Expo Real 2006

Messeausgabe 2006 "Der Appetit des Kapitalmarkts für Immobilien steht erst am Anfang"

Sie kommen von einer großen Sparkasse. Wie nützlich ist diese Erfahrung für Ihre Funktion bei der Westdeutschen Immobilienbank?

Sowohl während meiner siebenjährigen Tätigkeit als Vorstand der Sparkasse Dresden als auch in meinen früheren Funktionen im Investmentbanking der WestLB konnte ich Erfahrungen sammeln, die jetzt helfen, die Wünsche der Sparkassenkunden und die Intensionen unseres Mutterkonzerns umzusetzen. Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass die Westdeutsche Immobilienbank (WIB) ihren Beitrag leistet, um die Sparkassen, WestLB und WIB noch enger zusammenwachsen zu lassen.

Wie nützlich ist die Zugehörigkeit zum WestLB-Konzern und andersherum: Wo schadet sie?

Die Zugehörigkeit zur WestLB AG ist ausschließlich nützlich. Wir sind froh, dass die WestLB AG in 2003 die Anteile der WIB zu 100 Prozent übernommen und gleichzeitig eine klare Strategie für die WIB damit verbunden hat. Erst unter dem Dach der WestLB sind wir zum alleinigen Kompetenzcenter für Immobilien geworden. Sämtliche Aufgaben im Konzern, die mit Immobilien zu tun haben, sind bei uns angesiedelt. Darüber hinaus können wir die Kundenbeziehungen der gesamten WestLB-Gruppe für uns nutzbar machen und beispielsweise Corporates, die nicht im Real Estate Bereich aktiv sind, aber dennoch große Immobilienbestände halten, leichter als Kunden erschließen.

Zudem ist unsere Expansionsstrategie in neue Märkte mit einem großen Gesellschafter viel leichter. So greifen wir bei unserem Markteintritt in Japan auf die Kapazitäten und Kontakte der WestLB AG vor Ort zurück. Dieses sind Vorteile, die wir früher nicht oder nur schwer nutzen konnten.

Wie viel müssen Sie mit Düsseldorf abstimmen?

Die WestLB will eine eigenständige Immobilienbank, sonst hätte sie eine andere Organisationsform gewählt. Als Kompetenzcenter laufen alle Immobiliengeschäfte im WestLB-Konzern über uns, die Strategie wird von uns erarbeitet. Letztlich ist es wichtig, dass notwendige Dinge auch getan werden.

Hierbei schätzen wir das Vertrauen, das uns aus Düsseldorf entgegengebracht wird. Freiheiten, die wir brauchen, bekommen wir.

Wie lange wird sich die WestLB eine eigenständige Pfandbriefbank leisten wollen?

Die WIB ist keine Pfandbriefbank, sondern eine Immobilienbank. Wir sind nicht bloßes Vehikel für die Emission von Pfandbriefen. Die WestLB wollte und will den ganzen Bereich der Assetklasse Immobilie von der Akquisition über die Produkterstellung, die Bearbeitung, das Management bis hin zur Syndizierung und Verbriefung in einer eigenständigen Bank betreut wissen. Dass diese Entscheidung strategischen Charakter hat, wird auch durch unseren Rechtsformwandel in eine Aktiengesellschaft deutlich.

Warum ist eine Aktiengesellschaft für die Strategie der Bank besser geeignet als eine Anstalt öffentlichen Rechts?

Die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft ist unter anderem für uns vorteilhaft, weil wir damit die gleiche Rechtsform und die gleiche Corporate Governance haben wie unser Gesellschafter. Wir haben am Kapitalmarkt eine viel leichter zu kommunizierende Story. Eine Anstalt öffentlichen Rechts ist im Ausland nur sehr schwer vermittelbar.

Noch hat der Landtag nicht entschieden. Wann erwarten Sie die Änderung des Sparkassengesetzes in Rheinland-Pfalz?

Die Gesetzesänderung ist auf dem Wege. Wir haben hier ein sehr gutes Einvernehmen mit der Landesregierung, die unsere strategischen Überlegungen versteht und unterstützt. Entscheiden muss natürlich der Landtag in Mainz. Wir hoffen, dass die Bank zum 1. Januar 2007 als Aktiengesellschaft eingetragen werden kann.

Bleibt die Bank auch nach der Umfirmierung in Mainz?

Ja.

Ihr Haus hat sich immer als internationale Immobilienbank verstanden. Wird sich daran etwas ändern?

