. Immobilien & Finanzierung 10 (2013), Seiten 332-334.

3) Ein Markt ist perfekt liquide, wenn ein Transaktionswunsch (Verkauf oder Kauf) zeitlich unmittelbar und ohne transaktionsbedingte Preisabschläge oder Preiszuschläge (Market Impact) realisiert werden kann. Bei einem hoch liquiden Markt besteht ein gut gefülltes Orderbuch: 1. Für jeden Preis-Tick sind Order mit entsprechender Limite vorhanden (Markttiefe), insbesondere liegen Bid und Ask eng zusammen. 2. Die Limite überspannen einen großen Bereich (Marktbreite), was dem Marktgeschehen Stabilität gibt. 3. Hereinkommende (unlimitierte) Order werden ohne Wartezeit ausgeführt und es kommt durch sie zu keinen größeren Preisbewegungen (Sofortigkeit der Ausführung). 4. Ein leer werdendes Orderbuch füllt sich immer wieder (Erneuerungskraft des Marktes, Resilienz).

4) Die Zeitreihe der für die Durchschnittsbildung herangezogenen Preise kann einen Trend zeigen. Die in Preisverhandlungen eintretenden Parteien werden dann ihre Wertvorstellungen nicht einfach als Durchschnitt historischer Preise bilden. Vielmehr werden sie bei der Erwartungsbildung die Dynamik des Marktes berücksichtigen.

5) Wenn beispielsweise der Handel im Segment von Maklern geprägt wird, so zeigt sich deren Neigung, selbst ein eigenes Orderbuch aufzubauen und dann Zuteilungen vorzunehmen. Die Präsenz von Maklern erhöht daher die Wartezeit und verringert die Preisvariation. Sodann können Investoren mit großer Geduld und finanziellen Möglichkeiten die Funktion eines Marktmachers ausüben. Sie werden dazu im Markt dauerhaft mit einer latenten Handelsbereitschaft präsent und bieten preislich limitierte Offerten. Es gäbe dann ein Orderbuch, allerdings sind die gestellten Bid und Ask sehr weit auseinander (keine Markttiefe), weil die dauerhaft präsenten Investoren nur zu Transaktionen bereit sind, wenn die Preise für sie ausgesprochen gut sind.

6) Urs Gammeter und Pascal Gantenbein: Konjunkturelle Risikofaktoren am Schweizer Immobilienmarkt. Die Volkswirtschaft. (Februar 2010), 54-55.

7) Shane Frederick, George Loewenstein, Ted O'Donoghue: Time Discounting and Time Preference: A Critical Review. Journal of Economic Literature 40 (2002) 2: 351-401.

8) Christoph Kaserer und Sebastian Stange beklagen, dass selbst bei Aktienportfolios die Liquidität "sträflich vernachlässigt" wird. Börsen-Zeitung 247 (20. Dezember 2008). Kaserer und Stange berichten für Aktien über Liquiditäskosten in der Grössenordnung von 100 Basispunkten, die indes in Augenblicken mit kritischem Aktienhandel bis auf 300 Basispunkte hochschnellen. Umfangreiche Daten zu den Liquiditätskosten bei Wertpapieren bieten: Deutsche Börse AG, Xetra Research: Der Market Impact: Liquiditäsmaß im elektronischen Wertpapierhandel. Die Bank 7 (2002), Seiten 485-489.

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