Schwerpunkt Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit - ein teures Ziel

Ursprünglich war es die Forstwirtschaft, die den Begriff Nachhaltigkeit prägte. Und er bedeutete ganz einfach, dass nicht mehr Holz eingeschlagen wird als nachwachsen kann. Heute ist der Begriff in aller Munde. Er bedeutet, so zu handeln, dass auch unsere Nachkommen noch eine lebenswerte Erde vorfinden. Die Bundesregierung hat folgerichtig Nachhaltigkeit zum politischen Leitprinzip ausgerufen und unterfüttert sie in einer "Nachhaltigkeitsstrategie für Deutschland".

In diesem Zuge verschärft der Gesetzgeber kontinuierlich die Regularien für Neubau und Modernisierung. Das betrifft den Energieverbrauch im Bauprozess und im Gebäude. Es betrifft die Arbeitssicherheit auf der Baustelle und die Sicherheit im fertigen Haus. Und es betrifft bauökologische Gesichtspunkte. Die gegenseitige Abwägung von gesellschaftlichen und klimatechnischen Zielsetzungen ist notwendig. Das ist unstrittig. Doch außer Deutschland setzt zurzeit niemand in der EU derart strikte Regeln hinsichtlich des Klimaschutzes in der Baubranche um. Hier die Vorreiterrolle zu übernehmen, ist sicherlich löblich, doch können wir uns das in diesem Umfang und in dem in den Regularien geforderten Tempo leisten? Allein wenn wir auf die steigende Preisentwicklung und die Gentrifizierung in den Städten schauen, wäre der Gesetzgeber gut beraten, Druck rauszunehmen.

Hohe Einsparkosten

Was kommt nun konkret an Neuem auf uns zu? Am 1. Mai 2014 trat die novellierte Energieeinsparverordnung (EnEV) 2014 in Kraft. Die Verordnung schreibt Bauherren bautechnische Standardanforderungen zum Betriebsenergiebedarf des zu errichtenden Gebäudes vor. Die EnEV 2014 betrifft vor allem Neubauten. Die wichtigste Änderung der Novelle gegenüber den bisher bestehenden Regelungen besteht darin, dass der Jahres-Primärenergiebedarf aller Neubauten ab 2016 erneut gesenkt werden soll - um 25 Prozent. Darüber hinaus fordert die EnEV für Bestandsgebäude, dass Heizkessel, die älter als 30 Jahre sind, ersetzt werden. Die nächste Novellierung ist bereits geplant, in der EnEV 2021 wird dann der Niedrigstenergiehausstandard angestrebt.

Fakt ist, die bauliche Umsetzung all dieser Regelungen kostet viel Geld. Bereits durch die Novellierung der EnEV 2009 stiegen im Neubau die Kosten um fünf Prozent, mit der aktuellen Fassung werden nochmals sechs Prozent Kostensteigerung erwartet, im Jahr 2021 weitere fünf Prozent. Schon heute ist sich die Baubranche unsicher, wie die Anforderungen technisch umgesetzt werden können, um auch im städtischen Geschosswohnungsbau den Nullenergiestatus zu erreichen. Die Vorarbeiten sind immens und damit teuer. Es kommt vor allem auf eine intelligente Planung an. Die wesentlichen Kriterien dabei sind die Verwendung von nachhaltigen Baustoffen, die kompakte Bauweise mit wenig Außenfläche im Verhältnis zum Innenraum und insbesondere die Konzeption der Haustechnik.

Das Bauträgergeschäft wird mit steigenden Kosten entsprechend riskanter. Diese Risiken sind auch vor dem Hintergrund zu betrachten, dass die Grunderwerbsteuer-Debatte wieder aufflackert und damit der Kauf von Eigentumswohnungen und Häusern weiter verteuert wird. Außerdem wird die bisher anhaltende Niedrigzinsphase irgendwann zu Ende sein. Der dringend notwendige Wohnungsbau wird durch diese Rahmenbedingungen und auch weitere politische Maßnahmen wie Mietpreisbremse, Kappungsgrenze und vorgeschriebene Quoten für sozialen Wohnungsbau in allen Städten deutlich gebremst werden.

Aus unternehmerischer Sicht ist die Immobilienbranche generell gegen jede staatliche Regulierung eingestellt, da die gesunde Entwicklung von Angebot und Nachfrage und die damit verbundene angemessene Preisbildung gestört werden. Eine Richtungsweisung bezüglich des Klimaschutzes durch die Politik wird trotzdem als sehr sinnvoll betrachtet. Sie schafft Wettbewerbsgleichheit und ist notwendig, um das Klima nachhaltig zu schützen.

Die Kosten müssen letztlich die Endkunden tragen, wenn sie eine Wohnung oder ein Haus bauen oder kaufen. Auch Mieter bleiben nicht verschont, wenn sie aufgrund des mangelnden Angebots an Wohnungen höhere Mieten zahlen müssen. Im zweiten Schritt müssen aber alle Bürger zahlen, denn der Klimaschutz ist ein Thema, wofür sich alle verantwortlich zeigen müssen. Alle staatlichen Regularien oder Kampagnen werden letztlich auch aus Steuermitteln finanziert, wenn der Markt es nicht allein schafft.

Ein Beispiel ist die Kampagne "Die Hauswende". Hier erhalten Ein- und Zweifamilienhausbesitzer alle Informationen zur energiesparenden Sanierung aus einer Hand und Unterstützung bei der Suche nach qualifizierten Energieexperten in ihrer Nähe. Die Kampagne wurde von der Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geea) initiiert und vereint erstmals alle an der energetischen Sanierung beteiligten Branchen und Gewerke. Die Kampagne zeigt jedoch auch, dass der normale Bauherr mit der gesamten Thematik und den sich dauernd ändernden Gesetzeslagen zunehmend überfordert ist. Nur professionelle Unternehmen oder Fachdienstleister sind in der Lage, hier Schritt zu halten. Dieser Trend ist in allen Branchen zu beobachten und besorgniserregend.

