Kapitalanlage

Die Modernisierungs-Rendite

Fast täglich hören wir Nachrichten über stark anziehende Mieten bei der Neuvermietung, insbesondere in Großstädten wie Berlin oder Hamburg. Damit erschließen sich neue Chancen für Investoren, die jetzt anders rechnen müssen, als sie dies traditionell gewohnt sind. Insbesondere ergeben sich ausgezeichnete Chancen, hohe - oftmals zweistellige - Modernisierungsrenditen zu erzielen.

Beispiel einer Sanierung

Dazu ein Beispiel: Ein Investor erwirbt ein Mehrfamilienhaus mit mehreren leer stehenden Wohnungen, die ohne erhebliche Investitionen in die Modernisierung nicht vermietungsfähig sind. Unter anderem müssen das Bad, die Elektrik und die Fenster völlig neu gemacht werden. Die Modernisierungskosten belaufen sich in diesem Fall bei einer 4-Zimmer-Wohnung mit 106 Quadratmetern auf 21 500 Euro.

Bisher konnte in dieser Wohnung nur eine Miete von 488 Euro im Monat erzielt werden, da der Mieter schon sehr lange dort wohnte und wegen des schlechten Zustandes auch keine reguläre Anhebung der Miete nach dem Mietspiegel möglich war. Die Bestandsmiete betrug also 4,60 Euro pro Quadratmeter. Nachweislich lässt sich jedoch bei der Neuvermietung einer komplett modernisierten Wohnung jetzt eine Miete von 7,50 Euro pro Quadratmeter erzielen, für die gesamte Wohnung also 795 Euro im Monat. Die Mietsteigerung beträgt in diesem Beispiel 3 684 Euro. Bezogen auf das eingesetzte Eigenkapital für die Modernisierung entspricht dies einer Rendite von 17 Prozent auf das eingesetzte Eigenkapital.

Anschaffungsnaher Aufwand

Dies funktioniert jedoch selbstverständlich nur in Wohnungsmärkten wie etwa in Berlin, wo die Neuvermietungsmieten oftmals ganz erheblich über den Bestandsmieten liegen. In solchen Märkten sind traditionelle Bewertungsmechanismen, wie etwa der "Multiplikator" nicht mehr unbedingt das wichtigste Kriterium für eine Kaufentscheidung. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Investor die Ausgaben für die Modernisierung unter bestimmten Voraussetzungen voll steuerlich geltend machen kann. Er muss allerdings die gesetzlichen Vorgaben und die einschlägige Rechtsprechung zum sogenannten "anschaffungsnahen Aufwand" berücksichtigen.

Danach sind Aufwendungen für die Instandsetzung und Modernisierung, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung eines Gebäudes durchgeführt werden, stets Herstellungskosten, wenn die Aufwendungen 15 Prozent des Gebäudepreises übersteigen. Es handelt sich dann um einen sogenannten "anschaffungsnahen Aufwand", mit der steuerlichen Folge, dass diese Kosten nicht als Werbungskosten angesetzt werden können, sondern aktiviert und über den gesamten Nutzungszeitraum der Immobilie abgeschrieben werden müssen.

Gesetzliche Vorgaben und juristische Sachlage

Auch nach dem Ablauf der drei Jahre sind bestimmte Vorgaben zu berücksichtigen: Durch die Modernisierung darf keine "wesentliche Verbesserung" der Immobilie erfolgen - der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Grundsatzurteil bereits vor zehn Jahren sehr detaillierte Ausführungen dazu gemacht, wann dies der Fall sei. Eine wesentliche Verbesserung der Immobilie liegt laut BFH dann vor, wenn der Wohnungsstandard maßgeblich gesteigert und damit eine bessere Wohnungskategorie mit deutlich gesteigertem Mietwert erreicht wird beziehungsweise die Gesamtnutzungsdauer der Immobilie deutlich verlängert wird und sich ein deutlicher Anstieg der erzielbaren Miete ergibt.

Doch selbst wenn die Ausgaben für die Modernisierung nicht sofort als Werbungskosten abgesetzt werden können, was in jedem Einzelfall zu prüfen ist, lohnt sich - wie oben dargestelltes Beispiel zeigt - die Investition durchaus. Es ist ohnehin ein verbreiteter Fehler in Deutschland, der aus der Tradition der "steuersparenden Immobilieninvestitionen" kommt, steuerliche Gesichtspunkte bei Investitionsentscheidungen zu stark zu gewichten.

