Bausparen und Bausparkassen 2009

"Wir müssen den Wettbewerb in den Köpfen der Vermittler gewinnen"

Es sind - wieder einmal oder immer noch - bewegte Zeiten für die Allianz Dresdner Bauspar AG. Wie ist die Stimmung im Unternehmen, dessen Konzernzugehörigkeit erneut wechselt? Gespannt zuversichtlich. Gespannt, weil einiges durch den Zusammenschluss von Commerzbank und Dresdner Bank im Entstehen ist. Wir stellen uns die Frage, wie wir als Bausparkasse mit dieser großen, integrierten Privatkundenbank zusammenarbeiten. Ganz konkret wird zu überlegen sein, unter welcher Marke wir künftig am Markt auftreten. Wirtschaftlich bedeutender wird jedoch sein, wie die Bausparkasse mit den Filialen der neuen Commerzbank zusammenarbeitet. Zuversichtlich sind wir in Bezug auf die äußerst positive Entwicklung des Bausparens in den vergangenen Monaten. Diese haben gezeigt, dass das Produkt wieder "in" ist. Deshalb sind wir alles in allem optimistisch. Die Commerzbank hatte vor der Fusion keine eigene Bausparkasse. Wie weit können und dürfen Sie den Übergang in die neue Konzernstruktur gestalten? Im Moment gibt es eine feststehende Vertriebsvereinbarung des Com-merzbank-Konzerns mit der Genera-li-Gruppe. Diese reicht bis in das vierte Quartal 2010 hinein und umfasst neben dem Bausparen auch das Versicherungsgeschäft. Sofern keine anderweitigen Abmachungen zwischen diesen beiden Vertragspartnern getroffen werden, können wir erst ab Herbst 2010 die Vertriebskanäle der Commerzbank für das Bauspargeschäft nutzen. Bis dahin ist aber noch eine Menge Integrationsarbeit zu leisten. Vor allem die Integration unserer Bauspar-IT in die EDV-Architektur der Commerzbank braucht doch relativ lange Vorlaufzeiten, da wir zurzeit noch Plattformen der Dresdner Bank und der Allianz mitnutzen. Über welche Vertriebskanäle werden Sie bis dahin im Markt aktiv bleiben? Wir werden im Wesentlichen auf vier Vertriebskanäle zugreifen. Der erste und bisher wichtigste ist der Bankvertriebsweg. Wie sich dieser entwickeln wird, wenn die Filialen der Commerzbank, wie dargelegt, in diesem und zum Teil im nächsten Jahr für die Badenia vermitteln, wird sich zeigen. Der zweite Absatzkanal ist die Ausschließlichkeitsorganisation der Allianz, mit der wir eine Vertriebskooperation über 15 Jahre abgeschlossen haben. Als drittes Standbein haben wir unseren eigenen Außendienst mit rund 100 freien Handelsvertretern, über den etwa ein Viertel des Neugeschäfts hereinkommt. Und viertens werden wir sehr viel intensiver als in der Vergangenheit versuchen, unabhängige Großvertriebe/Makler für uns zu gewinnen. Welche Vorteile hat die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank für die Bausparkasse? Mit der neuen Commerzbank gehört die Bausparkasse zur größten integrierten Privat- und Mittelstandsbank in Deutschland. Damit verbunden ist ein sehr weit verzweigter und gut strukturierter Vertriebsapparat. Diesen gilt es künftig noch stärker als bisher für das Baufinanzierungs- und Bauspargeschäft zu sensibilisieren und zu aktivieren. Gerade im Bausparen bestehen noch große Potenziale, denn mit einem externen Bauspar-Zulieferer sind die Gestaltungsmöglichkeiten für das Produkt und die Cross-Selling-Chancen doch deutlich geringer als mit einer konzerneigenen Bausparkasse. Wird die Bausparkasse ihre relative Selbstständigkeit - damit ist nicht die gesetzlich vorgeschriebene gemeint - in der neuen Commerzbank behalten oder droht die faktische Degradierung zur Produkt-Abteilung? An den Rahmenbedingungen ändert sich nichts. Die Bausparkasse bleibt rechtlich eine eigenständige Einheit. Die Frage der Arbeitsteilung zwischen Bausparkasse und Konzern wird derzeit geklärt. Aufgrund der