Wohnungswesen

Mietnomaden im Koalitionsvertrag

Mietnomaden haben in der Regel von vornherein nicht die Absicht, mehr als die erste Miete und eine Teilkaution zu zahlen. Dennoch dauert es nach Angaben des Immobilienverbands IVD oft bis zu 18 Monaten, bis ein säumiger Mieter seine Wohnung tatsächlich räumen muss. Die neue Bundesregierung will nun laut Koalitionsvertrag dem Mietnomadentum wirksam begegnen. Wie dies konkret erfolgen soll, ist nicht Bestandteil des Koalitionsvertrages. Der Blick in die bisherige Praxis zeigt mögliche Ansatzpunkte für ein schnelleres Verfahren - er zeigt aber auch, wo die berechtigten Schutzbedürfnisse der Mieter unangetastet bleiben sollten.

Fristlose Kündigung bei Mietrückständen

Gegenwärtig gilt: Wenn ein Mieter mit zwei Monatsmieten im Verzug ist, kann ihm der Vermieter fristlos kündigen und prinzipiell auch sofort auf Räumung klagen. Dieses Recht des Vermieters kann nach gegenwärtigem Recht bereits dann greifen, wenn der Mieter an zwei aufeinander folgenden Monaten nicht die komplette Miete zahlt - nämlich dann, wenn der Mietrückstand eine Monatsmiete übersteigt. Zahlt ein Mieter beispielsweise im Januar nur 40 Prozent der Miete und im Februar 50 Prozent, kann ihm der Vermieter nach dem Zahlungseingang im Februar fristlos kündigen.

Hierbei handelt es sich um einen Punkt, der aus unserer Sicht unangetastet bleiben sollte - die Mindestbedingungen für eine fristlose Kündigung zu verkürzen, um das Verfahren zu beschleunigen, wäre nicht im Sinne des sozialen Mietrechts. Denn Mieter können durchaus auch ohne eigenes Verschulden Probleme mit der Mietzahlung bekommen, ohne dass sie im Sinne des Mietnomadentums von vornherein darauf spekulieren, gar keine Miete zu zahlen.

Ein weiterer Aspekt, der hier gegen eine Kürzung von Mieterrechten spricht: Die Zahlungstermine für die Miete zweier Monate liegen üblicherweise ohnehin nur einen Monat auseinander - meistens liegt der Zahlungstermin jeweils am Monatsanfang. Dies bedeutet, dass vom ersten Zahlungsausfall bis zum Zeitpunkt der möglichen fristlosen Kündigung nur rund vier bis fünf Wochen vergehen. Im Hinblick auf die Gesamtdauer des Verfahrens ist dies bereits ein äußerst kurzer Zeitraum.

Schutzfrist des Mieters

Selbst wenn ein Mieter mit seiner Miete im Verzug ist und der Vermieter nach der zweiten ausbleibenden oder zu geringen Mietzahlung in Folge auf Räumung klagt, hat der Mieter - einmalig in zwei Jahren - noch eine Schutzfrist von zwei Monaten, um die Mietrückstände auszugleichen. Zahlt er innerhalb dieser zweimonatigen Schutzfrist die ausstehende Miete vollständig nach, wird die fristlose Kündigung unwirksam und er darf in der Wohnung bleiben.

Auch hierbei ist eine Verkürzung der Schutzfrist nicht angemessen - nach dem sozialen Charakter des Mietrechts müssen Härtefälle weiterhin berücksichtigt werden. Allerdings gibt es hier dennoch einen ersten Ansatzpunkt, um das Verfahren gegen Mietnomaden zu verkürzen: Die Schutzfrist des Mieters beginnt nach gegenwärtigem Recht erst nach Zustellung der Räumungsklage durch das Gericht. Je nach Bearbeitungszeiten können bis dahin aber bereits ein bis zwei Monate vergehen. Praktisch erhöht sich die Zeitspanne, in der der Mieter seine Rückstände ausgleichen kann, damit auf drei bis vier Monate. Um das Verfahren insgesamt zu beschleunigen, könnte der Beginn der Schutzfrist gesetzlich künftig nicht mehr an die Zustellung der Räumungsklage, sondern bereits an den Zeitpunkt der fristlosen Kündigung gekoppelt werden. Die Bearbeitungszeit des Gerichts bei der Räumungsklage könnte so eingespart werden.