Immer wieder ist zu beobachten, dass manche Investoren sogar Bedenken haben, ob sie nicht positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erreichen, die dann versteuert werden müssten. Dabei sollte genau dies das Ziel eines vernünftigen Immobilieninvestors sein. Ausgaben mindern zwar naturgemäß die Steuerlast, aber eben nur deshalb, weil sie den Ertrag mindern - dieser einfache Zusammenhang wird manchmal vergessen. Dass umgekehrt erhebliche Ertragssteigerungen auch zu einer steigenden Steuerbelastung führen, sollte den Investor nicht davon abhalten, entsprechende Investitionen vorzunehmen.

Liebgewonnene Gewissheiten und Kriterien bei Immobilieninvestitionen werden durch die derzeit zu beobachtende Mietentwicklung an vielen Standorten infrage gestellt. Investoren, die über zehn oder 20 Jahre nur gewohnt waren, dass sich die Mieten sehr langsam oder gar nicht bewegen, müssen umdenken. Dass Investoren in diesen Märkten anders rechnen, mag ein weiteres Zahlenbeispiel verdeutlichen: Ein Zinshaus in Berlin-Neukölln wurde kürzlich zum 16-Fachen verkauft, was auf den ersten Blick teuer erscheint, da solche Multiplikatoren nicht für einfache Lagen, sondern eher für gute Lagen charakteristisch sind.

Liebgewonnene Gewissheiten revidieren

Der Käufer war sich dessen durchaus bewusst, erwarb das Zinshaus aber dennoch, weil die Ist-Miete mit 4,50 Euro deutlich unter der mittelfristig bei Neuvermietung erzielbaren Miete von etwa 6,00 Euro lag. Die Immobilie kostete 1,6 Millionen Euro bei 100 000 Euro Mieteinnahmen. Gelingt es künftig tatsächlich, die Miete von 4,50 auf 6,00 Euro anzuheben, dann bedeutet das eine Mietsteigerung von 33 Prozent, es kann also eine Jahresmiete von 133 000 Euro erzielt werden. Der Multiplikator läge bei zwölf, was für ein Haus in dieser Lage beim derzeitigen Marktniveau durchaus günstig ist. Umgekehrt: Hätte der Investor ein Haus in ähnlicher Lage zum 14-Fachen erworben, scheinbar also viel "günstiger", betrüge die Miete jedoch in diesem Fall bereits 6,00 Euro, dann hätte er in Wahrheit teurer gekauft als derjenige Erwerber, der das 16-Fache bezahlte.

Was sagt der Multiplikator aus?

In dynamischen Mietmärkten - wozu beispielsweise Berlin gehört - ist also der Multiplikator nicht in jedem Fall ein geeigneter Indikator, um zu beurteilen, wie günstig oder teuer eine Immobilie ist. Hinzu kommt, dass auch mögliche Aufwertungen der Lagequalität im Preis berücksichtigt werden müssen. Wieder ein Beispiel aus der Hauptstadt: Manche ehemals schwierige Lagen - etwa in Kreuzberg oder Neukölln - haben in den letzten Jahren eine erhebliche Aufwertung erfahren. Ein Resultat davon sind steigende Miet- und Kaufpreise für Immobilien. Wer diesen Trend sehr frühzeitig erkannte, konnte manches "Schnäppchen" machen. Eine Immobilie mit einem vergleichsweise "hohen" Multiplikator muss also keineswegs "teuer" sein, wenn erkennbar ist, dass sich die Lagequalität durch bestimmte soziodemografische Prozesse deutlich verbessern wird.

Natürlich gelten all diese Überlegungen auch in die andere Richtung: Wer eine Immobilie zu einem vermeintlich "günstigen" Multiplikator erwirbt, bei der die Mieten jedoch künftig eher fallen als steigen dürften, kauft in Wahrheit vielleicht viel zu teuer ein. Deshalb ist der Multiplikator immer mit mittel- und langfristigen Veränderungsprozessen bei der Lage und der Miethöhe im Zusammenhang zu sehen.

Immobilienprofis kann manch günstiger Kauf zu einem vermeintlich "teuren" Faktor gelingen, wenn gezielt nach Immobilien mit Mietsteigerungspotenzial gesucht wird. Solche Immobilien werden häufig von "Laien", so etwa von Erbengemeinschaften, vergleichsweise "günstig" abgegeben, während professionelle Immobilien-Bestandshalter eine Immobilie in der Regel erst dann verkaufen werden, wenn bestehende Mietsteigerungspotenziale bereits ausgereizt wurden.

Jürgen Michael Schick , Präsident , Immobilienverband Deutschland IVD Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V.
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