vielen Besonderheiten des Bausparens sind die tatsächlich realisierbaren Synergieeffekte letztlich jedoch sehr begrenzt. Unser Vorteil ist, dass die Bausparkasse alle administrativ notwendigen Einheiten an einem Standort zusammengeführt hat. Wann bekommen sie einen neuen Namen? Wir erwarten, dass wir unseren derzeitigen Namen noch bis Ende 2010 führen werden. Wie die Bausparkasse dann heißen wird, steht noch nicht fest. Aber natürlich wird die neue Firmierung die Konzernzugehörigkeit zum Ausdruck bringen. Wie nehmen die Kunden die Diskontinuität der Bausparkasse hinsichtlich ihres Namens und ihrer Eigentümerstruktur auf? Schadet die hohe Wechselfrequenz im Markt? Für den Bausparer ändert sich im Prinzip kaum etwas. Das Wichtigste die vertraglichen Rahmenbedingungen - bleibt konstant. Der Kunde spürt die Veränderungen im Namen und in der Konzernzugehörigkeit lediglich im Briefkopf unserer Anschreiben. Konkret im Bausparneugeschäft sind weder positive noch negative Kundenreaktionen erkennbar. Das Abschlussvolumen entwickelt sich ganz normal und liegt im Rahmen unserer Erwartungen. Aber eine Marke, zum Beispiel in Form eines Logos, eines Slogans, eines Symbols, wie sie andere Bausparkassen sehr gezielt einsetzen, konnten Sie (bislang) nicht entwickeln. Ist das ein Nachteil? Bezogen auf die Vergangenheit stimmt das. Wenn wir uns aber künftig in Richtung "Gelb" verändern, wird die Bausparkasse nicht ganz bei null anfangen müssen, denn die Marke "Commerzbank" ist in Deutschland - unserem Markt - bereits sehr gut eingeführt. Wir hoffen natürlich, dass das Thema Marke für die Bausparkasse wieder an Bedeutung gewinnen wird. Zum Geschäft: Angesichts sinkender Neubauzahlen, höherer Bestandstransaktionen, steigender Energiepreise und zunehmender gesetzlicher Auflagen setzen die Bausparkassen vor allem auf das Geschäft mit der Sanierung und energetischen Modernisierung. Haben sich die Erwartungen bisher erfüllt? Hier sind die Bausparkassen auf einem ganz guten Weg, wenn man sich die Volumina anschaut, die für diese Investitionen von den Instituten bisher bereitgestellt wurden. Auch bei den Neuabschlüssen wird deutlich, dass es der Branche gelungen ist, die Intentionen der Menschen aufzunehmen und passende Produkte zu bieten. Es gibt Studien, die gerade im Bereich der energetischen Modernisierung von einem Investitionsbedarf in Höhe von 900 Milliarden Euro verteilt über die kommenden zehn bis 15 Jahren ausgehen. Daran werden die Eigenheimbesitzer einen wesentlichen Anteil haben. Deshalb ist es richtig, sich hier frühzeitig zu positionieren. Wie wirkt sich die aktuelle gesamtwirtschaftliche Melange aus Rezession, Finanzmarktkrise und Zinsumfeld auf die Bausparkassen im Allgemeinen und auf Ihr Unternehmen im Besonderen aus? Das beschriebene Umfeld wirkt sich für das Produkt Bausparen sehr positiv aus. Bausparen ist deshalb so attraktiv, weil es nicht nur ein Finanzierungs-, sondern eben auch ein sicheres Sparprodukt ist und somit für jede Marktphase die passende Antwort liefert. Im Moment wächst die Verunsicherung, was dazu führt, dass die Menschen sparen. Bausparen hat zudem den Vorteil, dass es in der Bevölkerung bekannt und geübt ist. Dem Produkt wird in der öffentlichen Meinung eine absolute Solidität zugeordnet. In Situationen wie dieser erinnern sich die Menschen an uns. Damit können wir nur zufrieden sein. Allerdings ist es noch gar nicht solange her, da wollten die Institute das Bausparen vor allem als Finanzierungsprodukt verstanden wissen. Die Tarife und die Vertriebe sind auf dieses Geschäft getrimmt worden. Passt das Produktangebot noch? Das ist ja gerade der beschriebene Vorteil des Bausparens. In Phasen, in denen die