Zwei Drittel unseres Neugeschäfts entfallen auf das Ausland. Aber wir sind bestrebt, mit den Sparkassen mehr ins Geschäft zu kommen. Dafür haben wir einen speziellen Bereich gegründet, der die gesamten Sparkassenaktivitäten bündelt.

Wir können das Geschäft mit den Sparkassen zum beiderseitigen Vorteil ausbauen. Aber unabhängig davon, wollen wir im nationalen und internationalen Investorengeschäft weiter wachsen. Im ersten Halbjahr 2006 haben wir gegenüber dem Vorjahr immerhin 60 Prozent mehr Darlehen zugesagt. Dabei war 2005 bereits das beste Neugeschäftsjahr der Bank in ihrer zehnjährigen Geschichte. Dieses werden wir in 2006 aber voraussichtlich übertreffen.

Wie wollen Sie enger mit den Sparkassen zusammenarbeiten?

Wir sind auf drei Geschäftsfeldern zusammen mit den Sparkassen aktiv. Erstens stellen wir unsere Expertise in der Cash-Flow-basierten gewerblichen Objektfinanzierung den Sparkassen zur Verfügung. Zweitens erhalten die Sparkassen in der privaten Baufinanzierung ein Produktangebot zu internetwettbewerbsfähigen Konditionen. Und drittens können wir über Poolemissionen zur günstigeren Refinanzierung der Institute über den Kapitalmarkt beitragen.

Was genau finanzieren Sie im gewerblichen Bereich mit den Sparkassen?

Die Sparkassen können sehr gut den gewerblichen Mittelstand mit Unternehmenskrediten finanzieren. Wir kommen erst ins Spiel, wenn reine Cash-Floworientierte Objektfinanzierungen anstehen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn in einer Stadt ein Shoppingcenter errichtet werden soll. Die Sparkasse bringt die lokale Marktkenntnis ein und übernimmt einen Teil der Finanzierungssumme, die WIB bewertet die Mieterstruktur, nimmt die Cash-Flow-Analyse vor und beteiligt sich an der Finanzierung. Hier ergänzen sich Sparkassen und WIB optimal.

Über Ihren Geschäftsbereich "Immobank direkt" bietet Ihr Haus auch private Baufinanzierungen zu Direktbankkonditionen an. Werden Sie von den Sparkassen als Wettbewerber wahrgenommen?

Nein. Wir sind kein direkter Konkurrent, weil wir nicht als Wettbewerber auftreten. Wir sind nur im Internet aktiv und dort gewinnen wir für die Sparkassenorganisation den Kunden, der ansonsten zu einem anderen Direktanbieter gegangen wäre. Bei uns erhalten die Kunden nur die private Baufinanzierung und nicht drei Wochen später ein Angebot für ein Girokonto, ein Wertpapierdepot oder Ähnliches. Wir sind eine Verbundbank und als solche stellen wir uns mit unseren Produkten auch verbundkonform auf - im Gegensatz zu anderen Anbietern.

Jetzt haben die Sparkassen selbst über den DSGV ein so genanntes Leuchtturmprodukt für die private Baufinanzierung initiiert. Ist das Konkurrenz für Sie?

Es ist gut, dass sich die Sparkassen für einen zentralen Auftritt mit ihrem Produkt entschieden haben.

Damit kommen wir uns aber nicht in die Quere, denn die Sparkassen verkaufen ihr Produkt über die Filialen, während wir uns um den zunehmenden Kundenkreis kümmern, der über das Internet Baufinanzierungen abschließen möchte.

Aber ist der Kunde dann nicht für die einzelne Sparkasse verloren, denn Sie vermitteln ja nicht im Auftrag, sondern arbeiten natürlich für das eigene Buch?

Die WIB ist als hundertprozentige Tochter der WestLB AG Verbundpartner in der Sparkassen-Finanzgruppe. Der Kunde ist nicht verloren, sondern für den Verbund gewonnen beziehungsweise er wird im Verbund gehalten. Wenn er eine Baufinanzierung bei der Immobank Direkt abschließt, wird er nicht zum Zielkunden für eine verbundfremde Direktbank oder eine andere Bank.

Wie nehmen die Sparkassen das Angebot an, Hypothekenforderungen für Pfandbriefemissionen zu poolen?

Wir befinden uns noch in der Pilotphase. Das heißt, wir klären derzeit, unter welchen Voraussetzungen Refinanzierungsregister bei den Sparkassen geführt werden können. Auf diese würden wir dann als Immobilienbank zugreifen, um sie als Deckungsmassen für unsere Emissionen zu nutzen und den Sparkassen Liquidität zurückzugeben.

Hierzu gab es im August nochmals klärende Gespräche mit der BaFin. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen, aber wir sind auf einem guten Weg.

