Schwerpunkt Wohnungs- und Städtebaupolitik

"Mehr Strategie und weniger Wahlkampfgetöse"

Schon lange nicht mehr stand der Bereich des Wohnens und der Stadtentwicklung so im Vordergrund des politischen Diskurses wie 2013. Mietsteigerungen, Wohnungsnot, Gentrifizierung lauteten die Schlagzeilen bereits Ende vergangenen Jahres - also schon bevor der Bundestagswahlkampf überhaupt begonnen hatte. Der Wettbewerb der Parteien um die schärfsten Positionen ließ nicht lange auf sich warten.

Mietrecht

Beim heiß diskutierten Thema Mietrecht setzte die SPD bereits Ende Februar auf Angriff und brachte im Rahmen ihrer Vorschläge zum bezahlbaren Wohnen unter anderem die Begrenzung von Mietsteigerungen ins Spiel. Begrüßenswert aus Sicht der Wohnungswirtschaft ist dabei lediglich die Tatsache, dass sich die vorgeschlagene Deckelung nach dem Willen der SPD nur auf bereits bestehende Wohnungen, nicht aber auf neu gebaute Wohnungen beziehen soll. Neben dem SPD-Wahlprogramm fand dieser Vorschlag auch Eingang in den Programmentwurf von Bündnis 90/Die Grünen - hier mit dem Zusatz, dass sich die Begrenzung auf zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete in Gebieten, in denen Wohnungsmangel herrscht, beschränken soll.

Wahlkampfgetöse mit Folgen: Wider Erwarten erheben nun selbst CDU/CSU exakt diese Forderung in ihrem Regierungsprogramm. Ein deutlicher Kurswechsel, hatten CDU/CSU doch bislang jegliche Mietbegrenzungen abgelehnt. Die Linke will gar, dass Kommunen Höchstmieten festlegen dürfen und Mieterhöhungen bei Neuvermietung generell unzulässig sind. Allein die FDP sieht - wie auch die Wohnungswirtschaft - in einer Mietpreisbremse keinen Sinn, denn diese führt im Endeffekt nicht dazu, dass eine einzige Wohneinheit mehr gebaut wird. Mit unkalkulierbaren Eingriffen in das Mietrecht doktert man an den Symptomen herum. Das eigentliche Problem löst man so aber nicht - im Gegenteil: Es wird nach hinten verschoben und dadurch verschärft, weil der Neubau durch Mietendeckel ausgebremst wird und der steigenden Nachfrage nicht mehr hinterherkommen kann.

Vermögensteuer

Uneinig sind sich die Parteienlager beim heftig debattierten Thema Vermögensteuer. Während die SPD sich für die Wiedereinführung einer Vermögensteuer einsetzt, die der besonderen Situation des Mittelstandes, von Personengesellschaften und Familienunternehmen Rechnung trägt, plant Bündnis 90/Die Grünen sogar eine Vermögensabgabe. Nach deren Auslaufen soll eine Vermögensteuer folgen, die Belastungen des Betriebsvermögens auf maximal 35 Prozent des Gewinns begrenzt und damit verhindert, dass Unternehmen in ihrer Substanz betroffen werden. Auch wenn die Grünen damit keine Substanzsteuer, sondern eine Gewinnabgabe gestalten wollen, hätte ein Unternehmen dennoch - unter Einbeziehung von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer - Gewinnabgaben von rund 75 Prozent zu schultern. Das wäre eine extreme Belastung für die Wohnungswirtschaft.

Damit wären die Unternehmen kaum in der Lage, noch ausreichend Eigenkapital für die gerade aktuell so wichtigen Investitionsvorhaben in den Wohnungsneubau zu bilden. Die Wohnungswirtschaft begrüßt daher die Haltung der aktuellen Regierungsparteien CDU/CSU und FDP, die eine Vermögensteuer und die sich daraus ergebende Substanzbesteuerung kategorisch ablehnen. Da das (Betriebs-) Vermögen der Wohnungsunternehmen zu fast 90 Prozent aus Grundbesitz (also den Wohnungsbeständen) besteht, käme nach ersten vorsichtigen Schätzungen auf die Wohnungsunternehmen im GdW - unter der Annahme einer Bewertung der Grundstücke und Gebäude mit dem Verkehrswert und einem Vermögensteuersatz von einem Prozent - eine jährliche Belastung von bis zu einer Milliarde Euro zu.