Menschen sicher sparen wollen, haben wir das passende Angebot, und wenn der Markt in Richtung Finanzierung schwenkt, ist Bausparen ebenfalls eine attraktive Variante für Eigenheimerwerber. Eben weil das Bausparen noch diese weiterführenden Funktionen hat, ragt es aus der Gruppe der klassischen Sparprodukte heraus. Zudem haben die Bausparkassen in der Regel mehrere Tarife im Angebot, um den unterschiedlichen und wechselnden Kundenbedürfnissen zu entsprechen. Sehen die Kollektivsimulationen krisenhafte Entwicklungen, wie wir sie gegenwärtig erleben, vor? In den Kollektivsimulationen antizipieren die Bausparkassen Entwicklungen an der Zinsfront. Das können Zinsanstiege und Zinssenkungen oder Änderungen in den Zinsstrukturen sein. Das ist beherrschbar und nur das erfassen die Kollektivsimulationen. Viel schwieriger ist es, die Situation auf dem Pfandbriefmarkt abzuschätzen. Vor allem die Illiquidität des Marktes bereitet Sorgen, denn oftmals werden gar keine Kurse gestellt und falls doch, dann mit Abschlägen, die einen Verkauf der Papiere wirtschaftlich nicht sinnvoll machen. Wie wirkt sich die Niedrigzinspolitik der Notenbanken auf das Bausparen aus? Die Zentralbanken steuern das kurze Geld. Um die Banken zu rekapitalisieren, ist es unerlässlich, dass wir wieder eine steilere Zinsstrukturkurve bekommen. Kurzfristiges Geld muss also deutlich günstiger sein als langfristiges. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Banken ihre Margen ausdehnen und diese nicht wieder im ruinösen Wettbewerb atomisieren. Die Margen der Vergangenheit waren häufig nicht auskömmlich. Deshalb werden wir wohl in der privaten Baufinanzierung während der kommenden Monate keine großen Zinssenkungen sehen. Für das Bauspargeschäft bleiben die bestehenden Tarife daher wettbewerbsfähig. Die Bausparbranche setzt sehr große Hoffnungen in Wohn-Riester. Hat das Produkt die Erwartungen speziell für Ihr Institut schon erfüllt? Wir haben sehr früh auf Wohn-Riester gesetzt, um zum 1. November 2008 die Zertifizierung zu erhalten. Es ist bereits erkennbar, dass das Produkt eine neue Wettbewerbskomponente in das Bausparen bringt. Wir konkurrieren jetzt nicht nur mit anderen Bausparkassen, sondern stehen noch stärker im Wettbewerb zu Versicherungen, Banken und Investmentfonds. Dabei wird es nicht nur darauf ankommen, Vertragsabschlüsse zu generieren, sondern die Riester-Kunden langfristig zu halten. Zunächst aber gilt es, das neue Produkt mit den Instrumenten der Verkaufsförderung zu unterstützen und einen Markt zu schaffen. Wir haben bereits in den ersten beiden Monaten erwartungsgemäß knapp tausend Wohn-Riester-Verträge abgeschlossen. Für das Jahr 2009 gehen wir davon aus, dass sich diese Entwicklung fortsetzt. Denn die Eigenheimrente ist für eine breite Schicht der Bevölkerung im Rahmen der privaten Altersvorsorge das ideale Produkt. Wohn-Riester verbindet die staatliche Unterstützung mit der Option des Erwerbs von selbst genutztem Wohneigentum, was nach wie vor ein starkes Sparmotiv der Deutschen ist. Wohn-Riester hat die Bausparkassen in zwei Lager geteilt. Die einen haben aus guten Gründen einen eigenen, neuen Wohn-Riester-Tarif geschaffen, während andere bestehende Tarife lediglich an die Zertifizierungskriterien anpassten, wofür es ebenfalls einleuchtende Argumente gibt. Welchen Weg haben Sie beschritten und warum? Wir haben einen bestehenden Tarif als Basis genommen und diesen an den notwendigen Stellen so modifiziert, dass er den Zertifizierungsbedingungen entspricht. Das war in der Kürze der Zeit, die uns zur Verfügung stand, der effizienteste Weg. Welchen Anteil sollen Riester- Verträge am Neugeschäft haben? Der Erfolg der Eigenheimrente in