Wann soll der Prozess abgeschlossen sein?

Laut Planung im Jahr 2007.

Wie viele Sparkassen sollen daran teilnehmen?

Wir haben Interessenbekundungen von einer Reihe von Sparkassen. Ende dieses

Jahres werden wir diese aber nochmals genauer abklären.

Gilt das Pooling-Angebot nur für Institute aus dem Geschäftsgebiet der WestLB oder auch für andere?

Das Pooling-Angebot gilt selbstverständlich auch für andere Sparkassen, die daran Interesse haben.

Wie hoch ist in diesem Bereich der Beratungsbedarf bei den Sparkassen?

In den vier Sparkassen, die an dem Pilotprojekt teilnehmen, wird vor Ort beraten. Dabei wurden die Voraussetzungen eruiert, unter denen Darlehen in das Deckungsregister aufgenommen werden können. Es wurden Refinanzierungsregister aufgebaut und die aufsichtsrechtlichen Bedingungen abgeklärt. Jetzt muss noch der letzte Schliff erfolgen, damit wir die Poolrefinanzierung als Standardprozess aufsetzen können.

Auf Basis unserer Erfahrungen aus der Pilotierung werden wir einen Anforderungskatalog erarbeiten. Am Ende soll ein standardisiertes Produkt zur Verfügung stehen, das den Sparkassen großvolumiges Kapital zur Verfügung stellen kann. Beratungsbedarf wird dann kaum noch erforderlich sein.

Welche neuen Entwicklungen sehen Sie derzeit am Markt für Immobilienfinanzierungen?

Seit einiger Zeit zeichnet sich auch in Deutschland die Entwicklung ab, die auf den internationalen Immobilienmärkten bereits seit längerem Einzug gehalten hat, nämlich dass das Immobiliengeschäft mehr und mehr von Kapitalmarktaspekten beeinflusst wird. Dies betrifft auch die WIB.

Das Risiko der Immobilie wird mehr und mehr mobilisiert, weil die Banken einen Ausgleich für die Kapitalbelastungen durch Basel II schaffen müssen. Um weiteres Wachstum und einen angemessenen Ertrag auf das eingesetzte Kapital zu erzielen, müssen sich Immobilienbanken zu Intermediären zwischen Investoren auf der einen Seite und Kapitalmarkt auf der anderen Seite entwickeln.

Verbriefungen und Syndizierungen werden daher in Europa stark zunehmen. Auch bei notleidenden Krediten eröffnet das Interesse des Kapitalmarktes an diesen Portfolios vielfältige Möglichkeiten, die eine Immobilienbank künftig nutzen muss. Mit all diesen Instrumenten gilt es, einen Ausgleich zu schaffen für die steigenden Belastungen des traditionellen Zinsgeschäfts, wie strengere Regularien und geringere Margen, mit denen die Banken zurzeit sehr zu kämpfen haben.

Immobilien profitieren davon, dass internationale Investoren derzeit sehr viel Geld in dieser Assetklasse anlegen. Wann droht der immense Kapitalzufluss abzuebben?

Der Appetit des Kapitalmarkts für Immobilien steht erst am Anfang. Wir können dies sehr gut in anderen Ländern beobachten, wo das Interesse an der Assetklasse Immobilie schon über viele Jahre feststellbar ist. Für Deutschland ist es dagegen noch ein relativ neues Phänomen, dass Investoren aus den USA, Israel und Australien hierzulande Immobilien beziehungsweise Immobilienkreditportfolios nachfragen.

Aber auch nach dem Abklingen des ersten Ansturms, wird die Nachfrage nach Immobilienanlagen auf einem Niveau bleiben, das höher sein wird, als wir es aus der Vergangenheit kennen.

So sehen wir noch erhebliches Potenzial bei Unternehmen - nicht nur den Dax-Schwergewichten - die über erhebliche Immobilienbestände verfügen und diese in Zukunft mobilisieren wollen, um das gebundene Kapital für ihr jeweiliges Kerngeschäft nutzbar zu machen. Ein Ende dieses Prozesses ist derzeit noch gar nicht absehbar.

Stichwort Ausland: Wo soll die Bank aktiver sein, wo ist sie zurückhaltender?

Wir haben drei Zielmärkte, die wir erschließen möchten. In Asien planen wir den Markteintritt. Von Warschau aus wollen wir die osteuropäischen Märkte erschließen und wir prüfen derzeit die Potenziale des türkischen Marktes.

Wie viel Zeit haben Sie sich dafür gegeben?