Dies entspräche rund einem Zehntel der derzeit laufenden Investitionen von rund zehn Milliarden Euro jährlich. Die Wiedereinführung der Vermögensteuer, wie sie auch Die Linke verschärft fordert, hätte folglich erhebliche negative gesamtwirtschaftliche Auswirkungen. Sollte es tatsächlich zu einer Wiedereinführung der Vermögensteuer kommen, muss zumindest das betriebsnotwendige Betriebsvermögen (Produktivvermögen) von der Besteuerung ausgenommen werden. Sonst drohen rückläufig Investitionen, höhere Mieten oder Verkäufe von Wohnungspaketen.

Energieeinsparung

Schaut man sich die Pläne der Parteien beim Thema Energieeinsparung an, könnten der Wohnungswirtschaft einige "dicke Brocken" drohen. Bündnis 90/Die Grünen fordert beispielsweise im Klimaschutzgesetz ein verbindliches Ziel und will die Sanierungsquote auf drei Prozent erhöhen. Dazu soll die Modernisierungsumlage von elf auf neun Prozent abgesenkt und auf die energetische Sanierung sowie den altersgerechten Umbau beschränkt werden. Die Linke setzt sich gar für die unverhältnismäßige Reduzierung der Umlage auf nur noch fünf Prozent ein. CDU/CSU fordern, den Energieverbrauch bis 2020 um 20 Prozent und Stromverbrauch um mindestens zehn Prozent in Gebäuden zu vermindern.

Aus Sicht des GdW würde gerade jetzt, wo die Immobilienwirtschaft immer wieder vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen steht, eine sehr hohe verbindliche Sanierungsquote allerdings jegliches wirtschaftliches Handeln der Wohnungswirtschaft untergraben und wäre auch trotz Förderung und Planungssicherheit nicht leistbar. Die Wohnungswirtschaft ist darüber hinaus kein Spielball, den man beliebig zwischen energetischen Anforderungen durch die Energiewende und mietrechtlichen Vorschriften hin und her treiben kann. Die energetische Sanierung von Wohngebäuden muss wirtschaftlich tragbar und sozial verträglich gestaltbar bleiben, sonst werden die Wohnungsunternehmen sie nicht mehr durchführen können.

Bisher haben sich Freiwilligkeit und Flexibilität in den Maßnahmen bestens bewährt - nicht umsonst haben die deutschen Wohnungsunternehmen im europäischen Vergleich bereits seit Jahren eine Spitzenposition in Bezug auf das bereits erreichte Energieeffizienzniveau inne.

Auch in Deutschland ist die GdW-Wohnungswirtschaft dem Markt bei der energetischen Sanierung um sieben Jahre voraus. Erst im Jahr 2019 wird der Gesamtmarkt energetisch das erreicht haben, was bei den Beständen der GdW-Unternehmen im Durchschnitt bereits heute Realität ist. Die Wohnungswirtschaft unterstützt daher die Forderung der FDP, keine Zwangsmaßnahmen zu verordnen, sondern auf ein Anreizsystem zu setzen. Die Energiewende im Gebäudebereich ist nur zu schaffen, wenn die Unternehmen unter der Maßgabe der Wirtschaftlichkeit handeln können. Hier sind die KfW-Programme zentrale Anreize sowohl für den Wohnungsbau als auch die Gebäudesanierung. Es ist ein positives Signal, dass SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen die Programme aufstocken beziehungsweise weiterentwickeln sowie CDU/CSU endlich für verlässliche Rahmenbedingungen sorgen wollen, die Sicherheit für Investitionen und Planungen schaffen.

Die Pläne der derzeitigen Oppositionsparteien SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, die Städtebauförderung zukünftig verlässlich und deutlich höher auszustatten und die Programme weiterzuentwickeln, begrüßt der GdW vollumfänglich. Angesichts der drastisch zunehmenden Herausforderungen - demografischer Wandel, die Notwendigkeit energetischer Sanierungen im Gebäudebestand und der strukturelle Wandel der Wohnungsmärkte, der sich regional unterschiedlich vollzieht - reichen die jetzt im Bundeshaushalt vorhandenen 455 Millionen Euro für die Städtebauförderung nicht aus. Die Mittel müssen dringend aufgestockt werden. Andernfalls wird sich die bundesweit zu beobachtende Problematik der Wohnungsmärkte deutlich verschärfen, da ein freifinanzierter Umbau zwar betriebswirtschaftlich möglich, für viele Menschen in Deutschland aber nicht mehr sozial verträglich sein wird.