unserem Haus hängt ganz entscheidend von den Vertriebswegen ab und wie diese das Produkt mittragen. Die Einstellungen sind durchaus unterschiedlich. Während sich Wohn-Riester bei den Großvertrieben und im eigenen Außendienst in einem relativ neutralen Umfeld bewegt, bestehen in der Ausschließlichkeitsorganisation der Allianz bereits Konkurrenzprodukte. Im Bankvertrieb rundet die Eigenheimrente das Angebot an Riesterprodukten ab. Wir müssen zunächst den Wettbewerb in den Köpfen der Vermittler gewinnen, bevor wir Marktanteile erringen können. Auf lange Sicht erwarten wir einen Anteil von Wohn-Riester an unserem Neugeschäft von zehn bis 15 Prozent. Wird mit Wohn-Riester zusätzliches Neugeschäft generiert? Wir werden auch Neugeschäftssteigerungen durch Wohn-Riester sehen, denn das Produkt spricht Kunden an, die mit staatlicher Unterstützung für das Alter vorsorgen möchten, die dafür jedoch bislang den Bausparvertrag nicht nutzen konnten. Gleichzeitig gibt es einen nennenswerten Teil der Bevölkerung, der weder eine Lebensversicherung noch einen Fonds- oder Banksparplan mit Riesterförderung möchte, sondern der dem Bausparen und dem Eigenheimerwerb als Altersvorsorge mehr Sympathie entgegenbringt. Wie erklären Sie dem Kunden Wohn-Riester? Dem Wohn-Riester wird nachgesagt, er sei sehr kompliziert. In Teilen ist es sogar noch schlimmer. Für den Vertrieb ist es jedoch wichtig, das Produkt dem Kunden so einfach wie möglich zu erklären und trotzdem den Kunden sachgerecht zu informieren. Das heißt aber nicht, dass gegenüber dem Kunden jeder theoretisch mögliche Einzelfall erörtert werden muss. Der Kunde muss das Grundprinzip verstehen. Eine detaillierte, womöglich am Einzelfall aufgeschlüsselte Erklärung zum Beispiel der steuerlichen Auswirkungen von Wohn-Riester können die Vermittler nicht leisten und sie dürften es auch nicht. Verbindliche Auskünfte zur individuellen Besteuerung können nur Steuerberater und Finanzämter erteilen. Daher ist das Produkt dem Kunden eigentlich ganz einfach zu erklären. Zunächst gibt es mit Wohn-Riester ein bewährtes und sicheres Sparprodukt, bei dem die Kapitalbildung mit staatlichen Zulagen unterstützt wird. Zusätzlich kann mit dem Produkt eine ganz erhebliche Steuerstundung realisiert werden. Steuerstundungen haben immer den Effekt, dass sie eine reale Ersparnis darstellen. Später muss zwar nachversteuert werden, doch allein die daraus resultierende Zinsersparnis ist ein wichtiger Vorteil für den Kunden. Das Problem bei allen Altersvorsorgeprodukten ist doch, dass die Menschen ungern bis zu ihrem Renteneintritt denken, planen und sich für Jahrzehnte festlegen wollen. Gegenüber den anderen Riester-Produkten hat die Eigenheimrente den Charme, dass sie tatsächlich schon vor dem Renteneintritt für den Erwerb einer Wohnung genutzt werden kann. Diesen Trumpf müssen wir im Vertrieb ausspielen. Welchen Marktanteil wollen Sie erreichen? Derzeit liegt unser Marktanteil zwischen zwei und drei Prozent. Hier sehen wir durchaus noch Steigerungspotenzial, allein schon um durch höhere Stückzahlen die Stückkosten wirksam senken und Effizienzvorteile nutzen zu können. Wir streben beim Wohn-Riester ein überdurchschnittliches Neugeschäftswachstum an und wollen in diesem Segment einen doppelt so hohen Marktanteil erreichen wie im klassischen Bauspar-Neugeschäft. Üblich ist es, den Marktanteil an der Bruttobausparsumme der neu abgeschlossenen Verträge zu bemessen. Dieses Kriterium ist jedoch ungeeignet, weil es von den Zahlungsströmen losgelöst ist. Deshalb haben für uns der Spargeldeingang, die Zins- und Tilgungszahlungen mehr Bedeutung als das Abschlussvolumen.

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