Schriftliches Vorverfahren und Versäumnisurteil

Wenn ein Vermieter auf Räumung seiner Wohnung klagt, beantragt er vor Gericht häufig zeitgleich das schriftliche Vorverfahren zur Vorbereitung des Haupttermins. Ziel ist es, ohne mündliche Verhandlung vor Gericht schnell einen vollstreckbaren Titel zu erwirken - das sogenannte Versäumnisurteil. Das bedeutet, dass der Mieter mit der Klage eine Frist erhält, in der er dem Gericht mitteilen kann, ob er sich gegen die Klage verteidigen will. "Versäumt" er dies, ergeht nach Fristablauf das Versäumnisurteil und der Vermieter kann daraus nach Zustellung an den Mieter vollstrecken. Der Mieter kann aber auch in diesem Fall noch innerhalb von zwei Wochen Einspruch gegen das Versäumnisurteil einlegen.

Hier bietet sich erneut die Chance, das Verfahren zu verkürzen. Denn in der Praxis sehen die Gerichte immer häufiger vom schriftlichen Vorverfahren ab und setzen gleich einen Verhandlungstermin an, der allerdings oft erst nach Ablauf der oben beschriebenen zweimonatigen Schutzfrist des Mieters liegt. Die Gerichte warten demnach in einer Art vorauseilendem Gehorsam zunächst ab, ob der Mieter die Mietrückstände in der ihm zustehenden Zeit ausgleicht.

Das Gesetz schreibt den Gerichten eine solche Wartefrist jedoch nicht vor. Sie könnten parallel tätig werden, ohne dass die Rechte des Mieters hinsichtlich seiner Schutzfrist zur möglichen Nachzahlung der Rückstände beeinträchtigt werden. Durch die Praxis der Gerichte verzögert sich das Verfahren somit an dieser Stelle unnötig.

Räumungsschutz des Mieters

Auch bei einer berechtigten Kündigung muss ein Mieter nicht zwangsläufig sofort die Wohnung räumen - hier greift gegebenenfalls der sogenannte Räumungsschutz. Auf Antrag des Mieters darf er ausnahmsweise noch in der alten Wohnung verbleiben, wenn er dies vor Gericht entsprechend begründet. Gute Chancen hat der Mieter etwa, wenn er nachweist, dass ein Mietvertrag für eine neue Wohnung erst einen Monat nach dem Räumungstermin beginnt und er diesen Zeitraum überbrücken muss. Das Problem in der Praxis ist: Der Mieter muss zwar in einem solchen Fall für den zusätzlichen Zeitraum aufkommen, den er in der alten Wohnung wohnt. In vielen Fällen ist dies jedoch nicht realisierbar - wenn der Mieter unwillig war, zuvor die Miete zu zahlen, wird dies für den zusätzlichen Zeitraum mit großer Wahrscheinlichkeit auch gelten.

Ein Ansatz wäre hier, den Räumungsschutz künftig an die Bedingung der vorherigen Mietzahlung zu knüpfen. Nur wenn der Mieter zumindest für den ihm zusätzlich gewährten Zeitraum im Voraus zahlt, greift sein Recht auf Räumungsschutz und er darf noch länger in der Wohnung verbleiben.

Dies wäre im Sinne eines ausgewogenen Mietrechts ein fairer Kompromiss und würde das Verfahren bis zur tatsächlichen Räumung bei zahlungsunwilligen Mietern weiter verkürzen.

Jürgen Michael Schick , Präsident , Immobilienverband Deutschland IVD Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V.
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