Kritisch sieht der GdW die Erwägung von CDU/CSU, neue Förderschwerpunkte festzulegen. Ohne eine Erhöhung der Mittel für die Städtebauförderung darf es eine weitere Verteilung auf noch mehr Förderschwerpunkte nicht geben. Notwendig ist gerade auch das Programm "Soziale Stadt", welches in den letzten Jahren drastisch zusammengekürzt wurde, wieder mit mehr Mitteln auszustatten.

Soziale Wohnraumförderung

Positiv wertet der GdW die Forderung sowohl von CDU/CSU als auch von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen an die Länder, die kürzlich bis Ende 2019 bewilligten Bundesmittel für die soziale Wohnraumförderung zweckgebunden einzusetzen. Gerade angesichts der immer akuteren Knappheit an günstigen Wohnungen in städtischen Ballungsräumen ist die Fortsetzung der Mittel auf bisherigem Niveau von 518 Millionen Euro ein wichtiges Signal. Es darf jedoch nicht passieren, dass die Länder dieses Geld zur eigenen Haushaltskonsolidierung verwenden.

Ebenfalls begrüßt der GdW, dass sich CDU/CSU und FDP zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Wohnungsneubau die degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA) wieder einführen möchte, auch wenn der GdW eher auf eine Verdopplung der linearen AfA setzt. Das kann dazu beitragen, das Wohnungsangebot in Ballungsregionen zu erweitern.

Auch die von CDU/CSU sowie von den Oppositionsparteien erhobene Forderung, das Wohngeld zu stärken, befürwortet der GdW ausdrücklich. Es handelt sich dabei um ein treffsicheres und zielgenaues Instrument, damit Menschen mit niedrigerem Einkommen angemessen wohnen können. Angesichts der weiterhin stark steigenden Energiepreise sollte auch über die bereits von der SPD angeregte Wiedereinführung des Heizkostenzuschusses nachgedacht werden. Denn gerade in der kalten Jahreszeit treffen die Heizkosten einkommensschwache Haushalte besonders hart.

Altersgerechtes Wohnen

Nicht zuletzt muss der zunehmenden Nachfrage nach altersgerechten Wohnungen dringend durch den Abbau von Barrieren begegnet werden, wie ihn alle fünf derzeit im Bundestag vertretenen Parteien mehr oder weniger ausführlich in ihren Programmen fordern. Denn im Zuge des demografischen Wandels wird bis 2030 die Zahl der über 80-Jährigen um rund 60 Prozent zunehmen. Bereits bis zum Jahr 2020 brauchen wir Studien zufolge etwa drei Millionen altersgerechte Wohnungen. Nicht alle Menschen brauchen dabei völlige Barrierefreiheit. Der GdW begrüßt die Sichtweise der FDP, dass oft auch die kostengünstigere Barrierearmut ausreicht, um ein selbstständiges und selbstbestimmtes Wohnen bis ins hohe Alter realisieren zu können. Kritisch sieht der GdW, dass auch in diesem Jahr für das Programm "Altersgerecht Umbauen" der KfW Bankengruppe keine Mittel bereitgestellt wurden. Hier muss eine konkrete Zusage her, wieder in die Förderung dieses Segments einsteigen zu wollen.

Letztlich braucht die Wohnungswirtschaft zügig mehr Strategie und weniger Wahlkampfgetöse. Wir brauchen mehr Taten und weniger Worte. Denn: Ein Zuwachs an bezahlbaren Wohnungen in Deutschland ist nur mit einem Bündel von Maßnahmen zu erreichen. Welche Parteien nach dem 22. September 2013 die Bundesregierung stellen werden, bleibt abzuwarten. Dass sich die Machtverhältnisse in Deutschland aber längst verändert haben, kann man an der immer häufigeren Anrufung des Vermittlungsausschusses ablesen. Klar ist: Die Interessenvertretung der Wohnungswirtschaft wird in der kommenden Legislaturperiode keinesfalls von Langeweile geprägt sein, zu groß sind schon jetzt die politischen Begehrlichkeiten.

Axel Gedaschko , Präsident , GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., Berlin
Noch keine Bewertungen vorhanden


X