Drei bis vier Jahre. Die Entscheidung in Asien aktiv zu werden, ist grundsätzlich bereits gefallen, aber noch sind wir nur mit einem kleinen Erkundungsteam in Tokio vor Ort.

In neue Märkte gehen wir grundsätzlich auf zwei Arten: Entweder begleiten wir unsere Geschäftspartner aus Europa und den USA, wenn diese bei uns anfragen, oder wir kooperieren mit Banken im Rahmen von Syndizierungsgeschäften bevor wir selbst eigene Geschäftsabschlüsse arrangieren.

Warum wollen Sie von Polen aus nach Osteuropa expandieren?

Wenn wir in Mittel- und Osteuropa aktiv sein wollen, brauchen wir die entsprechende Marktnähe. Das heißt, wir benötigen erfahrene Mitarbeiter vor Ort, um rasch und richtig reagieren zu können. Damit wollen wir in Polen beginnen. Dann werden wir weiter sehen.

Haben Sie auch Russland im Fokus?

An Russland wird man zukünftig nicht vorbeikommen. Hier liegt im Moment das Augenmerk insbesondere auf den Regionen Moskau und Sankt Petersburg.

Welche Märkte würden Sie derzeit meiden? Wo läuft der Markt heiß?

In den USA beobachten wir seit etwa zwei Jahren in einzelnen Segmenten und Standorten Überhitzungstendenzen. Und etwa genauso lange wird schon darüber diskutiert, ob es eine harte oder weiche

Landung des hohen Preisniveaus geben wird. Deshalb halten wir uns in einigen Teilbereichen zurück. Aber grundsätzlich ist der US-amerikanische Markt immer noch hoch interessant. In Europa erleben wir regelmäßig eine gewisse Verschiebung der Konjunkturzyklen. Da wir aber als europäische Immobilienbank mit dem Grundsatz angetreten sind, dauerhaft in unseren Zielmärkten aktiv zu sein, werden wir uns aus schwieriger werdenden Märkten nicht vollständig zurückziehen. Möglicherweise werden aber die guten Abschlüsse rarer.

Nach dem Wegfall der Staatsgarantien muss sich Ihr Haus stärker an den internationalen Kapitalmärkten refinanzieren. Was haben Sie konkret vor?

Im Passivgeschäft können wir einen Vorteil aus der Zugehörigkeit zur WestLB AG generieren, denn für die Platzierung unserer Pfandbriefe lässt sich deren Expertise im Fixed-Income-Geschäft nutzen. Unsere Emissionen laufen alle über Debt-Capital-Market-Programme, die zusammen mit der Mutter aufgesetzt sind. Doch im Wesentlichen decken wir unseren Liquiditätsbedarf über die Emission von Pfandbriefen, so dass an sonstigen Instrumenten und Programmen nichts geplant ist.

Welche Unterstützung von der WestLB benötigen Sie beim Management Ihres Kreditportfolios?

Dass für die Platzierung von Wertpapieren am Kapitalmarkt gelegentlich die Expertise einer Investmentbank eingekauft wird, ist selbstverständlich. Aber die Kredite so zu strukturieren, dass sie am Kapitalmarkt in Form von Syndizierungen, Verbriefungen oder Pfandbriefen platziert werden können, ist integraler Bestandteil des Know-hows einer Immobilienbank.

Zusammen mit der WestLB hat die WIB ein Verbriefungsinstrument für die Wohnungswirtschaft geschaffen. Wann gehen Sie damit in die Serienproduktion?

Eine Serienproduktion in dem Sinne gibt es nicht, denn bei der Verbriefung handelte es sich um Einzeltransaktionen für eine ganz bestimmte Kundengruppe. Bei entsprechendem Bedarf werden solche Transaktionen auch immer wieder über die vorhandene Struktur erfolgen. Hier sind wir über die Pilotphase schon hinaus und haben schon weitere Transaktionen abgeschlossen.

Einst war die Bank auch als Projektentwickler tätig. Wollen Sie sich jetzt gänzlich aus diesem Geschäft zurückziehen?

Wir hatten früher zwei Bereiche. Zum einen agierte die Bank als eigenständiger Bauträger und Entwickler der Projekte von der Planung bis zur Fertigstellung. Dieses Geschäft werden wir nicht weiter verfolgen.

Zum anderen hat sich die Bank seit Jahren erfolgreich an Immobilien- Joint-Ventures beteiligt, aber immer als Minderheitsgesellschafter. In diesen Projekten stellen wir Eigenkapital zur Verfügung, um die Vorhaben realisieren zu können. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir mit einem versierten strategischen Partner, dessen Hauptgeschäft Projektentwicklungen sind, großen Erfolg haben.

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