Eine weitere Neuerung betrifft das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Im Rahmen des EEG wird eine Abgabe auf eigenproduzierten Strom von Solaranlagen vorgesehen. Ausgerechnet umweltfreundliche solare Selbstversorger werden mit der Abgabe belastet. Die großen Verursacher des Treibhaus-Effektes hingegen, die ihren Strom aus Kohle und Gas erzeugen, bleiben verschont. Das ist nicht nachvollziehbar.

Wo gibt es Möglichkeiten, den Klimaschutz in unserer Branche voranzutreiben?

Den größten Hebel bei der Umsetzung klimapolitischer Ziele in der Immobilienbranche liegt in der Sanierung im Bestand, da nur drei Prozent des gesamten Wohnungsbestandes in der Bundesrepublik aus Neubauten bestehen. Neubauten werden jedoch bereits jetzt auf einem sehr hohen energetischen Level gebaut. Hier sollte man die Verschärfungen der EnEV in einem längeren Zeitraum umsetzen, die Verordnung also zeitlich strecken, um einen übermäßigen Kostendruck herauszunehmen. Für bestehende Wohnungen und Häuser hingegen müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Bewohner unmittelbar in der eigenen Tasche spüren. Dazu gehört, dass sie Eigentümer ihrer Immobilie werden und damit auch Eigeninteressen zur energetischen Sanierung entwickeln.

Manchmal hilft jedoch nur abreißen und neu bauen, weil sonst die Kosten ins Unermessliche wachsen. Es müssen also Anreize geschaffen werden, nicht sanierungswürdige Bestände abzureißen und neu zu bauen.

Sicherheits- und Gesundheitskoordinator

Auch bezüglich der Arbeitssicherheit auf der Baustelle und der Sicherheit im späteren Gebrauch der Immobilie gibt es immer weitere Regularien. Sie sind zum Teil recht kostenintensiv. Aktuell sind zu nennen: höhere Anforderungen an die Arbeitssicherheit im Rahmen der Gefahrstoffverordnung, der Entsorgung von Baumaterialien wie Erdreich und Bauschutt sowie im Sicherheits- und Gesundheitsschutz. Zunächst trägt der Bauherr die dafür anfallenden Kosten. Doch er wird sie auf den Erwerber übertragen, da sonst seine Investition nicht mehr sinnvoll wäre. Kurz gesagt: Solche Maßnahmen verteuern die Immobilie.

Fachkräfte für Bauökologie

Bei der Projektierung von Neubauten und Modernisierungen könnte jedoch berücksichtigt werden, dass seit 1998 nach § 4 BaustellV auf Baustellen ein Sicherheits- und Gesundheitskoordinator (SiGeKo) eingeschaltet werden sollte, sofern der Bauherr - mangels eigener Fachkenntnisse - die Aufgaben zur Umsetzung des Arbeitsschutzes auf Baustellen selbst nicht wahrnehmen kann. Es gilt nun, dieses Mittel und das gewonnene Know-how bei der Planung so frühzeitig wie möglich zu nutzen. Ziel ist es, keine gesundheitsschädlichen Baustoffe zu verwenden, während des Bauens die Baustelle logistisch gut zu organisieren, damit Unfälle vermieden und Gesundheitsschädigungen durch Lärm, Gerüche et cetera von vornherein ausgeschaltet werden. Letztlich soll aber auch der Endnutzer bei der Betreibung des Gebäudes keinen Gefahren ausgesetzt werden, sei es beispielsweise bei der Wartung von Anlagen oder der Fensterreinigung. Der SiGeKo ist somit eine wichtige Schlüsselfigur in puncto Sicherheit.

Bauökologie lässt sich bereits im Projektierungs- und Planungsprozess einbeziehen. Dazu zählen Ressourcenschonung, geringe beziehungsweise keine Schadstoffbelastung, möglichst geringer Energieverbrauch bei Herstellung, Transport und Nutzung verwendeter Baumateria lien sowie Langlebigkeit und Recyclingmöglichkeit von Baumaterialien. Im Sinne des nachhaltigen Bauens soll beim Rückbau von Gebäuden und Gebäudeteilen ein möglichst hohes Maß an Recyclingfähigkeit sichergestellt werden, indem bereits in der Planungsphase insbesondere bei der Materialauswahl Faktoren berücksichtigt werden wie:

- Homogenität. Wenig unterschiedliche Baumaterialien bedeuten wenig Trennung und unterschiedliche Entsorgung.

- Trennbarkeit der Materialen. Sortenreine Trennung muss möglich sein, sonst ist kein Recycling- beziehungsweise keine Wiederverwendung möglich.

- Auswahl von schadstofffreien Materialien. Damit kann der Materialkreislauf verlängert und wirtschaftlich optimiert werden.

Eine intelligente Planung und die Verwendung von nachhaltigen, recyclingfähigen Materialien muss nicht unbedingt mehr kosten. Was hier nötig ist, sind gut ausgebildete Fachkräfte vor Ort.

Quadratur des Kreises

Insgesamt bleibt festzuhalten: Das Bauen und damit das Wohnen wird teurer, weil das Einhalten der verschiedenen, immer wieder verschärften Regularien im Sinne der Nachhaltigkeit einen höheren Aufwand bedeutet. Demgegenüber stehen die gleichzeitig von der Politik eingebrachten Preisbremsen wie Quoten für den sozialen Wohnungsbau und die Mietpreisbremse. Die Immobilienwirtschaft soll es nun richten. Das Konzept wird nicht aufgehen.

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